Karrer - Jonak, und der Schwenk vom Philosemitismus zum religiösen Antisemitismus
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 28. Dezember 2012 05:38
Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
Die katholische Kirche sollte es eigentlich besser wissen, mit ihren (auch) buchstäblichen Bettelorden. Deren Angehörige leben zu einem nicht unwesentlichen Teil, von dem, was der Gattungsbegriff aussagt. Vom Betteln.

Allerdings, im Gesamtgefüge des Katholizismus sind sie auch nur ein „Spurenelement", und keineswegs „die" alles dominierende Repräsentanz. Ist es so ungewöhnlich, dass man den Bibelforscher/Zeugen Jehovas auch den Bettelorden ähnliche Elemente nachweisen? Wohl kaum.

Hier wie dort kann man aber auch registrieren. Die hehrsten Grundsätze, können schnell, sehr schnell in Vergessenheit geraten.

Man wird „Trost" - partiell - dahingehend zustimmen müssen, dass es schon skurril wirkt, wenn gerade katholische Kreise (ob zu Recht oder nicht), den Finger auf die Wunde des Finanzgebarens der WTG legen.
Dann liefern vorgenannte Kreise der WTG nur eines: Ein „Heimspiel".

Einen solchen Fall spießt auch „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 12. 1942 auf. Da war zu der Zeit ein neueres katholisches Buch über „Sekten" erschienen, von einem Herrn Otto Karrer.

Sonderlich geistig „angestrengt" hat sich selbiger sicherlich nicht. Kann man etlichen WTG-Apologeten unterstellen, nur „Papageien" ohne sonderliche eigene Themenbezogene Substanz zu sein. So war wohl auch Herr Karrer nur ein „Papagei". Lediglich mit dem Unterschied, dass sein „Papageienstall" auf den Namen Katholizismus hört.

So wirft „Trost" diesem in Rede stehenden Herrn etwa auch vor:

„Günstigerweise gibt Jonak wenigstens noch die Quelle an, woraus er die entstellte Lehre bezieht; Karrer aber rechnet damit, daß man es ihm auch ohne Quellenangabe glaube."

Genüsslich zelebriert nun „Trost" die „Abrechnung" mit selbigem. Darin kann man dann auch solche Sätze lesen wie die:

„So klagen uns böswillige Menschen einerseits an, daß die Zeugen Jehovas durch ihren weltweiten Bücherhandel ungeheuren Geldgewinn erzielen, was aber nicht wahr ist, sondern nur als Verleumdung verbreitet wird.
Und anderseits klagen uns die böswilligen Feinde an, weil die Zeugen Jehovas Massenauflagen von Büchern oder Broschüren gratis verteilen können, und also riesige geheime Geldquellen haben müssen. So verbreiten sie immer wieder die alte Lüge: Die Bibelforscher bekommen viel Geld von den Juden. Ob die Herausgeber der bibelerklärenden Bücher Gewinn oder Verlust haben, immer leiten die Feinde böswillig etwas daraus ab: bei Gewinn wäre es ein schnödes Geldgeschäft und bei Verlust ist es der Beweis, daß wir riesige fremde Geldmittel zu verwerflichen Zwecken von jüdisch-freimaurerischen Kapitalisten erhalten, die nach Weltherrschaft streben. Auch das neue Büchlein von 0. Karrer "Über moderne Sekten"
(Verlag Räber & Co., Luzern, 1942) wiederholt diese Verleumdung durch Abdruck eines gefälschten "Freimaurerbriefes",, der in den Händen unserer Gegner "verloren ging", bevor die Gerichte die Fälschung durch Sachverständige amtlich nachgewiesen hatten.

Die Apostel haben keine Anweisung hinterlassen, wie man sich gegen gefälschte Briefe, die "rechtzeitig" verloren gingen, verteidigt. ...

Immer wieder stellen unsere Gegner die Frage:
"Woher haben sie das Geld?" Und das ganze Geheimnis besteht doch einfach darin, daß die Zeugen Jehovas und ihre Gefährten opferbereit sind. ... Und weil wir kein Geld für prunkvolle Kirchen und hohe Gehalter von "Seelsorgern" ausgeben, bleibt umsomehr für den eigentlichen Gottesdienst übrig: für das Werk der Verbreitung froher Botschaft für alle Gutgesinnten.
Alle Beamten der Gesellschaft beziehen keinen eigentlichen Lohn. Als freiwillige Mitarbeiter begnügen sie sich mit dem täglichen Brot und Obdach und einer sehr geringen Entschädigung für Kleidung und andere nötige Dinge. ...
So arbeitet die ganze Verwaltung mit großer Sparsamkeit, nicht nur im Kleinen, sondern auch im Großen. ...
Es ist klar, daß ein weltlicher Betrieb, wo der Geist des Herrn fehlt oder irgend eine religiöse Organisation, deren Beamte den eigenen Vorteil suchen, nicht annähernd so sparsam und erfolgreich wirken kann. ...
Und es mag wohl sein, daß sie mit dem ihnen anvertrauten Geld nicht annähernd so sparsam arbeiten wie die Beamten unserer Vereinigung."

Da hatte also der Herr Karrer „sein Fett weg".
Und weil „Trost" sich schon mal in Rage geschrieben hatte, nutzt man gleich auch noch die Chance, dem damals bedeutendsten Zeugen Jehovas-Gegner, deutscher Zunge, dem Dr. Jonak eins auszuwischen.

Da muss man aber dann doch wohl das Gesamtklima mit in Rechnung stellen.
Wie war selbiges? Nun unter anderem so. Es gab eine katholisch-faschistische Interessenkoalition, nicht zuletzt auf dem Felde der Zeugen Jehovas-Bekämpfung. Es gab sehr wohl auch in der Schweiz Kreise, im katholischen Spektrum (die Namen Toedtli und Metzler stehen stellvertretend dafür), die gegen eine Einführung einer faschistischen Diktatur (weniger im Sinne eines Herrn Hitler, mehr im Sinne eines Herrn Mussolini), auch in der Schweiz, nicht den geringsten Einwand hätten. Ja, selbiges nach Kräften auch beförderten. Es muss in aller Deutlichkeit wiederholt werden. Die Catholica hat sich bezüglich dieser Kreaturen, alles andere denn mit „Ruhm" bekleckert.
Auch Jonak ist ohne Zweifel diesem Spektrum zuzuordnen. Jonak war, wie auch andere Nazis, Antisemit. Darüber kann es nicht den geringsten Zweifel geben.
War er aber auch Antisemit der Sorte, welche in den Auschwitz-Gasöfen ihr eigentliches Heil sahen? Da hätte ich denn doch so meine Zweifel, und verweise zum Beleg auf die Jonak'schen Ausführungen im Jahrgang 1944 der „Nationalsozialistischen Monatshefte" (Nr. 162). Siehe dazu: Parsimony.1689

Nun wirft „Trost" dem Dr. Jonak vor, unredlich zu argumentieren, dergestalt, dass der WTG-Schwenk, von glühender Befürwortung des Philosemitismus, zu einer Form religiösen Antisemitismus, in Jonak's Ausführungen sich nur verzerrt wiederfindet. Wenn es also diese Verzerrung als solches herausstellt, hat „Trost" sicherlich recht. Gleichwohl ist dies ein Mosaiksteinchen, nicht jedoch das „Gesamtgebäude" der Jonak'schen Ausführungen.

Offenbar bildeten die Ausführungen des „Papagei" Karrer, der sich wiederum auch auf Jonak stützt, nun für „Trost" den willkommenen Anlass, dieses vorgenannte Jonak'sche Zerrbild herauszustellen. Das es ein Zerrbild ist, bestreite ich nicht.

Also sei jetzt zitiert was „Trost", diesen Aspekt betreffend, ausführt:

„Der Verfasser Jonak, der ... hat bemerkt, daß die Bibelforscher vor dem Jahre 1932 meinten, die Prophezeiungen in Römer 11 über die zu dem Volk Israel zurückkehrende Gunst Gottes ... beziehen sich auf das Volk der Juden nach dem Fleisch. Aber er fand dann in den Büchern "Rechtfertigung" (von J. F. Rutherford, 1932), daß wir seither jene alte Auslegung verwerfen. Er zitiert sogar in seinem Buche Seite 56-57 einen jener Abschnitte, worin es heißt, daß die Juden oder natürlichen Nachkommen Abrahams keinen Vorzug vor andern Nationalitäten haben werden. Er schiebt aber dem Richter Rutherford Verstellung unter ... indem er schreibt:

"Und während Rutherford aus der Bibel herausliest, daß alle nationalen Unterschiede im neuen Weltreich beseitigt sein werden, erklärt man doch unverfroren: ,Das Volk Israel wird niemals aufhören, eine Nation zu sein'. ("Millionen . . ." Seite 116)

Diese Stellen beweisen, daß die Behauptungen der Ernsten Bibelforscher, daß zwischen ihnen und dem Judentum keinerlei Beziehungen bestehen, und daß ihnen eine Bevorzugung der Juden vor andern Völkern ferne liege, nur Gefasel sind." (Jonak: Die Zeugen Jehovas, S. 57)
Daß jener Satz aus der "Millionen"-Broschüre vor dem Jahre 1920 geschrieben wurde, und eben seit 1932 endgültig verworfen wurde, darf Jonak natürlich in jenem Zusammenhang nicht offen sagen; aber dies zeigt seine Unverfrorenheit."

Man mag Jonak/Karrer vorstehendem Aspekt betreffend kritisieren. Indes das zur gleichen Zeit in Nazideutschland Antisemitismus Staatsdoktrin war, kann man dann wohl auch nicht übersehen. Damit sind vorgenannte Herrschaften sicherlich nicht „entlastet". Die WTG aber wohl auch nicht!

Auch die WTG meint im folgenden sich entschuldigen zu können mit den nachfolgenden Worten (ob diese Entschuldigung denn stichhaltig ist oder nicht, mag dann ja jeder für sich noch entscheiden):

„Wer Römer 11 liest, wird es entschuldbar finden, daß Bibelforscher ursprünglich meinten, jenes Kapitel rede durchwegs von "Israel nach dem Fleische". Wenn es ein Verbrechen oder Landesverrat sein soll, früher jene Aussagen des Apostels buchstäblich geglaubt zu haben, sollte dann nicht Paulus dafür angeklagt werden?

Und wenn J. F. Rutherford seit 1932 immer wieder betonte, daß jene buchstäbliche Auslegung unrichtig ist, ... es dann nicht schamlose Unverfrorenheit, ihm Verstellung vorzuwerfen und zum Beweis Sätze aus veralteten Abhandlungen anzuführen, die er offen verworfen hat?"

Wer die „Trost"-Ausführungen in Sachen Karrer las, bekam sicherlich ein selektives Bild serviert.
Daher noch nachstehend einige weitere Zitate aus dem inkriminierten Buch:

„Wenn man sehen muß, mit welchen Mitteln gewisse Sekten, die sogenannten Ernsten Bibelforscher in erster Linie, das angreifen und in den Schmutz ziehen, was andern heilig ist - wenn man sieht, wie gar manche von Schlagwörtern Schaden leiden, wenn ihnen nicht eine geistige Orientierung zu Hilfe kommt - wenn man bedenkt, daß hier wie auf andern Lebensgebieten die Schamlosigkeit in einer Stunde mehr zerstören kann, als verantwortungsbewußte Erzieher und Helfer in Jahren aufgebaut haben, dann gibt es eine leidige Pflicht der Abwehr."  (S. 7)

„Die Bibelforscher sagen gegenüber dem Hinweis auf ihre erwiesenen Irrtümer und falschen Prophezeiungen jedermann könne sich täuschen; der Kern der Sache bleibe doch wahr. Aber hier ist es so, daß gerade die Hauptsache des Systems Phantasie und wahnhaft ist." (S. 19)

„In früheren Jahrhunderten hatte der adventistische Traum durchaus religiöse Färbung, in der Neuzeit nimmt er, entsprechend der weltlichen Zielrichtung, überwiegend profane Formen an. Das soziale künftige Paradies oder das politische tausendjährige Reich sind dafür bezeichnend. Auch das Goldene Zeitalter der Ernsten Bibelforscher hat ausgesprochen irdisch-politischen Charakter. Ihre Verheißung appelliert an den Instinkt der Gedrückten, ist eine Art Mystik der Verbitterten." (S. 20)

„Unterdessen haben die Gläubigen der Sekte die moralische Vorbereitung auf die Schlacht von Harmagedon zu treffen, d. h. den Haß zu schüren." (S. 32)

„Im übrigen ist es aus dem Weltmachtsideal der Zeugen Jehovas nur selbstverständlich, daß gegen jede Staatsordnung ähnlich gehetzt wird wie gegen das Christentum." (S. 33)

Siehe zu Karrer auch:
Mysnip.3747.htm

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