Re: Antisemitismus


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 03. November 2001 19:20:08:

Als Antwort auf: Re: Antisemitismus geschrieben von Messias am 03. November 2001 16:18:46:

Die Behauptungen von "Messias" sind ja nicht neu, und sicherlich auch nicht von ihm erfunden. Das auf deutschem Boden mal ein Holocaust stattfand, hängt eben auch mit solchen brunnenvergifterischen Thesen zusammen, von denen er und L... ja schon sattsam berüchtigte Proben aufs neue abliefert. Für meine Person darf ich feststellen, dass ich mich durch 8 (von zwölf) Bänden Talmud durchgequält habe, und dabei sehr wohl die antisemitischen Anwürfe mit im Blickfeld hatte. Aber eben nichts an diesbezüglichen Stellen gefunden habe. Ich behaupte hingegen: "Messias" hat selbst nicht einen einzigen Band Talmud gelesen. Er kolportiert lediglich dass was in Neonazikreisen, auch mit logistischer Unterstützung aus geistesverwandten Kreisen in den USA, auch heutzutage noch diesbezüglich behauptet wird.

Das er den Beweis mit Bandangabe und Seitenangabe nicht antreten kann, ist mir schon klar. Haben doch seine Gewährsmänner ihrerseits auch nicht diesen Beweis angetreten. Das ändert nichts an der Sachlage, dass die Urheber einer Behauptung beweispflichtig sind. Die entsprechenden Beweise mit genauer Quellenangabe sind von antisemitischer Seite eben nicht erbracht. Ein antisemitischer Abschreiber von Eisenmenger "Entdecktes Judentum" über Fritsch "Handbuch der Judenfrage", Jonak nicht zu vergessen, bis zu ihren neueren Geistesverwandten im Internet, schreibt lediglich vom anderen ab. Und keiner nennt mit wirklicher Seitenangabe eine authentische Quelle. Wie auch. Keiner von diesen Herrschaften hat das ja selbst nachgeprüft.

Aber das sei auch noch gesagt. Hermann L. Strack, war ein jüdischer Gelehrter, der sich intensiv mit dem Talmud befasste. Strack veröffentlichte 1921 seine Kampfschrift "Jüdische Geheimgesetze?" Daraus zitiere ich mal nachstehend:
"Mit derselben Regelmäßigkeit, mit welcher Ungeziefer wieder sich zeigt und sich vermehrt, wenn nicht auch das kleinste Eiernestchen, auch die unscheinbarste Verbreitungsmöglichkeit beseitigt ist, tritt immer wieder die Behauptung auf, der Talmud und der Schulchan-Aruch seien von den Juden ängstlich geheimgegehaltene Schriften … Dieser Behauptung gegenüber habe ich seit mehr als drei Jahrzehnten immer wider mit stärkstem Nachdruck ausgesprochen und erwiesen: Es gibt keine jüdischen Geheimschriften.
Der Abschreiber Th. Fritsch, Beweis-Material, 3. Aufl., 118 behauptet und sein Unterschreiber Dinter 389 wiederholt es: 'In Sanhedrin 59a und Chagiga 13a wird gelehrt, daß ein Nichtjude, der den Talmud studiert, oder ein Jude, der einen Nichtjuden im Talmud unterrichtet, den Tod verdient.' "
Dem widerspricht Strack dann im weiteren seiner Ausführungen.

Der Theologe Paul Fiebig (der auch eine Schrift über die Bibelforscher publizierte) schrieb in seinem gleichfalls 1921 erschienenen Buch: "Juden und Nichtjuden. Erläuterungen zu Th. Fritschs 'Handbuch der Judenfrage'"
"Zunächst beschäftigte mich, was Fritsch S. 330-349 über den Talmud sagt. S. 337, Anm. gibt er selbst an, daß sich seine Darlegungen in der Hauptsache auf Prof. Aug. Rohlings Schrift 'Der Talmudjude' stützen." (S. 1)
Fritsch zitiert in derselben Weise wie Rohling und dieser wieder wie Eisenmenger. Rohlings Hauptquelle ist ja Eisenmengers Buch." (S. 2)
"Die dargebotenen Zitate aus dem Chulchan Aruch hat Fritsch, wie er angibt, dem Buche von Dr. Jakob Ecker: 'Der Judenspiegel im Lichte der Wahrheit' entnommen. … Auch hier zitiert Fritsch den Grundtext, den Ecker darbietet, nicht wörtlich, so daß seine Zitate wissenschaftlich wertlos sind." (S. 57)
"Ich bin an Fritsch Buch mit gutem Vertrauen herangegangen , weil mir gesagt wurde, daß er lediglich sachliches Material biete. Nach der eigenen Nachprüfung kann ich diese Beurteilung leider nicht unterschreiben." (S. 82.) Soeweit Fiebig.

Ich kann jetzt hier im Rahmen eines Forumsbeitrages nicht all meine weiteren durchaus umfänglichen getätigten Exzerpte zum Thema Antisemitismus referieren. Das würde schon fast ein ganzes Buch werden; aber zu dessen Ausarbeitung fehlt die Zeit. Aber mit einem Zitat möchte ich doch noch schließen. Das mir der famose Dr. Jonak aus der NS-Zeit besonders angelegen ist, ist ja allgemein bekannt. Ich empfand es schon als durchaus bemerkenswert, auch einmal den Zerriss zu lesen, den Jonak einmal über einen seiner antisemitischen Berufskollegen publizierte. An keiner geringeren Stelle als wie in den "Nationalsozialistischen Monatsheften" wurde dieser Zerriss publiziert und zwar noch im Jahre 1944! (Heft Nr. 162).

In der Sache dreht es sich um eines der Lieblingsthemen der Antisemiten, den angeblichen jüdischen Ritualmord, von dem sich L... erdreistet, ihn auf seiner Webseite erneut zu kolportieren. Da erschien also 1943 im Nazideutschland ein Buch eines gewissen Hellmut Schramm mit dem Titel "Der Jüdische Ritualmord. Eine historische Untersuchung". Und nun soll noch zitiert werden was Jonak darüber rezensiv feststellte:

"Der Verfasser hat sich zur Aufgabe gestellt, die sehr umstrittene Ritualmord-Frage zu lösen, und versucht, die Behauptung, daß die Juden solche Verbrechen begehen, an Hand der jüdischen Gesetzbücher (Sohar, Talmud) und mittels Erörterung von rund 136 Mordfällen aus den Jahren 419 bis 1913 zu beweisen. Seine Arbeit beansprucht, als wissenschaftliche Untersuchung aufgefaßt zu werden, denn im Vorwort bzw. in der Einleitung wird betont, daß der Verfasser aus den 'Quellen' schöpfte, die 'Berichte und Prozeßakten' benützte, 'wissenschaftlich in die Tiefe' stieg und 'wissenschaftliche Kleinarbeit' leistete. Wer sich jedoch mit dem Inhalte näher befaßt, muß entdecken, daß der Verfasser offenbar keinerlei Quellenstudium betrieb, sondern vielfach oberflächliche Literatur und Zeitungsnachrichten benützte.

Der Verfasser bezeichnet die behandelten 136 Mordfälle als 'in der vorliegenden Untersuchung festgestellte Ritualmorde.' (S. 443). Wie er aber dies feststellte, sei nur an einigen Beispielen gezeigt.
Er schreibt: 1250 opferte ein Rabbiner in Kastilien ein Christenkind (S. 18). 1347 kreuzigten die Juden von Messina ein Kind (s. 25). 1453 steckten Juden in Breslau ein Kind in ein Faß mit Nägeln, daß sie rollten, um dem Opfer das Blut zu entziehen (S. 28). Solche Morde geschahen ferner 1879 zu Tallya und 1880 zu Komorn (S. 139). In diesen fünf nur beispielsweise genannten Fällen gibt Dr. Schramm weder die Namen der Opfer, noch die Mörder an und berichtet auch nichts über die näheren Umstände oder über ein Gerichtsverfahren. Er konnte auch nichts Näheres angeben, da er seine Wissenschaft bloß aus den seichten Büchern des Franzosen Despartes und des Ungarn Onody bezog, die darüber auch nicht mehr geschrieben haben.

Trotzdem nahm Dr. Schramm auch diese Fälle in die 'Tafel der in der vorliegenden Untersuchung festgestellten Ritualmorde auf', zu welcher Überschrift er noch bemerkt (S. 443):
'Die genauen Akten- bzw. Urkundenhinweise finden sich an den betreffenden Stellen verzeichnet.' Bei den genannten Fällen fehlt aber jeder Hinweis auf Akten oder Urkunden.

Eine Reihe von Morden behandelt der Verfasser eingehender, aber ebenfalls nicht auf Grund von Originalquellen. So benützte er bezüglich des Mordes von Polna die in Buchform erschienenen Prozeßberichte, die der Journalist Schwer für das Wiener 'Deutsche Volksblatt' geschrieben hatte. Für den Mordfall in Konitz verwendete er eine von unbekannten Verfassern zusammengebraute Broschüre, die der Abgeordnete Liebermann von Sonnenburg mit einem Vorwort unter seinem Namen herausgab. In beiden Fällen begnügte er sich mit diesen Kampfschriften und unterließ es, die auch heute noch vorhandenen Prozeßakten einzusehen.

Ebenso ging der Verfasser bezüglich der übrigen großen Prozesse vor; auch wo es leicht möglich gewesen wäre, die Prozeßakten zu beschaffen, schrieb er lediglich aus der vorhandenen Ritualmord-Literatur ab.

Aber Dr. Schramm glaubt auch ein Talmud- und Soharkennern zu sein. Er hat eine in einem Ergänzungswerke des Sohar vorkommende Stelle entdeckt, die er (S. 5) als 'unmißverständliche Ritualmordanweisung' ins Treffen führt. Den Text bringt er 'wörtlich nach der authentischen Übersetzung Dr. Bischoffs'. Tatsächlich übernahm Dr. Schramm sowohl die Bezeichnung 'Ritualmordanweisung' als auch den Text offenbar aus dem von Th. Fritsch herausgegebenen 'Handbuch der Judenfrage' (1938, S. 139,140), ohne diese seine Quelle zu nennen. Peinlich ist es nun, daß Fritsch die Übersetzung Bischoffs mehrfach verändert hatte und Dr. Schramm den also veränderten Text als authentische Übersetzung Bischoffs anführt.

Aber Fritsch bemerkt wenigstens, daß Bischoff selbst bezweifle, daß hier eine Ritualmordanweisung vorliege. Davon erwähnt Dr. Schramm nichts, ja er führt Bischoffs Übersetzung an, obwohl dieser in seinem Buche 'Die Elemente der Kabbalah', 2. Teil S. 220 gerade diese Soharstelle als 'exegetisches Unkraut' und 'kompletten Unsinn' bezeichnete und außerdem behauptete, es gebe weder im Talmud noch im Sohar auch nur eine einzige Stelle, die im Sinne eines Blutrituals ausgelegt werden könne.

Auf S. 288 erzählt uns Dr. Schramm, daß es eine der ersten Taten des 'neugebackenen' Präsidenten Masaryk war, den Juden Hilsner, den Mörder von Polna, aus dem Zuchthaus zu entlassen; Masaryk habe damit eine 'sittliche Pflicht' gegenüber Juden und Freimaurern erfüllt. Dr. Schramm hat diese unrichtige Erzählung aus seinem eigenen Aufsatz 'Der Doppel-Ritualmord in Polna' in der seinerzeitigen Monatsschrift 'Weltkampf', August 1939, S. 339, abgeschrieben. Der von ihm damals und nun nach vier Jahren begangene Fehler ist ein unverzeihlicher. Masaryk wurde nämlich am 14. 11. 1918 zum Präsidenten der Teschecho-Slowakei gewählt. Hilsner aber hatte auf Grund eines Gnadenaktes des Kaisers Karl die Strafanstalt bereits am 30. 3. 1918 verlassen.

Auf S, 9ff. nennt uns Dr. Schramm einige Persönlichkeiten die eines 'plötzlichen Todes' starben, weil sie bei den Juden mißliebig geworden waren. Gerüchte, über die sich schon Dr. Bischoff, den Dr. Schramm selbst als einen deutschen Gelehrten von Weltruf bezeichnet, seinerzeit in einem Gerichtsgutachten lustig gemacht hat. Unter anderem behauptet Dr. Schramm (S. 10): 'Den Doktor Pinner überraschte ein 'plötzlicher Tod' in dem Augenblick, als er den ersten Teil des Talmud übersetzt hatte.'
Tatsächlich erschien die Übersetzung 1842 in Berlin, aber erst im Jahre 1880 starb Pinner im Alter von 77 Jahren. Das nennt Dr. Schramm einen von den Juden herbeigeführten 'plötzlichen Tod.'

Ganz unwissenschaftlich ist es, wenn Dr. Schramm in seine Tafel der festgestellten Ritualmorde die zahlreichen Fälle aufnahm, in denen das Geständnis der Beschuldigten mittels der außergesetzlichen Folter oder durch außergesetzliche Marterungen erpreßt wurde. Zu dieser wichtigen Frage nimmt Dr. Schramm sachlich nicht Stellung; er hält die erfolterten Aussagen einfach für wahr, insbesondere wenn mehrere Beschuldigte getrennt vernommen und gleichlautend aussagten. Als ob die Foltergerichte nicht gleichlautende Aussagen nach Belieben aus den Gemarterten herausholen konnten!
Im Falle des Trienter Mordes, wo die Folterung aktenmäßig feststeht, gebraucht er trotzdem die Wendung 'angeblich erfolterte Aussagen' (S. 40).

Im Falle des Mordes in Damaskus macht er sich über die 'entsetzlichen Foltergeschichten' lustig (S. 82) und beim Morde in Bäsin (S. 43) bezieht er seinen Bericht aus Onodys Ritualmord-Buch, ohne aber die dort (S. 104) stehenden Sätze anzuführen: 'Die vorgerufenen Angeklagten leugneten insgesamt die Tat und beteuerten ihre Unschuld, worauf zur strengen Frage, das heißt zur Folter, geschritten wurde. Nach den ausgestandenen Folterqualen bekannten endlich die Gepeinigten die Tat.'

Mit Verhöhnen und Totschweigen eines Verfahrens, das ebenso wie die Hexenprozesse zu den größten Schändlichkeiten der Menschheit gehört, kommt man über diesen dunkelsten Punkt der meisten Ritualmord-Prozesse nicht hinweg. Mit dieser Feststellung sind die Mängel des Buches keineswegs erschöpft.

Das Buch ist vielmehr eine Fundgrube von Unrichtigkeiten und unbewiesenen Behauptungen. Es bietet in der Ritualmord-Frage nichts Neues, neu ist höchstens, daß es noch mehr Fehler enthält als andere Schriften dieses Schlages. Dem Verfasser fehlen die für eine solche Arbeit erforderlichen Kenntnisse und Beurteilungskraft. Die Art und Weise, wie er das Thema behandelt, muß als Hohn auf jede ernste Geschichtsbetrachtung bezeichnet werden …"

Vorstehendes veröffentlichte Jonak, wie gesagt, noch im Jahre 1944 in einer Nazigazette. Das es dort in dieser Form so abgedruckt wurde, nimmt man aus heutiger Sicht nicht ohne einen Anflug von Verwunderung zur Kenntnis. Jedenfalls kann man sich in diesem Fall, der Jonak'schen Gedankenführung nicht ganz entziehen. Mir ist bekannt, dass Jonak erst 1953 in seiner Heimatstadt Wien verstarb. Ein Versuch meinerseits in Österreichischen Archiven besonders über seine Zeit nach 1945 zu recherchieren, scheiterte an der dortigen Bürokratie. Tel Aviv war diesbezüglich kooperativer. Schande auf die Verantwortlichen diesbezüglich in Österreich.

Auf jeden Fall glaube ich sagen zu können, dass diese eben zitierten Ausführungen Jonak's und sein 1936 Zeugen Jehovas-Buch durchaus Anlass zu weiteren Fragen bilden. Was ich aus meiner Sicht dazu noch ergänzend glaube sagen zu können, habe ich besonders im 18. Kapitel der "Geschichte der ZJ" (Anti-Bibelforscher"koryphäen" in Aktion) zusammengefasst.


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