Geschrieben von Drahbeck am 21. November 2001 01:11:19:

"NOCH IN UNSERER GENERATION…"
Entnommen aus CV 76 (November 1975) gekürzt
Die Politisch bedeutsamen Kerngedanken des Hauptvortrags der Kongresse 1975
"Und man denke nur: Das soll sich noch in unserer Generation ereignen!", heißt es einleitend im Hauptvortrag der WTG-Kongresse 1975 unter dem Motto "Eine Welt, eine Regierung unter Gottes Souveränität".

Verweilen wir bei diesem Leitgedanken. Noch in unserer Generation? Also n o c h in dieser Generation? Das ist doch eine ganz geschickte Formulierung zur weiteren unbestimmten Verschiebung aller Endzeiterwartungen, hinweg von 1975! N o c h in unserer Generation kann. sogar der letzte Tag dieser Generation sein, die jetzt lebt. Das kann sogar erst das Jahr 2000 sein oder noch später! Was schließt das nicht alles ein, wenn jetzt 1975 gesagt wird,
n o c h in unserer Generation!

Aber gibt es überhaupt "unsere Generation" so, wie es die WTG jetzt verstanden wissen will? Ist es nicht so, daß zu jeder Zeit zugleich mehrere Generationen leben und sich überschneiden? Leben nicht zugleich immer Urgroßeltern, Großeltern, Eltern, Kinder, Enkel und Urenkel? Ist die Formulierung, "noch in unserer Generation" da nicht ein idealer "Gummiparagraph", um immer einige anzusprechen, die ihre Generation mehr oder weniger erst "begonnen" haben, und denen daher immer ein weiteres oder neues "Verziehen" zugemutet werden kann? Genau so ist es, und so macht es die WTG eine Generation nach der anderen seit etwa 1874 schon.

Das erste Male kann man den Glauben an solche Versprechungen im Namen Jesu sich selbst und anderen verzeihen,. denn irren ist menschlich. Leider ist C. T. Russell inmitten der Nichterfüllung der ersten Voraussagen 1916 im Alter von 64 Jahren, zu früh, gestorben. Er konnte selbst keine endgültigen Schlußfolgerungen mehr aus dem Zusammenbruch seiner Endzeitverkündigung ziehen. Was aber seither damit eine Generation nach der anderen weiter gemacht wird unter endzeitlichem Hoffen und Harren ist nur noch ein Mißbrauch der Worte Jesu an seine Generation für andere Zwecke.

Prüfen wir nun die politischen Kerngedanken in diesem, Hauptvortrag. Mit ihnen werden Wert oder Unwert dessen sichtbar, was hier wieder aller Welt vorgetragen wurde. Das Kernproblem ist eine behauptete Souveränität Gottes in den heutigen nationalen und internationalen Fragen, die vor den Menschen stehen und gelöst werden müssen bzw. gelöst werden. Es sei vorausgeschickt, daß es wieder keine rein religiöse Verkündigung ist, was hier geschieht, sondern eine eindeutige Einmischung in nationale und internationale politische Angelegenheiten. Nicht nur eine Einmischung, sondern eine eindeutige Bevormundung aller Regierungen, die Jehovas Zeugen auf diese Weise angeleitet werden, vorzunehmen.
"Es wird allgemein anerkannt, daß gemeinsame internationale Bemühungen notwendig sind. …" (S. 7).

Wenn das so ist, warum predigt die WTG dann dagegen? Weswegen sie es auch tut, sie führt die Zeugen in den Kampf gegen notwendige Bemühungen. Sie mögen sich also nicht wundern, was ihnen widerfahren muß.
"Wenn es so weitergeht, liegt es offen auf der Hand, daß wir in nicht allzu ferner Zukunft zum Untergang verurteilt sein werden . . . nicht engstirnig sein und nicht auf kurze Sicht planen". (S. 7)
Warum werden solche Aussprüche zitiert? Es stammt vom japanischen Ministerpräsidenten Miki. Sie sollen indirekt wirken, alle Naherwartungen wieder zu verdrängen und jeden als engstirnig erscheinen lassen, der sich nicht weiter "endzeitlich" hinhalten läßt, nachdem nun 1975 ebenfalls vergeblich war.

". . . würde jede Nation an ihrer nationalen Souveränität festhalten . . . Das aber würde der wahren Einheit unter den Nationen entgegenstehen". (S. 8)
Was für eine politische Besserwisserei und Bevormundung der Nationen! Dabei haben viele nicht einmal das ABC dessen verstanden, was nationale Souveränität ist. Verwechselt die WTG hier bewußt nationale Souveränität mit Unabhängigkeit? Die Souveränität ist doch nichts weiter als die nationale Selbständigkeit unter Beachtung der internationalen Beziehungen, in denen jede Nation notwendigerweise oder entwicklungsbedingt steht. Achtung der nationalen Souveränität ist in Wahrheit die Voraussetzung, für Einheit unter den Nationen. Was für eine politisch verzerrte Ausrichtung wird hier den Zeugen doch gegeben!

"…Streben der Völker noch nationaler Souveränität durch die Gründung neuer Staaten epidemische Ausmaße angenommen." (S. 5)
Hier stimmt die WTG in den Chor derer ein, denen die Erweiterung der Vereinten Nationen um eine Mehrheit neuer Saaten der "dritten Welt" nicht paßt, die die westlichen kapitalistischen Staaten durchaus überstimmen können! Epidemisch? Ist eine Epidemie nicht eine seuchenartige Krankheit? Was legt die WTG hier den Zeugen Jehovas für politische Verleumdungen und Diffamierungen in den Mund? Und das willst du verkündigen? Ist das dein christlicher Auftrag? Was für Staatenverleumder sitzen da auf dem "Wachtturm"?

"…daß die Vereinigten Staaten eine christliche Nation seien . . . England . . . alle Nationen der Christenheit . . . erkennen die Amerikaner Gott als Souverän an . . . Ob er wirklich ihr Souverän ist, können sie nur dadurch beweisen. daß sie unterwürfig mit ihm zusammenarbeiten", (S. 9) Wir leben hier nicht in Amerika oder England. Es ist, als ob man jemanden, der nach links blicken muß, partout den Kopf noch rechts drehen will. Der Kern aber ist, wie sollten alle Nationen unterwürfig mit Gott zusammenarbeiten? Hat man das jemals durchdacht? Würde man es tun, dann würde man einen unglaublichen religiös-politischen Bluff erkennen. Denn es muß doch immer politisch regiert werden, um der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernisse willen, in jedem Lande, in jeder Nation. Sollte man das Gott überlassen? Seit 1914 schon? Müßte bei solcher Forderung nach "unterwürfiger Zusammenarbeit" nicht die WTG als "sichtbarer Vertreter des Herrn auf Erden" (Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben, S. 149) die Weltregierung in die Hand nehmen?

Natürlich! Anders ginge das gar nicht! Man sieht, diese WTG-Souveränitätsverkündigung ist das Unsinnigste, was je in die Welt gesetzt wurde. Das wäre im Ernstfall völlig undurchführbar und daher unannehmbar. Oder soll es gar nicht ernst genommen werden? Und dann verkündigst du das?

Da kommt die WTG auch schon auf diesen Punkt: "…da die Staaten der Erde keine Einheit auf Gottes Weise wünschen, und da sie es ablehnen, mit ihm zusammenzuarbeiten . . ." (S. 10). Sie wünschen es nicht? Sie lehnen es ab? Das ist doch Bluff! Sie k ö n n e n es ja gar nicht, selbst wenn sie es ernstlich wollten Sie hätten da die WTG schon seit 1914 zur obersten politischen Weltregierung erklären müssen, als einzige "sichtbare Vertretung" Gottes "auf Erden"! Aber die WTG will das ja wiederum gar nicht! So dreht sich alles laufend im Kreise zu dem einzigen Zweck., die Köpfe politisch zu verwirren und davon abzuhalten, aus christlicher Verantwortung mitzuhelfen in dem, was jetzt sozial notwendig ist. ...

Doch es geht weiter: "Diese Tatsache hilft uns auch verstehen, weshalb die Nationen keinen Erfolg bei ihren internationalen Projekten haben…" (S. 11).
Natürlich gibt es viele Mißerfolge. Aber es gibt genauso viele, wenn nicht mehr, Erfolge! In Europa schon über 30 Jahre einen neuen Krieg verhindert. Viele Völker konnten sich in diesen Jahren aus dem Kolonialismus befreien. … Das internationale Projekt der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) konnte 1975 in Helsinki erfolgreich verwirklicht werden. Überall gibt es tausende kleine und große Erfolge, denen es letztlich. auch die WTG zu verdanken hat, daß sie arbeiten kann! Wo käme ihr Geld her, wenn keiner Arbeit hätte?

Doch munter geht es weiter: "…die Nationen der Welt . . . sind ratlos und sinken immer tiefer in den Sumpf der Verwirrung, weil sie keinen Ausweg aus den zunehmenden Schwierigkeiten wissen". (S 14).
Die Nationen? Welche denn! Wieder wird die ganze Welt in einen Topf geworfen. Und das nennt sich "genaue Erkenntnis" Auch in den kapitalistischen Ländern gibt es Kräfte, die keineswegs in einem Sumpf der Verwirrung sind, die schon Auswege aus den Schwierigkeiten wissen. … Wie könnte also jemand den Kongreßhauptvortrag mit diesen generellen politischen Unwahrheiten hier als "zeitgemäßen und praktischen Rat" für alle Menschen verbreiten? Muß das nicht im Interesse der Wahrheit zurückgewiesen werden?
"Um zeitgemäßen und praktischen Rat zu erhalten . . . an das geschriebene Wort .- . . wenden." (S. 14)

Niemand täusche sich. An das geschriebene Wort wenden heißt für die WTG, sich zuerst an sie zu wenden. Erhebt sie nicht den Anspruch allein zu erklären, wie die Schrift zu verstehen und anzuwenden ist? In der Souveränitätsfrage würde das nicht mehr und nicht weniger bedeuten, als daß alle Führer und Regierungen der Nationen von USA-Präsident Ford über Bundeskanzler Schmidt bis SED-Sekretär Honecker und KPdSU-Generalsekretär Breshnew vor WTG Präsident Knorr in Brooklyn antreten müßten, um ihre Souveränität an Gott abzutreten.
Was will die WTG aber wirklich? Folgender Kerngedanke läßt es durchblicken: "Ständigen Krieg …all denen, die sich der Souveränität dieses verschlagenen Rebellen unterstellten" (S. 18)

Das heißt in der christlichen Praxis, Feindschaft, Kampf und Krieg gegen jedes soziale, politische Engagement, das im Interesse der sozialen Bedürfnisse der Menschen notwendig ist. Solches soziales und politisches Handeln ist als "rebellische Souveränität gegen Gott" bloßzustellen. … heißt das nichts weiter, als freie Hand allen Arten von Unterdrückern, Ausbeutern, Profiteuren, keine Unterstützung irgendwelcher Bestrebungen für soziale Gerechtigkeit, alles laufen lassen, wie es läuft. Die WTG-Souveränitätslehren sind die bibelmißbräuchliche Theorie dafür. Wie zur Bestätigung heißt es dazu: "Wir müssen unsere Entscheidung für Gottes Souveränität genauso festhalten wie Jesus". (S.,20).

Das ist Bibelfalschauslegung! Jesus wandte sich nicht gegen die politische Zuständigkeit oder Souveränität der römischen Regierung! Jesus stellte nicht Gott gegen den politischer Staat! Jesus predigte in keiner Weise, Gottes Souveränität anzuerkennen bedeute, die Souveränität der politischen Regierung abzulehnen, ihr den Krieg zu erklären! Jesus wollte mit seinem Eintritt in Jerusalem keine Entscheidung herbeiführen, Gott oder Cäsar! Das ist eine üble Bibelverdrehung! Jesus. verkündigte ein "Königreich der Himmel", das die politische Regierung im Lande, ohne die es nie und nirgends geht, in keiner Weise infrage stellte. Christus Jesus rief die Christen nicht zum Krieg gegen die politische Zuständigkeit oder Souveränität ihrer Landesregierungen auf! Wohin hat sich die WTG in ihrer hinhaltenden "Endzeit" - Verkündigung politisch verstiegen? …

Was das schließliche "Ende" betrifft, so wird nur weiter hingehalten: "Die Zeit . . . sollte inzwischen näher gerückt sein (S. 18/19) . . . die große Schlange bald zermalmt . . . Vernichtung unmittelbar bevorsteht . . . (S. 22, 23) in der nun schnell näher rückenden größten Drangsal (S. 25)…
Vielleicht werden wir noch einiges zu leiden haben Es wird nur noch eine kleine Weile dauern" (S. 26)

Es hat immer nur noch "eine kleine Weile" gedauert, 1874, 1914, 1925, 1945 und nun 1975. "Einiges zu leiden" wird es mit Sicherheit geben, wenn man sich weiter von der WTG über ihren Endzeit-Bankrott von 1975 hinaus hinhalten läßt, etwa auch mit Hilfe der Souveränitäts-Absurditäten der Kongresse 1975.
Alles in allem, das 1975-Hauptthema, das Hauptthema des Endzeit-Bankrottjahres 1975 ist eine Ablenkung in Unmöglichkeiten, in weltpolitische Absurditäten, in Luftschlösser und Bibelmißbrauch, auf daß sich ja niemand auf eine nunmehr reale Orientierung zu besinnen vermag.

Geschrieben von Mumpitz am 21. November 2001 13:27:52:

Als Antwort auf: Noch in unserer Generation <1822.htm> geschrieben von Drahbeck am 21. November 2001 01:11:19:

Zur Zeit akquirieren die Sekten wieder, nicht nur die WTG. Die Terroranschläge und die Aufräumaktion in Afghanistan sind der Anlaß. Die WTG spricht viel von Gog von Magog, wärmt so manches Abgestandene wieder auf und unkt, nun sei es wirklich Zeit, Stellung für den Sklaven zu beziehen.

Wer weiß, wie ein diesen guten Ausführungen in der CV vergleichbarer Rückblick auf diese Jahre in weiteren 25 Jahren aussehen wird ?? Auch wenn "diese Generation" notgedrungen aufgegeben wurde und auch wenn 1914 vielleicht aufgegeben sein wird, wird es wohl nicht viel anders aussehen.

Welch ein Mumpitz

Geschrieben von Bauer am 21. November 2001 13:21:09:

Als Antwort auf: Noch in unserer Generation <1822.htm> geschrieben von Drahbeck am 21. November 2001 01:11:19:

Die 'Wahrheit' hat es schon immer gegeben - auch die 'Wahrheit' über 1975. Aber wie so oft, es wird nur das gehört was man hören will. So bleibt die echte 'Wahrheit' auch heute von den meisten Zeugen Jehovas völlig unbeachtet.

Die Welt will belogen werden. Oder etwa nicht?

Geschrieben von O. N. am 21. November 2001 20:37:24:

Als Antwort auf: Re: Noch in unserer Generation <1824.htm> geschrieben von Bauer am 21. November 2001 13:21:09:

Wenn, wie beschrieben wie z. B. bei Thomas R., bei den aktiven "Gläubigen" auch keine spektakulären Abbrüche zu erwarten sind; gilt es doch langfristig zu sehen. Es wurde schon recherchiert, welch enormer Zeiteinsatz erforderlich ist für die Gewinnung eines neuen Zeugen Jehovas; namentlich solcher, die familiär diesbezüglich nicht vorbelastet sind. Diese Gruppe muss, was den nötigen Zeiteinsatz anbelangt, noch um ein vielfaches höher veranschlagt werden als jene, wo die familiären Weichen schon in Richtung Zeugen gestellt sind. Müssen die Zeugen für ihre Werbungen also viel aufwenden. Warum sollte es in umgekehrter Richtung wesentlich anders sein?

Immerhin ist es ein Erfahrungswert, kommt der Stein erstmal ins Rollen, beginnt zugleich eine Art Dominoeffekt. Jahrelang verdrängtes, kommt nunmehr auch zum tragen. Dann wirkt zugleich mit, dass entsprechender geistiger Vorlauf für die notwendige Auseinandersetzung vorhanden und im Internet konzentriert greifbar ist. Noch ist der Radius des Internets begrenzt. Aber auch dabei ist noch nicht das letzte Wort gesprochen; namentlich bei den jüngeren Generationen, für die das Internet dereinst genauso zum Leben gehört, wie für frühere Generationen, Radio und Fernsehen.

Geschrieben von Xaver am 21. November 2001 13:46:44:

Als Antwort auf: Re: Noch in unserer Generation <1824.htm> geschrieben von Bauer am 21. November 2001 13:21:09:

Gewohnheit, Sitte und Brauch sind stärker als die Wahrheit.

Voltaire

Geschrieben von Th. R  am 21. November 2001 18:01:24:

Als Antwort auf: Re: Noch in unserer Generation <1826.htm> geschrieben von Xaver am 21. November 2001 13:46:44:

Wenn sich Prophezeiungen nicht erfüllen
Theorie der kognitiven Dissonanz von Leon Festinger, das Jahr 1975 und die Zeugen Jehovas
Thomas R.
Die Zeugen Jehovas haben eine lange Tradition im Aufstellen von Daten für den Weltuntergang, die dann allesamt fehlschlugen. Für einen Außenstehenden ist es faszinierend, wie Menschen an dem Glauben an eine menschliche Organisation, deren Regeln ihnen ewiges Heil versprechen, festhalten können. Und das alles trotz offensichtlicher Beweise für falsche Prophezeihungen.

Wer sich näher mit dem Phänomen auseinandersetzt, wird dabei unweigerlich auf die Arbeiten von Leon Festinger und seine 'Theorie der Kognitiven Dissonanz' stoßen 

Ein soziologisches Experiment
Der Soziologe Leon Festinger veröffentlichte 1956 einen Artikel über ein wohl e Experiment. Er konnte sich mit seinen Mitarbeitern einer kleinen Endzeitsekte anschließen, und das Verhalten der Mitglieder vor der Prophezeihung und nach dem Fehlschlag studieren.

PROPHEZEIUNG VON PLANETEN CLARION AN DIE STADT: FLIEHT VOR DER FLUT. SIE WIRD AM 21. DEZEMBER ÜBER UNS HEREINBRECHEN. NACHRICHT VOM WELTRAUM AN BÜRGERIN Unter dieser Überschrift erfuhren die Leser der Zeitung 'Lake City Herald' im September von der Hausfrau, Marian Keech, die seit neun Monaten Nachrichten von Außerirdischen bekam....

Festinger bemerkt dazu  Jemanden mit Überzeugungen kann man schwer ändern. Wenn man ihm sagt, man sei anderer Meinung, wird er sich von einem abwenden. Wenn man ihm Fakten oder Zahlen nennt, wird er die Quelle anzweifeln. Wenn man an seine Logik appeliert, wird er den entscheidenden Punkt nicht sehen. Wir haben alle schon erlebt, wie fruchtlos es ist, jemanden eine starke Überzeugung auszureden, besonders wenn der Überzeugte einiges in seinen Glauben investiert hat. Wir sind mit den einfallsreichen Abwehrmechanismen vertraut, mit denen Menschen ihre Überzeugungen schützen und sie durch die verheerendsten Angriffe retten.

Wer heute einen Zeugen Jehovas fragt, was es mit 1975 auf sich hat, der wird erstaunliche Antworten bekommen. Es wird entweder geleugnet, daß dieses Jahr einmal Bedeutung hatte. Oder es wird darauf verwiesen, daß man selber nicht an das Jahr geglaubt hat, und das viele Brüder übertriebene Erwartungen gehabt hätten und dadurch enttäuscht waren. Diese Verhaltensweise kommt derjenigen der UFO-Sekte schon recht nahe. Die Geschichte wird uminterpretiert.
...

Im Königreichdienst werden Brüder gelobt, die ihre Häuser verkauften! In der Ausgabe Juni 69 bezeichnet man ein Hochschulstudium als unweise und sehr gefährlich(!) - und lobte diejenigen, die nicht studierten. Königreichsdienst (englisch), May 1974 Yes, the end of this system is so very near! Is that not reason to increase our activity? In this regard we can learn something from a runner who puts on a final burst of speed near the finish of a race. Reports are heard of brothers selling their homes and property and planning to finish out the rest of their days in this old system in the pioneer service. Certainly this is a fine way to spend the short time remaining before the wicked world's end.-1 John 2:17.
Übersetzung davon: Ja, das Ende dieses Systems ist so nahe. Ist das kein Grund unsere Aktivität zu erhöhen? In dieser Hinsicht können wir etwas von einem Läufer lernen, der am Ende eines Rennens nochmal sprintet. ... Es erreichen uns Berichte von Brüdern, die ihre Häuser und Eigentum verkauft haben und planen den Rest ihre Tage in diesem alten System aim Pionierdienst zu verbringen. Das ist sicherlich eine schöne Art die verbleibende Zeit zu verbringen, bevor dieses böse System endet. ...

Literatur
Festinger & Schlachter, 1989
Festinger, Leon and Stanley Schlachter (1989)
When Prophecy Fails.
In Extending psychological frontiers: selected works of Leon Festinger . Russell Sage, New York.
Festinger, 1978
Festinger, Leon (1978)
Theorie der kognitiven Dissonanz.
Huber, Stuttgart.

Th.R.

Geschrieben von Drahbeck am 25. November 2001 18:28:32:

Als Antwort auf: Harry Bachman <947.htm> geschrieben von Drahbeck am 04. August 2001 15:38:34:

Auf der Webseite von Hajo gelesen:
Der Sachverhalt, der hier zur Sprache kommt ist einem Buch entnommen, welches im Verlag eines Zeugen Jehovas, namens M. J. herausgegeben wurde.
Er betrifft zwei Brüder meiner ehemaligen Versammlung Zwickau -Planitz -Süd
"Die Zerschlagung einer Religionsgemeinschaft"
Waldemar H. (Herausgeber)

"Jehovas Zeugen verhalten sich politisch neutral, und das in jedem Land der Erde
Jehovas Zeugen respektieren die Regierung des Landes, in dem sie leben. Sie beachten die Gesetze und kommen ihren biblischen Verpflichtungen als Bürger gewissenhaft nach. Damit gehorchen sie den Worten der Bibel: "Jede Seele sei den obrigkeitlichen Gewalten untertan" (Römer 13:1).....Und wie segensreich sich die neutrale Haltung der Zeugen Jehovas doch erwiesen hat! Im Dritten Reich verhielten sie sich neutral; ebenso während der Zeit, als ihr Werk in der Deutschen Demokratischen Republik verboten war. "
Aus "Jehovas Zeugen Menschen aus der Nachbarschaft, wer sind sie? Seite 16 ff

Diese Aussage aus der Wachtturmpublikation von 1996 ist so nicht ganz richtig. Eines stimmt. Seit dem Verbot der Tätigkeit Zeugen Jehovas in Ostdeutschland am 30 August 1950 haben viele ihre Treue zur Wachtturmorganisation trotz Verfolgung bewahrt und sind ins Gefängnis gegangen. Zu denen gehörte auch der Vater meines Schwagers, Gottfried Klenke, der mit 2 weiteren Zeugen Jehovas 1950 zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt wurde. Die CDU-Tageszeitung "Der Demokrat" hatte in ihrer Ausgabe vom 28. 11. 1950 darüber berichtet:
"Wegen Boykott- und Kriegshetze, sowie Spionage verurteilte die 2. Strafkammer des Landgerichtes Dresden am Sonnabend 22 Angeklagte der Sekte 'Zeugen Jehovas' zu hohen Zuchthausstrafen. Die Hauptangeklagten Martin Seyfert, Werner Liebig und Gottfried Klenke, sämtlich aus Dresden, wurden zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt."
Sie haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt und lebten getrennt von ihren Familien in Haftanstalten wie Bautzen, Brandenburg, Waldheim, Zwickau oder Torgau. Ihr Mut und ihre Standhaftigkeit bleiben unbestritten.

Es gab aber auch einige Zeugen Jehovas, die mit der Stasi gemeinsame Sache machten. Zu ihnen zählten zwei Älteste meiner ehemaligen Versammlung,der Versammlung Zwickau Planitz

Stasihauptmann Joachim Riedel schildert Einzelheiten.

"Auf die Durchführung eines neuen Kurses der KDS wurde das MfS im Juli 1979 durch einen IM hingewiesen, der in einer Gemeinde in Zwickau als Gemeinde-Ältester füngierte. IMB *52 "Konrad" *53 war zu einer Schulung in der KDS eingeladen worden. Dies hatte er sogleich seinem Verbindungsoffizier mitgeteilt.
Mit einem weiteren Gemeinde-Ältesten fuhr "Konrad" zu einem ihm unbekannten Ort, um den Beauftragen der WTG, der die Schulung vornehmen sollte, zu treffen. Von ihm sollte er weitere Instruktionen erhalten, um auf die konspirative Schulung vorbereitet zu werden. Der WTG-Beauftragte stellte sich nicht mit seinem Namen vor, sondern gebrauchte zwecks Geheimhaltung seiner tatsächlichen Identität den Decknamen "Demag".*54 Mit dem WTG-Beauftragten fuhr IMB "Konrad" zu einem ihm unbekannten Ort, wo er weitere Instruktionen und schriftliches Besprechungsmaterial für die Schulung erhält

Wie konspirativ diese Treffen waren, da Jehovas Zeugen sich auf die Methode des MfS eingestellt hatten, zeigt die Beschreibung der Fahrt zum eigentlichen Treffpunkt des IMB "Konrad" im PKW des "Demag".
Da es im Raum Zwickau bereits mehrere Vorkommnisse gegeben hatte, die auf die "Handschrift" des MfS hinwiesen, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das MfS einen IM in der Organisation eingesetzt hatte. Deshalb sollte kein Mitfahrer in der Lage sein, die Treffpunkte wiederzufinden.
Die Fahrt zum Treffpunkt erfolgte in völliger Dunkelheit,es wurden Nebenstraßen befahren, damit keine Orts- oder Straßenschilder den Weg kenntlich machen würden es wurde für einige Zeit kreuz und quer gefahren, damit der Beifahrer sich den Weg nicht hätte einprägen können bei einem hinterherfahrenden PKW wurde dieser vorbeigelassen und eine Reparatur vorgetäuscht. Beim Treffpunkt, einem Bauernhof, waren keine Namensschilder oder sonstige Anhaltspunkte erkennbar,erst hier erhielt der IMB "Konrad" alle für ihn nötigen Lehrstücke für die KDS bei Übergabe der Materialien erhielt "Konrad" die Instruktion, diese Lehrstücke niemandem, nicht einmal seiner Ehefrau, zu zeigen und nicht darüber zu sprechen für die Vorbereitung hätte "Konrad" sieben Wochen Zeit. Dann würde der Kurs stattfinden (S. 14 f.)

Der IMB "Konrad" übergab die erhaltenen Materialien zur Einsicht bei einem kurzfristig angesetzten Treffen seinem Führungsoffizier, der die Materialien sofort dokumentierte. Es wurde entschieden, zunächst keine Maßnahmen gegen den geplanten Kurs zu unternehmen.
Dies hatte folgende Gründe: Zum einen musste die Tarnung des IMB gewahrt bleiben. Zum anderen sollte der genaue Ablauf einer solchen Unterweisung eruiert werden.
Sieben Wochen später fand die Schulung statt. Auch hier wurden während der Fahrt zum geheimen Schulungsort ähnliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen wie bei dem ersten Treffen. Beim Eintreffen des IMB "Konrad" und des Unterweisers der KDS M. J. waren bereits sechs *55 weitere Gemeinde-Älteste aus einer anderen örtlichen Gemeinde, die ebenfalls an der Schulung teilnahmen, in dem Schulungsraum anwesend. Diese waren dem IMB nicht bekannt Während der Schulung hatte jeder der Anwesenden einen speziellen Decknamen, da die Anwesenden nicht ihre Identität preisgeben sollten. Das Lehrprogramm wurde von Freitag bis Sonntag dargeboten.
Am Ende der Schulung erkundigte sich M. J. bei "Konrad" nach Möglichkeiten, eine solche Schulung auch für die anderen Ältesten aus dessen Gemeinde in einem konspirativen Gebäude im Raum Zwickau durchzuführen.
Am eilig durchgeführten Treffen "Konrads" mit seinem Verbindungsoffizier konnte er zwar nichts zur wahren Identität J.s sagen, dafür aber konnte er detaillierte Angaben zur Umgebung des Schulungsobjekts und der anwesenden Personen geben. Dadurch konnte der Schulungsort einige Tage später identifiziert werden. Durch die zuständige Kreisdienststelle des MfS wurde das Haus unter Beobachtung gestellt. Die Bewohner wurden als "fanatische .Zeugen Jehovas'" ausgemacht, die bisher noch nicht registriert waren. Man beobachtete ein unregelmäßiges Anfahren des Hauses in den Abendstunden durch Pkws, die in den dortigen Garagen untergestellt wurden. Weitere Details wurden von Riedel hierzu nicht genannt. Jedoch sei entschieden worden, den nächsten Schulungskurs der KDS "durch geeignete Maßnahmen zu zerschlagen" (S. 19).

Eine solche Möglichkeit bot sich dem MfS schon Ende des Jahres 1979. In derselben Zwickauer Gemeinde des IMB "Konrad" hatte das MfS noch einen weiteren Gemeinde-Ältesten, den IMB "Kreutzer"56 anwerben können. Dieser berichtete im November 1979 seinem Führungsoffizier, dass ihm und sechs Ältesten der Gemeinde von einem Ältesten seiner Gemeinde der Treffort für eine Vorbereitungsbesprechung für die geplante Schulung verschlüsselt mitgeteilt wurde. In Zweiergruppen sollten die Teilnehmer, um jeweils zehn Minuten

Zeitversetzt, am dafür vorgesehenen Ort erscheinen. Zuletzt sollte auch der Unterweiser der KDS und sein Kontaktmann in der Ältestenschaft am Schulungsort eintreffen.
Da das MfS im Vorfeld durch den IMB "Kreutzer" genaue Angaben zum Ort und zur vereinbarten Zeit besaß, beschloss die Bezirksverwaltung des MfS, die Zusammenkunft "auf der Rechtsgrundlage des § 218 StGB57 zu zerschlagen" und die acht Anwesenden einem Verhör zu unterziehen. Hohe Geldstrafen, ausgesprochen durch die Volkspolizei, sollten den Abschluss dieser MfS-Maßnahme bilden.
Am 24. November 1979 - am Abend sollte die Vorbereitungsbesprechung für die Schulung und die Übergabe der Schulungsunterlagen erfolgen - traf sich IMB "Kreutzer" vormittags zur abschließenden Absprache mit seinem Führungsoffizier. Dieser bestätigte ihm, dass der Kurs "durch das MfS zerschlagen wird und er ["Kreutzer"] einer Befragung zugeführt wird" (S. 23). Da sein Vernehmer nichts von seiner Spitzeltätigkeit wüsste, sollte "Kreutzer" sich gemäß den Weisungen der WTG verhalten und einen loyalen Zeugen Jehovas mimen.
Zum Verhör wurden acht Vernehmer der Abteilung IX 58 eingesetzt. Dies geschah in Zusammenarbeit mit jeweils einem Mitarbeiter der Abteilung XX, die als Beobachter anwesend sein sollten. Alle Vernehmer kannten sich mit der Organisation der Zeugen Jehovas und den Gründen für das Verbot der Religionsgemeinschaft aus.

Gemäß Riedels Arbeit ergab das Verhör, dass sich alle acht Festgenommenen bewusst waren, einer "verbotenen Organisation anzugehören" und dass sie an "einer gesetzwidrigen Zusammenkunft teilgenommen" hatten. (S. 24) Es wurden "zahlreiche Materialien der verbotenen Organisation" (S. 24), die zur Schulung mitgebracht wurden, beschlagnahmt.*59 Der Unterweiser der KDS konnte erst jetzt eindeutig als M. J. identifiziert werden. Zudem wurde festgestellt, dass der Kontaktmann J.s zur Zwickauer Gemeinde, Horst Kolbe *60, die Funktion eines Kreisdieners innehatte. Durch den anwesenden amtierenden Leiter des Volkspolizeikreisamtes Zwickau wurden gegen alle acht Festgenommenen hohe Ordnungsstrafverfügungen *61 verhängt.
Die Ergebnisse der Maßnahmen waren nach Riedels Angaben:
die Königreichsdienstschule sei für drei Jahre ausgesetzt worden.
M. J. und Horst Kolbe seien für ein Jahr von ihren Funktionen entbunden worden;
die Gemeinde Zwickau-Planitz-Süd wurde reorganisiert;
durch den übergeordneten Gebietsdiener der Gemeinde wurde der vorsitzführende Älteste von seiner Aufgabe entbunden; seine Stelle wurde vom IMB "Kreutzer" eingenommen
die Kurierverbindungen wurden neu gestaltet; auch hier erhielt "Kreutzer" weitere Aufgaben
die Missionsunterstützung der genannten Gemeinde für Nachbargemeinden wurde ausgesetzt, da das Misstrauen der anderen Gemeinden so groß war, dass man die Zeugen Jehovas aus dieser Versammlung nicht mehr grüßte, ihnen keine Handwerksarbeiten erledigte" und jeglichen Kontakt ablehnte (S. 26);

ein Ältester fühle sich derart verunsichtert, dass er sich ständiger Beobachtung ausgesetzt sähe. Ein weiterer Ältester der Gemeinde hätte "physisch und psychisch abgebaut" (S. 26 f.), so dass er sich keine Termine mehr merken könne und seine Arbeit in Qualität und Quantität nachgelassen habe.
Aus dem beschriebenen operativen Einsatz zieht Riedel die Schlussfolgerung, dass der Einsatz mit profilierten IM absolute Priorität besitze, da "man durch sie konkrete Kenntnisse der Feindtätigkeit" erhalte. Die beiden eingesetzten IM konnten durch den MfS-Einsatz das Vertrauensverhältnis in ihrer Gemeinde weiter ausbauen. Gleichzeitig wurde ihre "Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit" auch durch das MfS überprüft und ,ihr Verhältnis zum MfS festigte sich noch mehr". (S. 29)

Aufschlussreich war aber auch seine wiederholte Feststellung, dass zum erstenmal ein Kurs der KDS "zerschlagen" werden konnte. Dies zeigt, dass in den Ältestenschaften der verschiedenen DDR-Gemeinden offensichtlich nicht viele IM plaziert werden konnten. Anders ist es kaum erklärbar, dass laut Riedel "bisher unbekannte negativ-feindliche Aktivitäten (Königreichsdienstschule)"(S. 29) erst zu diesem Zeitpunkt entdeckt wurden. Diese sollten jetzt "gründlich analysiert"(S. 29) werden. KDS-Schulungen gab es in der DDR immerhin seit Beginn der sechziger Jahre.
Die Angaben Riedels, dass die KDS-Schulungen in der DDR für drei Jahre ausgesetzt wurden, entsprechen dem von J. an die dortige Ältestenschaft gemachten Angaben. Diese Angaben wurden jedoch lediglich gemacht, da J. und andere in der Zwickauer Gemeinde einen IM vermuteten und auf diese Weise dem MfS Inaktivität weismachen wollten. In Wirklichkeit wurden die KDS-Schulungen weitergeführt. Ebenso wurden weder J. noch Kolbe für ein Jahr von ihrer Position entbunden. Andere in der Abschlussarbeit gemachten Angaben entsprechen den tatsächlichen Gegebenheiten.*62

Zu bemerken ist noch, dass die beiden IM Joachim Schrödl und Harry Bachmann weitere zehn Jahre in ihrer Gemeinde als Älteste tätig waren und bis zur Wende als willige Werkzeuge dem MfS dienten.

Ach ja, fast hätte ich es als Berichterstatter "vergessen", noch ein wichtiges Dokument aus der Arbeit von Riedel zu zitieren. Es ist von besagtem "Kreutzer" (Bachmann) unterzeichnet und trägt die Überschrift: "Betrifft: Einstellung meiner Tätigkeit als ZJ"

"Nach 15-jähriger Tätigkeit als ZJ kam ich Mitte der 60-iger Jahre zu der Einsicht, daß dies eine Zwangsjacke war. Mein Entschluß stand fest, mich von dieser Anschauung zu trennen. Als ich Anfang 1966 von Mitarbeitern des MfS vernommen wurde und die Frage auftauchte, ob ich zu einer Zusammenarbeit bereit wäre, gab es für mich kein Zweifel dies zu tun. Da ich erkannt hatte, daß die Art der Darlegung des Inhalts der Bibel durch die Organisation der ZJ eine Demagogie ist, die versucht die Menschen hinter sich her zu ziehen. Ich habe infolgedessen alles unternommen, um dazu beizutragen diese Sache bloßzustellen. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des MfS war und ist in dieser Hinsicht sehr fruchtbringend und nützlich."

*55 Insgesamt nahmen an einer Schulung höchstens sieben Gemeinde-Älteste und der Unterweiser teil.

*56 IMB "Kreutzer" war der IMB "Quermann" alias Harry Bachmann (geb. 26.4.1926 in Lichtentanne) geborenen Harry Bachmann. Er arbeitete von März 1966 bis Ende 1989 für das MfS. Kurz nach dem Verrat der Königreichsdienstschule erhielt er am 12.2.1980 anlässlich des 30. Jahrestages der Bildung des MfS eine Sachprämie in Form einer Bankschleifmaschine mit allen Zusatzgeräten vom VEB Galvanotechnik Leipzig durch das MfS überreicht. In der Begründung für diese Auszeichnung heißt es: "Der IM arbeitet seit 1966 mit dem MfS auf der Basis der pol.-ideologischen Überzeugung zusammen. Der IM ist innerhalb der verbotenen Organisation Zeugen Jehovas integriert und hat sich dort in eine Vertrauensstellung gebracht und nimmt eine einflussreiche Position ein. In der bisherigen Zusammenarbeit zeigte der IM viel Eigeninitiative und realisiert die ihm . abertragenen Aufgaben. Durch seine Arbeit konnten wertvolle Informationen im Rahmen der pol.-op Bearbeitung des OV Thurm realisiert werden und gezielte Differenzierungsmaßnahmen eingeleitet werden."

*57 § 218 StGB: Zusammenschluss zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele.

*58 HA IX: Untersuchungsorgane des MfS

*59 Offenbar hatte der IMB "Kreutzer" (Harry Bachmann) ganz bewusst wichtige Gemeindeunterlagen zum Schulungskurs mitgebracht bzw. von anderen Ältesten mitbringen lassen. So konnten sie ganz offiziell in die Hände des MfS gelangen und hier offiziell ausgewertet werden. (Angaben von M. J., dem Unterweiser der KDS, vom 26. 12. 2000.)

*60 Riedel verwendet in seiner Arbeit für Horst Kolbe den Namen "Lorenz" und für M. J. den Namen "Martin".

*62 Angaben von M. J., dem Unterweiser der KDS vom 26. 12. 2000

Noch ein Hinweis: Harry Bachmann war bis zu seinem Tode , am 04.02.1999 aktiver Zeuge Jehovas. Joachim Schrödl war auch viele Jahre nach der Wende noch Ältester in der betreffenden Versammlung

Geschrieben von Hajo  am 25. November 2001 19:15:35:

Als Antwort auf: Re: Harry Bachman <1836.htm> geschrieben von Drahbeck am 25. November 2001 18:28:32:

Dazu noch folgende Anmerkung.

Ich habe nach Bekanntwerden dieses Sachverhaltes den Bruder Schrödl zu einer Stellungnahme gebeten.
Er schrieb mir in einem Brief folgendes:
"Lieber Hans-Joachim
Ich kann deine Empörung gut verstehen und nachvollziehen. Was nun die Stellung zu beziehen betrifft, was du wünschst hab ich in vielen Stunden bei Brd: M. J. u. vielen anderen Brüdern sowohl auch bei der Rechtsabteilung in Selters und zu guter Letzt auch vor einem ordentlichen Rechtskomitee meiner Versammlung Stellung bezogen. Am 5. 11. 99 bekam ich Gemeinschaftsentzug. So hatte mir Jehova einige Monate die Möglichkeit eingeräumt über meine Sünden nachzudenken. Ich empfinde wie David, der in Ps. 25:11 sagte:" Um deines Namens willen, o Jehova, wolltest auch du mein Vergehen vergeben, denn es ist beträchtlich"
So gab mir Römer 2:4 viel Kraft, wo gesagt wird, dass Gottes gütige Wesensart es ist, die mich dazu brächte aufrichtige Reue zu bekunden und umzukehren. (Jesaja 55:6) Ich freue mich wieder Gemeinschaft mit meinen Brüdern pflegen zu dürfen.
Ich bat alle um Vergebung und was das Wichtigste ist, bei Jehova Gott.
Leider ist mein Gesundheitszustand nicht zu gut, um Dir mehr schreiben zu können. Ich hoffe aber, das meine wenigen Zeilen doch eine Hilfe sein mögen, dein Gewissen zu beruhigen.
Ich möchte dich bitten mir auch zu vergeben und schließe mit 2.Kor. 2:6-8

Joachim Schrödl

Geschrieben von O. N. am 25. November 2001 19:49:41:

Als Antwort auf: Re: Harry Bachman <1837.htm> geschrieben von Hajo am 25. November 2001 19:15:35:

Ein solches Statement hätte man sich in der Sache auch im Falle Erich Frost gewünscht.
Aber offenbar gilt auch hierbei bei den Zeugen Jehovas der Grundsatz:
Die Kleinen henkt man - die Großen lässt man laufen!

Geschrieben von Drahbeck am 28. November 2001 05:10:28:

Als Antwort auf: Re: bitte gaaaaanz schnell <1843.htm> geschrieben von Gershon M... am 28. November 2001 00:13:14:

Meines Erachtens sprechen Jehovas Zeugen und die Scientology eine durchaus unterschiedliche Klientel an. Lässt man mal die außer Betracht, die durch den erzieherischen Einfluss der Eltern in die vorgegebene Richtung einschlagen. Betrachtet man also die, die vielleicht gar aus Protest aus der elterlichen Richtung ausbrechen, so wird man im Falle der Zeugen Jehovas (dort wiederum die ausklammernd die vielleicht durch Liebesbeziehungen zu einem Partner der bereits den Zeugen Jehovas angehört). Diese Gruppen ausklammernd wird man im Falle der Zeugen Jehovas sagen können: Sie sprechen in erster Linie die "Mühseligen und Beladenen" dieser Welt an. Das Thema Endzeitnaherwartung ist ja geradezu auf sie zugeschnitten.

Scientology. Eines der ersten deutschsprachigen Bücher zu diesem Thema brachte schon im Titel die dortige Klientel zum Ausdruck:
Robert Kaufmann "Übermenschen unter uns", Frankfurt/M. 1972.
Mittels eines überteuerten Kurssystems werden dort Psychoangebote offeriert, wie man angeblich ein Übermensch wird. Die einschlägige Literatur belegt den stark kommerziellen Charakter. Wer denn von den "Ausgeflippten ein solcher "Übermensch" werden will, der muss sich das eine Menge Geld kosten lassen. Nicht selten in gravierende Überschuldungen hineingeratend.
Vom Stamme "nimm" sind beide Gruppen. Aber nicht "nur" sie. Denke ich an den Druck zur Zehntenzahlung in diversen Freikirchen und verwandten, erscheinen mir die Zeugen Jehovas noch als "recht gesittet". Was nicht ausschließt, dass wer psychologisch gebrochen ist, in allen Gruppen eine Menge Geld los wird
Geschrieben von Gerd  am 28. November 2001 14:05:34:

Hallo Drahbeck!

Heute kam bei "Gimpelfang" von einem gewissen "Leser" nachfolgender Text herein:

27.11.2001
Gera war das Auge des Taifuns

"Gera war das Auge des Taifuns". So charakterisierte Religionswissenschaftlerin Dr. Gabriele Y... aus Berlin vorgestern die Rolle der Geraer Dienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit bei der Verfolgung der Zeugen Jehovas.

Am Beispiel des Geraers Willy Müller (1893 bis 1973) stellte sie den ca. 100 Zuhörern dar, welche Methoden die Stasi einsetzte, um die Religionsgemeinschaft zu unterwandern. Dass es letztlich nicht gelang, beweisen Zahlen. Zur Zeit des Verbots 1950 gab es 16 000 Zeugen Jehovas, am Ende der DDR 21 000. Müller gehörte zu jenen 2 400, die nach meist politischen Prozessen Gefängnisstrafen verbüßen mussten. Acht Jahre Zuchthaus hatte er überstanden, doch nach der zweiten Verhaftung ließ er sich "umdrehen". Er wurde IM Rolf. Die Stasi machte ihn zum Gründer der Studiengruppe "Christliche Verantwortung" und zum Herausgeber der ab 1965 erscheinenden gleichnamigen Zeitschrift, die die Stasi an alle Zeugen Jehovas verteilte. Die großen Kirchen hätten diese Publikation als authentische Aussagen der Zeugen Jehovas gesehen und seien ihrerseits gegen sie vorgegangen, so die Forscherin. Details zu Müllers Aufgaben schildert Dr. Y. in der repräsentativen Dokumentation "Im Visier der Stasi", in der 88 Dokumente zu Willy Müller zu finden sind. Selbst über seine Beerdigung gab es noch einen IM-Bericht. Dr. Y. bat, mit Nachsicht den Müllerschen Weg zu lesen. "Er war einer der wenigen Zeugen, die nicht standgehalten haben", sagte sie und betonte: "In einem totalitären System gibt es nicht nur Helden oder Verräter".

Die Zeugen Jehovas waren Opfer in der Nazizeit und in der DDR. Auch heute spüren Geraer Brüder - hier leben über 300 Zeugen Jehovas - Skepsis. Ihre politische Neutralität, sie äußert sich in der Kriegsdienstverweigerung und der Nichtteilnahme an Wahlen, sei selbst dem demokratischen Staat suspekt. Noch sei das Körperschaftsrecht nicht verbrieft, doch es gebe ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, erinnerte die Referentin. "Es überrascht mich, dass jemand öffentlich auftritt und uns so sieht wie wir sind. Das tut mir direkt gut und ich möchte sie ermuntern, so weiter zu machen", sagte der Geraer Friedhold B....

Geschrieben von Drahbeck am 28. November 2001 18:24:34:

Als Antwort auf: Christliche Verantwortung <1848.htm> geschrieben von Gerd am 28. November 2001 14:05:34:

Besten Dank für den Hinweis in Sachen CV. Sehe ich es richtig, beschränkt er sich auf die kommentarlose Wiedergabe eines entsprechenden Presseberichtes. Daher ebenso kommentarlos einige Präzisierungen dazu.
In dem Bericht der "Ostthüringer Zeitung" in Sachen des Y.-Referates in Gera durch "Leser" werden von Y. auch einige Zahlen genannt.
Fangen wir mit den Zahlenangaben an. Zeitgenössische WTG-Publikationen bezifferten die Durchschnittszahl der Gesamtdeutschen Zeugen Jehovas für das Jahr 1950 auf 47 853. Davon Ostdeutschland: 21 048. Insofern ist die Y.'sche Ausgangszahl nicht korrekt. Zum Vergleich. Ein Jahr später, wo die WTG-Statistiken nur noch Westdeutschland zahlenmäßig nannten, "sank" diese Zahl auf 33 890.
Noch ein Zitat dazu. Der "Wachtturm" (1952 S.61 ) notierte, dass unmittelbar nach der Verbotsausprechung, die Zahl der Verkündiger in der Ostzone auf 5500 absackte. Da jedoch in den vorangegangenen Monaten Höchstzahlen erzielt wurden; ergab sich die schon genannte Zahl für den Jahresdurchschnitt. Ein Jahr später nannte der Wachtturm (an der eben genannten Stelle letztmalig konkrete Zahlen bezüglich Ostdeutschland. Er vermerkt, dass die Tiefpunktzahl 5500 weit übertroffen wurde und nennt für 1951 eine "Höchstzahl von 17 256 Verkündigern" in Ostdeutschland.
Weiter Originalton "Wachtturm"
"Jetzt, zu Beginn des neuen Dienstjahres (1952) , gibt es 36 997 Verkündiger in Westdeutschland. Wenn wir jene von der Ostzone dazu zählen, haben wir 54 253 Verkündiger … Dies bedeutet 2 000 mehr, als wir letztes Jahr, vor dem Verbot in Ostdeutschland, hatten."
Die erste gesamtdeutsche offizielle WTG-Zahl nach der deutschen Wiedervereinigung existiert für das Jahr 1991.
Für 1990 nennt die WTG für die alte BRD eine Durchschnittszahl von 129 756.
Für 1991 dann für Gesamtdeutschland eine Durchschnittszahl von 154 496. Also kann man wohl davon ausgehen, dass die Zahl von rund 21 000 DDR-Zeugen Jehovas zu Beginn der deutschen Wiedervereinigung in etwa korrekt ist. Verglichen mit den Zahlen von 1950 ergibt sich jedoch keine wesentliche "Mehrung". Bestenfalls kann von der Bestandswahrung trotz widriger Umstände geredet werden.
Y. behauptet weiter, die "Christliche Verantwortung" sei an "alle DDR-Zeugen " verteilt worden. Auch das ist nicht korrekt. Die "Christliche Verantwortung" fing meiner Kenntnis nach mit 800 Exemplaren pro Ausgabe an. Die Auflagenhöhe wurde später bis auf maximal 3000 Exemplare in ihrer "Glanzzeit" gesteigert. Auch diese Zahlen machen deutlich, dass in dem Staat "DDR", wo Papier grundsätzlich kontingentiert war, und wo selbst erfolgreiche Verlage keineswegs die Papiermenge bekamen, die sie gerne haben wollten. Also auch diese Zahlen belegen, dass diverse, ja die überwiegende Mehrheit, der DDR-ZJ von der CV verschont blieben.
Im übrigen hat jeder, dem das Internet zugänglich ist, selbst die Möglichkeit sich über den Inhalt der CV eine eigene Meinung zu bilden. Die ersten 73 Ausgaben sind derzeit schon eingescannt. Weiteres kommt noch hinzu. Siehe:
ProjektCV

Was die Anwürfe gegen Müller anbelangt, so habe ich bereits in einer der Y. gewidmeten Datei auch dazu Stellung genommen. Siehe:  Y....
Sachlich zum Müllerkomplex gehört auch noch:
19192Mueller

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