Kommentar zu den eingescannten CV-Ausgaben

CV 10

Da verkündete der Wachtturm im Jahre 1966 in wünschenswerter Deutlichkeit: "Wie Moses und Aaron die vor Pharao erschienen und die Plagen, die über Ägypten kommen sollten, ankündeten, haben Jehovas Zeugen sich daran beteiligt, diese Plage über den Weltkommunismus zu verkünden." Falls die Kommunisten noch einen Grund für ihre Aversion gegen die Zeugen Jehovas benötigt haben sollten. Hier haben sie ihn frei Haus geliefert bekommen. Nun mag man gegenüber der Realität des kommunistischen Systems gewisse Einwände haben. Über die kann man durchaus diskutieren. Worüber man allerdings nicht diskutieren kann ist die verlogene Behauptung der Zeugenführung angeblich politisch "neutral" zu sein. Sollte es je "politische Neutralität" auf dem Sektor der Religion gegeben haben (einer These der ich widerspreche); dann aber mit Sicherheit nicht bei den Zeugen Jehovas. Ihre Leitung praktizierte und praktiziert durchaus handfeste Politik. Politik der Art, wie sie den Herrschenden Kreisen der USA opportun erscheint. Befinden sich andere Staaten im relativen Gleichklang mit der USA-Politik läuft alles relativ reibungslos. Ist dieser Gleichklang nicht gegeben, bekommen sie einige Knüppel vor die Füße geworfen und einer von ihnen heißt: Jehovas Zeugen. Deren Spezialität das "salbungsvolle Verbreiten von Nebelvorhängen" ist. Über die DDR-Politik hier und jetzt im Detail zu diskutieren wäre sicher müßig. Aber eines wird man den Kommunisten noch im Nachhinein bescheinigen können, dass sie sehr wohl klar den politischen Hintergrund der Nebelvorhänge Made in Jehovas Zeugen erkannten.

Das "Zauberwort" der Stasi gegenüber ihr Missliebigen, seien es Personen oder auch Organisationen, hieß "Zersetzung". Es ist festzustellen, dass diese Strategie von ihr auf allen Ebenen zur Anwendung kam - nicht "nur" im Falle der Zeugen Jehovas. Politisch motivierte vormalige DDR-Bürgerrechtler können da auch ein "Lied davon Singen". Etwa - um nur ein Beispiel zu nennen, sie plötzlich mit Waren (und Rechnungen) bombardiert wurden, die sie nie bestellt. Oder wenn es der Stasi sogar gelang Keile selbst in Ehegemeinschaften hineinzutreiben, wie etwa Vera Wollenberger in "Virus der Heuchler", anschaulich schildert. Also Jehovas Zeugen haben keineswegs ein "Opferprivileg" auf dieser Ebene. Aus persönlichem Erleben kann ich bestätigen, dass die Stasi ihre Zersetzungsprämisse auch im Falle von Zeugen Jehovaskritikern zur Anwendung brachte, wenn diese der Stasi unbequem wurden. Da verschwanden - beispielsweise - auf dem von Videokameras überwachten Berliner Bebelplatz, der zu damaliger Zeit auch öffentlicher Parkplatz war und in der Nähe der Ostberliner Staatsbibliothek gelegen ist, "plötzlich" die Nummerschilder von meinem dort stundenweise geparkten PKW "Trabant", um noch das harmloseste zu nennen. Also ich bestreite vehement, dass die Zeugen Jehovas "alleinige" Opfergruppe waren. Aber sicher waren sie auch eine. Gegenseitiges ausspielen, verschärfen von vorhandenen Gegensätzen und anderes mehr, dass war das Feld, wo die Stasi ihr Wirken offenbarte. Dem aufmerksamen Beobachter kann es nicht entgehen, dass auch in der CV Berichte über solche Machenschaften nachweisbar sind. Man lese mal aufmerksam und konzentriert den Bericht über den Zeugen Jehovas Paul St... (Name in der CV ausgeschrieben, hier verkürzt) in der CV Nr. 10 und 12. Dann hat man zugleich auch ein plastisches Veranschaulichungsbeispiel wie die Strippenzieher der Stasi im Hintergrund auf der Ebene Zeugen Jehovas agierten. Jener Bericht unterstellt um nur ein Beispiel zu nennen, das besagter Paul St... (offenbar ein ZJ-Aktivist), sich während seiner Haftzeit als "Gehlen-Geheimdienstagent" gegenüber anderen ZJ-Mitgefangenen geoutet haben soll. Prompt gelang es der Stasi, ihn nach seiner Haftentlassung auf der Flüsterparolenebene missliebig zu machen und Keile in die örtliche ZJ-Organisation zu treiben. Die Herren von der Thüringer Bezirksverwaltung der Stasi haben ihre Lektionen in Sachen "Zersetzung" offenbar in "hervorragendem" Maße verinnerlicht!

Man vergleiche auch: CV28

CV Christliche Verantwortung

Informationen der Studiengruppe Christliche Verantwortung

Nr. 10 Gera Juni 1967

Christliche Verantwortung Jahrgangsmäßig zusammengefasst 1967

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