Schweizer Vorzensur

Mitte 1940 hatte sich auch in der Schweiz die Situation zugespitzt. So ist beispielsweise die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 7. 1940 die letzte, die dort für absehbare Zeit erscheinen konnte. Erst ab Oktober 1944 konnte der "Wachtturm" auch in der Schweiz wieder erscheinen. Die Situation spitzte sich dergestalt zu, dass Anfang Juli 1940 eine staatliche Hausdurchsuchung in den Räumen des Berner WTG-Büros vorgenommen wurde. Zwar versuchte die WTG dagegen juristischen Einspruch zu erheben - indes ohne einen für sie günstigen Ausgang. Die Sachlage spiegelt sich auch in der Antwort auf die entsprechenden WTG-Eingaben wieder. In ihr wird unter anderem ausgeführt:

"Durch Verfügung vom 25. Juni / 1. Juli 1940 hat die Pressekommission sämtliche von der Wachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft und der Vereinigung der Zeugen Jehovas der Schweiz herausgegebenen Schriften auf unbestimmte Zeit unter Vorzensur gestellt mit der Weisung, dass die einzelnen Schriften, sowie Nummern der in Betracht fallenden Zeitschriften erst erscheinen dürfen, nachdem ihr Inhalt von einer durch das Territorialkommando 3 zu bezeichnenden Person geprüft worden ist. Die Maßnahme wird begründet mit Verstößen gegen den Grunderlaß der Abteilung Presse und Funkspruch im Armeestab vom 8. September 1939 und der Grundsätze der Pressekontrolle vom 6. Januar 1940. … Hingegen reiche die Wachtturmgesellschaft gegen die Verfügung Rekurs ein. … Die Stellen aus dem Wachtturm, die die Pressekommission zitiere, seien Artikeln entnommen, in denen die Weltlage anhand prophetischer Worte der Bibel beleuchtet werde. In Bezug auf solche biblische Abhandlungen (Aufklärung über Gottes Vorhaben mit der Menschheit über besondere zu vermeidende Gefahren, über gottfeindliche Ideen und Mächte) könne sie sich keiner Vorzensur unterwerfen." ("Trost" 15. 8. 1940 Nr. 430 S. 4).

Seitens der Behörden wurde weiter dazu ausgeführt:

"Danach haben die zuständigen Behörden einzugreifen, wenn gegen die … Vorschriften verstoßen wird. Darauf, ob der Betroffene die heutige Ordnung der Pressekontrolle billigt und ob die ihm dadurch auferlegten Beschränkungen seiner persönlichen Überzeugung entsprechen, kann es für die mit der Ausführung beauftragten Behörden, zu denen auch die Rekurskommission gehört, nicht ankommen. Sie haben die bestehende Ordnung als für sie maßgebend anzuwenden.

Sie wurde übrigens nicht, wie die Rekurrentin anzunehmen scheint, auf Verlangen einer Diktaturmacht eingeführt, sondern ist eine staatliche Notmaßnahme für außerordentliche Zeiten, dazu bestimmt, die guten Beziehungen eines neutralen Staates im Völkerringen zu den fremden Staaten und Staatsoberhäuptern auch unter den besonderen durch den Kampf der Großmächte bedingten Verhältnissen sicherzustellen.

Es ist offensichtlich, dass die beanstandeten Aufsätze in No. 11 des Wachtturms vom 1. Juni 1940 Äußerungen enthalten, die gegen die Grundsätze der Pressekontrolle vom 6. Januar 1940 verstoßen. … Die Rekurrentin hat denn auch nicht versucht, diese Feststellungen zu widerlegen. … Die maßgebenden Vorschriften über die Haltung der schweizerischen Presse waren der Redaktion des Wachtturms schon vor jener Beanstandung bekannt. Die verantwortlichen Persönlichkeiten waren wiederholt, zuletzt in einer Besprechung vom 20. Mai 1940, auf die Verpflichtung zu genauer Beobachtung der Grundsätze aufmerksam gemacht worden." (Ebenda S. 6).

Der Streit endete damit, dass die WTG die weitere Herausgabe des "Wachtturms" einstellte. Bezüglich ihrer Zeitschrift "Trost" fügte sie sich der angeordneten Vorzensur um dieselbe weiter herausgeben zu können.

Siehe auch: Rutherford 's Religion-Buch

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1940er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte