Der vorangegangene Jahrgang   1933

Vor (mehr als) 50 Jahren
Was 1934 Wahrheit war

Ach so - sie "sind vom Teufel"

Der Jahrgang 1934 des "Wachtturms" glänzt" schon auf den ersten Seiten (S. 6) mit der nachfolgenden "Weisheit":
"Der 'Wachtturm' hat gesagt, dass die Geistlichkeit des 'organisierten Christentums' dem Teufel und nicht Jehova Gott dient. Diese Anschuldigung ist heftig bestritten worden, indem man behauptet hat, es gäbe aufrichtige Prediger, die das Evangelium ihrem Glauben entsprechend verkündigten. Die Antwort wäre, dass die Aufrichtigkeit im Glauben nicht genügt, jemand zum Knechte Jehovas zu machen. Es möge zugegeben werden, dass es aufrichtige Menschen unter der Geistlichkeit des sogenannten 'organisierten Christentums' gebe. Andererseits muss aber auch von denen, die solche Geistliche verteidigen, zugestanden werden, dass Lehren von diesen gepredigt werden, die selbstischer Art sind. Solche Prediger, ob sie nun aufrichtig sind oder nicht, dienen dem Teufel."


Die solcher Art als "Teufelsdiener" titulierten, beliebten zum Gegenschlag auszuholen. Man lebte ja in den USA im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten". Man erinnerte sich wohl, dass es schon mal Schlagzeilen gab die von "Wildwest in Amerika" sprachen. Das lag nun schon einige Zeit zurück. Warum das ganze nicht einfach mal wiederholen? Gesagt - getan. Die Zeugen Jehovas gingen auch einigen Amerikanern - namentlich solchen mit katholischer Kirchenzugehörigkeit - langsam aber sicher, empfindlich auf die Nerven. Hatte doch der Papst das Jahr 1933 zum "Heiligen Jahr" deklariert und hatte doch Rutherford seinerseits kräftig dagegen gewettert. Hatten die Zeugen Jehovas zudem die Angewohnheit sich um Öffentlichkeitswirksamkeit zu bemühen. Namentlich mittels ihres organisierten Predigtdienstes.

Als solch eine organisierte Truppe von Zeugen Jehovas, in ihrer eigenen Terminologie, auch wie ein Heuschreckenschwarm, im Juni 1933 die amerikanische Kleinstadt Plainfield überfiel, um den dortigen Bürgern ihre Botschaft mitzuteilen, da schlug man zurück. Die dortige Polizei verhaftete, angestachelt von den religiösen Gegnern, kurzerhand 56 Zeugen Jehovas und steckte sie unter entwürdigenden Umständen in die Gefängnisse. Rutherford seinerseits erbost darüber, ging zur nächsten Gegenattacke diesbezüglich über. Der Bericht im "Goldenen Zeitalter" vom 15. 4. 1934 vermeldet dazu:

"Noch ehe Richter Rutherford aus Europa zurückkehrte (wo er sich mit dem Hitlerverbot auseinandersetzen musste - sicherlich keine für ihn angenehme Erfahrung) teilte er mit, dass am 30. Juli im 'Strandtheater' zu Plainfield eine religiöse Versammlung zum Nutzen der Einwohnerschaft dieser Stadt abgehalten würde. Die Ansprache sollte folgendes Thema behandeln: 'Warum solche religiöse Unduldsamkeit?' Die Polizei als solche ist nicht eingeladen worden, diesem Vortrag beizuwohnen. So gut wie jeder andere Bürger, waren sie uns willkommen, aber es lag kein Grund vor zu einem offiziellen Erscheinen. Tatsache ist, dass sie gleich einem Bienenschwarm den Platz überfluteten und Maschinengewehre bei jedem Durchgang verwandelten die Stätte in ein wahres Zeughaus.

Dieselben finstern Mächte, die am 4. Juni im Spiele waren und zu den Verhaftungen geführt hatten, brachten am 29. Juli 27 weitere Verhaftungen zustande. Weil die lokale Presse sich weigerte, die Ankündigung des Vortrages zu bringen, verteilte man überall in den Häusern Flugblätter die zum Besuche einluden und nun wurden die Neu-Verhafteten des 'Verbrechens' angeklagt, sich an der Verbreitung solcher Einladungen beteiligt zu haben.

Nach diesen zweiten Verhaftungen durchquerten am Samstagnachmittag und abends, sowie am Sonntagmorgen 60 Autos die Strassen von Plainfield und Summit. Sie trugen beidseitig mächtige Banner mit der Einladung herzukommen und bei freiem Eintritt Richter Rutherford im 'Strandtheater' sprechen zu hören. … (Es) war jeder Platz des Theaters besetzt, einige mussten stehen. Der Saal fast 1800 Personen. Schon lange vor Beginn der Versammlung kam die Polizei und unterfing sich, in jedem Winkel des Theaters ihre Waffen zu platzieren. Zwei Maschinengewehre im Rücken des Redners hätten Richter Rutherford augenblicklich niederknallen und die Stätte in ein Schlachthaus verwandeln können. Mit Kriegswaffen sich brüstende Beamte befanden sich an jedem Ausgang und überall im Hause. Es wurde gemeldet, dass mehr als die Hälfte des Polizeikorps von 64 Mann im Saal anwesend waren, die einen in Uniform, die andern in Zivil."

Im eigentlichen Vortrag machte Rutherford dann sich noch Luft mit der Anmerkung:
"Ich halte diesen Vortrag nicht für die untreue Geistlichkeit, noch für ihre blinden Gimpel, die sich hinter dem Gesetz zu verstecken suchen um ihre verkehrten Taten zu schützen. … Bürger von New Yersey, die vorgeben Täter des Gesetzes zu sein, haben versucht die heutige Veranstaltung zu verhindern. … Selbst der Polizeichef dieser Stadt bat den Besitzer des Theaters, seinen Vertrag zu brechen und dies, nachdem der volle Mietpreis bereits bezahlt war."

Offenbar geht die Rutherford-Broschüre "Intoleranz" (Ende 1933 erschienen), auch auf diese Vorgänge ein.

Man kann wohl sagen, dass auch jene Schrift nur so von "markigen" Sprüchen strotzt. Etwa wenn man da liest:

"Die Welt ist zu Ende, und der Teufel muß sein Besitztum abtreten. Bevor er jedoch vollständig hinausgeworfen wird, gebietet Gott, daß sein Zeugnis von seinem Königreiche von seinen Zeugen verkündigt werden müsse. …

Das Haupt der römisch-katholischen Hierarchie hat angekündigt, das Jahr 1933 sei ein 'heiliges Jahr', einfach weil er es als solches erklärt hat."

Da muss man doch wohl hinzufügen dürfen. Die "Symbolträchtigkeit" kann man dem Jahre 1933 nicht absprechen. Auch in der Sicht der Zeugen Jehovas sei doch Jesus im Jahre 33 hingerichtet worden. Wenn den Papst das nun als "Jubiläum" aufnimmt und als Wasser auf seine Mühlen zu lenken gedachte, dann kann man solch Überlegung zumindest nachvollziehen. Wer dagegen so wie Rutherford "polterte" offenbart letztendlich nur seinen religiösen Konkurrenzneid.

Weiter geht es im Rutherfordtext mit dem Satz:

"In einer von vielen Radiostationen ausgesandten Rede erklärte ich, daß der Papst durch die Einsetzung eines heiligen Jahres, das angeblich Frieden und Wohlstand herbeibringen werde, sich einer vermessenen Sünde vor Gott, dem Allmächtigen schuldig gemacht hat. Wegen jenes Vortrages griff mich die katholische Presse im ganzen Lande an und brachte viele falsche Behauptungen gegen mich vor. - Ich antwortete in einem Briefe an die kath. Presse und da sie es unterlassen hat, ihn zu veröffentlichen, hat die Zeitschrift 'The Golden Age' ('Das Goldene Zeitalter') ihn veröffentlicht. …

Ich bestehe darauf, daß der Klerus der päpstlichen Hierarchie den Teufel, aber nicht Jehova Gott vertritt. … Sie vergessen jedoch zu sagen, ob sie den wahren Gott oder dem Scheingott meinen. Die Schrift zeigt aufs bestimmteste, daß der wahre Gott heute nicht in den Kirchen ist; folglich ist diese Bewegung auf das Betreiben des Feindes Jehovas entstanden und bezweckt, die Menschen zu täuschen und zu verführen."

Und seine von Destruktivität strotzenden Ausführungen beschließt Rutherford dann noch mit dem Ausruf:

"Hätten die heutigen Herrscher Erkenntnis und Verständnis und Glauben an Gottes Wort, so wären sie überzeugt, daß die Welt nie wiederhergestellt werden kann, und daß alle Machenschaften zur Wiederherstellung der Welt sicherlich fehlschlagen werden, und zwar, weil Jehova das endgültige Urteil gefällt hat, daß diese Welt zerstört werden muß."

Man sieht, gleich einer "tibetanischen Gebetsmühle" trägt Rutherford den Satz vor sich her, "diese Welt muß zerstört werden". Damit erreicht er ohne Zweifel die Befindlichkeit einer gewissen soziologischen Schicht. Andere, dieser Schicht nicht zugehörig, sehen das allerdings anders, grundlegend anders. Besonders attackiert von Rutherford auch die katholische Kirche. Auch dabei erreicht er wieder die Empfänglichkeit jener vorgenannten soziologischen Schicht. Das der Katholizismus vor Intoleranz nur so strotzt, soll nicht prinzipiell in Abrede gestellt werden. Aber das ganze spielte sich in den USA der 1930er Jahre ab. Und die dortigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kann man keineswegs mit dem finsteren Mittelalter vergleichen.

Indem Rutherford in dieser gesellschaftspolitischen Situation ausgesprochene Hetzthesen zu lasten der katholischen Kirche verkündete, kann man es letzterer nicht verargen, wenn sie sich entsprechend wehrte. Nicht immer in Form der "vornehmen englischen Art". Sicherlich nicht. Aber genau das konnte auch Rutherford für sich nicht in Anspruch nehmen.

Und wie es in den Wald hineinschallt - so schallt es auch aus ihm zurück!

Exkurs:

Günther Pape etwa, kommentiert unter Bezugnahme auf den gleichen Sachverhalt, in seinem Buch "Ich klage an" (S. 80-83):

Zehn Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, von dem Rutherford meinte, daß "niemand erklären könnte, warum eigentlich der Krieg aufgehört habe", war die neue demokratische Ordnung nicht nur nicht gefestigt, sondern in Gefahr.

Zwar hatte sich Deutschland nach der Inflation etwas erholt, und es gab ein paar Jahre, in denen sich die Demokratie etwas stabilisiert hatte, aber das spielte für Rutherford und seine Anhänger keine Rolle.

In seinem Buch "Regierung" zeichnet Rutherford eine Welt, die hoffnungslos dem Untergang geweiht ist. Alle menschlichen Bemühungen um Demokratie und Gerechtigkeit waren seiner Ansicht nach zum Scheitern verurteilt.

Eine Passage aus besagtem Buch verdeutlicht Rutherfords Einstellung:

"Gleichzeitig mit dem Weltkriege und hernach brachen Revolutionen aus, die eine Kundgebung des Verlangens der Völker nach besseren und liberaleren Regierungen waren. Selbstsüchtige Revolutionäre haben gewöhnlich die Lage des Volkes verschlimmert, anstatt verbessert. Etliche Nationen waren vom Bolschewismus regiert, der niemals eine zufriedenstellende Regierung für das Volk beschaffen kann. Der Bolschewismus ist zum sicheren und vollständigen Mißerfolg verurteilt. Dasselbe muß vom Kommunismus gesagt werden ... Monarchien sind gegen das Volk hart, grausam und tyrannisch gewesen, aber Bolschewismus und Kommunismus sind noch schlimmer ... Gewissenlose Profitmacher raffen durch Betrug fabelhafte Geldsummen zusammen ... Die Regierungsgewalt ist somit in den Händen einiger weniger Menschen, deren Gott das Geld ist ... Große Korporationen, genannt Trusts, die im Besitz und unter Kontrolle einiger weniger skupelloser Menschen sind erdrücken den ehrlichen Handel, bestechen die öffentlichen Beamten..."

Und wie selbstverständlich weist er nach, daß für all diese Dinge der „Gott dieser Welt, Satan der Teufel" verantwortlich ist. Alle menschlichen Bestrebungen die Umstände und Verhältnisse zu bessern, sind von daher zum Scheitern verurteilt.

In diesem Zusammenhang ist eine kurze Darstellung der Rutherford'schen Ansicht über die "weltliche Obrigkeit" angebracht.

Seine Vorstellungen über den Umgang mit der weltlichen staatlichen Macht kann man sich am besten veranschaulichen, wenn man sich sein Buch "Jehova" vornimmt.

Darin schildert er, wie heute in gegenbildlicher Erfüllung der ägyptischen "Zehnten Plage", die Botschaften und Warnungen, der Zeugen auf die „offiziellen Elemente der sichtbaren Organisation Satans, die Herrscher der Welt und ihre feilen Anhänger, lasten". Mit einem "beständigen Geheul der römisch-katholischen Hierarchie und anderer Geistlicher... vom gleichen Schlage" wurde. verlangt, daß den Boten verboten werde die Einrichtungen der Welt zur Verkündigung ... zu gebrauchen."

Da Jehovas Zeugen „allen solchen Widersachern gründlich verhasst seien", würden sie verfolgt, um sie mit "einem scheinbar gesetzlichen Vorwand auszurotten".

Hier spricht er nicht von der Nazi-Herrschaft in Deutschland, wie man eigentlich annehmen könnte. Die bisherigen Schwierigkeiten und das Verbot in Deutschland werden hier nicht erwähnt.

Als erstes Beispiel beschreibt er die Verfolgung

von Zeugen Jehovas in Plainfield, New-Jersey, USA. Eine „bis auf die Zähne bewaffnete Polizeigarde war zweifellos auf Betreiben grausamer katholischer Priester auf der Szene erschienen".

Daß es nicht zu einem Mord gekommen sei, hätten selbst die "Polizisten nicht begreifen" können.

Nach Rutherfords Aussage ziehen heute - gemeint ist 1934 - die Zeugen aus dem gegenbildlichen Ägypten, der bösen Welt, aus.

Wie die Israeliten von den Ägyptern „silberne und goldene Geräte forderten", so forderte Rutherford damals schon, daß sie "berechtigt und befugt sind, die Benutzung jeder und aller Mittel, über die die Machthaber der Welt jetzt verfügen, nachzusuchen", um sie für ihr Werk zu gebrauchen.

"Das bedeutet, daß sie des Feindes eigene Mittel oder Werkzeuge gegen ihn verwenden sollen, wie die Radiosender, die Einrichtungen der Gerichte, Petitionen und Proteste an die gesetzgebenden Körperschaften, welches Recht durch die Staatsverfassung ihres eigenen Landes verbürgt wird... Damit bitten sie nicht etwa Satans Organisation um Erlaubnis für ihre Tätigkeit, sondern überbringen der Satansorganisation die Ankündigung und verlangen, daß diese weltliche Organisation aufhören soll, sich m den Weg zu stellen ... So wendet das Volk des Herrn einige Dinge der Gesellschaft des Teufels dem Werke und Dienste des Herrn zu.

Das ist übrigens ein endgültiger Beweis dafür, daß Jehovas Zeugen sich nicht mit einer Geschäftsunternehmung abgeben, wie Straßenhandel, Hausieren und Bücherverkauf, ungeachtet was immer auch die weltlichen Gerichte hierüber entscheiden oder urteilen mögen."

Das kann letztlich nichts anderes bedeuten, als daß von Rutherford und damit für die, die ihm folgen, die Gesetze der Länder oder Rechtsentscheide von Gerichten bewußt ignoriert wurden. ..."

Rutherford schreibt seinen Untertanen: „.. es wäre durchaus ungereimt, wenn die Gesalbten die Regierungen fragen würden ob sie wohl das Evangelium predigen dürften. Es ist aber gewiß ihre Pflicht, zu fordern, Satan und seine Vertreter möchten aufhören, Jehovas Zeugen zu hindern, ... Es müßte daher Jehova Gott mißfallen, wenn irgend jemand den gegenbildlichen Pharao und seinen Beamten um Erlaubnis bäte, auszugehen und das Evangelium predigen zu dürfen... Jehovas Knechte müssen seinen Befehlen gehorchen."

Rutherfords Aussagen sollten für die ihm Hörigen quasi wie das Wort Gottes sein und als "Evangelium" von Haus zu Haus getragen werden."

Auszüge aus dem Buch "Jehova"

Schwerpunkt des 1934 erschienenen Rutherford-Buches "Jehova", stellt eine Neuauslegung des Bibelberichtes dar, über die zehn Plagen die Pharao ereilten. Unschwer zu erkennen, wen Rutherford glaubt als "neuzeitlichen Erfüller" bezeichnen zu können. Einige darüber hinausgehende Auszüge aus jenem Buch noch:

"Alte Bekannte!"

Die Zeitschrift der Apologetischen Centrale "Wort und Tat" veröffentlichte in ihrer Ausgabe 10/1934 (S. 323) einen Beitrag der nachstehend wiedergegeben sei:
"Man traut seinen Augen nicht! Da findet man eines Tages in seiner Wohnung in einem westlichen Berliner Vorort einen verschlossenen gelben Umschlag ohne Anschrift und Aufschrift. Man macht ihn unter einer gewissen Spannung auf, und heraus fällt - ein Heft der Ernsten Bibelforscher! 'Gericht über Richter, über Prediger, über Nationen, über Politiker, über Geldmänner, über Satans Organisation, über das Volk.' Der übliche bunte Umschlag zeigt ebenso bunte Strahlen über den Erdball. Bei näherem Ansehen freilich wird man sich beruhigen können; denn das Heft stammt aus dem Jahre 1929 und zeigt bloß, dass man sich zwar wieder zu einer Propagandawelle entschlossen hat, dass aber inhaltlich keine neuen Gedanken geboren worden sind, jedenfalls nicht für das deutsche Publikum. Da ist z. B. zu lesen (S. 22): 'Die sogenannten christlichen Nationen sind heute bereits aus Furcht voreinander bis an die Zähne bewaffnet. Gott hat den heutigen Zustand vorausgesehen und durch seine Propheten vorausgesagt. Diese dem Namen nach christlichen Nationen haben einen Völkerbund gebildet und bezeichnen ihn als Ausdruck des Königreiches Gottes auf Erden.'
Man kann sich kaum denken, dass solche Ausführungen noch irgend einen Eindruck auf deutsche Leser machen. Aber es gilt, die Augen offen zu halten und die Menschen, die nicht Bescheid wissen, auf die Urheber dieses Schriftchen aufmerksam zu machen: die Ernsten Bibelforscher und ihr Haupt Rutherford.

So, so - "wir sind völlig damit zufrieden"

Über das Jahr 1933 und seine Auswirkungen auch für Jehovas Zeugen, ist schon viel geschrieben worden. Auf einige weniger bekannte Details bezüglich letzterer gehen nachfolgende Ausführungen ein. Zur "Einstimmung"  eine Leseblüte aus dem "Wachtturm"des Jahres 1934 (S. 31):
"Wenn der Feind das Werk in Deutschland nicht gehindert hätte, wäre die Verbreitung größer gewesen. Wir sind aber nicht beunruhigt. Der Herr hat das Steuer in der Hand und hat gute Gründe für alles, was er zulässt, und wir sind völlig damit zufrieden."

Diese "Zufriedenheit" kommt auch in einem von M. C. Harbeck unterzeichneten Zirkular zum Ausdruck in dem man lesen konnte:

"Watch Tower Bible an Tract Society. Brooklyn New York U.S.A.

Magdeburg, den 28. August 1933

Meine lieben Freunde!

Die vielen Anfragen, die hier eingegangen sind, möchte ich hiermit durch ein Zirkularschreiben beantworten.

Die 'Watch Tower Bible and Tract Society' ist verboten. Ebenso die Tätigkeit der 'Internationalen Bibelforscher-Vereinigung'.

Als Bevollmächtigter der 'Watch Tower Bible and Tract Society', speziell als Beauftragter des Präsidenten, Richter Rutherford, möchte ich Euch hiermit bitten, Euch den gegenwärtigen Vorschriften ... der Regierungs- und Polizeibehörden zu unterziehen. Vor allen Dingen möchte ich Euch ersuchen, keine verbotenen Schriften zu verbreiten und ohne polizeiliche Bewilligung keinerlei Versammlungen oder Vorlesungen abzuhalten.

Da der Druck von Bücher, Broschüren und Zeitschriften verboten ist ... können die laufenden Bestellungern nicht mehr (erfüllt werden). Anfragen sind daher vorläufig zwecklos."

Harbeck schliesst sein Schreiben mit der Anmerkung, dass er lediglich empfehle als Bürger desw Landes durch "unseren vorbildlichen Lebenswandel ein beredtes Zeugnis für die Ehre Gottes und die Rechtfertigung seines Namens und Wortes abzulegen.

Er vermerkt als Schlusssatz, dass er die Grüße übermittle die ihm Richter Rutherford aufgetragen habe. Das man im Glauben und Gebet ausharren wolle, und das im kommenden Königreich es erst wieder Gelegenheit geben werde für die Rechtfertigung des Namens Gottes beizutragen.

Auch anlässlich der ersten Besetzung der Magdeburger Zentrale und ihrer anschließenden Wiederfreigabe, übte man sich noch in Zweckoptimismus. Symptomatisch dafür auch jener Pressebericht:
"Zu der in Nr. 37 des (Magdeburger) 'General-Anzeigers' erschienenen Bericht über die Polizeiaktion gegen die ernsten Bibelforscher schreibt uns die 'Wachtturm- Bibel- und Traktatgesellschaft': 'Es ist unzutreffend, dass die Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft Vorbereitungen traf, einen Teil des Maschinenparks der Druckerei deshalb nach Prag auszuführen, weil die Vereinigung in Bayern und Sachsen verboten wurde. Diese Verbotsmaßnahmen dürften in den nächsten Tagen auf Grund des Resultats der polizeilichen Durchsuchung unserer Räume welche die vollständige unpolitische und streng religiöse Tätigkeit … als behördliche Feststellung ergab, aufgehoben werden. Die Versendung einzelner, ganz alter Maschinen nach Prag erfolgt deshalb, weil die Ausfuhr tschechischer Literatur nach der Tschechoslowakei durch neue tschechische Einfuhrbestimmungen unmöglich gemacht wurde und wir daher gezwungen sind, diese Literatur in der Tschechoslowakei zu drucken. Übrigens hatten wir drei Wochen vorher dem Polizeipräsidium Magdeburg von unserer Absicht Kenntnis gegeben und um eine Umzugsbescheinigung gebeten, die wir tatsächlich erhalten haben, so dass also unsere Absicht nicht unbekannt war." ("Magdeburger General-Anzeiger" 3. 5. 1933. Zitiert in: "Das Goldene Zeitalter" 1. 6. 1934 S. 6).
Noch einmal vermochte man eine "positive" Meldung zu registrieren. Im November 1934 meldete das interne in der Schweiz erscheinende Blatt "Bulletin": "Inzwischen haben wir eine Mitteilung erhalten, die uns sicherlich alle erfreuen wird. Die Bücherlager in Deutschland, die seit einem Jahre beschlagnahmt waren, sind nun freigegeben. Allerdings unter der Bedingung, dass die Literatur nicht in Deutschland verbreitet werden darf."
Das "Jahrbuch 1934 der Zeugen Jehovas" (S. 89) vermeldet weiter:
"Im Juni (1933) besuchte der Präsident der Gesellschaft Deutschland um etwas zur Rückerstattung des Eigentums und zur Weiterführung des Werkes zu tun." Sichtbares Resultat dieser Stippvisite war die als Geschichtsträchtig in die Annalen eingegangene Berlin-Wilmersdorfer Veranstaltung vom 25. Juni 1933.
Mit dieser Gewissheit, dass "der Herr das Steuer in der Hand" habe und dass alles mit seiner Zulassung geschehe und das man "völlig zufrieden" sei, oder wie es gar das 1934 Jahrbuch formulierte: "Wir wissen natürlich, dass Jehova dies hätte verhindern können, aber offenbar hat er nicht eingegriffen, um seinen und seines Königreiches Widersachern zu erlauben, sich vor Harmagedon voll und ganz auf Satans Seite stehend zu offenbaren." Mit dieser künstlich zur Schau gestellten Zuversicht, kann es doch wohl nicht allzuweit her gewesen sein. Denn schon in der Ausgabe vom 1. 6. 1934 des "Wachtturms" kann man über einen öffentlichen Protest etwas lesen. In ihm findet sich auch der Satz: "(Wir) rufen alle wahren Christen und fair denkenden Menschen auf der ganzen Erde auf, sich uns in diesem energischen Protest anzuschließen."
Das die Rutherfordadminstration versuchte mit aller Macht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Verbotssituation wenn möglich wieder zu verändern, steht außer Frage. War doch schon davor die Rede, dass in der deutschen Stadt Dresden beispielsweise, mehr Bibelforscher/Zeugen Jehovas vorhanden wären, als zur gleichen Zeit in New York. Man kann es schon verstehen, dass dieses deutsche Verbot äußerst ungelegen kam. In den USA war diese Gruppe im Spektrum des Pluralismus, zum damaligen Zeitpunkt auch nur eine von Vielen - eher der unbedeutenderen Art zugehörig. In Deutschland hingegen "war man schon wer". Die heutigen Zeugen Jehovas schätzt man von der Quantität in Millionendimensionen ein. Man sollte nicht vergessen, dass dies zur fraglichen Zeit keinesfalls so war. Um 1925 hatte man einen Höchststand von rund 90 000 (Weltweit) erreicht. Danach war erst mal Schluss mit weiteren Zuwächsen. Eher ist das Gegenteil zu registrieren. Die Nachwirkungen der 1925-Verkündigung machten sich bemerkbar. Der nunmehr praktizierte straffe Zentralismus durch die Rutherfordadministration hatte ein "Herausschütteln vieler" bewirkt, um eine zeitgenössische Vokabel aus ihrer damaligen Literatur aufzunehmen. Das 1934 erschiene Rutherford-Buch "Jehova" fasst den diesbezüglichen Dissens auch in die Worte: "Die heute hartnäckig darauf bestehen, Pastor Russell hätte alle Wahrheit, die von den Heiligen auf der Erde zu lernen ist, gelehrt, sind in Finsternis und werden in Finsternis bleiben." (S. 233). Die sogenannte "Tagesanbruch-Bewegung" ließ also schon damals "grüßen".
Die numerische Sachlage wird auch Schlaglichtartig in einer Meldung des internen Mitteilungsblattes "Bulletin" vom Februar 1934 deutlich, in dem registriert wurde, dass es nach langer Zeit, trotz der deutschen Zäsur doch etwas vorwärts wieder ging. Der Text berichtet von 79 Ländern in denen man insgesamt zum damaligen Zeitpunkt tätig sei. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass es in etlichen dieser 79 Länder nur eine Handvoll gewesen sein können, wenn man liest:
"Dieses durch des Herrn Gnade erreichte Resultat ist um so bemerkenswerter, wenn wir bedenken, dass mehr als 19 000 Arbeiter in Deutschland nicht in diesem Bericht eingeschlossen sind. Es ist interessant festzustellen, dass vor einem Jahr in der ganzen Welt 37 411 Arbeiter Berichte einsandten, während es in diesem Jahr ohne Deutschland 34 518 Arbeiter waren."
Zum Vergleich: Das gleiche interne Blatt "Bulletin" vermeldet bezüglich der USA im Juli 1934, dass dort eine offensichtliche Stagnation eingetreten sei. Die Zahl der dortigen Verkündiger wird zu diesem Zeitpunkt mit maximal 19 871 angegeben. Und die gleichzeitig mit angegebene Zahl der Anwesenden beim dortigen Gedächtnismahl  (25 805); vermag auch nicht sonderlich zu beeindrucken. Diese Sachlage wird auch an den Zahlen für das sogenannte "Gedächtnismahl" deutlich. Laut "Bulletin" vom August 1933, gab es in jenem Jahr weltweit 84 179 Anwesende. Ein Jahr zuvor (1932) waren es 81 778.
Verständlich, dass die deutsche Zäsur besonders empfindlich traf. Himmel und Hölle wurden in Bewegung gesetzt, diese Sachlage - sofern möglich - wieder zu verändern. Auch die den Verfolgungen in Deutschland gewidmete Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 6. 1934 berichtet darüber:
"Gab die Hitlerregierung am 4. April 1933 einen Erlass heraus, wodurch die Tätigkeit … der Zeugen Jehovas, verboten wurde, beschlagnahmte und zog das Besitztum der Gesellschaft, dass damals einen Wert von etwa RM 2 500 000,- hatte, ein. Diese Beschlagnahme war eine Verletzung des Vertrages zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland, und da es sich um eine amerikanische Körperschaft handelte, intervenierte die amerikanische Regierung, worauf am 28. April 1933 die Beschlagnahme aufgehoben und das Besitztum den rechtmäßigen Eigentümern zurück erstattet wurde.
Am 24. Juni 1933 beschlagnahme die deutsche Regierung … erneut das Besitztum der Gesellschaft und verbot ihre Tätigkeit in Deutschland. Die Regierung der Vereinigten Staaten, gemäß den Bestimmungen des erwähnten Vertrages intervenierte von neuem für die Gesellschaft und im Oktober 1933 hat die deutsche Regierung dann wiederholt die Beschlagnahme des Besitztums aufgehoben. Jedoch weigert sie sich immer noch, der Gesellschaft zu gestatten, dass Eigentum zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit zu gebrauchen. Die deutsche Regierung kündete durch ihre Behörden an, dass die Wachtturm- Bibel- und Traktat-Gesellschaft … ja wegen der Beschlagnahme bei den deutschen Gerichten Beschwerde erheben und Klage führen könnten um ihre Rechte geltend zu machen. Dies ist getan worden; aber als die Gesellschaft diesen Weg beschritt, hat die deutsche Regierung einfach das Recht abgesprochen, solche Prozesse zu führen. … Wiederholte Anstrengungen wurden gemacht, um von den deutschen Behörden angehört zu werden … alle solche Anstrengungen blieben jedoch gänzlich erfolglos. Deutsche Beamte hatten versprochen, die Gesellschaft anzuhören, aber wenn versucht wurde, sie zu erreichen, weigerten sich die Herren, mit einem Vertreter der Gesellschaft Verhandlungen zu führen. Anlässlich eines Kongresses von 7000 der Zeugen Jehovas, der im Juni 1933 in Berlin stattfand, wurde in Form einer Resolution eine Erklärung … herausgegeben. Millionen Exemplare hiervon wurden gedruckt und in ganz Deutschland verbreitet. Den zuständigen Behörden wurde zuerst ein Exemplar verabfolgt. … Die deutschen Behörden zeigen so, dass sie die wirklichen Tatsachen gar nicht wissen wollen, sondern das sie, getrieben von irgendeinem dunklen und mächtigen Einfluss, entschlossen sind, den Zeugen Jehovas Schaden zuzufügen und die Verkündigung der Botschaft über Jehovas Königreich zu verhindern.
Das Vergehen der deutschen Regierung in der Beschlagnahme des Eigentums der Gesellschaft und dem Verbot ihres Gottesdienstes in ganz Deutschland ist nicht nur eine direkte Verletzung des Vertrages, der zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland besteht, sondern ebenfalls eine offensichtliche Übertretung der Verfassung des Deutschen Reiches....
Eine Autorität in Rechtssachen, nämlich das 'Handwörterbuch der Rechtswissenschaft von Prof. Stier-Semle, in welchem als weitere Mitarbeiter der Präsident des Reichsgerichts Dr. Bumke, und der Reichsanwalt Dr. Ebermeyer angeführt sind, sagt u. a. mit Bezug auf Religionsgesellschaften: 'Was solche Religionsgesellschaften betrifft, sind vor allem die Methodisten, die Freie Gemeinde, die Neuapostolischen, die Bibelforscher und andere eingeschlossen.' … Jehovas Zeugen in Deutschland haben es an keiner Anstrengung fehlen lassen, um ihren Fall den dortigen Behörden vorzutragen. … Alle ihre Bemühungen in dieser Beziehung haben jedoch nichts genützt."
In der gleichen Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" wurde noch ein weiterer umfangreicher Bericht zur gleichen Thematik abgedruckt. Er wurde mit der Anmerkung eingeleitet:
"Das Nachstehende wurde von einem der Zeugen Jehovas zusammengestellt, der von vielen Tatsachen unterrichtet ist, über Briefe und Mitteilungen von solchen verfügt." Auch wenn der Betreffende nicht namentlich genannt wurde, so steht es jedoch mit ziemlicher Sicherheit fest, dass es sich dabei um Hans Dollinger handelt, der zur fraglichen Zeit der Statthalter der WTG in Deutschland war. Vergleicht man die bereits zitierten Ausführungen zur Sache, mit denen von Dollinger zum gleichen Thema, so wird man eine inhaltlichen Gleichklang registrieren können. Das heißt, was Dollinger sagte, machte sich (zum damaligen Zeitpunkt) auch die WTG voll inhaltlich zu Eigen.
Auch Dollinger schreibt unter anderem:
"Vergeblich haben wir auf eine Freigabe gewartet, weil ja der Vertrag zwischen Amerika und Deutschland verbürgt, dass unsere Tätigkeit ohne Behinderung ausgeführt werden kann, und weil nach den vielen öffentlichen Aussagen der gegenwärtigen Führer in Deutschland, die behaupten, von Gott gesandt zu sein, Glaubens- und Gewissensfreiheit im Dritten Reich gewährleistet sein sollten. … Kein deutscher Anwalt ist willens und imstande unsere Rechte in den deutschen Gerichten unter den heutigen Verhältnissen zu vertreten. Die Tätigkeit der Gesellschaft ist gegenwärtig immer noch verboten auf Grund eines Erlasses des Preußischen Innenministers und durch andere Ortsbehörden, die nach deutschem Gesetz kein Recht haben, derartige Verbote gegen die Gesellschaft auszusprechen, da die Gesellschaft in Deutschland gesetzlich durch den Reichsrat, der höchsten nationalen Autorität, zugelassen wurde."
Es ist schon aufschlussreich, sich auch den weiteren Detailbericht von Dollinger in dieser Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" näher anzusehen. Also man wird wohl dem zustimmen müssen, dass er da auf verlorenem Posten kämpfte, dass er faktisch keine reelle Chance hatte. Die Kritik gilt also - ohne Zweifel - in erster Linie dem NS-Regime. Dollinger schrieb in seiner diesbezüglichen Replik auch:
"Während einer Besprechung zwischen Dr. Fischer vom deutschen Ministerium, einem Vertreter der Gesellschaft und einem Vertreter der amerikanischen Regierung, die uns schließlich gewährt wurde, erklärte ersterer, dass die Bibel nicht zuverlässig, Jehova nicht annehmbar sei, und besonders das Alte Testament abgeschafft werden müsse. Er erklärte ferner, dass besonders die sogenannten Deutschen Christen Gegner der Zeugen Jehovas seien und das Deutsche, arischer Abstammung, keiner Erlösung bedürften, denn sie hätten Gott in sich selbst und seien dazu bestimmt die Welt zu retten. Weiter sagte er, die Erlösung durch das Blut Christi sei Unsinn. Außerdem beanstandete er einen gewissen Teil des Textes unserer Literatur und wusste nicht einmal, dass es ein Zitat aus Jesajas Prophezeiung war.
Später, anlässlich einer weiteren Konferenz, als durch die Intervention der amerikanischen Regierung das Besitztum freigegeben wurde, bestand Dr. Fischer darauf, dass alle Versammlungen der Bibelforscher verboten bleiben sollten und dass niemand in den Gebäuden der Gesellschaft in Magdeburg beten dürfe. Solche eigentümlichen und lächerlichen Forderungen veranlassten einige Vertreter anderer Regierungen zu sagen, dass die Nazi-Führer wohl Gott abschaffen wollen. …
Die Verhandlungen offenbarten ferner, dass Dr. Schemm, ein Beamter der bayrischen Regierung (Bayrischer Kultusminister), und Kardinal Faulhaber, sowie andere religiöse Fanatiker etwas zu tun hatten mit der Maßnahme der deutschen Behörden gegen das Werk … Minister Rudolf Hess, die rechte Hand des Reichskanzlers, sagte bezüglich unserer Sache, dass er nichts dafür tun könne. … So wurde unsere Angelegenheit von einem zum andern geschoben. Niemand war bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Dr. Frick, der Reichsinnenminister, erklärte, dass er weder etwas für uns, noch gegen uns tun wolle. Er übergab die Sache Dr. Scholz und dieser leitete sie an Dr. Erbe weiter. Etliche Beamten zeigten sich vermessen. Kürzlich sagte Dr. Erbe einem Vertreter der Gesellschaft in Berlin: 'Wir kennen die Bibelforscher zur Genüge, von vorn und hinten. Es hat keinen Zweck, die Sache mit mir zu besprechen. Sie würden nur Ihre und meine Zeit vergeuden. Unsere Entscheidung ist getroffen und ich zweifle daran, ob die amerikanische Regierung weiter Ihretwegen intervenieren wird.'"
Es half also nichts, wenn die Zeugen Jehovas alle nur möglichen formaljuristischen Aspekte betonten. Das Hitlerregime pflegte die Zeugen Jehovas nicht wegen irgendwelcher Formalien zu verbieten. Ihm war ihre politische Abstinenz zuwider. Das aber wollte man in San-Diego-Brooklyn, und mit Einschränkung auch in Magdeburg, eben nicht zur Kenntnis nehmen.
Noch eins: Das Hitlerregime ist in Sachen Zeugen Jehovas ohne Zweifel zu weit gegangen. An dieser Feststellung gibt es nichts zu rütteln. Aber es sei auch eine Gegenfrage gestellt. Im Bibelbuch 1. Timotheus 2:2 wird dem Apostel Paulus der Ausspruch nachgesagt, dass man, soweit es an den Christen liege, doch ein "stilles und ehrbares" Leben führen möchte. Wie verhielt es sich diesbezüglich bei den Zeugen Jehovas. Man wird wohl kaum sagen können, dass sie um ein "stilles" Leben bemüht waren. Symptomatisch dafür ist auch jene Stelle aus dem "Wachtturm" (1934 S. 185):
"Diese Getreuen weigern sich, die Herrscher dieser Welt als die 'obrigkeitlichen Gewalten' anzuerkennen. Sie lehnen es ab, mit den Mächten der Satansorganisation auf einen Ausgleich einzugehen, und sie weigern sich, von der Organisation Satans Erlaubnis, das Evangelium vom Königreiche Gottes predigen zu dürfen, zu erbitten oder anzunehmen."

Juristische Schwankungen

Da hatte also das NS-Regime sein Verbot der Zeugen Jehovas ausgesprochen und das schon ziemlich am Anfang seiner "Karriere". Nun oblag es auch den Gerichten, diesbezügliche strafrechtliche Konsequenzen zu realisieren. In der kurzen Zeit des Bestehens des NS-Regimes, hatte es zwar auch schon einen wesentlichen Teil der Juristen zu sogenannten "Märzgefallenen" dass heißt zu Akklamierern des Hitlerregimes verwandelt. Aber die Zeitspanne war wohl doch noch etwas zu kurz um den Triumph registrieren zu können, dies schon bei allen Juristen erreicht zu haben. Außerdem, diese Juristen hatten ihre Ausbildung in der Regel in der Zeitspanne der sogenannten Weimarer Republik absolviert. Nicht alle waren "Wendehals" genug, sofort auf die nazistische Linie umzuschwenken. Ein solcher Fall ist offensichtlich bei dem Sondergericht Darmstadt zu registrieren, dass sich auch mit einem Bibelforscher/Zeugen Jehovas-Prozess zu befassen hatte. In Heft 28/1934 der Fachzeitschrift "Juristische Wochenschrift" wurde der diesbezügliche Fall seiner Entscheidung vom 26. 3. 1934 referiert. Im Anschluss daran, damit keine "Missverständnisse" entstehen, aber noch ein saftiger Kommentar einer auf die Nazilinie eingeschwenkten sogenannten juristischen "Kapazität" mit angefügt. In dem fraglichen Bericht konnte man lesen:

"Rechtsprechung: Sondergericht Darmstadt. … Die Ansicht, dass die Weim(arer) R(eichs) Verf(assung) als solche und im ganzen keine Geltung mehr besitzt, ist abzulehnen. Art(ikel) 137 WeimRVerf. verstößt nicht gegen Staatsgrundsätze des Nationalsozialismus. Art 137 WeimRVerf. kann nur durch ein Verfassungsänderndes Reichsgesetz abgeändert oder außer Kraft gesetzt werden. … Die Vereinigung der Bibelforscher ist eine Religionsgesellschaft im Sinne des Art 137 WeimRVerf.

Der Staatskommissar für das Polizeiwesen in Hessen erließ unter dem 19. April 1933 … folgende Anordnung: 'Die Propaganda der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung (auch Bibelforscher Zeugen Jehovas) hat wiederholt zur Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geführt. Die Vereinigung steht außerdem im Verdacht, mit den marxistischen Parteien in Verbindung zu stehen. Auf Grund der VO des R(eichs)Präs(identen) zum Schutze von Volk und Staat vom 28. Febr. 1933 verbiete ich deswegen alle Versammlungen von Angehörigen dieses Bundes und jede Propaganda desselben, insbesondere durch Verbreitung von Druckschriften. Das zur Durchführung des Verbotes Erforderliche wollen sie veranlassen.' Die Anordnung war an die Hessischen Kreisämter und die sonstigen polizeilichen Behörden gerichtet und wurde durch Veröffentlichung bekanntgemacht. … Sämtliche Angekl(agten) bekannten sich als Anhänger der Internationalen Bibelforschervereinigung. Sie wurden beschuldigt, innerhalb nicht rechtsverjährter Zeit … fortgesetzt gemeinsame Versammlungen der Vereinigung internationaler Bibelforscher veranstaltet, für die Vereinigung Propaganda gemacht, sich an ihr als Mitglied beteiligt, sie unterstützt und ihren organisatorischen Zusammenhalt aufrechterhalten zu haben, obwohl ihnen das Verbot der Vereinigung bekannt gewesen sei. Darin wird ein Vergehen gegen die oben mitgeteilten Anordnungen … erblickt. Die Angkl. geben sämtlich zu, dass ihnen das ausgesprochene Verbot ihrer Organisation bekannt war. Es wurde ihnen wenigstens teilweise sogar einzeln durch die zuständige Gendarmeriestation eröffnet.

Die Angekl. waren freizusprechen, da die bezeichneten Anordnungen rechtsungültig sind, weil sie gegen Art. 137 Abs(atz) 2 WeimRVerf. … verstoßen, der rechtsgültig fortbesteht. Es kann zunächst von der St(aats)A(nwaltschaft) angenommen, auch im Schrifttum vertretenen … Auffassung nicht zugestimmt werden, wonach die Weimarer Verfassung als solche und im ganzen nicht mehr gelten soll. Dagegen spricht sachlich, dass sonst heute ganze Institutionen auch unseres gegenwärtigen Verfassungsleben in der Luft hängen würden und das keineswegs der gesamte Inhalt der sog. Weimarer Verfassung mit den Staatsgrundsätzen des Nationalsozialismus unvereinbar ist. Formell, dass die Reichsgesetzgebung selbst auf der Grundlage des Fortbestehens der RVerf. fußt, soweit ihre Bestandteile nicht im Einzelnen durch die staatsrechtliche Entwicklung im Gefolge der nationalsozialistischen Revolution beseitigt worden sind.

Das nationalsozialistische Deutschland hat die Religionsfreiheit nicht angetastet und gedenkt dies auch, wie sich insbesondere aus den eigenen Worten des Führers und anderer Männer ergibt, nicht zu tun. Das in J(uristische) W(ochenschrift) 1934, 767 veröffentlichte Urt. des R(eichs) G(erichts) vom 23. Jan. 1934, dass sich mit einem sächsischen Verbot der ernsten Bibelforscher befasst, hält die grundsätzliche Fortgeltung der nicht beseitigten Bestimmungen der Verfassung und insbesondere ihres Art. 137 offenbar für so selbstverständlich, dass es sich mit der Frage nicht erst ausdrücklich befasst.

Die Vereinigung der Bibelforscher muss aber - darüber hat die Beweisaufnahme keinen Zweifel gelassen - als Religionsgesellschaft im Sinne des Art. 137 anerkannt werden. Sie stellt eine festgegründete, umfassende Vereinigung der Anhänger eines in seinen Lehren und Anschauungen von den übrigen christlichen abweichenden Glaubensbekenntnisses dar, die sich über das gesamte Reichsgebiet erstreckt.

Die Selbständigkeit des Glaubensbekenntnisses ergibt sich z. B. aus der Verwerfung der Dreieinigkeitslehre, der Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, vom Fegefeuer.

Positiv ergibt sich die eigene Lehre aus dem Bekenntnis der Menschheit Jesu neben der Gottheit Christi; die Seele befindet sich nach dem Tode im Zustande der Bewusstlosigkeit im Grabe. Bei Ausbruch des tausendjährigen Reiches nach der Wiederkehr Christi erwachen die Nichtauserwählten aus dem Todesschlaf; die Willigen und Gehorsamen werden dann auf einer wiederhergestellten Erde in menschlicher Vollkommenheit leben, während die Unverbesserlichen im zweiten Tode auf ewig vernichtet werden.

Der Weltenlauf zerfällt in drei große Zeitabschnitte; die Zeit bis zur Sintflut; die 1874 durch die unbemerkte Wiederkehr Christi zu Ende gegangene arge Welt und von da durch die Übergangszeit der Ernte des tausendjährigen Reich, welches 1914 anbrechen sollte.

In der Erfüllung des durch das religiöse Bekenntnis gegebenen Zwecke und Aufgaben erfasst die Vereinigung ihre Gemeinschaftsglieder vollständig; nicht etwa werden nur bestimmte einzelne religiöse Ziele … verfolgt und der einzelne Bibelforscher kann keiner anderen Religionsgesellschaft angehören. Auch die Gottesdienste werden nach eigenem Ritus abgehalten. Nach alldem und auf Grund der dauerhaften und festen Organisation der Vereinigung der ernsten Bibelforscher, die als deutscher Zweig ihre Hauptleitung in Magdeburg haben, kann ihr die Eigenschaft als Religionsgesellschaft nicht abgesprochen werden."

Zu dem eben zitierten Urteil, wurde an gleicher Stelle noch ein Kommentar von Prof. Dr. E. Huber (Kiel) veröffentlicht. Letzterer schreibt:

"Das Urteil wird von rechtsirrigen Erwägungen getragen und kommt zu einem unhaltbaren Ergebnis. Die Grundprinzipien der Weimarer Verfassung sind Formulardemokratie, Parlamentarismus, Föderalismus, Gewaltenteilung, Grundrechte; sie bilden die Substanz und den Geist des Weimarer Systems und die Weimarer Verfassung 'gilt' nur solange diese fünf Säulen, auf denen sie ruht, staatsrechtlichen und politischen Bestand besitzen. Die nationalsozialistische Revolution hat diese fünf tragenden Prinzipien des Weimarer Systems von Grund auf zerstört.

An die Stelle der überholten Grundprinzipien des Weimarer Systems sind unmittelbar mit dem Siege die Grundsätze nationalsozialistischer Staatsauffassung getreten; diese sind der völkische Gedanke, das Führerprinzip und die politische Totalität.

Aber es ist in jedem einzelnen Fall besonders nachzuweisen, dass ein alter Verfassungsgrundsatz übernommen worden ist, und man kann nicht umgekehrt aus der Tatsache, dass er nicht ausdrücklich aufgehoben worden ist, auf seinen Fortbestand schließen.

Die heutige Gesetzgebung hat nur aus Gründen der äußeren Ordnungsmäßigkeit und Ruhe (Legalität) im Gesetz v. 24. März 1933 sich eines formellen Verfahrens der Weimarer Verfassung bedient, aber sie fußt damit nicht in der Sache auf der Weimarer Verfassung und leitet ihre Rechtfertigung (Legitimität) nicht aus ihr her.

Aber ebenso selbstverständlich erkennt der nationalsozialistische Staat dieses Recht der religiösen Vereinigungsfreiheit nur unter einem bestimmten Vorbehalt an; die Freiheit des religiösen Bekenntnisses besteht nur; soweit sie nicht das Volk und den Staat gefährden; auch das geht aus dem Punkt 24 (des NSDAP-Programms) aufs Klarste hervor.

Der Art 137 Abs. 2 ist vom nationalsozialistischen Staatsrecht (wie alle übrigen Religionsartikel der Weimarer Verfassung) nur mit dem Vorbehalt übernommen worden, den der Punkt 24 des Parteiprogramms mit voller Deutlichkeit formuliert. Auch die am 23. März 1933 vor dem R(eichs) T(ag) abgegebene Erklärung der Reichsregierung lässt daran kaum Zweifel. Staats- und volksfeindliche religiöse Vereinigungen genießen den Schutz des Art. 137 Abs. 2 nicht.

Dass die Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher eine volks- und staatsfeindliche Gruppe ist, kann nach den Feststellungen des Urteils nicht zweifelhaft sein. Die Bibelforscher verwerfen den Staat überhaupt als 'Teufelswerk'; sie sind Kriegsdienstverweigerer, unterliegen unkontrollierbaren ausländischen Einflüssen und zeugen judaisierende Tendenzen; und das Urteil selbst verkennt ihren staatsgefährlichen Charakter nicht. Im übrigen ist die Frage, ob im Einzelfall eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt von den zuständigen Exekutivbehörden nach ihrem Ermessen zu entscheiden und für die Gerichte nicht nachprüfbar.

Der von der zuständigen Staatsbehörde bindend festgestellte volks- und staatsfeindliche Charakter der Vereinigung schließt aus, dass sie den Schutz des Art. 137 Abs. 2 für sich in Anspruch nimmt. Ihre Auflösung und das Betätigungsverbot widerspricht daher dem Art. 137 Abs. 2 nicht, und die Angeklagten hätten … verurteilt werden müssen. … Das alte formale Gesetzesstaatliche Denken hat meines Erachtens hier zu einem klaren Fehlurteil geführt."

Beraubung der "Ägypter"

Josy Doyon berichtet in ihrem 1966 erstmals erschienenen Buch "Hirten ohne Erbarmen" auch über eine merkwürdige Begegnung. Sie schildert darin auch die Begegnung mit einer deutschen Zeugin Jehovas, die wie auch etliche andere ihrer Glaubensschwestern in Hitlers KZ einsitzen musste. Sie schildert in ihrer plastischen Art, wie sie als Schweizer Bürger vor Staunen "den Mund nicht mehr zubekam" und die Meinung äußerte, solche Prüfungssituationen wohl kaum überstanden zu haben. Jene KZ-Zeugin Jehovas konnte dieses Statement von Frau Doyon eigentlich nur als eine Art von Lob bewerten. Doch jetzt trat das ein, was eigentlich keiner so recht erwartet hatte. Jene KZ-Zeugin Jehovas ging einmal aus sich heraus und legte auch die "andere Seite" der "Medaille" einmal dar.

Der diesbezügliche Bericht (S. 232-235) besagt:

"'Siehst du, nicht die Verfolgung durch die Nazis war für uns das Schlimmste, sondern die Uneinigkeit zwischen uns Zeugen selbst. Viele Zeugen haben sich gegenseitig ausgeliefert und verraten. Kannst du dir das vorstellen: Man steht vor der SS und wird ausgefragt bis zur Bewusstlosigkeit, man wird geschlagen und verrät kein Wort von dem, was sie wissen wollen, aber plötzlich öffnet sich die Tür und ein Bruder aus der eigenen Versammlung kommt herein und verrät, was man mit allerWiderstandskraft verschwiegen oder abgeleugnet hat.' 'Aber so etwas ist doch nicht möglich?' fragte ich entsetzt. … 'Wir wurden von der Gesellschaft angewiesen, nichts, was die Versammlungen betrifft, zu verraten. Im Falle der Inhaftierung sollten wir keine Namen von Brüdern, keine Adressen und keine heimlichen Versammlungszentren verraten. Wir hätten einfach von nichts zu wissen. Und dann, wenn man glaubte, man habe die Gestapo an der Nase herumgeführt, und die Geschwister gedeckt, wurde plötzlich so ein Bruder hereingeführt und verriet lächelnd alles, was man mit zusammengebissenen Zähnen verschwiegen hatte. Oft handelte es sich um Brüder, die zuerst führend vorangegangen waren, das war noch das Schlimmste.

Aber noch ärger als dies alles war das Verhältnis unter uns Zeuginnen. Das kannst du dir nicht vorstellen. Die meisten der Schwestern wussten überhaupt nicht, wofür sie im Konzentrationslager ausharrten. Welch hässliche Streitereien gab es da von morgens bis abends! Die eine behauptete dies, die andere das und jede wollte recht haben. … Aber meine Nerven waren so mitgenommen, dass ich dies alles nicht mehr aushielt. Da griff ich zur List des Königs David, der sich vor den Toren des Königs Achis wahnsinnig stellte. Wenn man mich rief, begann ich blöde zu lachen und grinste die SS-Männer dumm an. Schließlich ließen sie mich in Ruhe."

Frau Doyon schildert noch eine andere Episode von dieser KZ-Zeugin Jehovas:

"Eines Tages kam sie zu mir, strahlte über das ganze Gesicht und sagte unter listigem Augenzwinkern: 'Jetzt habe ich gerade der alten Welt ein Schnippchen schlagen können. Ich hatte auf der Post für einen Auslandsbrief eine Gebühr von 50 Rappen bezahlen sollen. Ich tat, als hätte ich kein Portemonnaie bei mir und sagte, ich wollte mir das Geld draußen bei meinem Mann holen. Dann nahm ich den Auslandsbrief, ging seelenruhig hinaus und verschwand. Das habe ich gut gemacht, nicht wahr?'

'Aber um Himmels willen', brachte ich schließlich hervor, 'sag, dass du scherzest, das wäre doch Betrug!' 'Aber freilich hab ich es getan', lachte sie ungerührt, 'und dem sag ich nicht Betrug. Hast du denn nicht gelesen, dass die Israeliten beim Auszug aus Ägypten von Jehova den Befehl bekamen, die Ägypter zu berauben? Du weißt doch, dass wir Zeugen uns heute auf dem gegenbildlichen Auszug aus Ägypten befinden, denn das damalige Ägypten war nur ein Schattenbild unserer heutigen, dem Untergang geweihten, alten Welt! Und deshalb sollen wir der alten Welt nichts schenken. Die ganze Erde wird ja bald uns gehören!'

Ich hatte eine heftige Zurechtweisung auf der Zunge. Doch dann kam mir in den Sinn, dass sich ein Bruder ganz ähnlich geäußert hatte, als ich klagte, es sei für mich demütigend, von meiner Adoptivmutter so viel Güte annehmen zu müssen. 'Das ist aber dumm von dir', erwiderte der Bruder, 'statt dass du dich freuen würdest, dass das Geld deiner Mutter dir zugute kommst, statt der heuchlerischen Kirche. Nimm du nur ruhig, was du kannst, dann kommt es wenigstens dem Werk zugute. Die alte Welt geht sowieso bald zugrunde, die soll ruhig noch zahlen.'"

In dem eben zitierten Text ist auch von der "Beraubung der Ägypter" die Rede. Wie auch in etlichen Sachen, ist die Ursache dieser These im "Wachtturm" nachweisbar. Letzterer schrieb in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1934 (S. 91):

'Jehova hatte Mose zuvor gesagt: 'Wenn ihr auszieht, sollt ihr nicht leer ausziehen', sondern, dass die Israeliten, sobald Gottes rechte Zeit zu ihrer Befreiung gekommen sein würde, von den Ägyptern borgen sollten: 'Und ihr sollt … die Ägypter berauben' (2. Mose 3:21, 22). Unmittelbar nach der neunten Plage sprach Jehova zu Mose und sagte: 'Rede doch zu den Ohren des Volkes, dass sie ein jeder von seinen Nachbarn und eine jede von ihrer Nachbarin silberne Geräte und goldene Geräte fordern. Und Jehova gab dem Volke Gnade in den Augen der Ägypter. … Jene Artikel wurden nicht von dem Ägyptern geborgt, um sich lediglich damit zu schmücken, sondern um von den Israeliten im Dienste des Herrn verwendet zu werden. Das bedeutet anscheinend, dass Jehovas Zeugen jetzt berechtigt und befugt sind, um die Benutzung irgendwelcher und aller Mittel, die die Machthaber der Welt jetzt kontrollieren, nachzusuchen und sie zur Förderung des Zeugniswerkes des Königreiches zu gebrauchen. Das bedeutet, dass sie des Feindes eigene Mittel oder Werkzeuge gegen ihn verwenden sollen, wie die Radiosendungen, die Einrichtungen der Gerichte, Petitionen und Proteste an die gesetzgebenden Körperschaften, welches Recht durch die Staatsverfassung ihres eigenen Landes verbürgt wird, ferner alle andern Mittel, wodurch das Volk auf die Botschaft von Jehovas Königreich aufmerksam gemacht werden kann. Damit bitten sie nicht etwa Satans Organisation um Erlaubnis für ihre Tätigkeit, sondern überbringen der Satansorganisation die Ankündigung und verlangen, dass diese weltliche Organisation aufhören soll, sich der Ausführung der Vorsätze Gottes in den Weg zu stellen. Das Borgen von den Ägyptern stellt wohl auch dar, wie Jehovas Zeugen Geldbeiträge für die Literatur entgegennehmen und es darauf zur Herstellung und Veröffentlichung weiterer Literatur benützen. So wendet das Volk des Herrn einige Dinge der Gesellschaft des Teufels dem Werke und Dienst des Herrn zu."

Der nächste Jahrgang   1935

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