Friedrich Ritter von Lama

Beim Revue passieren lassen des Jahres 1924, darf man ein spektakuläres Ereignis nicht vergessen. Und das war der St. Galler Bibelforscherprozess vom November 1924. Er hat wie kein zweites Ereignis die Bibelforscher in die Schlagzeilen der Tagespresse katapultiert. In meiner "Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt deutsche Geschichte" S. 136-153 gehe ich im Detail darauf ein. Das dort bereits gesagte will ich hier jetzt nicht unbedingt wiederholen. Ein anderer Aspekt (oder besser gesagt ein Detailaspekt) sei einmal noch etwas herausgestellt. Da gab es zeitweise in Konstanz am Bodensee auch eine Initiative, die sich der Erforschung der Geschichte der Zeugen Jehovas widmete. Ihre damalige im Internet mit vertretene, allerdings sehr torsohaft wirkenden Webseite. Jedenfalls waren auf der dortigen Indexseite diverse offerierte Links (zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen) faktisch nicht aufrufbar. Nach einem Crash des Providers, bei dem auch andere Webseiten mit betroffen waren, erfolgte keine Wiederherstellung

Einerseits fand man auf dieser Webseite interessantes; andererseits vermag ich mich einigen dortigen Wertungen nicht anzuschließen. Stellvertretend nenne ich die dortige milde Kommentierung, die man seitens dieser Gruppe dem Karl Gerecke zuteil werden lässt. Jener Gerecke, der auch durch ein an die Hitlerregierung eingereichtes Memorandum zum Zeugen Jehovas-Verbot "glänzte". Ich habe im Gegensatz dazu, zu Gerecke schärfere Worte gewählt (Man vergleiche: "Geschichte der Zeugen Jehovas" S. 436-440). Noch etwas, auch der Konstanzer Gruppe ist der St. Galler Bibelforscherprozess bekannt. Ein Wortführer jener Gruppe meinte mal in einer persönlichen Mail, dass der katholische Publizist Ritter von Lama, schon alles wesentliche gesagt hätte. Vielleicht mag Lama wesentliches gesagt haben, darüber will ich nicht streiten. Sehr wohl streite ich darüber, diesen Herrn noch heute als akzeptablen Kronzeugen zu bemühen, wie es übrigens auch der sattsam bekannte Robin de Ruiter und sein geistiger Kompagnon Helmut Friedlmayer tut. Letzterer reproduziert in seinem zweifelhaften ZJ-Buch gleich einleitend einen Zeitungartikel dieses Friedrich Ritter von Lama aus dem "Miesbacher Anzeiger" vom 13. 11. 1924. Darin kann man beispielsweise auch Wortspielereien darüber finden, dass der Name des Bibelforscherklägers Binkele "jüdisch als Pinkeles" ausgesprochen werden müsste. Eine solche beiläufige Anmerkung sagt schon einiges über diesen Lama aus. Antisemitismus ist für ihn ganz offenbar kein Fremdwort. Offensichtlich hat Lama noch andere Presseorgane "en gro" mit seinem Artikel versorgt, denn auch im "Neuen Münchner Tageblatt" findet sich eine entsprechende Dublette. (Man kann es aber auch anders sehen, dass der "Miesbacher Anzeiger" lediglich das "Neue Münchner Tageblatt" nachgedruckt hat.) Sei dem wie es sei. Beide Artikel sind inhaltlich identisch. Allerdings enthält das "Neue Münchner Tageblatt" noch einen Schlussabschnitt, der in der Wiedergabe von Friedlmayer nicht enthalten ist. Ihn zitiere ich hier noch nachstehend. Ich verweise aber als zusätzliche Anmerkung nochmals darauf dass ich mich mit Lama und seinen neuzeitlichen Nachbetern nicht identifiziere. Das "Neue Münchner Tagblatt" schrieb als Schlussabschnitt:

"Wenn ein schweizerischer Richter zum Schutze der Klage der 'Ernsten Bibelforscher' und des Herrn Binkele aufträte, so bedeutete dies für alles, was angetan ist, die christliche Weltanschauung zu untergraben, einen Freibrief, eine Anerkennung der geistesverwirrenden Tätigkeit einer ausländischen Gesellschaft, deren Wesen mit dem schweizerischen Volksempfinden unvereinbar ist. Gesunder Schweizergeist und die angeblichen Wahrheiten der sog. 'Ernsten Bibelforscher' stellen unvereinbare Gegensätze dar. So sind die Ausführungen des Beklagten (Dr. Fehrmann) nicht als persönliche Ansichten zu werten, sondern er handelte im ehrlichen Bewusstsein, gestützt auf maßgebende Dokumente, christliche und schweizerische Volksinteressen zu wahren und zu verteidigen."

Weiteres zu Friedrich Ritter von Lama

1924er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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