Der vorangegangene Jahrgang   1919

Vor (mehr als) 50 Jahren

Was 1920 Wahrheit war

"Nachlese"

Nach 1914 war für die Bibelforscher das improvisieren angesagt. Wollten sie doch ursprünglich in jenem Jahr "gen Himmel fahren". Aber da war ja noch der inzwischen ausgebrochene Erste Weltkrieg. Es bot sich an, ihn nunmehr zu betonen um so sagen zu können, unsere Prophezeiung hat sich doch "erfüllt". Allerdings wollte man die Hoffnung auf die erwartete "Himmelfahrt" vorerst weiterhin nicht aufgeben. Man nahm sich die Freiheit die Ursprungserwartungen für 1914 auf nunmehr 1918 umzuterminieren. 1918 wurde wieder nichts aus der "Himmelfahrt". Der "Wachtturm" (1920 S. 56) sah sich gezwungen, auf diesen Sachverhalt einmal in nebulösen Wendungen einzugehen:

"Wenn angenommen wird, die Ernte sei im Frühling 1918 zu ihrem Abschluss gekommen, so ergibt sich daraus die Frage: Was ist denn die gegenwärtige Aufgabe der Kirche? Wir wissen, dass die Ernte im Jahre 1878 ihren Anfang nahm, während vierzig Jahren im Gange war und im Frühling 1918 beendet wurde. … Hinweisend auf den Abschluss der natürlichen Erntezeit, welche Jesus zur Verbildlichung der geistigen Ernte anzuwenden pflegte, erinnern wir daran, dass der regelrechten Ernte die Nachlesearbeit folgte, während welcher noch vereinzelte Weizenähren eingesammelt wurden. Das macht uns auf den Gedanken aufmerksam, dass nach dem Abschluss der regelrechten Ernteperiode da und dort etliche in die Scheune gesammelt werden, die die Stelle solcher einnehmen, die ausscheiden und das dieses seit dem Frühling 1918 im Gang befindliche Werk durch die Nachlese-Ernte dargestellt und richtigerweise auch so bezeichnet wird."

Eine weitere nebulöse Erklärung zu diesem Thema druckte der "Wachtturm" einige Monate später noch mal ab (1920 S. 138):

"Die Zeiten der Nationen gingen im Jahre 1914 zu Ende und viele erwarteten, dass zu jener Zeit die Herauswahl verherrlicht werden würde. Jetzt können wir sehen, dass 1914 ein in der Schrift klar bezeichnetes Datum ist, obgleich es die vollständige Verherrlichung aller Glieder des Leibes Christi nicht markierte. Die Ernteperiode von vierzig Jahren endete im Jahre 1918; aber seitdem ist ein Nachlesewerk vor sich gegangen und es gibt jetzt noch mehr für die Herauswahl zu tun. Nachdem diese wichtigen Daten vorübergegangen sind, haben viele gefragt: Warum sind die Glieder des Leibes Christi noch diesseits des Vorhanges? Die Antwort scheint folgende zu sein: Damit sie der Welt ein Zeugnis geben möchten, dass das Königreich der Himmel herbeigekommen ist, und um noch die notwendigen Erfahrungen zu machen, um sie vervollkommnen und sie für den Gebrauch in jenem Königreiche passend zu machen."

Druckereibetrieb

Es war, darüber kann kein Zweifel bestehen, ein gewichtiger Meilenstein, als die Bibelforscher im Jahre 1920 damit begannen, ihre Schriften selbst zu drucken. Innerhalb nur weniger Jahre gelang es ihnen, in nahezu perfekter Weise, vom Druckereiautodidakten zum Profi auf diesem Gebiete aufzusteigen. Im Bibelforscher-Jahrbuch 1928 hatte der damalige Druckereidirektor Martin einmal einen Rückblick über die diesbezügliche Entwicklung gegeben. Man kann nicht umhin, der diesbezüglichen Pionierleistung die Referenz zu erweisen. Symptomatisch kommt dies auch in einer von Martin wiedergegebenen Episode zum Ausdruck, wenn er schreibt:

"Eine der großen Druckereien, die bisher viel Arbeit für uns getan hatten, hörte von unserem Unternehmen, und ihr Präsident kam um uns zu besuchen. Er sah unsere neue Einrichtung und bemerkte schlau: 'Sie haben hier eine erstklassige Druckereianlage, aber niemanden, der etwas davon versteht und damit umzugehen weiß. In sechs Monaten wird das ganze ein Haufen alten Eisens sein und sie werden sich überzeugt haben, dass die Leute, die für den Druck Ihrer Bücher in Frage kommen, die sind, die sie immer gedruckt haben und deren Sache es auch ist."

Rückblickend wird man zu konstatieren haben, dass die Bibelforscher die Druckerei-Herausforderung bewältigt und in den Griff bekommen haben. Die Unkenrufe erwiesen sich als unzutreffend. Nicht nur in den USA, auch in anderen Ländern, beispielsweise in Deutschland und der Schweiz, gelang es ihnen, schon in den zwanziger Jahren, gleichfalls leistungsfähige Druckereibetriebe zu installieren. Ohne diese damalige Pionierleistung, wäre es ihnen sicherlich nicht möglich gewesen, nachfolgend ihre Literatur in astronomischen Auflagenhöhen zu erstellen und auch zu Schleuderpreisen in der Bevölkerung absetzen zu lassen. Nicht gesagt ist damit allerdings auch, ob diese Literatur auch in größerem Umfange tatsächlich gelesen wurde. Letztere Frage dürfte man durchaus nicht so positiv beantworten!

Der nächste Jahrgang   1921

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