Glaube zwischen Lebenshilfe und Wahn

Am 17. 03. 2006 gabs es auf dem Fernsehsender SWR in der Sendereihe "Nachtcafe" auch eine Gesprächsrunde unter dem Motto "Glaube - zwischen Lebenshilfe und Wahn"

In Auswahl der Gesprächsteilnehmer auf die hier besonders interessierenden Aspekte, entsprechende Forumsbeiträge dazu

 

18. März 2006 04:22:04 - +    

Einleitend entstand eine Diskussion zwischen Rosi G... (Kinderhilfe Indien) und Michael Schmidt-Salomon (Atheist).

Herr Schmidt-Salomon stellte die Behauptung auf Nächstenliebe wäre eine Folge unserer Spiegelneuronen im Gehirn deswegen können wir mit anderen Menschen Mitleid empfinden. dazu benötigen wir keine Religion.

Frau G... dagegen erwiderte dass dann alle Menschen helfen müssten.
Sie spielte wohl unausgesprochen darauf an das es die Religion wäre die Menschen dazu bringt anderen zu helfen.

Herr Schmidt-Salomon erwiderte darauf das es gerade die Religion wäre die Menschen daran hindert anderen zu helfen. Da wir uns eben nicht als gleichberechtigte Spezies verstehen sondern als Christen, Muslime, als Juden …

Glaube ist schädlich weil sehr viele Menschen nicht in der Lage sind falsche Ideen sterben zu lassen wo Menschen für falsche Ideen sterben müssen.
Das Denksystem der Religionen ist dafür nicht flexibel genug.

Der Moderator Wieland Backes fragte den Mönch Paulus Bernd Terwitte ob er sich dafür Schämt das Menschen durch seine Kirche auf den Scheiterhaufen verbrannt wurden.

Herr Terwitte sagte darauf fröhlich dass er sich dafür überhaupt nicht schämt.
Uns steht nicht das Recht zu den Stab über andere Generationen zu brechen.
Wir lassen 60 pflegebedürftige in Pflegeheimen von zwei Altenpflegerinnen pflegen, und halten das für Kultur.
Wir töten über 200.000 Menschen im Mutterleib und halten das für Kultur.
Ich bin gespannt welchen Stab man in 100 Jahren über uns brechen wird.

Sabine M... (Zeuge Jehova) kam am Anfang zwar zu Wort war aber sichtlich angespannt.
Sie sprach von Grenzen und gezwungener Anpassung war aber zu Nervös um ihren Gedankengang nachvollziehbar zu formulieren.
Sie beteiligte sich nicht an der Diskussion und schützte Ihre Hände – Innenfläche an Innenfläche - zwischen ihren Beinen.

Frau Elke M... erzählte von Ihren Erlebnissen in einem katholischen Heim.
Was wiederum Herrn Terwitte zu dem Kommentar veranlasste das dies ein bedauerlicher Einzelfall wäre der nicht nur in Kirchlichen Heimen vorkommt.

Reza H... (Moslem) meinte, dass Glaube, solange er nur mit der Spiritualität in Verbindung gebracht wird, kein Problem darstellt.
Aber Glaube in Verbindung mit der von Theologen ausgelegter, einzigen Wahrheit ist das Verführerische das zum Wahn führt.
Weil es eine autoritäre Glaubensart ist.

Herr Schmidt-Salomon fragte in die Runde was sie den mit der frohen Botschaft meinen.
Schließlich verspricht Jesus auch ein Himmlisches Auschwitz mit Engeln als Selektionären an der himmlischen Rampe. Und die bösen werden in den Ofen geschoben wo das Feuer ewig brennt.

Dann passierte etwas Eigenartiges.
Er der Atheist - Herr Schmidt-Salomon - nannte einen Bibeltext –
Mathäus 13:41-43 – dies hinterließ bei den Diskussionspartnern einen bleibenden Eindruck.
Auf einmal sahen sie sich gegenseitig an, lachten und setzten mit Satzansätzen an.
Herr Schmidt-Salomon mit der rechten Hand zur Faust auf dem Bein liegend, nahm den linken Arm wie eine Barriere vor sich, mit dem Handrücken zur Diskussionsrunde und schaute und deutete zu Schwester M... rechts neben sich.

(Mathäus 13:41-43 Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Königreich alle Dinge herauslesen, die Anlaß zum Straucheln geben, und Personen, die gesetzlos handeln, und sie werden sie in den Feuerofen werfen. Dort wird [ihr] Weinen und [ihr] Zähneknirschen sein. Zu jener Zeit werden die Gerechten so hell leuchten wie die Sonne im Königreich ihres Vaters. Wer Ohren hat, höre zu!)

Der Moderator Wieland Backes meinte dazu wenn er einen Atheisten einlädt dann einen Bibelfesten.

Herr Schmidt-Salomon – jetzt wieder mit der rechten Hand gestikulierend mit der Hand Innenfläche zu seinen Diskussionspartnern - sagte weiter, das er kein Buch der Weltliteratur kennt das so von Sadismus geprägt wäre wie die Offenbarung des Johannes.

Die Bibel dient auch als Vorlage für Amerikanische Gewaltfilme.
In dem großen Trost und Mahnbuch der Menschheit werden massenhaft Menschen abgeschlachtet – dagegen ließt sich Marquis de Sade wie eine Gutenachtgeschichte.

Wieder wendet sich Herr Schmidt-Salomon mit Körper und beiden Händen zu Schwester M... und meint das er gut verstehen kann für jemanden der das wirklich glaubt (mit der linken Hand auf Schwester Müller zeigend die rechte Hand jetzt mit der Hand Innenseite zu den Diskussionspartnern gerichtet), der intensiv Glaubt der muss Angst haben.

Frau G... (Kinderhilfe Indien) kam in dieser Diskussionsrunde am meisten zu Wort.
Sehr Beeindruckend war ein Filmbericht über eine Augenklinik in Indien.
Dort insbesondere der Film über ein blindes Mädchen das sich nach einer Augenoperation zum ersten Mal selber im Spiegel sieht.

Sie weint und sagt „Das bin ich, ich kann wieder sehen“

(Mein Kommentar dazu: Ein Zeuge Jehovas würde auf die Frage ob wir uns humanitär einsetzen sollten Antworten, das das Predigen der guten Botschaft wichtiger ist als Krankenhäuser zu bauen.
Dies ist jedoch nur dann zutreffend wen man lehrt und glaubt dass nur Zeugen Jehovas gerettet werden und alle die sich nicht bekehren lassen der Verdammnis anheim fallen.)

Frau G... meinte sie wehre sich gegen den Begriff „Wohltäterin“ weil sie im Grunde genommen am meisten beschenkt ist.
Frau G... betonte dass keiner der Millionen Menschen die unter den Genuss ihrer Hilfe kommen sind, christlichen Glaubens waren.
Und – das sagte interessanter weise der „Atheist“, Herr Schmidt-Salomon - darin unterscheide sich im wesentlichen Frau G... von Mutter Theresa, sie missioniert nicht in Indien, was Mutter Theresa im wesendlichen tat.
Mutter Theresa verwendete die Millionen an Spendengeldern zuerst für die Mission.

Was wiederum den Mönch Herrn Terwitte nicht unkommentiert ließ.

Herr Schmidt-Salomon formulierte es so dass Frau G... zwar religiöse Metaphern verwendet aber in Wirklichkeit für ihr Werk keinen Glauben benötigt.
Er meinte das er glaube das Frau G... nicht glaubt das er – der Atheist – im ewigen Feuer brennen werden.
Hörbar und glaubhaft bestätigte dies Frau G....
Weiter meinte allerdings Herr Schmidt-Salomon das dies allerdings ein wesendlicher Bestandteil der Christlichen Botschaft wäre.

Ein Christentum ohne Hölle und Teufel ist vergleichbar wie ein Elfmeterschießen ohne gegnerische Mannschaft.

Dies rief Herrn Terwitte wieder auf den Plan.
„Bei aller Liebe zum Geschäft“

Doch entkräftet hatte er die Aussage von Herr Schmidt-Salomon in Folge nicht.
Wahrheit – Ja
Freiheit – Ja
Drohen mit Hölle – Nein
„Aber Du kannst an deiner Freiheit vorbei leben“ sagte Herr Terwitte

Herr Schmidt-Salomon: „Die Konsequenz ist das was ich hier tue ist eine Todsünde.
Mein Atheismus wird im Katechismus bedroht mit diesen Konsequenzen.
Sogar meine Söhne und die Söhne meiner Söhne werden bedroht durch mein handeln.“

Weil wir gerade bei Zweifelsfalten auf der Stirn von Herrn Terwitte sind.
Diese wurden noch ausgeprägter als Herr Reza H... (Moslem) über das Ausgrenzen und verdammen von Völkern und der Liebe in Heiligen Büchern sprach.
Mann spürte dass Herr H... wusste wovon er sprach als er sagte, das die Bibel und der Koran den Anspruch auf Absolutheit stellt.
Interessanter weise ist er der einzige in dieser Runde der klar zwischen Glauben und Religion differenziert.
Religionen Instrumentalisieren Elemente des Glaubens um Menschen zu Handlungen zu zwingen.
Auch die Mullahs predigten Freiheit, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit, doch dies war alles vergessen als sie nach dem Schah an die Macht kamen.

Herr Schmidt-Salomon: „Religion als Zugeständnis an Volklore.
Wir sind halbiert Aufgeklärt.
Technologisch sind wir im einundzwanzigsten Jahrhundert, aber unsere Weltbilder sind von archaischen Mythen geprägt.
Technisches Know-how und Kinderglauben kann auf Dauer nicht gut gehen.
Ein 5jähriger sitzt am Steuer eines Jumbojets.“

Zum Schluss kam Schwester Sabine M... zu Wort.
Sie betonte das Wort „Leistung“.
Der Angst vor Versagen durch nicht gefallen oder nicht gut genug sein.

Man merkte dass sie schon länger mit uns keinen Kontakt hatte.
(Was sollte das mit dem Endzeitdatum Nohas – das hat sie offensichtlich aus dem Internet- möglicherweise spielt sie auf die 120 Jahre Aussage vom Wachtturm an).

Jetzt taute Schwester M ... auf.
Sie spricht von Gedankenketten „Na gut das war’s nicht“ aber der nächste Weltuntergang kommt bestimmt.

Schwester Müller sprach von einer anderen Welt.
Die Diskussionspartner hörten ihr höflich zu, man merkte aber dass sie mit der Welt der Zeugen Jehovas nichts anfangen konnten.
Als Schwester M... redete umklammerten Frau G... und Herr Schmidt-Salomon beide mit ihrer rechten Hand ihre linke Hand.
Alle beide und der Moderator Wieland Backes schauten sie ernst und stirnrunzelnd an, als sie sprach.
Frau Gollmann und Herr Backes schlugen ihr linkes Bein über das rechte Bein zu Schwester M... gerichtet.
Ein aufmerksames kopfnickendes Zuhören – aber ein offensichtliches Unverständnis über das wovon sie sprach.

Sie war anscheinend im Alter von 19 Jahren Pionier.
„Mein absolutes Lebensziel sollte Predigen, Predigen, Predigen, Predigen
(dabei schlug sie klatschend mit der linken (gefüls-)Hand auf die, mit der Innenfläche auf dem Bein liegende rechte Hand)
immer nur Predigen sein.
Aus Angst vor dem eigenen Tod aber auch aus Angst schuldig zu sein an dem Tod von Anderen, denen man nicht gepredigt hat.“

Der Moderator lenkte auf den Punkt, dass sie keine Berufsausbildung abgelegt hat.

Während Schwester M... sprach lag ihre rechte Hand auf ihrem Bein geschützt von ihrer darüber gelegten linken Hand.

Wieder sprach sie von Gedankenketten und gebrauchte eine hervorragende Formulierung:
„Die Zeit drängt – und drei Jahre (Ausbildung) ist eine lange Zeit für jemanden der morgen schon Harmagedon erwartet.“

Beeindruckend ehrlich, spricht sie von den Gründen warum sie von der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde.
Nennt sich Naiv als sie erwartete wegen ihres Einsatzes wenigstens etwas Respekt zu erfahren.
Das sie an den Punkt kam zu denken sie sei sowieso tot.
„Dann sterbe sie halt einfach mit“ so habe sie ihr neues Leben dann begonnen.

Dann kam das Gespräch auf die Folgen des Gemeinschaftsentzuges.
Die rechte Hand lag jetzt mit der Handrückseite auf ihrem Bein – die Hand Innenfläche der rechten Hand offen zu der Diskussionsrunde aber geschützt durch die darauf liegende linke Hand. Nur vereinzelnd ließ sie die offene rechte Hand ungeschützt.
Dabei massierte sie minutenlang nervös mit der linken Hand die offene rechte Hand.

„Was ich vorher kannte das gab es nicht mehr und was es nun gab das kannte ich nicht.“
Sie lebte in dem Wahn „Dann sterbe ich halt mit“ und wollte auch nicht mehr leben.

Sie glaubte die Abtrünnigkeit und die suggerierten Todesängste.
Ihr leben war ihr nichts mehr wert.
„Ich habe auch nie gelernt mit Menschen umzugehen die anders denken als ich.“

In dieser Diskussionsrunde gab es einen toten Punkt.
Nach Schwester Müller dauerte es einen Augenblick bis die anderen wieder in die Diskussion zurück kamen.

Herr Schmidt-Salomon: Wenn wir auf der Formel 2 + 2 = 22 Brücken bauen werden sie zusammenbrechen.
Wir müssen uns den Fakten des Lebens stellen auch wenn es weh tut.

Wieland Backes zitierte als Abschied den Atheisten Friedrich Nietzsche:
„Der Glaube kann zwar keine Berge versetzen.
Aber er vermag Berge dort hin zu setzen wo gar keine sind.“

Das Glas Wasser mit der Zitrone von Schwester M... blieb während der gesamten Diskussion (92 Minuten Sendezeit und offensichtlich wurde nicht wenig gekürzt)
unbenützt.

Zu den mehr Zeugen Jehovas bezüglichen Aspekten der Sendung ein weiteres Votum

25. März 2006 15:55:38 - Drahbeck    

Anrede des Moderators:
Sabine M..., waren Sie bei einer Vereinigung, die die Grenzen nicht mehr eingehalten hat?
Sie waren lange Jahre bei den Zeugen Jehovas. War da der Schritt zum Wahn schon überschritten?

Antwort:
Sie würde jetzt spontan sagen: Die Grenzen wurden nicht einfach nicht eingehalten, sondern zu eng gesteckt. Man wurde in eine Form gepresst über Jahre, Jahrzehnte, die das einfach Mensch sein, einfach nicht mehr möglich sein ließ. Das sei speziell in ihrem Falle so, weil sie praktisch von Kindesbeinen mit diesen Lehren konfrontiert war....
Man hat früher immer das Gebot gehört, Du sollst Vater und Mutter ehren, und sie hat im stillen dann vielfach gedacht: Wo bleibt denn meine Ehre? Und hat sich dabei aber auch schon wieder schuldig gefühlt.
Und bei dem Satz "wieder schuldig gefühlt" kann der Herr Terwitte sein breit grinsendes Lächeln nicht verkneifen.


Wohl im Bewusstsein dessen, dass das schüren von Schuldkomplexen ja auch mit zu seinem "Berufseinmaleins" gehört. Und das muss man wohl sagen. Eben nicht "nur" bei den Zeugen.

Was sie (Sabine M...) heute als Problem ansehen würde wäre, dass sich die Religionen alle auf ein Buch berufen, dass irgendwann von irgendwelchen Leuten mal geschrieben wurde.
Der Grundgedanke der Nächstenliebe zum Beispiel, im Christentum, das befürwortet sie ja eigentlich; nur: Alles was darum herumgebaut wird, ist das, was die Menschen letztendlich in den Wahn treibt. Zum Beispiel in solchen Sekten wie den Zeugen Jehovas, weil die Grenzen so eng gesteckt werden, dass man einfach entweder darüber hinaus wachsen muss, um wieder Mensch zu sein, oder aber man muss sich vollkommen anpassen, um dort zurecht zu kommen.

Auch bei der letzten Aussage "um dort zurecht zu kommen", ist aus meiner Sicht des Mienenspiel des Herrn Terwitte aufschlussreich. Konnte er sich doch wohl nicht ganz des Eindruckes erwehren, beim eben ausgeführten, in einen Spiegel gesehen und sich selbst darin vorgefunden zu haben.


Er kenne kaum ein Buch aus der Weltliteratur, dass so von grenzenlosen Sadismus geprägt sei wie die Offenbarung des Johannes, so ein "Nachlegevotum" von Schmidt-Salomon, nachdem er schon vorher - zur allgemeinen Erheiterung beitragend - seine Aussagen mit konkreten Bibelstellen belegte.

Ein Christentum ohne Hölle und Teufel sei in etwa vergleichbar mit einem Elfmeterschießen ohne gegnerische Mannschaft. Ein weiterer Satz des Genannten, den wie kaum anders zu erwarten der "Vorzeigechrist" Terwitte nicht gelten lassen will. Nicht aus sachlichen Gründen; aber wohl weil er richtig mitbekommen hat, das solche Sätze sich für Seinesgleichen als "Imageschädigend" erweisen. Und da kann natürlich nicht sein, was nicht sein soll.


Schmidt-Salomon meint weiter, die Menschheit habe ein Problem. Das Problem der "halbierten Aufklärung"
Auf der einen Seite sind wir technologisch im 21. Jahrhundert; aber die Weltbilder seien von archaischen Mythen geprägt. Dieses Zusammenspiel von höchstem technischen Know how und naivsten Kinderglauben, Beispiel Iran; das könne auf die Dauer nicht gut gehen.
Man würde sich so verhalten, als würde man Fünfjährigen die Verantwortung über einen Jumbojet übertragen.

Danach wurde gezielt die Sabine M... bezüglich ihrer Erfahrungen angesprochen.
Als sie drei Jahre alt war, wurden die Eltern Zeugen Jehovas, was selbstredend sich dann auch in der Erziehung niederschlug.

Dazu mal ein charakteristisches Zitat. Es war in der Sendung nicht verwandt. Dennoch scheint es mir die Sachlage zutreffend zu beschreiben.
In dem 1956 in Deutsch herausgekommenen WTG-Buch "In Einheit miteinander predigen", das nur an getaufte Zeugen Jehovas gegen namentliche Unterschrift abgegeben wurde, heißt es in einem Passus etwa:

"Eltern mögen ihre Kinder in den Felddienst mitnehmen, doch wenn die Kinder am Predigen der Botschaft kein Interesse haben, sondern einfach mitgehen, weil sie müssen, sollte man sie nicht als Verkündiger melden. Jugendliche Verkündiger können Felddienstberichte abgeben, sofern sie verstehen, was sie tun, und den Wunsch bekunden, diesen Dienst zu verrichten, weil sie erkennen, daß Jehova ihn getan haben will.

Eltern sollten ihre Kinder selbst in den Felddienst mitnehmen und diese Verantwortung nicht anderen Verkündigern auferlegen. Sie sollten stets daran denken, daß wir in den Felddienst gehen, um die gute Botschaft zu predigen, und daß uns in diesen Dienst nur solche begleiten sollten, die mitzugehen wünschen. Die einzige Ausnahme wäre im Falle von Eltern, die ihre eigenen Kinder mitnehmen, weil das zu ihrer Verantwortung gehört. Wenn Jugendliche am Dienst teilnehmen möchten und der weiteren Schulung bedürfen, so ist es vollkommen richtig, daß sie mit anderen Verkündigern ausziehen, die ihnen gerne behilflich sind, an Reife zuzunehmen."

Auch wenn man der Verklausuliertheit dieser Ausführungen Rechnung trägt, ist doch wohl die Tendenz unverkennbar, dass den Jugendlichen keine echte Entscheidungsmöglichkeit zugebilligt wird. Sie müssen mit in den Predigtdienst via ihrer Eltern, "weil das zur Verantwortung der Eltern gehöre."

Spielt sich das alles, durch die eingeschliffenen Mechanismen, ohne offenen Aufruhr ab, umso besser. Aber auch vorhandene Widerspenstigkeit ist letztendlich kein für die WTG akzeptabler Grund. Die müsse dann halt eben mehr oder weniger "taktvoll" ausgetrieben werden.

Auch dieser Sabine M... blieb dieses Schicksal nicht erspart.
Als die Zeit reif war, wo üblicherweise die Berufsausbildung für Jugendliche ansteht, bewirkten diese Mechanismen in ihrem Fall, dass sie als ungelernte Kraft gleich halbtags in einem Hotel als Zimmermädchen zu arbeiten anfing. Halbtags auch deshalb, weil so ihr der von der WTG absolut favorisierte Pionierdienst nur möglich wurde.

Eine echte "Erfüllung" indes, fand sie je länger, je mehr, in dieser Lebensform wohl nicht.

Der erste Knackpunkt kam dergestalt, als sie 19 Jahre und zusammen mit einem älteren "Bruder" - ohne "Anstandswauwau" in einer Gaststätte sich einen angenehmen Tag mal gönnte. Irgendwie funktionierten die WTG-Spitzel "perfekt". Schon anläßlich der nächsten regulären Zusammenkunft, wurde sie im Anschluss daran, vor ein de facto Ausschlusskomitee ob dieses "Verbrechens" gestellt.

Letztendlich bewirkte diese Erfahrung ihr Abrutschen aus den WTG-Geleisen. Das Pendel "schlug jetzt um". Jetzt begann sie wohl einen tatsächlichen losen Lebenswandel, den es davor nicht gab. Erst nach der Geburt ihres ersten Kindes hat sie sich, aufgrund der damit verbundenen Pflichten als Mutter wieder gefangen. Sie deutet an, insgesamt drei Kinder nunmehr zu haben. Echte "Lebenshilfe" erfuhr sie in diesen Situationen nicht. "Nächstenliebe" ein Papierbegriff, jedenfalls soweit es die Zeugen betrifft.

Solange sie eine leistungsfähige Pionierin für die WTG war, hatte sie für die einen gewissen Wert. Jetzt aber wurde die "heiße Kartoffel" fallengelassen. Das nachträgliche Reflektieren über diese Umstände bewirkte letztendlich auch die Bereitschaft, ihre Individualprobleme, die letztendlich WTG-Religionsbedingt mit verursacht sind, auch via Fernsehen, öffentlich zu machen. Sicherlich gibt es genügend andere, die ähnliches Erlebten. Vielleicht aber nicht unbedingt den Weg der Fernsehöffentlichkeit einschlagen.

Die sich da ansonsten in den Fernseh-Talkshows "tummeln", sind doch eher "Typen" der Art wie Terwitte, meinetwegen auch Schmidt-Salomon. Sabine M... ist von ihrer Biographie her nicht unbedingt der "Typ" der auch dafür in Betracht kommt. Indem sie diese Schwelle überschritt wiegt ihre Anklage, im Vergleich zu dem "Sonntagsredner" Terwitte doppelt.
"Beiläufig" erfahrt man auch noch, dass Sabine M... in diesen Krisensituationen auch noch zwei Selbstmordversuche hinter sich hat. Das überrascht zwar einerseits überhaupt nicht, verdient es aber durchaus als wesentliches Charakteristikum der WTG-Religion, mit festgehalten zu werden.

Was sei das zentrale der Zeugen Jehovas-Religion, wird sie gefragt, verbunden mit der Bitte, diese Antwort doch in möglichst kurzer prägnanter Form abzufassen.
Ihre Antwort:
"Da fällt mir zuerst das Wort Leistung ein. Leistung bringen und Angst".
... "Man war als Kind schon gezwungen sich wie ein Erwachsener zu benehmen. Ich hatte eigentlich nie die Chance Kind zu sein."
"Das war wirklich naiv zu denken (die Sache mit dem Gaststättenbesuch). Zeugen Jehovas bringen kein Vertrauen entgegen."
Die Folgen. "Das ich sozial auf sehr schwachen Füßen stand erstmal. Das was ich vorher kannte, das gab's nicht mehr und was es gab, dass kannte ich nicht. Und damit muß man erst mal klarkommen ..."


Siehe auch: http://www.sektenausstieg.net/smf/index.php?topic=5860.15

„Wenn meine Kinder mich fragen, ob ich an Gott glaube,
dann erzähle ich ihnen folgendes:
Ich gehe im Wald spazieren
und bleibe vor einem Ameisenhaufen stehen.
Die einzelne kleine Ameise,
das bin ich...
und der Spaziergänger,
das ist Gott.
Die kleine Ameise sieht nicht viel von dem Spaziergänger.
Und mit dem wenigen,
das sie von ihm sieht ist sie auch nicht in der Lage,
sich ein vollständiges Bild von dem Spaziergänger zu machen.
Ich glaube auch,
dass jede unserer Vorstellungen
nicht im Entferntesten an die Wirklichkeit heranreicht.
Ich als kleine Ameise halte es wohl eher mit den Agnostikern
(Endlich weiss ich, wozu ich mich zählen darf... )
Man kann sich einfach
keine verlässliche Vorstellung von Gott machen.
Ich schließe aber die Möglichkeit,
dass er irgendwie existent ist, nicht aus...
Bis ich darüber jedoch mehr weiss,
halte ich mich an die Dinge,
die ich mit größerer Sicherheit weiss...
Das was ich sehen, schmecken, fühlen und riechen kann.“

Sabine M... am 22.Juli 2005

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