Hermann Rauschning


1940 erschien im Europa-Verlag Zürich-New York, als deutschsprachige Ausgabe auch das Buch von Hermann Rauschning mit dem Titel "Gespräche mit Hitler". Rauschning einstmal hochrangiger Nazifunktionär in Danzig, dann später noch bei den Nazis in Ungnade gefallen, sorgt noch heute für Kontroversen. Sieht man sich den ihm gewidmeten Beitrag etwa in der Wikipedia an, bleibt der fatale Beigeschmack zurück, dass nicht viele "gute Haare" ihm belassen werden. Schlimmstenfalls wird er auf den Status eines "Märchenerzählers" herunter qualifiziert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Rauschning

Wie so ganz anders waren doch die Reaktionen unter der Zeitgenossen, die Rauschnings Buch zuerst lasen.
Ob die heutigen Abqualifizierer so übermässig "gute Karten" haben, erscheint zumindest mir, keinesfalls ausgemacht.
Was die heutigen "Superklugen" wohl auch stört, ist der Umstand, dass Rauschning es so darstellt, als hätten die Nazis im vertrautem Kreise untereinander, den Reichtstagsbrand, als von ihnen selbst gelegt, zugegeben.
Da wähnen dann die "Superklugen" das könne (oder dürfe) aber nicht sein. Wäre es tatsächlich so, dann wären sie ja nicht die "Superklugen" als die sie sich wähnen. Und wer an ihrer "Superklugheit" zweifelt, der hat ob dieses Umstandes, dann nichts mehr zu lachen.
Auf die Kontroverse in Sachen Reichstagsbrand, kann ich mich nicht näher einlassen. Sie ist ja auch nicht mein Thema.
In Rauschnings Ausführungen findet man aber auch einige Ausführungen zur Kirchenpolitik der Nazis, die dann schon eher mein Thema sind. Egal wie auch immer die heutigen "Superklugen" zu diesen Aussagen im Detail stehen mögen.
Und siehe da, sogar eine eher beiläufige Miterwähnung der Bibelforscher (Zeugen Jehovas) kann man in den Ausführungen von Rauschning begegenen.
So schreibt er etwa auf Seite 259:

Zitat:

"Die "ernsten Bibelforscher" prüfen die heilige Schrift und finden im Buch Daniel das Gericht über den Tyrannen.
"Er" ist das, flüstern sie, von dem geschrieben steht;
"Er wird weder Frauenliebe noch irgendeines Gottes achten; denn er wird sich wider alles aufwerfen. Aber anstatt dessen wird er den Gott der Festungen ehren."
Sie büßen ihre Prophezeiung mit Konzentrationslager und Tod. Aber durch die Masse klopft die Frage: wie lange dies alles noch?"

Analysiert man dieses Rauschning'sche Zitat, kommt man nicht umhin zu konstatieren. Es verlässt die Meinungsebene nicht. Meinungen kann man viele haben. Der Schritt belegt die Meinung zu verifizieren, ist indes bei Rauschning nicht erfolgt. Das mag dann auch bei etlichen anderen Beispielen so sein, weshalb sich Rauschning dann ja auch die Antipathien der heutigen "Superklugen" eingehandelt hat. Dennoch erscheint es mir das Rauschning mit seinem Votum, durchaus einen gewissen "Nerv" getroffen hat. Das er grundsätzlich falsches behauptet, dürfte eher schwer nachweisbar sein.
Mit dieser Einschränkung sei dann im nachfolgenden noch etwas näher vorgestellt, was Rauschning etwa zu den Kirchenpolitischen Prämissen des Naziregimes ausführt.
Da liest man beispielsweise den Satz (S. 50f.)

Zitat:

"Mit den Konfessionen, ob nun diese oder jene: das ist alles gleich. Das hat keine Zukunft mehr. Für die Deutschen jedenfalls nicht. Der Faschismus mag in Gottes Namen seinen Frieden mit der Kirche machen. Ich (Hitler) werde das auch tun. Warum nicht? Das wird mich nicht abhalten, mit Stumpf und Stiel, mit allen seinen Wurzeln und Fasern das Christentum in Deutschland auszurotten.
Eine deutsche Kirche, ein deutsches Christentum ist Krampf. Man ist entweder Christ oder Deutscher. Beides kann man nicht sein."

Weiter zitiert Rauschning:

Zitat:

"" Jesus können Sie nicht zum Arier machen, das ist Unsinn." fuhr Hitler fort. "der Chamberlain da in seinen Grundlagen geschrieben hat, ist gelinde gesagt dumm."

Was werden soll, fragen Sie? Das will ich Ihnen sagen: verhindern, daß die Kirchen etwas anderes tun, als was sie jetzt tun. Nämlich Schritt für Schritt Raum verlieren. Was glauben Sie, werden die Massen jemals wieder christlich werden? Dummes Zeug. Nie wieder. Der Film ist abgespielt. Da geht niemand mehr herein. Aber nachhelfen werden wir."

Und weiter geht es in der Aussage Hitlers nach der Quelle Rauschning:

Zitat:

"Die Pfaffen sollen sich selbst ihr Grab schaufeln. Sie werden ihren lieben Gott an uns verraten. Um ihr erbärmliches Gelumpe von Stellung und Einkommen werden sie alles preisgeben.
Wozu eine Einheitskonfession, eine deutsche romfreie Kirche? Seht Ihr denn in Gottes Namen nicht, daß alles überholt ist? Deutsche Christen, Deutschkirche, romfreie Christen, altes Zeug. Diese Professoren und Dunkelmänner, die ihre nordischen Religionen stiften, verderben mir nur das Ganze."

Eine solche Aussage klingt sicherlich in den Ohren auch einiger heutiger Zeitgenossen, ziemlich schrill, was dann mit erklären mag, weshalb er sich denn solch konzentriertem Widerstand der heutigen "Superklugen" ausgesetzt sieht.
Weiter meinte Hitler nach der zitierten Quelle ausführen zu können:

Zitat:

"Warum ich es dann dulde? Sie helfen zersetzen, das ist es, was wir zur Zeit allein machen können. Sie stiften Unruhe. Und alle Unruhe ist schöpferisch.
Ich garantiere, schloß er "ich könnte die Kirche in wenigen Jahren vernichten. So hohl ist das alles und so durch und durch brüchig und verlogen das ganze Glaubensgetue. Wenn richtig einer daran stößt, muß es zusammenbrechen. Bei ihrem bewährten Profitgeist und Wohlleben werden wir sie schon zu fassen bekommen. Darum können wir alles in Frieden und Eintracht miteinander abhandeln. Ich gebe ihnen ein paar Jahre Galgenfrist. Zu was brauchen wir uns streiten. Sie werden alles schlucken, um ihre materiellen Positionen zu halten. Es kommt nicht zum Kampf.
Die wittern schon, wo ein fester Wille ist. Darum brauchen wir bloß ein paar Mal den Herrn zu zeigen. Dann wissen sie schon, woher der Wind weht. Dumm sind die nicht."

Aber, auch das räumt Hitler ein;

Zitat:

"Das war schon was, die Kirche. Jetzt sind wir die Erben. Wir sind auch eine Kirche. Der ihre Zeit ist abgetan. Sie werden nicht kämpfen. Mir kann es schon recht sein. Wenn ich schon die Jugend habe, die Alten sollen in die Beichtstühle hinken. Aber die Jugend, die wird anders. Dafür stehe ich."

Was wollte denn Hitler nun eigentlich. Wohin sollte sein Kirchenpolitischer Kurs letztendlich führen?
Noch 1933 hatte er im Reichstag in einer Regierungserklärung das Christentum favorisiert, und angemerkt, zugunsten des Christentums auf Personalpolitische Anleihen beim Freidenkertum etwa zu verzichten.
Großer Beifall der Religionsindustrie war ihm 1933 dieserhalb sicher.
Alsbald schon hatten die Nazis eine knifflige Frage zu lösen.
Ein sogenannter Freidenkerverein, bei den Nazis ja nunmehr verfemt, hatte auch einen extensiven Geschäftszweig. Die Feuerbestattung.
Böse Zungen sind geneigt zu kommentieren.
Dem Sievers-Verband war wohl der Geschäftszweig der Feuerbestattung das eigentlich wichtige. Die Floskel zugleich auch "Freidenker" zu sein, grenzt  fast an Hochstapelei.
Wie nun zogen sich die Nazis aus der Affäre. Das Freidenkertum als Organisation wurde zwar aufgelöst. Indes die Feuerbestattungkasse blieb, unter geringfügig variierten Namen weiter erhalten. Sie residierte zu Nazizeiten auch weiterhin in dem Gebäude, das vordem den Freidenkern gehörte.
Und nun hatte also der "spätere" Hitler, nimmt man den Bericht Rauschnigs so hin wie er geschrieben steht, Positionen formuliert, die verdächtig ähnlich den Positionen waren, die vordem das nunmehr verfemte Freidenkertum, auch vertrat.
Wie gedachte nun Hitler dieses doch wohl eher widersprüchliche Verhalten zu lösen?
Auch darüber gibt es eine Passage im Bericht von Rauschnung. Sie sei nachstehend noch zitiert:

Zitat:

"Aber vom Bauerntum her werden wir das Christentum wirklich zerstören können, weil dahinter die Kraft eines echten Glaubens steckt, der in der Natur und im Blut wurzelt. Von ihr, aus werden wir auch die großstädtischen Massen einmal missionieren können. Aber das hat noch gute Weile.
Wir werden den christlichen Firnis abwischen und zu einem arteigenen Glauben kommen. Hier müssen wir ansetzen. Nicht in der Großstadt, Goebbels! Da geraten wir in die dumme Gottlosenpropaganda hinein."

Also war sein eigentliches Credo:
Die Nation vor Gott.
Kirchenvertreter hätten es lieber gesehen umgekehrt: Gott vor der Nation.
An Skrupellosigkeit mangelte es Hitler auch auf anderen Gebieten nicht. Die Kirchenpolitik war keine Ausnahme von dieser Regel.

Hitlers Kirchenpolitische Monologe

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