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22. Dezember 2004 04:51:36 - D.
Autor: Schatzsucher
20.12.04, 23:27 Uhr
Mein Onkel und seine Mutter waren bei den Zeugen Jehovas. Da er nie verheiratet war und
immer treu seinem bis über 100 alternden Mütterchen diente, war die Gemeinde immer sein
einziges zu Hause. Durch ihn habe ich auch manche Zeugen kennengelernt, die gute Menschen
sind oder sich zumindest die Mühe geben, welche zu sein. Die Zeugen Jehovas wurden im
dritten Reich wegen ihrer kompromislosen Linie von den Nazis verfolgt, wofür ich erst mal
großen Respekt habe. Die Zeugen Jehovas nennen sich Bibelforscher. Manche Auslegungen
sind allerdings äußerst strittig.
So haben Sie auch schon manches Mal den Weltuntergang vorausgesagt, der dann Gott sei
dank nicht kam. Nun zurück zu meinem Onkel. Vor ein paar Jahren war klar, daß er eine
schwere Operation über sich ergehen lassen muß. Besonders kritisch war hierbei der zu
erwartende Blutverlust, der üblicherweise mit Bluttransfusionen ausgeglichen wird. Die
Zeugen Jehovas lehnen Bluttransfusionen strikt ab. Mein Onkel war der Meinung, daß
Bluttransfusionen unproblematisch seien. Jedoch wollte er von seiner Gemeinschaft ein ok
bekommen. Trotz umfangreicher Diskussionen waren diese natürlich nicht von ihrem
"Dogma" abzubringen. Die Gemeinschaft war da ziemlich kompromislos. Nun stand
mein Onkel vor der Wahl. Entweder er läßt sich mit Bluttransfusionen operieren und
verliert anschließend in hohem Alter seine "Familie", für die er sein Leben
lang gekämpft und gelebt hat, oder er beugt sich dem Dogma, an das er selbst nicht
geglaubt hat, um nach der Operation nicht vollig leer und verlassen von seinen Idealen,
dazustehen.
Mein Onkel ließ sich schließlich ohne Transfusionen operieren und verstarb nach
wenigen Tagen an Schwäche, wahrscheinlich aufgrund des hohen Blutverlustes.
Wahrscheinlich hätte ich genauso wie mein Onkel gehandelt. Was mich an dieser Sache
besonders erschüttert, ist die knallharte Postition der Zeugen Jehovas, frei nach dem
Motto "Bist du nicht für uns, bist du gegen uns." Hätte mein Onkel
Bluttransfusionen genommen, er hätte keine Chance gehabt, wieder voll zur Gemeinschaft zu
gehören. Mein Onkel hat das oft im vertrauten Kreise meiner Familie diskutiert. Daß ein
von vielen geliebter Mensch vielleicht sterben mußte, weil knallhart im Namen Jesu
gerechtet wurde, ohne auch nur die Möglichkeit eines persönlichen Irrtums in Betracht zu
ziehen, hat mich damals sehr belastet. Ich denke, daß die Zeugen Jehovas jemanden sehr
unter Druck setzen, wenn er von der vorgegebenen Linie abweicht. Darum halte ich die
Zeugen für eine nicht ungefährliche Sekte.
Wenn ich mir hier so manche hitzige Diskussion in den Foren anschaue, muß ich jedoch
feststellen, daß offenbar auch in anderen christlichen Gemeinden manchmal ziemlich
unerbittlich gerechtet wird. Deshalb sollte jeder von uns, egal bei welcher Diskussion,
gelegentlich tief Luft holen, um sich daran zu erinnern, was Christus vor allem gebracht
hat, nämlich Licht und Wärme.
Soweit zu meinem völlig subjektiven Statement + viele Grüße
Schatzsucher
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28. Dezember 2004 06:29:15 - D.
Autor: Jafia
23.12.04, 17:34 Uhr
Schatzsucher,dein Bericht hat mich sehr an ein Ereignis in meiner Verwandtschaft
erinnert. Deswegen bin ich auch arg negativ gegen die ZJ eingstellt. Meine Tante und ihre
Familie sind strenge ZJ. Jedes Wochende stehen sie und verteilen sie ihren Wachturm, aber
die Zeit für die Kinder war nicht da.
Hätte meine Tante sich vielleicht mehr um ihre Kinder gekümmert wäre mein Cousin
vielleicht noch am Leben. Der hat sich im Alter von 19 Jahren umgebracht weil er mit
seinem Leben nicht mehr klar kam. Zwei seiner Brüder hatten Frauen geheiratet die keine
ZJ waren. Meine Tante gab erst Ruhe als die beiden Ehen geschieden wurden.
Ich bin der Meinung, dass erst die Familie, die Kinder dran sind . Erst dann kommt die
Arbeit in der Gemeinde.
Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass man eher einen Menschen sterben läßt
anstatt ihm eine Bluttransfusion zu geben. Das ist sehr verantwortungslos, gleicht ja fast
einem selbstmord aufgezwungener Weise.
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31. Dezember 2004 05:40:49 - D.
Autor: Ceterumcenseo
30.12.04, 12:17 Uhr
Ich habe keine so guten Erfahrungen.
Höflich sind sie alle, aber meist auf eine steife unnahbare Art. Ist ja auch kein Wunder,
denn freundschaftliche Kontakte zu Nichtzeugen werden außerhalb des Predigtdienstes
ziemlich negativ gesehen.
Die Sprache hört sich bei vielen gleich an, das kommt wohl vom Üben auf der Bühne.
Ich habe insgesamt den Eindruck, dass man lieber zu Leuten kommt, die keinen Glauben oder
nur eine gewisse Religiösität besitzen. Von der WTG werden alle anderen Gemeinden und
Kirchen als "Hure Babylon" bezeichnet, das heißt, egal wie nett und höflich
die Zeugen auch sein mögen, für mich ist das nur Rhetorik um einen für ihre
Organisation zu gewinnen.
Wie echt sie sind zeigt sich, wenn man das nicht will. Wenn man kritisch eingestellt
ist oder die Organisation gar ablehnt, kommen sie in der Regel nicht mehr (gibt natürlich
Ausnahmen). Ohne jetzt eine Lehrdiskussion eröffnen zu wollen, halte ich diese
Organisation für antichristlich und gefährlich. Dass sich liebe und ehrlich Menschen
darin befinden, bezweifle ich nicht.
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09. Januar 2005 07:00:42 - D.
Niko.demus meint:
Wer den Brief und die Erklärung vorurteilsfrei liest, wird sehen, daß das
lediglich ein höflicher Versuch war, die Verleumdungen zu entkräften, die die deutsche
Geistlichkeit über Jehovas Zeugen bei der Staatsmacht vorbrachte. Briefe mit ähnlichem
Inhalt wurden von anderen religiösen Gemeinschaften an Hitler geschickt. Aber hier wird
der Vorwurf der Anbiederung nicht erhoben. Komisch nicht?"
Der höfliche Versuch" enthielt denn auch solche Floskeln, wie von den
Geschäftsjuden", gegen die man doch auch eingestellt sei. Weniger Jahre vorher
war die gleiche Organisation noch glühender Verfechter des Philosemitismus. Man lese dazu
mal die Rutherford-Bücher Trost für die Juden", Leben"; oder davor
schon das Russelltraktat Die nahe Wiederherstellung des Volkes Israel".Im
übrigen bedarf das Begleitschreiben an Hitler auch der Mitbewertung. Seit jeher
Deutschfreundlich" sei man eingestellt. Schon zu einer Zeit, wo die
öffentliche Meinung im ersten Weltkrieg (in den USA) letzteres nicht war. Das sind
durchaus Anbiederungsversuche.
Der Bibelforschergegner Karl Gerecke, verfasste zu Händen der Hitlerregierung im Jahre
1933 ein Memorandum (im Bundesarchiv nachweisbar). Gerecke stellt dabei ausdrücklich auch
auf jene Erklärung ab und bewertet sie als Anbiederung. Die Motivation von Gerecke war
klar. Das war einer jener Kanonenpastoren", welche die Jugend in die
Schützengraben des ersten Weltkrieges hineingepredigt hat", um das Vokabular
von Bibelforscherchef Rutherford zu bemühen. Mit seinem Memorandum wollte er der
Hitlerregierung ausdrücklich den Rücken stärken, ja nicht schwankend zu werden bei
ihrem Zeugen Jehovas-Verbot. Und dabei ergab sich auch für ihn die Erkenntnis. Die
Erklärung" ist eine einzige Anbiederei.
Anbiederung ist auch die überhastete Gründung einer Norddeutschen und Süddeutschen
Bibelforschervereinigung im Jahre 1933 (über die auch Garbe in seinem Buch berichtet),
in der nur gebürtige Deutsche Sitz und Stimme hätten" und die wie
WTG-Syndikus Dollinger in seinem Schreiben an die verehrliche Reichsregierung"
mitteilt, in Anpassung an die neuen Verhältnisse in Hitlerdeutschland, den vormaligen
Begriff International" (Internationale Bibelforschervereinigung) ausdrücklich
eliminiert habe. Es ließe sich noch einiges in dieser Richtung anführen. Etwa, dass
Rutherford höchstpersönlich mit der Hitlerregierung verhandeln wollte, wenn sie denn
dieses Angebot annähme.
Das wäre das eine.
Das andere ist, dass ab 1934 und nachfolgend in der Tat ein anderer Wind herrschte. Das
Niemöller-Votum nimmt auf die Zeit ab 1934 Bezug. Nicht aber auf das kritische Jahr 1933.
Es ist richtig. Auch andere biederten sich bis zum Überdruss an. Die indes hatten
schon mal eine ganz andere Ausgangsbasis. Für die waren schon immer die weltlichen
Obrigkeiten, Obrigkeiten gemäß Römer 13. Nicht so für die Bibelforscher/Zeugen Jehovas
ab 1929. Die glänzten" doch ab 1929 mit der These, Römer 13 beziehe sich
angeblich nur auf die Höheren Obrigkeiten" Jehova und Jesus Christus. Von
dieser Ausgangsbasis wiegt das tatsächliche Verhalten im Jahre 1933 dann doppelt schwer.
Nach Mai 1945 instruierte Franz Zürcher vom Schweizer Büro der Zeugen Jehovas, die
deutschen Zeugen Jehovas in einem in Faksimile veröffentlichten Rundschreiben (siehe: http://gebhard.webspace4free.biz/
ausdrücklich in dem Sinne, sich der Leiden in den KZ nicht zu rühmen. Jahrzehntelang
wurde das mehr oder weniger durchgehalten. Dann kam Garbe's Buch auf den Markt (90er
Jahre). Dann kam das Ansinnen der Zeugen Jehovas-Führung auch Körperschaft des
öffentlichen Rechts" werden zu wollen. Und erst ab diesem Zeitpunkt herrscht eine
andere Situation.
Jetzt haben die Schönredner und Weißwäscher bei den Zeugen Jehovas das sagen. Auch
da, wo es nichts weißzuwaschen" gibt!
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11. Januar 2005 18:31:52 - Drahbeck
Garda schrieb: Wie lange hast du eigentlich für diese gut gespielte Empörung
üben müssen?"
Das dürfte eine Kardinalfrage bei jeder Diskussion" mit Zeugen Jehovas
sein. In ihrer wöchentlichen Theokratischen Predigtdienstschule" studieren sie
eben nicht nur die gängigen Vertretertricks ein, sondern auch wie man am besten den
Gegner rhetorisch (nicht in der Sache) rhetorisch zur Strecke bringt". Da
gehört schon mal weinerliches Selbstmitleid zum Grundgerüst dieser Schulung".
Nun zitiert Niko.demus aus dem Juden" überschriebenen Detailabschnitt
dieser Erklärung" einige Sätze und fehlinterpretiert sie bewusst dahingehend,
als hätten die Zeugen Jehovas, ihrerseits, nie nennenswerten Streit mit den
Mitbewerbern" auf dem religiösem Felde.
Diese Erklärung" macht schon im weinerlichen" wenn sie
einleitend aussagt: Wir sind fälschlicherweise bei den Regierungsbehörden und dem
deutschen Volke angeschuldigt worden".
Fälschlicherweise???
In der Frage der unterstellten Finanzierung durch Juden und Freimaurer" bejahe
ich das auch. Damit allein ist aber der Komplex Anschuldigungen" noch nicht
vollständig abgearbeitet.
Die Erklärung ist ja nun in erster Linie an die Behörden des Naziregimes adressiert.
Was sollen die wohl mit Sätzen anfangen wie:
Die Schrift erklärt deutlich, daß Satan der Teufel, dessen Name auch Schlange und
Drache ist, der Hauptgegner Jehovas und der größte Feind der Menschheit ist".
Damit wird schon mal die theologische Weltsicht der Zeugen Jehovas auch den
Nazibehörden übergestülpt. Angesichts deren hohen Maß an relativer Säkularisierung,
für die stellvertretend schon der Name des Chefideologen" im Naziregime
(Alfred Rosenberg) steht, schon mal eine Zumutung.
Weiter unterschlägt Niko.demus bei seinen Zitaten, dass in dieser Erklärung
(Abschnitt Juden) auch pauschal über die Geistlichkeit ausgesagt wird:
Das ist dieselbe Klasse, die Jesus als seine Verfolger bezeichnete."
Diese Aussage mit in die Gesamtbewertung einfügend, bekommt dieser Detailabschnitt schon
mal ein ganz anderes Gesicht, als wie Niko.demus es interpretiert.
"Hinter den Spiegel" konnten Nazibehörden und Kirchen sich auch
gleichermaßen den Satz der Erklärung" stecken:
Obschon die Pharisäer und Priester damals vorgaben Jehova Gott zu dienen, sagte
ihnen Jesus, daß sie in Wirklichkeit Vertreter Satans des Teufels seien." Dazu passt
denn auch die Zeugen Jehovas-These ab 1929. Die Obigkeiten" gemäß Römer 13,
können nur Jehova und Jesus Christus sein. Über dieses Staatsverständnis reflektiert
wie selbstverständlich", die Erklärung" in keiner Weise. Das
verschweigen ist ja denn oftmals auch das viel wichtigere bei den Zeugen Jehovas, als das,
was sie sagen".
Und in nicht zu übersehenden Dezentheit" lässt die Erklärung"
durchblicken, dass sie das auch auf die Gegenwart übertragen sehen möchte. Auch das
unterschlägt Niko.demus.
Wie man angesichts vorstehender Aussage zu der weinerlichen Aussage stehen soll
bei den Regierungen der Länder in falschem Lichte" dargestellt worden zu sein,
ist doch sehr die Frage.
Da half wohl auch nicht der Satz in der Erklärung":
Eine sorgfältige Prüfung unserer Bücher und Schriften wird deutlich zeigen, daß
die hohen Ideale, die sich die nationale Regierung zum Ziele gesetzt hat und die sie
propagiert, auch in unseren Veröffentlichungen dargelegt, gutgeheißen und besonders
hervorgehoben werden."
Auch gezielt die Spitze" gegen die Konkurrenzreligionen, wenn diese
Erklärung" belehrt:
Wir möchten Sie daran erinnern, daß in den letzten Jahren politische Geistliche
dem deutschen Volke mehr Sorgen bereitet haben als irgendeine andere Gruppe."
In bewusst gespielter Naivität verkauft man sich weiter mit dem Satz:
Nachdem sich die nationale Regierung zu den oben erwähnten hohen Idealen
[Einfügung: das angeblich positive Christentum" der Nazis] bekannt hat, sind
wir überzeugt, daß die Führer nicht wissentlich das fortschrittliche Zeugniswerk für
den Namen Jehovas und seines Königreiches, das wir jetzt hinausführen, bekämpfen
wollen."
Zieht man die Vorgeschichte dieser Entwicklung mit heran, etwa die Auseinandersetzungen
um die Rutherford-Broschüre Die Krise", die auch andernorts, etwa in Polen,
Überlegungen über ein Bibelforscherverbot herausforderte, und die in Deutschland durch
Entfernung des bluttriefenden Umschlages" gerade noch mal abgebogen werden
konnte (eine Galgenfrist), wird deutlich: Der Wolf verkauft sich wieder einmal als
harmloses Rotkäppchen". Zum Thema der Broschüre Die Krise" siehe
auch:
http://www.manfred-gebhard.de/19332Krise.htm
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