Re: Friedlmayer


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 20. Juni 2004 19:19:28:

Als Antwort auf: Re: @ Kerstin geschrieben von asv am 20. Juni 2004 18:47:26:

Das Ihr Verlag den inzwischen zehn Jahre alten Ladenhüter von Friedlmayer immer noch anbietet, ist bekannt. Indes sei auch dies gesagt: „empfehlen" tue ich ihre Schriften jedenfalls nicht. In einer freiheilichen Gesellschaft steht es natürlich jedem frei, wofür er sein Geld ausgibt (oder auch zum Fenster rausschmeißt), das ist unstrittig.

Beispiele der Detailkritik an Friedlmayer. Zitat:
Friedlmayer reproduziert in seinem zweifelhaften ZJ-Buch gleich einleitend einen Zeitungartikel des Friedrich Ritter von Lama aus dem "Miesbacher Anzeiger" vom 13. 11. 1924. Darin kann man beispielsweise auch Wortspielereien darüber finden, dass der Name des Bibelforscherklägers Binkele "jüdisch als Pinkeles" ausgesprochen werden müsste.
Damit macht er schon mal seine antisemitische Anfälligkeit deutlich. Es stört aber Friedlmayer offenbar nicht, dass es keinerlei Belege für seine Unterstellung gibt, Binkele sei „jüdisch".
Offenbar muss da die Brechstange herhalten für seinen Buchtitel
„Die 'Zeugen Jehovas' Judaisierung des Christentums" .

Der gleiche Verlag bietet von demselben Autor Friedlmayer noch zwei andere Schriften an, die einem schon vom Titel her zu der Frage Anlass geben, mit was für Kreisen man es da wohl zu tun hat. Wenn da auf 311 Seiten über „die Irrlehren im neuen Weltkatechismus" referiert wird. Oder auf 85 Seiten über den „Ökumenismus-Schwindel" schwadroniert wird.

Ohne auch nur der geringsten Spur von kritischer Distanz, zitiert er in seinem Z.J. Buch einschlägige berüchtigte Pamphlete aus den 20-er Jahren von Julius Kuptsch, Fritz Schlegel, Karl Gerecke und andere (vgl. Friedlmayer S. 14).

Wenn man die Argumentation kennt, mit der Jonak v. Freyenwald beispielsweise, in der Nazizeit gegen die Zeugen Jehovas polemisierte, dann ist man schockiert, analoge Gedankengänge auch bei Friedlmayer in kritikloser Zitierung feststellen zu können. Zitat:

„Die ernsten Bibelforscher sind lediglich Schrittmacher der jüdischen Weltherrschaft. Ihre Prophezeiungen, Wünsche und Ziele decken sich völlig mit den Wünschen und Zielen anderer Organisationen, die als jüdisch bekannt sind wie die Zionisten und jüdische Geheimregierung, deren Programm dargestellt ist in den Protokollen der Weisen von Zion" (Friedlmayer S. 14).

Wie kommt nun Friedlmayer dazu noch heute dem Leser weismachen zu wollen, es gäbe eine „jüdische Geheimregierung", deren Programm in den „Protokollen der Weisen von Zion" niedergelegt sei. Ist ihm nicht bekannt, dass die Nazis gleichfalls glühende Verfechter dieser abstrusen These waren?

Man vergleiche dazu z. B. Alfred Rosenberg „Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik", München 1924. Auch Rosenberg stellt darin schon eine Beziehung zu den Bibelforschern her. Etwa, wenn er äußert: „Was die Demokratie und der Marxismus auf politischem, das besorgen die 'Bibelforscher' auf kirchlich-religiösem Gebiet" (Rosenberg S. 130).

Rosenberg zitiert und kommentiert aus den dubiosen „Protokollen der Weisen von Zion". Seine Zitate machen es schon etwas verständlicher, weshalb rückwärtsgerichtete Kreise diese „Protokolle" so gerne als „Wahrheit" verkaufen möchten. Etwa, wenn er diese „Protokolle" mit den Worten zitiert:

„Wir erscheinen gewissermaßen als die Retter der Arbeiter aus dieser Knechtschaft, indem wir ihnen vorschlagen, in die Reihen unseres Heeres von Sozialisten, Anarchisten und Kommunisten einzutreten. Diese Richtungen unterstützen wir grundsätzlich" (Rosenberg S. 54).

Eine Passage aus den „Protokollen" macht besonders deutlich, weshalb gerade auch kirchliche (Rand)kreise sich für diese „Protokolle" interessieren und aktualisiert als „Wahrheit" anbieten wollen. Diese Stelle lautet nach der Zitierung durch den Nazichefideologen Rosenberg:

„Auf unser Betreiben hin wurde die Geistlichkeit der Nichtjuden in den Augen des Volkes herabgesetzt und jeden Einflusses auf die Massen beraubt. Wenn sie die Massen noch hinter sich hätten, so läge darin für die Verwirklichung unserer Pläne ein ernstes Hindernis. Aber ihr Einfluss auf das Volk geht ersichtlich mit jedem Tage mehr zurück" (Rosenberg S. 117).

Man kann wohl mit berechtigten Gründen bezweifeln, ob Friedlmayer sich je ernsthaft mit der Entstehungsgeschichte der „Protokollen der Weisen von Zion" beschäftigt hat. Jenes Pamphlet wurde von der russischen zaristischen Geheimpolizei Ochrana in die Welt gesetzt um gegen Aufbegehrungstendenzen im autokratischen Russland zu polemisieren und einen Buhmann (die Juden) dafür namhaft zu machen. Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelten sie dann ihre Eigendynamik, als Theorie der „Weltverschwörung".

Worum es Friedlmayer geht, macht auch der Umschlagtext deutlich. Da ist davon die Rede, dass mit dem Sieg der Demokratie im Jahre 1918 sich eine antichristliche Weltordnung zu entwickeln begann. In seiner Lesart seien unter anderem Protestantismus, Freimaurer, Kommunismus und Zeugen Jehovas, sichtbare Erscheinungen dieses Prozesses.

Wessen Geistes Kind die Kreise um Friedlmayer sind, macht auch eine weitere abgedruckte Verlagsreklame deutlich. Da wird ein anderes Pamphlet angepriesen, dass die „Unterminierung der katholischen Kirche" zum Thema hat. Als ein Markstein dieses Prozesses wird darin auch das Zweite Vatikanische Konzil bezeichnet. Auch diese Bemerkung macht deutlich, dass man es hier mit Kreisen zu tun hat, die wenn möglich, das Rad der Geschichte zurückstellen möchten.

Über den weiteren Autor dieses Verlages, den Herrn de Ruiter hier noch weitere Worte zu verlieren, ist eigentlich vergebliche Liebesmüh.

de Ruiter und Co


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