Eine schwierige Frage


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 30. August 2003 10:41:07:

Schon der WTG-Funktionär W... brachte mal einen bestimmten Aspekt der Zeugen Jehovas-Geschichte die Zeit 1933-45 betreffend auf den Punkt, wenn er Kritikern sinngemäß vorwarf. Es kann nicht angehen, dass die Zeugen Jehovas, damals Opfer des Naziregimes, nachträglich zu „Schuldigen" dieser Entwicklung erklärt werden.

Es ist richtig. Die Hauptverantwortung lag auf dem Naziregime, dass in keiner Weise entschuldbar ist. Es ist weiter richtig wenn gefordert wird, diese Relation müsse gewahrt bleiben. Ist damit die „Diskussion" beendet? Sind damit alle Fragen geklärt?

Es gab mal eine gleichfalls wenig erfreuliche Diskussion, bezüglich der kommunistischen Kapos in den KZs. Zu den Praktiken der Nazis gehörte es auch (Frau Buber-Neumann belegt dies beispielsweise auch in ihrem Erlebnisbericht), dass gewisse „Blockälteste" eingesetzt wurden, die eine Art Mittlerfunktion hatten. Einerseits hatten sie für „Disziplin" der ihnen Untergebenen zu sorgen; waren aber selbst nach wie vor Gefangene.

Anfänglich waren diese „Kapo"funktionen vielfach von korrupten „Kriminellen" besetzt. Besonders die kommunistischen Gefangenen erkannten, dass der „Kapo" sehr wohl auch Möglichkeiten hatte, schlimmeres „abzubiegen". Verhindern konnte er es auch nicht, aber in Einzelfällen sehr wohl helfend sein. Ziel der Kommunisten war es daher, die Kriminellen von diesen Posten zu vertreiben und durch eigene Leute zu ersetzen, was ihnen in späteren Jahren auch in beträchtlichem Umfang gelang.

Nun im Nachhinein, in der Diskussion nach 1945, wurde aber auch thematisiert, dass einige dieser kommunistischen Kapos auch Entscheidungen zu verantworten hatten, die aus der Sicht von Betroffenen durchaus nicht „gut" waren. Also abstrakt gesehen, konnte man diesen Kapos auch Vorhaltungen machen. Und sie führten auch dazu, solche Beispiele sind belegt, dass in der DDR, Leute mit KZ-Vergangenheit, die in den ersten Jahren hohe Posten bekleideten, einen plötzlichen tiefen Sturz erlebten. In solchen Fällen stellte sich im Nachhinein nicht selten der Sachverhalt heraus. Der Kapo hatte deutsche kommunistische Mithäftlinge im vorgenannten Sinne geschützt oder gefördert. Jedoch ausländische kommunistische Häftlinge nicht. Die haben dann „Himmel und Hölle" in Bewegung gesetzt und eine späte Rache noch genommen.

Objektiv muss man jedoch fragen. Wie „groß" wahr denn der „Spielraum" des Kapos? Hatte er denn überhaupt die Möglichkeit „allen" helfen zu können? Der Fairness halber muss man diese Frage verneinen. Natürlich lässt sich streiten darüber. Wer wurde nun denjenigen zugeordnet, denen nicht geholfen wurde. Und wem wurde dagegen geholfen. Das ist in der Tat eine sehr schwierige Frage.

Ähnlich schwierig erscheint mit die eingangs genannte Frage bezüglich der Opferrolle von Zeugen Jehovas im Naziregime und der „DDR". Beide Regime tragen die primäre Hauptverantwortung. Das ist unbestritten. Dennoch kann diese Sachlage nicht den Blick dafür verklären, dass auch die Rutherfordadministration partiell nicht „unschuldig" ist. Etwa mit ihrer Doktrin in Sachen Obrigkeitslehre. Etwa mit ihrer „theokratischen Kriegslist". Auf bestimmte Sachverhalte angewandt. Auf andere, wo es auch sinnvoll gewesen wäre, hingegen nicht. Dort aufs „demonstrieren" orientiert.

Eine Diskussion die auf den Glaubenssatz abstellt. Zeugen Jehovas waren nur Opfer des Naziregimes und der DDR und sonst nichts - „Ende der Diskussion".
Eine solche Option ist letztlich keine Diskussion. Es ist lediglich das verkünden eines neuen Glaubenssatzes!



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