Michael K...


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 21. November 2002 17:26:46:

Anmerkungen zu einem Aufsatz von Michael K.
In der maßgeblich mit von Gerhard B. herausgegebenen Zeitschrift "Religion - Staat - Gesellschaft" ist jetzt ein Aufsatz von Herrn K. publiziert worden. Auch Herr B. ist kein "Unbekannter"; ganz im Gegenteil. Er ist bekannt als einer der maßgeblichen deutschen Lobbyisten für die WTG. Insofern schließt sich auch Herr K. erst mal grundsätzlich dieser Kontinuitätslinie an. K. will über den "Umgang der Schule mit religiösen Minderheiten" referieren und wählt als Überschrift für seine Ausführungen schon mal den sinnigen Spruch "Spiel nicht mit den religiösen Schmuddelkindern".

Schon auf den ersten Zeilen informiert er darüber, dass er maßgeblichen Anstoß für seine Ausführungen, einem Arbeitsbesuch im WTG-Archiv verdankt. Versteht man ihn richtig, dauerte dieser Arbeitsbesuch gerade mal "einen Nachmittag".
Mit anderen Worten. Seitens der WTG wurden schon entsprechende Vorarbeiten getätigt. Man offeriert ihm somit das, was man gerne möchte, dass er es zur Kenntnis nehme. Also von einem regulären Archivaufenthalt, mit Vorlage entsprechender Findbücher, die der Forscher zu durchforsten hat, um das ihn interessierende herauszukristallisieren, kann man schon mal nicht reden. Das alles lässt sich nämlich nicht an "einem Nachmittag" bewerkstelligen. Die Unabhängigkeit K.'s ist damit schon mal erheblich eingeschränkt. Er hat sich (auch) instrumentalisieren lassen, um mit seinem Namen die WTG-Sicht darzustellen.

Er leitet mit einem Fallbeispiel ein, wo eine Schulklasse, nach dem New Yorker Terroranschlag auf das WTC zum geschlossenem Kirchbesuch, während der regulären Schulzeit, abkommandiert wurde. Für Zeugen Jehovas-Kinder ergab sich damit eine missliche Situation. Sie meinten sie dahingehend bewältigen zu können, dass sie sich standhaft weigerten das Kirchengebäude zu betreten und vor der Kirchentür solange warteten, bis die Veranstaltung beendet und sie mit ihren Mitschülern wieder zur Schule zurückkehrten.
K. sagt zwar nicht, wo sich das abspielte. Mich würde es indes nicht wundern, sollte sich herausstellen im schwarzkatholischen Bayern. Dort gibt es ja noch einige weitere Besonderheiten, die die in der Bundesrepublikanischen Verfassung eigentlich angelegte weltanschauliche Neutralität ad absurdum führen. So beispielsweise die katholische Universität Eichstätt. Eine erwiesenermaßen katholische Tendenzuniversität. Dennoch fast ausschließlich vom Steuerzahler bezahlt, obwohl dort in der inhaltlichen Gestaltung die katholische Kirche das alleinige Sagen hat. Und noch ein paar Beispiele mehr von dieser "Güte". Der Kirchenstaat Bayern könnte sich eigentlich auch zur Theokratie proklamieren.
Insofern hier Zeugen Jehovas auch ein Prellbock sind, haben sie sogar meine Sympathie.

Nur, Herrn K. geht es eigentlich nicht um weltanschauliche Neutralität. Er möchte eigentlich wie B. nur eines. Gleiche Privilegierung der religiösen Szene. Grundsätzliche Abschaffung dieser Privilegien indes steht nicht auf seinem Programm. Damit ist erst mal klar, was mich auch von K. trennt.
Eine Überzeichnung der tatsächlichen Sachlage nimmt K. meines Erachtens auch dergestalt vor, indem er es so darstellt, als sei Kritik an der "Sektenszene" maßgeblich nur von den kirchlichen Sekten- oder Weltanschauuungsbeauftragten getragen. Diese Sicht ist schon mal grundlegend schief. Über andere gleichfalls im Gerede sich befindliche Religionsgemeinschaften, will ich nicht reflektieren. Es sei die Beschränkung nur auf die Zeugen Jehovas gestattet. Hier davon zu sprechen, als hätten die Kirchen da das maßgebliche Sagen. Das mag in den fünfziger Jahren zu Zeiten eines Kurt Hutten noch so gewesen sein. Ist es aber in der Gegenwart nicht mehr. Gerade das Internet, zu dessen Nutzern auch K. gehört, wie man seinen Anmerkungen entnehmen kann, wird in der Zeugen Jehovasfrage bedeutend von ehemaligen Zeugen Jehovas dominiert und nicht von den kirchlichen Sektenbeauftragten. Wo sich die Chance bietet, versuchen die natürlich auch, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Ob ihr Anteil am fraglichen Diskurs indes übermäßig groß wäre, wage ich zu bezweifeln. Einzigste Ausnahme. Logistische Unterstützung für Selbsthilfegruppen (so den solche existieren) in der Zurverfügungstellung von Versammlungsräumen. Sehe ich mir beispielsweise den Stefan E. W., den man da ja wohl nennen kann, etwas näher an, fällt schon mal auf, dass er ideologisch mit den Kirchen auch nicht viel mehr gemein hat. Einzigste "Geschäftsgrundlage" die logistische Unterstützung der von ihm geführten Selbsthilfegruppe. In diesem Kontext davon zu sprechen, als wenn die Kirchen die Kritik an den Zeugen Jehovas dominierten, ist schlechtweg verfehlt.

Dann kommt auch K. auf die seinerzeitige Enquetekommission des Deutschen Bundestages zu sprechen. Hier hat man rückblickend festzustellen; es war ein Hornberger Schießen. Viel Rauch und Nebel, aber kaum substanzielle Ergebnisse. Warum? Weil die kirchliche Lobbyistenfraktion ganze Arbeit leistete und alle weiterführenden Ansätze letztendlich so nicht eliminiert, doch zumindest neutralisiert hat. Und in diesem Staat stehen ganz andere gewichtige Probleme auf den obersten Plätzen der Tagesordnung. Namentlich die unbefriedigende wirtschaftliche Situation mit den sich daraus ergebenden Details. Kirchenfragen rangieren letztendlich auf den hintersten Plätzen.

Auch auf den KdöR-Streit der Zeugen Jehovas kommt K. zu sprechen. Seine dabei genannten Punkte lesen sich fast wörtlich so, als wären sie der Webseite der Zeugen Jehovas unternommen. Spätestens an dieser Stelle dokumentiert K. seine Lobbyistenfunktion eindeutig. K. geht aber mit seinem Aufsatz weiter. Er hat, wie der Titel seiner Ausführungen deutlich macht, insbesondere die Schule im Blickfeld. Ihm missfällt und der hinter ihm stehenden WTG besonders, dass im Rahmen des Schulwesens manchmal auch kritisch akzentuierte Voten mit vorgetragen werden. Dies möchte die WTG am liebsten abstellen und so es denn ginge, und allen, die auch nur ansatzweise sich kritisch über die WTG-Religion äußern, im Rahmen des Schulwesens. Diesen einen "Maulkorb" verpassen. Das ist eigentlich die Quintessenz der K.'schen Ausführungen.

Dabei entblödet man sich auch nicht, mittels "Erbsenzählerei" gegen WTG-Kritiker vorzugehen. So berichtet K., gestützt auf WTG-Quellen auch, dass gegen das im Handel nach wie vor erhältliche Video über die Zeugen Jehovas, gerichtlich vorgegangen würde. Der ursprüngliche Titel dieses Videos lautete "Die gar nicht harmlosen Traktatverkäufer: Zeugen Jehovas". Aufgrund der gerichtlichen Klage musste das Detailwort "Verkäufer" durch "Verteiler" ersetzt werden. Formal ein Sieg für die WTG als Kläger. Ob sie indes die eigentliche Substanz der Kritik an ihr, die auch mittels dieses Videos transportiert wird, damit aus der Welt geschafft hat, mag man mehr als anzweifeln.

Noch so ein Satz aus den K.'schen Ausführungen. Zitat:
"Im Hinblick auf Jehovas Zeugen werden … Vorwürfe erhoben. Es wird die von Jehovas Zeugen in dieser Form bestrittene Aussage in den Raum gestellt, sie hätten das Ende der Welt auf 1975 datiert. Da das Faltblatt selbst ergänzt, daß dies der letzte Zeitpunkt einer Datierung gewesen sei, wird dadurch auch deutlich, daß diese Mitteilung im Sinne einer Warnung überflüssig ist, da sie keinen Bezug zur Gegenwart hat."

Was will K./WTG mit diesem Satz eigentlich "rüberbringen". Doch wohl dies. Rührt doch bitte nicht an den wunden Punkten der WTG-Geschichte. Macht euch doch bloß die Paradiesbilder in der WTG-Literatur zu eigen. Friede, Freude, Eierkuchen sei eure Rede und sonst nichts. Ohne Zweifel, K. ist dieser Zielstellung sehr nahe. Indes gibt es in diesem Lande noch ein paar andere, die sich auch zum Thema Zeugen Jehovas äußern und die nicht auf den Namen K. hören, die auch seine Empfehlungen dahinbefördern wo sie hingehören - in den Müll!

Krenzer

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