Geschrieben von Drahbeck am 29. Mai 2001 15:45:37:
Dem "Spiegel" und einigen anderen Tageszeitungen war er bereits eine Meldung
wert, der Sänger Prince.
"Moralapostel" Prince: Teenager brauchen "mehr Gott" im Leben
Prince (42), US-Popstar und ehemaliges Sexsymbol, wird zum Moralapostel. Seitdem sich der
Sänger von Titeln wie "Kiss" und "Purple Rain" zu den Zeugen Jehovas
bekennt, weiß er offensichtlich, was jungen Leuten fehlt. Sie sollten Gott mehr Raum in
ihrem Leben schenken und sich auf alte Tugenden besinnen, verordnet er Teenagern in aller
Welt. Er selbst, der seine Fans früher mit obszönen Texten und eindeutigen sexuellen
Gesten begeistert hatte, habe sich inzwischen das Fluchen abgewöhnt.
"Wenn man diese (Schimpf-)Wörter benutzt, zieht man den ganzen Ärger und die
schlechten Momente, in denen ein solches Wort gesagt wurde, an sich. Warum sollte man das
tun?", fragte Prince in einem Interview des US-Magazins "Gotham", das die
"USA Today" und andere amerikanische Medien am Dienstag aufgriffen.
Demnach predigt Prince jetzt auch mehr elterliche Aufsicht und verurteilt Zigaretten
sowie Sex in jungen Jahren. "Wenn ich die viele Gewalt sehe, frage ich mich, wo sind
denn eigentlich die Eltern, und wo ist Gott in ihrem Leben? Ein Kind ist wie ein Computer,
offen und bereit, programmiert zu werden. Aber stattdessen gibt es viele merkwürdige
Verhältnisse, zu frühes Rauchen und Geschlechtsverkehr."
In Ergänzung dazu noch eine aus Heise-Online entnommene Meldung vom Anfang dieses
Jahres:
Prince verkauft sich im Internet
Sign'O'The Contract nach Altmeister David Bowie will nun auch Pop-Ikone Prince
über eine eigene Website Musik verkaufen. Starten soll der npg music club getaufte
Service am 14. Februar, besser bekannt als Valentistag. Dennoch gibt es keine Gratissongs
als Zeichen der Zuneigung für die Fans, vielmehr kostet die Mitgliedschaft im "New
Power Generation Music Club" (benannt nach der Band des Barden) monatlich 7,77
US-Dollar.
Für ihr Geld sollen die Fans Zugriff auf exklusives Bild- und Tonmaterial erhalten,
besondere Veranstaltungen im Netz erleben und spezielle Devotionalien erwerben dürfen.
Die Selbstvermarktung des Sängers kommt nicht von ungefähr: Prince ist ein Kritiker der
Musikindustrie, der den Streit mit Warner um die Urheberrechte seiner Master Records an
die Öffentlichkeit trug, indem er sich das Wort "Slave" (Sklave) auf das
Gesicht malte.
Zwar gibt es ein ähnliches Angebot bereits seit etwa zwei Jahren von David Bowie, Prince
will aber eine neuartigen "Premium Mitgliedschaft" bieten. Wer bereit ist,
zusätzlich jährlich 100 US-Dollar zu investieren, soll bessere Plätze auf
Prinz-Konzerten und Einladungen zu After-Show-Parties erhalten. Auch der Zugriff auf Songs
und Videos soll für Premium-Mitgleider umfassender sein.
Interessierte können sich auf der NPG-Website, die im typische
"Prince-Schreibstil" gehalten ist ("R U Ready 2B A Part Of The New Power
Generation?"), bereits registrieren lassen.
Solche Meldungen sind gut für die Publicity; ohne die auch in der Musikindustrie nichts
läuft. Wenn dereinst der Neuigkeitswert solcher Meldungen verflacht ist und die
Alltagsanforderungen der Zeugen Jehovas (fünf wöchentliche Veranstaltungen als
Pflichtprogramm zu absolvieren, zuzüglich Predigtdienst), dann bleibt die Frage offen,
was von seiner derzeitigen Euphorie noch übrig bleiben wird.
Zudem stellt sich die Frage, ob hier für einem mit "prominenten Namen" nicht
wieder mal ein "Sondersüppchen" gekocht wird. Rollt der Dollar in die
WTG-Kassen, was man ja wohl annehmen kann, dann werden wieder einmal
"Sonderkonditionen" zugebilligt. Beispiele dafür liegen bereits vor.
Genannt sei der Fall des Kriminalschriftstellers Mickey Spillane, der gleichfalls
anlässlich seiner "Bekehrung" zum Zeugen Jehovas große Töne spuckte, was er
jetzt alles "anders" machen würde. Rückblickend kann man sagen, Spillane hat
nichts anders gemacht. Er war, ist und blieb eine fiese Kreatur, für die Religion
lediglich zum Aushängeschild wurde, jedoch eine wirkliche Persönlichkeitsveränderung
bei ihm nicht bewirkte. Mich würde es nicht wundern, wenn man mit dem Abstand einiger
Jahre, das gleiche Urteil dereinst auch über einen Prince wird aussprechen dürfen.
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