Re: Kongreßsaal-Aufseher Brüggemeier erinnert sich


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 17. November 2006 16:07:06:

Als Antwort auf: Gelesen ... geschrieben von Drahbeck am 17. November 2006 16:00:04:

Seine Erinnerungen sind im "Wachtturm" vom 1. 12. 2006 abgedruckt.
Zweimal wurde er vom DDR-Regime verhaftet. Das erste Mal im November 1950, indem zur Einschmuggelung vorgesehene WTG-Literatur bei ihm entdeckt wurde.
6 Jahre Zuchthaus, zu seinen Lasten, war dem DDR-Staat diese Sache wert. Zuzüglich zu den voll abgesessenen 6 Jahren, noch sieben Tage darauf. Die, weil er sich „erdreistet" hatte sein Urteil anzufechten, es somit noch nicht gleich rechtskräftig werden konnte. Jene 7 Tage "Verzögerung" bekam er dann prompt "nachgereicht".

Noch ein zweites Mal wurde er vom DDR-Regime in Sachen Zeugen Jehovas verhaftet. 3 1/2 Jahre nach der Entlassung aus der ersten Haft.

Dazu Brüggemeier laut "Wachtturm" ...
Aber nein, zitieren wir ihn mal nicht laut "Wachtturm", sondern zitieren wir ihn mal laut seiner Aussage auf einer Zeugen Jehovas-Veranstaltung in Torgau, wo auch Brüggemeier mit auftrat. Die Aussagen sind zwar ähnlich. Gewisse Nuancen indes in Torgau durchaus deutlicher herausgearbeitet. In Torgau erklärte Brüggemeier:

"Aber auch die Bemühung des Staatssicherheitsdienstes, wenn irgendwie möglich Mitarbeiter zu bekommen, war ausschlaggebend dafür, dass man mir während dieser Untersuchungshaftzeit schon vorlegte: Wir haben ja überhaupt kein Interesse daran, Sie ein weiteres mal einzusperren; ihre sechs Jahre müssten Ihnen doch genügt haben; arbeiten Sie mit uns zusammen, dass wird vor sich gehen, ohne das jemand anders etwas davon merkt. Denken Sie an ihre Tochter; sie hat Sie doch kaum kennengelernt. Sie sind jung verheiratet, dass müssen sie alles berücksichtigen. Sie können Zeuge Jehovas sein, solange Sie wollen. Sie können Ihre Studien durchführen, dass ist alles von wenig Belang. Wir möchten nur wissen, was geht in Weimar vor sich, was verändert sich. Und wenn wir mal jedes Vierteljahr für ein paar Minuten darüber sprechen, hat sich die Sache erledigt. ..."

Man vergleiche dazu
Der Fall Halse

Meines Erachtens belegt diese Aussage auch, dass besonders die Thüringer Bezirksverwaltung der Stasi, - je nach Sichtweise - unrühmlich hervortrat.
Der Fall Willy Müller dient ja heute noch den ZJ-Apologeten als Paradebeispiel. Indes das sich offenbarende "Strickmuster" dabei, wurde von der Stasi auch andernorts eingesetzt. Allerdings nicht immer im Sinne der Stasi "erfolgreich".

Dann schreibt Herr Brüggemeier noch verklärend:
"Es gibt heute so viele Ablenkungen und materielle Verlockungen wie noch nie. Unter dem Verbot waren wir mit dem, was wir hatten zufrieden. Keiner wollte zum Beispiel aus rein persönlichen Gründen in eine andere Studiengruppe, niemand beschwerte sich über zu weite Wege zu den Zusammenkünften oder zu späte Uhrzeiten."

Hört, hört! Das sind ja bemerkenswerte Zwischentöne, die da Herr Brüggemeier anschlägt.
Brüggemeier, 1965 in den Westen abgeschoben, nutzte nach eigener Angabe ab 1987 die Option des beruflichen Vorruhestandes. Wofür - man ahnt es schon - lässt er auch nicht im Unklaren. Für den WTG-Pionierdienst.
Eine wesentliche Stütze für ihn, wurde seine Frau Anni (Heirat nach der ersten Haftentlassung).
Anni Brüggemeier (aus Siebenbürgen stammend) nach Russland verschleppt. Von
dort nach Ostdeutschland entlassen. Dort völlig alleinstehend; dann Kontakte zu den Zeugen. Pionierdienst aufgenommen auch noch zweieinhalb Jahre nach dem DDR-Verbot, bis zu ihrer Verhaftung und Verurteilung zu 10 Jahren Zuchthaus; wobei sie nach 5 Jahren amnestiert wurde.

Das in solch einem Umfeld, eine Option wie etwa im Falle Willy Müller, nahezu aussichtslos war, dürften doch wohl die Spatzen von den Dächern pfeifen.
Zu dieser Erkenntnis indes waren die Ordensgeilen Thüringer Stasiisten, schon wieder nicht fähig.

1990 wurde Brüggemeier dann wie es heißt
"eingeladen, die Erweiterungsarbeiten für das Bethel in Selters zu unterstützen. Danach halfen wir mit, in Glauchau den ersten Kongreßsaal von Jehovas Zeugen im Gebiet der ehemaligen DDR zu bauen, und anschließend durfte ich dort als Kongresssal-Aufseher tätig sein."

Wie lange seine dortige Amtszeit währte, lässt er allerdings unbeantworet. Muss er doch mitteilen, dass er aus Gesundheitsgründen später wieder zu seiner Tochter nach Nördlingen gezogen sei. Offenbar ist seine Gesundheit aber noch stabil genug, um auch dort wieder als Pionier tätig zu sein.

Unbeantwortet lässt er auch die Frage, wer den sein Amt in Nachfolge in Glauchau übernahm.
Einiges spricht dafür, irgendeiner der "Nadelstreifen-Apparatschicks" die sich bei ihren höhergestellten WTG-Appparatschicks durch "besondere Leckkünste des Allerwertetesten" hervorgetan.
Da hat man ja dann für einen wie Brüggemeier, keine rechte Verwendung mehr!

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan - der Mohr kann gehen!


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