Re: Blut


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 06. Dezember 2005 19:40:52:

Als Antwort auf: Re: Blut geschrieben von anonym am 06. Dezember 2005 14:49:56:

Im 1912 erschienenen, von der WTG herausgebenen "Beröer-Handbuch für das Bibelstudium" gibt es im Anhang auch ein "Schriftstudien-Register". Alle wesentlichen Begriffe, sofern sie in den "Schriftstudien" oder im "Wachtturm" bis dahin vorkamen, werden dort alphabetisch sortiert, erfasst. Auch der Begriff "Blut" kommt darin vor. Sieht man sich die diesbezüglichen Verweisstellen indes näher ein, findet man noch nicht einmal (was ja denkbar wäre), einen Hinweis darauf kein Blut zu essen.

Das war also zu Russell's Zeiten, und lange Jahre danach kein "Thema" gewesen.
Das "kein Blut essen" kam dann erst in den 40er Jahren auf. Buber-Neumann berichtet über die Konflikte, die auch in den KZ auftraten, als sich dort diese These herumgesprochen, in "vorauseilendem Gehorsam" sofort in die Praxis umgesetzt (mit zum teil bitteren Konsequenzen als "Dank" dafür).

Dann, erst im Jahre 1945 wurde diese Doktrin im "Wachtturm" auch auf das Thema Bluttransfusion ausgeweitet. Bemerkenswerterweise aber nur im englischen "Watchtower". Der deutsche "Wachtturm" erschien in der Zeit in der Schweiz nur monatlich. Im Gegensatz dazu die englische Ausgabe zweimal monatlich. Dadurch bedingt konnte der deutsche "Wachtturm" nicht alles mit übernehmen. Es ist schon durchaus beachtlich zu nennen, dass aus vorgenanntem Grunde der inhaltlichen Beschränkung, die deutsche "Wachtturm"-Redaktion, auch diese Ausführungen zum Thema Blut, unter dem Tisch fallen lies. Sieht man sich jene "Watchtower"-Ausgabe von 1945 im Detail an, so überzeugt sie keineswegs. Siehe zu letzterem Thema auch:

Parsimony.14091
Zitat aus der diesbezüglichen Abhandlung:

In genannter „Watchtower"-Ausgabe (1. 7. 1945) gibt es nur einen Hauptstudienartikel „Immovable fort he Right Worship" überschrieben (S. 195 – 204). Der ist auch mit den Zeugen üblichen „Studienfragen" versehen. Das Thema Blut kommt darin zwar mit vor. Aber die Gesamtkonzeption dieses Artikels ist doch weiter gespannt. Das beginnt schon damit, dass man ihn ihm noch der zeitbedingten Zeugen Jehovas-These begegnet; der Teufel würde mittels „Religion" die Menschen von Gott wegziehen wollen. Zu jener Zeit noch, galt in den Augen der Zeugen, der Begriff „Religion" als etwas abscheuliches, als „Gimpelfang", und verächtlich wurde die religiöse Konkurrent als „Religionisten" tituliert. Erst auf dem 1950er Zeugen Jehovas-Kongress in New York 1950 wurde dann auch dieser zugespitzten These der Laufpass gegeben.

Dann benutzen die „Wachtturm-Schreiber den Psalm 16 als Aufhänger für ihre interpretierenden Ausführungen. Sonderlich „streng" indes halten sie sich nicht an jene Bibelvorlage, denn in jenem Psalm liest man ja auch die Sätze:
„Darum freut sich mein Herz wirklich, und meine Herrlichkeit ist geneigt zu frohlocken.
Auch mein eigenes Fleisch wird in Sicherheit weilen.
Denn du wirst meine Seele nicht im Scheol lassen.
Du wirst nicht zulassen, daß dein Loyalgesinnter die Grube sieht.
Du wirst mich den Pfad des Lebens erkennen lassen.
Freuden bis zur Sättigung sind bei deinem Angesicht;
Da ist Lieblichkeit zu deiner Rechten immerdar."
Vorstehendes nach der Zeugeneigenen „Neue Welt Übersetzung" zitiert, wird meines Erachtens in der Bibelübersetzung von Hermann Menge deutlicher artikuliert, wenn in letzterer der Vers 10 mit den Worten wiedergegeben wird:
„Denn du gibst meine Seele (= mein Leben) dem Totenreich nicht preis, du lässt deinen Frommen nicht schaun die Vernichtung."

Es ist also in der Konsequenz von einer Lebensbewahrung die Rede. Letzteres kann man von der ZJ-Blutdoktrin so wohl nicht sagen.
Als nächstes begegnet man der These, der Teufel habe schon seit Abels Tagen die „wahren Diener Gottes" verfolgt. Als neuzeitliches Beispiel, dass man nun glaubt siegreich überstanden zu haben, verweist man auch auf die „Nazistisch-faschistische Vatican Totalitätsherrschaft". Die nun überstanden zu haben; in diesem Kontext will man dann doch wohl den zitierten Psalm 16 interpretiert wissen.

„Der Misserfolg des Gegners, treue {ergebene} Männer wegzuführen von der Anbetung Jehovas, sogar unter religiös {gottgläubig} Verfolgungen und Martyrium, wurde veranschaulicht
vom Fall David, dem Krieger-Hirten. David im prophetischen Vorbild" (sinngemäß –nicht wörtlich) zitiert.
Unter Hinweis auf die „neue internationale Nachkriegsordnung", der man ein Scheitern prophezeit, verweist man erneut auf Psalm 16 als darin „vorhergesagt".

Etwas weiter begegnet man dann in der Tat einem „Die HEILIGKEIT DES BLUTES" überschriebenen Zwischenabschnitt. Da wird dann schon mal auf den englischen „Wachtower" vom 15. Dezember 1927 verwiesen, der sich schon mal zum Thema Blutessen geäußert habe. Das Thema Bluttransfusion" war allerdings im Jahre 1927 noch nicht akut.
„Ein Grund für den Tag der Rache Gottes, sei die grobe Übertretung durch die Nationen des mit Jehova' geschlossenen "immerwährenden {ewigen} Bund.. Dieser Vertrag wurde von ihm gemacht mit Noah nach der Ankunft aus der Arche, und war es symbolisiert durch den Regenbogen, den Gott verursachte."

In diesem Kontext wird dann auch noch ergänzend auf das in der Apostelgeschichte erwähnte „Apostelkonzil" verwiesen, mit seiner Aufrechterhaltung des Blutverbotes.
Dann meint der „Watchtower" auf 1. Chronika 11: 17-19 verweisen zu sollen, wo man gemäß der NW-Übersetzung liest:
17 Nach einer Weile bekundete David sein Verlangen und sprach: „O daß ich einen Trunk Wasser aus der Zisterne von B hätte, die sich beim Tor befindet!" 18 Darauf erzwangen sich die Drei ihren Weg in das Lager der Phillister und schöpften Wasser aus der Zisterne von Bethlehem die am Tor ist, und trugen es dann und brachten es zu David. Und David wollte es nicht trinken, sondern goß es für Jehova aus. 19 Und er sagte dann: „Es ist im Hinblick auf meinen Gott für mich undenkbar, dies zu tun! Sollte ich das Blut dieser Männer trinken, die ihre Seele eingesetzt haben? Denn unter Einsatz ihrer Seele haben sie es gebracht." Und er wollte es nicht trinken.

Dies nun meint der WT in dem Sinne deuten zu können, dass David damit dokumentieren wolle, das Blutverbot strikt einzuhalten. Darüber dass dies doch eine großzügige Auslegung ist, denn es ist doch nur vom beschaffen von Trinkwasser unter großer Gefahr im Feindesland die Rede. Darüber gibt sich der WT dann schon keine Rechenschaft mehr. Mit dem großzügigen Auslegen, hält er es ja generell.

Parsimony.14091


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