Re:


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 02. September 2001 13:17:22:

Als Antwort auf: Re: geschrieben von Prometeus am 02. September 2001 11:49:35:

Amtsenthebung

Hinweis für Curl. Nachfolgenden Beitrag überspringen.

Bei der Aufarbeitung der CV begegnete mir jetzt in deren Nr. 66 eine Ausführung, wobei es mir möglich ist einige Ergänzungen zum CV-Text mit hinzuzufügen. Er offenbart einmal mehr, wie die Stasi in Sachen ZJ arbeitete und - auch nicht uninteressant - wie die Gegenreaktion der WTG-Zentrale dazu war. Letztere wurde schon in der Überschrift zu diesem Beitrag genannt. Nachfolgend also das Zitat aus der CV sowie anschließend daran, meine Ergänzungen dazu.
Der fragliche CV-Artikel nimmt auf die DDR-Kirchenpolitik Bezug. In diesem Kontext fallen dann auch die Sätze:

"Einer von. denen die empfanden, daß hier etwas auf Seiten der WTG nicht in Ordnung ist, daß es gar nicht darum geht, den Zeugen Jehovas den Glauben zu nehmen, daß man vielmehr der WTG in der Obrigkeitsfrage einiges vorhalten muß, war ein Bezirksdiener im Bez. Frankfurt. Er hatte das Problem angepackt, 'mit den Nachbarn zurecht zu kommen' und 'das Verhältnis zu ihnen. besser zu gestalten', d. h., er hatte die Frage durchdacht, wie die antisoziale und antikommunistische Politik aus der Verkündigung entfernt werden könnte. Das WTG-Ostbüro in Wiesbaden ordnete daraufhin an, daß er unverzüglich 'die Sachen zu übergeben' habe. Er schwäche die Widerstandskraft gegen die Kommunisten, die vielmehr noch mit 'harten Botschaften aus Osten und Norden in großen Grimm versetzt' werden müßten, wie es noch nie der Fall gewesen sei. Zu gut deutsch, die Zeugen Jehovas sollen weiter eine herausfordernde Rolle in antikommunistischer Hinsicht spielen. Schließlich schüchterte man den Bezirksdiener ein mit der grotesken Erklärung: 'Wir haben seit 1957 offiziell erklärt, bereit zu sein, mit ihnen die Schwierigkeiten zu besprechen, die unsere Verwandten haben, und sogar bis nach Moskau zu fahren.' Wer die 'Beweise' dafür in die Hand nimmt (WT 15. 4. 57, Erw. 22. 4. 57). sieht in Wahrheit ein provokatorisches Doppelspiel aus Verhandlungsangebot und frechster antisowjetischer und antikommunistischer Hetze, wie die beigefügten Karikaturen eines zähnefletschenden und bluttriefenden 'russischen Bären' und des zertrümmerten Symbols von 'Hammer und Sichel' veranschaulichen, ein bewußtes Scheinangebot."

Soweit die CV-Darstellung. Da ich in den Anfangsjahren auch mal für die CV mit gearbeitet hatte, sind mir (ausgehend von den jetzigen erweiterten Kenntnissen) noch ein paar zusätzliche Details dazu bekannt.

Ganz offensichtlich handelte es sich hierbei um den Fall Harry B... aus Finow-Eisenspalterei (wie richtig festgestellt im damaligen DDR-Bezirk, Franfurt/Oder gelegen). Auch Herr B... hatte (als höherer WTG-Funktionär) das zweifelhafte Vergnügen, wie auch die allermeisten seiner Amtskollegen, ungebetenen "Zersetzungsgesprächen" der Stasi ausgeliefert gewesen sein. Bei den meisten prallte die Stasi mit ihrem Ansinnen resonanzlos ab.

Das Standardrepertoir der Stasi (mit individuellen Variationen) waren vermeintlich antikommunistische Aussagen in der WTG-Literatur vorzulegen, und den Betreffenden vorzugaukeln, "alles würde gut", gäbe es diese antikommunistischen Artikel nicht.
Wie gesagt. Bei anderen, beispielsweise dem WTG-Funktionär Egon R..., stieß die Stasi vielfach auf Granit.

Das Zersetzungsgespräch der Stasi mit Herrn B... hatte aber doch wohl das Ergebnis, dass er etwas schwankte und von sich aus auch Meldung nach Wiesbaden machte, was durchaus nicht alle Betroffenen taten. Er bekam von dort auch eine Rückantwort, von Herrn Willi Pohl höchstpersönlich, der wie zitiert, auf das angebliche Verhandlungsangebot an die Sowjetunion verwies. Die Stasi ihrerseits gelangte in den Besitz auch der Pohl'schen Rückantwort. Das Ergebnis der ganzen Angelegenheit nannte die CV bereits. Amtsenthebung seitens der WTG für Herrn B....

Zum Fall Egon R... noch der Hinweis, dass er in einer Dirksen-Datei (umfänglicher Art) mit angesprochen wird. Dort so ziemlich am Textende.


Dirksen


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