Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Kurt W. Niedenführ

Da gab es zu Zeiten Russells noch, einen Pfarrer. Der bekam für seine berufliche Tätigkeit auch allmonatlich von seiner Kirchenleitung ein entsprechendes Gehalt ausbezahlt. Wohnhaft war dieser Pfarrer in Königsberg (heute Kaliningrad) damals zu Deutschland gehörend. Nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr. Seine Kirche war die der "altkatholischen Kirche". Sein Name Walter Küppers. Der war auch schriftstellerisch tätig. Dann schrieb er vielfach unter dem Pseudonym "Johannes Walther" Küppers lernte eines Tages die "Schriftstudien" des Russell kennen und war beeindruckt.

Besonders beeindruckt war er von den darin enthaltenen Endzeitthesen. Wäre er nicht bezahlter Pfarrer gewesen, der seine Pfründe erhalten wollte, wäre er womöglich zu den Bibelforschern übergetreten. Im nüchternen Kalkül, was dieser Schritt für ihn letztendlich in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet hätte, schreckte er davor zurück. Seine Pseudonym-Verwendung gestattete ihm denn auch zweigleisig zu fahren. Einerseits Geld von der altkatholischen Kirche zu kassieren; andererseits die Geschäfte der Bibelforscher faktisch zu betreiben.

Da Küppers schon vorher publiziert hatte, bevor jener Tag der Kenntnisnahme der Russell'schen "Schriftstudien" eintrat, kann man ihm eine gewisse Selbstständigkeit sehr wohl attestieren. In einfach zum Nachplapperer von Russell zu erklären, trifft den Kern nicht. Und so übernahm er denn prinzipiell einiges von Russell; mit dem Unterschied, dass er noch "genauer" sein wollte. Orientierte Russell auf 1914; so der "genauere" Küppers auf 1915.

Es blieb der Leitung der altkatholischen Kirche nicht verborgen, was da einer der ihrigen für abwegige Wege beschritt. Lange Zeit hatte man beide Augen und noch zusätzlich die "Hühneraugen" zugedrückt. Aber je näher die Jahre 1914/15 kamen, umso mulmiger wurde das den Herrschaften dann doch. Und man stellte Küppers ein Ultimatum. Dieses Ultimatum war von der gleichen "Qualität" wie dasjenige, dass eine andere Kirchenleitung dem Albert Schweitzer einmal gestellt hatte. Man wollte nach außen hin einen Skandal vermeiden. Deshalb das Ultimatum. Aber es war von der Qualität einer "zahnlosen Minka". Küppers überlebte das Ultimatum. Sein Gehalt floss weiter. Lediglich das er versprach, ähnlich wie Albert Schweitzer, zukünftig bezüglich seiner Erkenntnisse "stumm wie ein Karpfen zu sein".

Dann brach im Herbst 1914 der erste Weltkrieg aus. Und siehe da. Auch die altkatholische Kirchenleitung gehörte zu dessen Bejublern! Jetzt war man wieder bereit, das eigene Ultimatum zu vergessen. Jetzt erlebte Küppers in den Reihen seiner altkatholischen Kirche eine ungeahnte Konjunktur, die er sich wenige Jahre vorher nicht hätte träumen lassen. Kriegsberichterstatter konnte man ihn eigentlich in dieser Phase titulieren. Das trifft auch nicht ganz den Kern. Er war mehr als ein "Berichterstatter". Er war insbesondere Ideologieverkäufer. Jede Wendung auf dem Kriegsschauplatz erklärte er nun als "in der Bibel vorausgesagt". Und wesentliche Teile seiner Kirche klatschten sogar Beifall.

Vergleicht man Russell und Küppers in der akuten Zeit des ersten Weltkrieges. Dann habe ich nur ein Urteil. Küppers war der schlimmere Chauvinist. Indirekt sogar einer von mehreren Wegbereitern des Adolf Hitler. Das würde ich Russell nicht unterstellen, dem Küppers aber sehr wohl!

Nun existieren die heutigen Zeugen Jehovas in Deutschland ein rundes Jahrhundert. Ihre Anhängerschaft fieberte 1914, dann 1925, dann dem Ende des zweiten Weltkrieges und danach 1975 zu. Jeweils "biblisch begründet" und begründet anhand der weltgeschichtlichen Rahmenbedingungen. Nach 1975 war für erste Schluss mit weiteren offiziellen Datenspekulationen. Daran glaubt die WTG-Führung ohnehin schon lange, lange nicht mehr. Das geschickte anheizen solcher Erwartungen hat nur einen Zweck. Der Motivation der Anhängerschaft, auf das sie sich weiter für die WTG verausgaben möge. Und so läuft das Geschäft auch weiterhin auf dieser Schiene. Unterschwellige Erwartungen schüren - sich aber gleichzeitig davor hüten, auf offizieller Ebene neue Daten zu verkünden.

Anders beim Fußvolk der Zeugen Jehovas. Da wollen es einige nach wie vor "ganz genau" wissen. Und gelegentlich scheuen sie sich auch nicht, neue diesbezügliche Berechnungen auf den Ententeich zu setzen. Pech nur für sie, dass die offizielle WTG es vorzieht, sie nicht zu bestätigen.

Welche Motive lassen Menschen eigentlich der WTG ade sagen? Vielfach auch (nicht nur) die Nichtgewährung von Pluralismus. Dann doch das halbe Sklavenleben, dessen mancher eines Tages doch noch überdrüssig wird. Haben solche, indes ihre WTG-Geschichte wirklich aufgearbeitet? Ich habe da mehr als Zweifel in nicht wenigen Fällen.

Sehe ich mir die Webseite eines Alexander Kloos im Internet an, oder lese ich die Bücher von Lothar Richard Riehl oder Uwe Räder, dann bleibt für mich nur ein Kommentar übrig. Das sind auf ihre Art und Weise auch nur "Küppers-Verschnitte". Was da das kleinere Übel ist? Die, oder die WTG; ist von der Ideologieseite her nicht so einfach auszumachen. Vielfach ist da die WTG noch das kleinere Übel.

Nun gibt es offenbar einen neuen Herrn Made in "Küppers-Verschnitt" zu vermelden.

Besagter Herr weiß denn auch zu verkünden:

"Aus der Bibel kann man ersehen, dass die Zeit des Endes von 1914 bis 2033 dauert, was einer Generation entspricht, die nach 1. Mose 6:3 kürzer als 120 Jahre andauert. Diese Zeit des Endes umfasst fünf Weltkriege:

1. Weltkrieg: 7 Siegel aus der Offenbarung

2. Weltkrieg:: 7 Trompeten aus der Offenbarung

Kalter Krieg: 7 Donner aus der Offenbarung

3. Weltkrieg: 7 Engel aus der Offenbarung (Beginn Frühjahr 2003)

4. Weltkrieg: 7 Schalen aus der Offenbarung

5. Weltkrieg: Harmagedon - ein himmlischer Krieg gegen die Erde (Offenbarung 16:14-16)

Die Weltzeit kann mit der Stiftshütte verglichen werden. Daniel zeigt, dass der Tod Jesu die Salbung des Allerheiligsten ist (Daniel 9:24), daher ist Jesu Tod der Vorhang zum Allerheiligsten. Jesus ist der Herr des Sabbats, daher ist er der Herr der Tausendjahr-Herrschaft, und deshalb ergibt sich als Weltzeit 6000 Jahre bis zum Neuen System der Dinge vom Sündenfall an gerechnet. Das Allerheiligste macht ein Drittel davon aus, die 2000 Jahre seit Jesu Tod.

Wir kommen zu folgenden Ergebnissen:

1) Harmagedon endet 2033 2) Die Weltzeit geht von 3968 v.u.Z. (Sündenfall) bis 2033 u.Z. (wobei das Jahr 0 ausgelassen wird) = Zeit der Herrschaft Satans. "

Das alles dann noch mit pseudotheologischem Palaver versehen. Insbesondere die Ausspracheform des Gottesnamens betreffend.

Dieser neue "Küppersverschnitt" gibt denn auch noch von sich:

In der Praxis enthält dann der Wachtturm viele viele neue Gesetze, die der Bibel hinzugefügt wurden (Masturbationsverbot, Bartverbot, Kongressbesuchspflicht, Pflicht Berichtszettel über die Stunden des Predigtdienstes jeden Monat abzugeben, keine Bluttransfusion zu nehmen, auch seinen Kindern und Kleinkindern Bluttransfusionen zu verweigern, Verbot zu rauchen und Drogen zu nehmen, und vieles vieles mehr) und wenn irgendwelche dieser Gesetze der Bibel widersprechen, dann wird ein Zeuge Jehovas exkommuniziert, wenn er lieber der Bibel gehorcht (also dem Gesetz des Vaters) als dem Wachtturm. So erheben sich Kirchenleitungen über Gott (Vgl. „sie haben sich auf den Richterstuhl Mose gesetzt")

Bei den Zeugen Jehovas ist mir aufgefallen, dass sie sehr selten bei privatem Zusammensein biblische Themen ansprechen. Meist sprach man über diesen oder jenen, über dies oder jenes Vorkommnis, über Kochkünste und Urlaub, über Anschaffungen und Filme, was dem Geschwätz Vorschub leistete. Das geistige Gespräch über biblische Themen überließ man praktisch völlig den Zusammenkünften im Königreichssaal, wo aber auch nicht diskutiert wurde, sondern nur ein Einpaukprogramm biblischer Themen in Verbindung mit unzähligen neuen, hinzugefügten Gesetzen und Regeln in Form von Abfragungen vorgefertigter Antworten durchgeführt wurde. „Löscht [das Feuer] des Geistes nicht aus!" sagt dazu die

Bibel im Neuen Testament (1. Thes. 5:19). …

Das Ergebnis ist sonst ein Stasi-ähnliches Spitzelsystem unter den Brüdern zu fördern, die alle dazu aufgerufen werden, jeden zu melden, der irgendeine Meinung öffentlich geäußert hat, die dem ausgefeilten Meinungsmonopol der Kirchenführung widerspricht, um diesen dann exkommunizieren zu können. Womit man alle anderen einschüchtern will, damit sie voller Angst sind, denn eine Exkommunikation wird als praktische Vernichtungsstrafe gelehrt, aus der nur äußerst selten jemand entrinnen kann durch jahrelanges Spießrutenlaufen, was seine Reuebekundung sein soll, in einer Bruderschaft, die ihn völlig links liegen lässt und nicht einmal grüßt (in falscher Auslebung von 2. Joh. 10).

Gut. Aber um zu dieser Erkenntnis zu kommen, bedarf man wahrlich keines Kurt W. Niedenführ. Und vor allem brauch man seine neuerlichen Küppers-Berechnungen nicht.

Seine stockkonservative Grundhaltung kommt auch darin zum Ausdruck, dass er bei seiner Aufzählung der Kritikpunkte an der WTG auch mit eingefügt hat:

16) Sogar Frauen sollen auf die Bühne und Ansprachen halten, die verkleidet werden wie Bühnenstücke.

17) Frauen dürfen sich auch melden und durch Kommentare die Brüder belehren.

Das ist für Niedenführ offenbar auch kritisierenswert!

Weiteres zu Herrn Niedenführ

Albert Schweitzer (Theologe)

Der Fall Walter Küppers

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