Mertens, Claudia

"Sozialarbeiterische Hilfsmöglichkeiten mit ausgestiegenen oder aussteigungswilligen Zeugen Jehovas".

Schriftliche Hausarbeit für die staatliche Abschlußprüfung der Sozialarbeiter.

Anna-Zillken-Schule, Höhere Fachschule für Sozialarbeit.

Dortmund 1991, 103 Seiten.

Die Ausführungen von Claudia Mertens erinnern in etlicher Beziehung an die von Sylvia Kranefeld, die in ihrem 1994 im Wormser Verlag "The World of Books" erschienenen Buch Sekten. Aufklärung statt Therapie" vehement dafür plädierte: "der Aspekt einer verantwortungsvollen Aufklärung auch durch den Staat liegt mir besonders am Herzen". An anderer Stelle der gleichen Schrift schrieb Kranefeld noch: "Medienwirksame Ereignisse werden an die Öffentlichkeit getragen. Also doch nach dem Motto, dass immer erst etwas passieren muss, ehe der Staat seine Verantwortlichkeit erkennt und sich dieser stellt." Im Prinzip vertritt auch Claudia Mertens eine ähnliche Position. Sie geht davon aus, dass eine Sozialarbeiterische Grundausbildung, gepaart mit spezifischen Kenntnissen, in diesem Fall über die Zeugen Jehovas, durchaus einen sinnvollen Beitrag zur Integration von in ihren Sozialkontakten Geschädigten aus entsprechenden militanten Religionsgruppierungen zu leisten vermag. So löblich dieser Ansatz auch ist, man sollte die politische Wirklichkeit nicht verkennen. Angesichts leerer Kassen der örtlichen Kommunen sind denn in der Praxis nur wenige Fälle nachweisbar, wo entsprechende Beratungs- und Hilfsstellen auf staatliche Mittel zurückgreifen können. Man mag dies bedauern - die Wirklichkeit ist so.

Unter der Überschrift: "Angebote" besonderer Art, führt Mertens auch noch das folgende Beispiel an: "Fast wöchentlich sind in diversen Zeitungen Anzeigen zu lesen, in denen ehemaligen ZJ und Neuapostolen das Angebot unterbreitet wird, man würde gerne mit ihnen über ihre religiösen Probleme sprechen. Hinter diesen Anzeigen stehen in der Regel Anhänger christlicher Freikirchen oder Denominationen. Die den ehemaligen ZJ hier angebotene Hilfe ist jedoch ein neuer Weg 'zur einer wahren, reinen Lehre'. Da ich mich mehrmals auf solche 'Hilfsangebote' aufgrund Anzeigen in der örtlichen Presse meldete und hier intensive Gespräche zumeist mit Baptisten oder Adventistenverkündigern führte, würde ich ehemaligen ZJ von der Inanspruchnahme solcher Angebote nur abraten."

Da es also mit "staatlichen Angeboten" äußerst schlecht bestellt ist, bleibt in Einzelfall nur der Hinweis auf örtliche Selbsthilfegruppen, auch mit Vorbehalt, auch auf von kirchlichen Kreisen dominierten Hilfsgruppen, die aber oftmals nicht spezifisch auf die Zeugen Jehovas, sondern mehr "quer Beet" zugeschnitten sind.

Eine Variante erwähnte Claudia Mertens noch nicht. Das wären dann faktische Selbsthilfegruppen, wie sie auch mittels des Internets gezielt ermittelbar sind.

Aber es ist richtig und darin ist Mertens zuzustimmen, dass der persönliche Kontakt zwischen potentiellen Aussteigern und Hilfe gewährenden und Befähigten, einen besonders hohen Stellenwert hat. Aus ihrem eigenen Erfahrungsbereich schildert sie einen Fall, wo sie helfend wirken konnte, indem sie beispielsweise sich dafür verwandte, unterbrochene Eltern/Kinder Kontakte neu zu knüpfen und so zu einer wesentlichen psychischen Stabilisierung der Aussteigerin beizutragen, die ohne diese Hilfestellung nicht gegeben wäre. Sie erwähnt auch das Beispiel der sogenannten Vollzeitverkündiger, die ja besonders hart getroffen sind, da es als Beispiel um ihre Rentenanwartschaften und ähnliches äußerst schlecht bestellt ist, die vielleicht gar keine eigene Wohnung oder Ersparnisse mehr haben und auch in dieser Beziehung bei Null von neuem anfangen müssen. Hier kann sachkompetente Hilfestellung durchaus unabdingbar sein.

Die Anfrage von Sylvia Kranefeld und Claudia Mertens an den Staat Bundesrepublik Deutschland bleibt also unverändert bestehen!

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