Für besagten „Erasmus Pechmondl" stellte sich nun die Frage, welche
„Perspektive" er denn nun noch hätte. Und seine Selbsterkenntnis gipfelte in
der Feststellung, wohl blos noch die, „sich selbst die Kugel zu geben."
Bevor er denn zu dieser beabsichtigten Tat schritt, wollte er aber noch sein
bisheriges Leben durch ein „zünftiges Besäufnis" „krönen", und er erachtete
die Silvesterfeier als einen geeigneten Anlass dafür.
Im Alkoholrausch tätigt er auf jener Feier auch noch so einige Entscheidungen.
Unter anderem die, sich im Halbdunkel zu verloben. Er lässt aber auch
durchblicken, nüchtern und bei Tageslicht, hätte er wohl jene Verlobung nicht
realisiert.
Dann schritt er zur beabsichtigten Tat, und schoss gleich noch wild um sich,
um noch ein paar andere mit ins Jenseits zu befördern. Die waren zwar auch
alle von Kugellöchern dann durchsiebt, wie auch er selber.
Aber „wunderbarerweise" erzielte jene Massenschießerei nicht ihre Wirkung.
Alle lebten „durchsiebt" „fröhlichst" weiter.
Dann geht die Story weiter mit der Angabe:
„Da stieg plötzlich ein Mann, dem Aussehen nach
ein Amerikaner, auf den Tisch, klatschte in die Hände und begann im Tone eines
Predigers:
„Niemand von den heute noch lebenden Menschen wird mehr sterben. Sie werden
ewig leben! Die Weissagung der ernsten Bibelforscher ist mit Eintritt des
heutigen Tages eingetroffen!"
Ein Jubel durchbrauste den Saal, die Leute umarmten sich. Die Ein- und
Ausschußöffnungen der Verwundeten wurden mit Champagnerpfropfen verstopft und
die Unterhaltung wurde in toller Stimmung fortgesetzt."
Indes bei „Pechmondl" selber stellte sich eher eine Art Katerstimmung ein.
Ihm wurde bewusst, keines seiner Probleme hätte sich nun durch dieses
wundersame Weiterleben gelöst. Namentlich auch seine finanziellen Probleme
nicht:
„Was nun? Er war verlobt, ohne Posten, ohne Geld.
Da fiel ihm in dieser Not seine Erbtante ein, die mußte ihm einen Teil ihres
Vermögens, er war ja Universalerbe, vorschießen.
Er zog sich rasch an und ging zu ihr Neujahrswünsche überbringen. Dann brachte
er sein Anliegen vor. Die Tante lächelte und wies ihm ein Flugblatt vor:
„Millionen jetzt lebender werden nicht sterben!"
Ich brauche ja mein Vermögen selbst, lieber Erasmus. Die Testamente sind
hinfällig, es gibt kein Sterben mehr", entgegnete die Tante und Erasmus wankte
wie betrunken heim."
Dann gibt es da noch diese Episode, und mit ihr schließt der Artikel:
„Am nächsten Tag besuchte er seine Braut, erzählte
ihren Eltern den wahren Sachverhalt, schilderte seine schreckliche Lage und
bat, ihm sein Wort bezüglich der Verlobung zurückzunehmen. Der Schwiegervater
verweigerte es.
Nun bat ihn Pechmondl, daß er ihm in irgendeiner Weise helfen möge. Da
entgegnete jener, daß das ausgeschlossen sei, weil er als Heizer des
Krematoriums seit gestern ebenfalls brotlos sei.
„Nehmen sie ruhig meine Tochter zur Frau" schloß er.
„Dann müssen wir ja verhungern", rief Pechmondl entsetzt.
„Ausgeschlossen, es gibt kein Sterben mehr!" ..."
Aus dem Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek gibt es die
Februar-Ausgabe 1925 der „Leuchtrakete" auch Online!
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dlr&datum=1925&pos=17&size=45
Man vergleiche dort besonders die untere Häfte der fraglichen Seite aus jenem
Heft.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/annoshow-plus?call=dlr|1925|0052|00000012||jpg||45|
Laut Wikipedia sind alle erschienenen Ausgaben jener Zeitschrift
digitalisiert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Leuchtrakete