"Die Geistlichen sollten, anstatt immer über das Trinken zu predigen, ihre Zeit lieber dazu verwenden, die Leute zu lehren, was sie zu essen haben, denn wenn sie sich über diesen Punkt richtig informieren würden, würden sie vielleicht ihre Gier nach Alkohol verlieren."
Das ist ein ganz guter Gedanke, da fände doch die Geistlichkeit auch noch eine nützliche Beschäftigung."
So so, mag man dazu nur einstweilen sagen.
Jetzt erwischte das „Goldene Zeitalter" offenbar der „Fluch der guten Tat".
Mit anderen Worten, es hielt es für angemessen die eigenen Empfehlungen auch
in die Praxis umzusetzen.
Was dabei herauskam, sei doch mal etwas näher kommentiert:
Dr. „Eisenbart" - Pardon, so nannte er sich ja wohl nicht selbst so. Also
beschränken wir uns ersatzweise auf den Namen „Dr. Namenlos".
Besagter „Dr. Namenlos" hielt wieder einmal eine seiner heiß begehrten
Lehrstunden ab.
„Heiß begehrt" dann aber wohl nur von der Klientel, für die das „Goldene
Zeitalter" das „Leib- und Magenblatt" war.
„Leib- und Magenblatt", diese Bezeichnung erscheint mir so unpassend nicht zu
sein; denn besagter „Dr. Namenlos" geht in der Tat „gnadenlos" mit Leib und
Magen zu Gericht. Das ganze ist dann „bewunderbar" in der Schweizer Ausgabe
des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 11. 1929 (Magdeburger Ausgabe schon am 1. 10.
1929).
Tja und was wusste „Dr. Namenlos" diesmal so „Revolutionierendes" mitzuteilen?
Nun man kann es ja auch heute noch beobachten. Es gibt „dünne" und es gibt
„dicke" Menschen. Nicht selten registriert man auch noch. So mancher der
„Dicken" ist eigentlich nicht so recht zufrieden mit seinem Schicksal. Und
siehe da, sieht man sich weiter um, gibt es sogar diverse Anbieter
vermeintlicher „Wundermittel", welcher dieser Klientel „Abhilfe" versprechen,
gegen kostenpflichtige Nutzung ihrer „Wundermittel" versteht sich.
Die Problemlage ist wohl nicht erst seit heute existent. Schon „Dr. Namenlos"
hat sie offenbar mit umgetrieben. Nun kann man letzterem nicht unbedingt
unterstellen, da kostenpflichtige „Wundermittel" angepriesen zu haben. Aber
seinen Wunsch, eine gläubig-staunende Leserschaft für seine „revolutionären"
Erkenntnisse zu bekommen. Diesen Wunsch erfüllte ihm das „Goldene Zeitalter"
in der Tat. Und selbiges wollte ja zu der Zeit, eine sich in die
Hunderttausende bemessende Leserschaft schon gehabt haben.
Vielleicht war das gar nicht mal so unberechtigte Kalkül dieses „Dr.
Namenlos".
Gläubige Jünger, die da von seinen Thesen angetan, werden sicherlich weitere
Mundpropaganda dafür betreiben. Und infolge selbiger wird es vielleicht auch
einige in seiner Heilpraktiker-Praxis verschlagen, wo er sie dann so recht -
diesmal dann aber kostenpflichtig - „verarzten" kann.
Es fällt schwer sich mit dem von „Dr. Namenlos" ausgeführten im Detail
auseinanderzusetzen.
Man ist geneigt sich dabei auf die Linie zurückzuziehen:
Es kann so oder auch anders sein.
Aber das ist ja die eigentliche Kunst der „Dr. Eisenbarts" dass sie ihre
gläubige Klientel zu betören wissen. Dass die Gläubigen tatsächlich wähnen.
Jetzt haben wir „den" Wunderdoktor gefunden!
Und wenn sie denn am Ende seiner Kuren dann vielleicht mal Bilanz ziehen, dann
steht dort nicht selten die nüchterne Erkenntnis, die auch heute noch so
mancher Nutzer vermeintlicher „Wundermittel" zu ziehen hat. „Geholfen" hat es
im echtem Sinne eigentlich nur einem. In diesem Falle eben besagtem „Dr.
Namenlos".
Selbige „Hungerkünstler" wissen natürlich auch. Das Vorzeigen von
„Referenzobjekten" übt eine magische Wirkung auf die Gläubigen aus. Und so
bemühen sie sich in der Tat auch darum.
Also dass die Heilpraktikerszene psychologisch geschickt, sehr geschickt
agiert, wird man mit Sicherheit nicht bestreiten können.
Und der „abgehängten" Schulmedizin bleibt angesichts dessen, häufig nur noch
eines übrig. Am Bildungsstand der Menschheit zu verzweifeln.
Insbesondere dann, wenn diese Menschheit auf den Namen: Gläubige Leserschaft
des „Goldenen Zeitalters" hört.
Da ja nun schon soviel (vorstehend) Kritik an der Heilpraktikerszene geübt
wurde, muss als Ausgleich selbige auch die Chance zur Selbstdarstellung
bekommen. Und da mag es in diesem Fall so gehalten werden, einfach jenes
„Patentrezept", nunmehr kommentarlos vorzustellen, dass besagter „Dr.
Namenlos" der Klientel der „Dicken" zu offerieren wusste.
Sofern es denn „mündige" Leser gibt, können die sich dann ja ihren eigenen
Reim darauf machen. Und sei es auch nur der, dass sie nun in Scharen die
Praxis des „Dr. Namenlos" bevölkern.
Letzterer wusste via „Goldenes Zeitalter" mitzuteilen:
„Niemand gefallt es, übermäßig dick zu sein, und
sicherlich ist dies auch ein bedauernswerter Zustand. Trotzdem bleibt all den
korpulenten Leuten nichts weiter übrig als sich damit abzufinden, weil sie
ihre Fettleibigkeit als einen unvermeidlichen Zustand betrachten, für den es
keine Hilfe gibt. In den letzten Jahren ist über diesen Gegenstand viel
geschrieben worden, aber die Ratschläge, die erteilt wurden, haben sich
entweder als nicht zufriedenstellend oder als unklug erwiesen, weil offenbar
die meisten Autoritäten die Wurzel des Übels selbst nicht kennen.
Obwohl Fettleibigkeit nicht als Krankheit betrachtet wird, besonders nicht von
den Fettleibigen selbst, ist es doch tatsachlich eine Krankheit. Die übermäßig
dicke Person ist krank, wie gesund zu sein sie sich auch einbildet, und sie
hat nur wenig Aussichten, ein hohes Alter zu erreichen. Der Versuch, sich des
überflüssigen Fleisches und Fettes durch Hungern zu entledigen, ist reine
Torheit.
Es mag wohl ein zeitweiliger Erfolg zu verzeichnen sein, der aber nur eine
Schwächung des Körpers zur Folge hat und so die Wurzel des Übels nur
verschlimmert.
Es ist völlig nutzlos, eine Krankheit damit heilen zu wollen, daß man nur die
Symptome behandelt. Das Vermeiden von Speisen, die Kohlehydrate enthalten -
weil diese fettbildend sind -, kann einen langsamen Selbstmord bedeuten.
Wohl essen die meisten Menschen zuviel solcher Speisen, aber ein gewisser
Prozentsatz dieser Nahrungsbestandteile ist zur Erhaltung der Gesundheit
notwendig, auch bei Fettleibigen. Zweifellos kann Fettleibigkeit geheilt
werden, und zwar durch richtige Ernährungsweise, keineswegs aber durch bloßes
Vermeiden aller Kohlehydrate.
Die Ursache von Fettleibigkeit liegt zweifellos in einer Schwachheit der die
Nahrungs-Roh-Energie verfeinernden Organe des Körpers, der röhrenlosen Drüsen.
Die meisten Menschen meinen, daß die verdaute Nahrung, wenn sie in den
Blutkreislauf des Körpers aufgenommen wird, sofort und ohne weiteren Prozessen
unterworfen zu sein als Blut und Gewebe bildend im Körper verwendet werden
könne. Aber dem ist nicht so.
Die Nahrung ist durch den Verdauungsprozeß zuerst in Rohenergic verwandelt
worden, die von dem Blutkreislauf durch die röhrenlosen Drüsen getragen wird,
wo sie gewissen notwendigen Veränderungen unterworfen ist, ehe sie dem
Körpersystem für dessen Zwecke dienen kann. Bei Fettleibigkeit arbeiten diese
Drüsen nicht richtig und versagen beim richtigen Verfeinern und Verteilen
dieser Energie, was dann infolge ihrer unbrauchbaren Art zu Stauungen im
Körpersystem führt. Die Anhäufung überflüssigen Fettes ist die natürliche
Folge der Anstrengungen, die der Körper macht, den Einfluß dieser ungenügend
verfeinerten oder geläuterten Energie zu mindern und aufzuheben.
Wenn daher Fettleibigkeit geheilt werden soll, müssen unbedingt diese Drüsen
gekräftigt werden; und das geschieht, indem sie dadurch entlastet werden, daß
man gewisse Speisen und Getränke vermeidet.
Die Bekämpfung dieses Übels ist ganz nutzlos, solange man Kaffee und Tee
trinkt und Schweinefleisch und Fett genießt. Wer seine Fettleibigkeit
loswerden will, muß tatsächlich alles Tierfett meiden und statt dessen viel
frische Butter essen. Wem es nicht möglich ist, sich genügend Butter zu
leisten, der kann gute Pflanzenbutter essen. Die Kost sollte meist aus Gemüse
bestehen. Zur Abwechslung esse man Fisch, besonders Seefisch, auch kann man
einmal wöchentlich mageres Fleisch essen; doch je mehr man sich an Gemüsekost
hält, um so besser wird es sein. Milch und Eier können genossen werden, aber
wir empfehlen Buttermilch statt süßer Milch, wenn diese frisch und gut
erhältlich ist.
Weißes Brot sollte vermieden werden, und natürlich auch weißer Zucker. Zucker
ist zur Erhaltung der Gesundheit notwendig, und fettleibige Leute brauchen ihn
geradesogut wie andre, aber natürlich sollte man nur Rohzucker verwenden, da
dem raffinierten Zucker fast alle wertvollen Nahrungsbestandteile genommen
sind. Von Rohzucker wird man auch selten zuviel essen.
Vor allen Dingen sollten Fettleibige viel rohe
Gemüse und säuerliche Früchte genießen, sie bilden einen wichtigen Bestandteil
der fettreduzierenden Diät
Natürlich kann man bei Befolgung dieser hier gegebenen Ratschläge nicht einen
sofortigen oder auch nur sehr schnellen Erfolg erwarten. Die Kräftigung dieser
schwachen Drüsen erfordert Zeit, und erst muß dieses Übel behoben sein, ehe
man eine merkliche Abnahme des Körpergewichts verzeichnen kann; doch kann man
diese in sieben bis acht Monaten erwarten.
Außer Tee, Kaffee, Schweinefleisch und andrem Tierfett sind, wenn man die
Fettleibigkeit bekämpfen will, auch Tabak und Alkohol strengstens zu
vermeiden.
Doch ehe man versucht, Fettleibigkeit oder ein andres chronisches Leiden durch
eine Reform seiner Ernährungsweise zu heilen, konsultiere man einen tüchtigen
Spezialarzt für Rückenmarkleiden und lasse sich untersuchen, ob man nicht an
Rumpfnervendruck leidet.
Wo dies der Fall ist, wird eine besondere Diät nicht viel nützen, irgendein
Übel zu beheben. Leider sind verhältnismäßig wenig Menschen ganz frei von
Nervendepressionen. Ja, man kann sagen, daß dies wahrscheinlich von 70 Prozent
aller chronischen Leiden entweder die Ursache oder die Auswirkung ist."