Phrenologie
Bereits zu Russell's Zeiten ("Wachtturm" Mai 1910 S. 86) begegnete man
dem Stichwort "Phrenologie". Zwar nicht als "Evangelium" verkauft,
immerhin aber in einem nicht unbedingt total abwertendem Sinne
erwähnt.
Zum Stichwort "Phrenologie" (welches das "Goldene Zeitalter, Schweizer
Ausgabe vom 1. 10. 1924 mit "Schädellehre" übersetzt), kann man in die
"Wikipedia" etwa die Definition lesen:
"Pseudowissenschaftliche Lehre, die versucht, geistige Eigenschaften
und Zustände bestimmten, klar abgegrenzten Hirnarealen zuzuordnen.
Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen Schädel- und Gehirnform
einerseits und Charakter und Geistesgaben andererseits unterstellt.
... Diese Lehre wurde vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts im
Zusammenhang mit rassistischen Theorien, populär."
Dieser anrüchige Hintergrund hinderte das GZ indes nicht, seinerseits
dieses Thema aufzunehmen. Als Quelle diesbezüglicher Ausführungen wird
eine Schrift mit dem Titel "Menschengeist und Charakter" angegeben von
einem gewissen E. Peters.
Weder der Katalog der Deutschen Bücherei noch irgendeiner anderen
wissenschaftlichen Bibliothek indes, weist diese Schrift nach. Man
könnte allenfalls zu Gunsten des GZ unterstellen. Einer
Zeitschrift entnommen, denn Zeitschriftenaufsätze, werden im Prinzip
nicht detailliert nachgewiesen. Aber die Angaben welche Zeitschrift es
denn sein könnte, fehlt auch im GZ.
Nun sollen diese Äußerlichkeiten nicht so sehr im Vordergrund stehen.
Inhaltlich meint das GZ unter anderem:
"Als besonders geeignetes Beispiel bringen wir hier den bekannten
Christuskopf. Die wundervoll reine und klare Linie des hochgewölbten
Mittelhauptes zeigt höchste Vollkommenheit der erwähnten
Eigenschaften. Alles ist hier, Fühlen, Ahnen, Liebe, Reinheit und
kindliche Anbetung. Das große, offene und reine Auge spricht von einer
reinen, sich anbetend neigenden Seele. Selbst wenn dieser Christuskopf
nicht der historische wäre, so bliebe doch erstaunlich, ie ein großer
Seelenkenner an diesem Kopfe in der edlen und ruhigen Wölbung des
Vorderhauptes, die selbstlose und grenzenlose Güte und Barmherzigkeit
und im Mittelhaupt die innige Gläubigkeit und tiefe Ergebenheit unter
eine außerweltliche Macht zeichnete, während im schwächeren
Hinterhaupt die Selbstlosigkeit wohnt.
Diese Stirnlinie ist in sich selber still und steigt wie in Andacht
zum Mittelhaupt empor. Sie ist von kindlicher Reinheit. Es ist keine
Grüblerstirn. Sie ist nicht von Zweifeln, von Problemen und inneren
Widersprüchen zerrissen. Nein - in ihr liegt der Friede und die
Gewißheit des Glaubens, die leuchtend und schön aus dem Grunde der
Seele erblüht, wie Seerosen still aus tiefen Wassern steigen. Diese
Stirn verkörpert die Reinheit einer hingebenden Gotteskindschaft. Was
dieser Mund spricht, ist nicht das Ergebnis der Logik der ,,exakten
Wissenschaft" oder des "methodischen Denkens", sondern es entsteht aus
tiefer Erkenntnis und ist ewige Wahrheit. Vergleicht diese Stirne mit
den zahlreich im Alltag vorkommenden niedrigen, gedrückten, faltig
verzerrten Stirnen, und ihr begreift den Unterschied zwischen
Niedrigkeit und Hoheit."
Und zur Illustration wird dann noch vom GZ der vermeintliche
"Christuskopf" abgebildet. Unerfindlich bleibt indes, woher denn das
GZ wissen will, so sah der "Christuskopf" aus?! Einen Quellenbeleg
dafür - man ahnt es schon - gibt es selbstredend nicht.
Angesichts der Anfälligkeit der frühen Bibelforscher, für allerlei
Formen der Quacksalberei, ist man allerdings darüber nun auch schon
nicht mehr verwundert.
Einer der ersten Hetzer auf deutschem Boden gegen die neu aufgekommene
Bibelforscherbewegung, war ein Schullehrer namens Karl Weinländer. Besagter Herr
zog es aber vor, seine Schrift "Ein Riesenverbrechen am deutschen Volke und die
ernsten Bibelforscher" (inhaltlich wie der Titel schon veranschaulicht, stark
Verschwörungstheoretisch orientiert) unter dem Pseudonym-Namen "Hans Lienhardt"
erscheinen zu lassen. (Er bediente sich noch einiger weiterer Pseudonym-Namen).
Im Jahre 1933 war ja nun für Herrn Weinländer - in Form des Hitlerregimes - das
"gelobte Land" angebrochen. Ergo hatte er es von da an, auch nicht mehr nötig,
sich hinter Pseudonymnamen zu verschanzen.
Eine "reife Leistung" des späten Weinländers ist unfraglich seine 1933 unter
seinem Klarnamen erschienene Schrift "Rassenkunde, Rassenpädagogik und
Rassenpolitik. Der naturgesetzliche Weg zu Deutschlands Aufstieg". Aus diesem
Elaborat seien mal ein paar Sätze zitiert, welche veranschaulichen, welche
"Geister" da das GZ (mit seinen Phrenologie-Thesen) auch rief. Nicht das seitens
des GZ man sich dessen bewußt war. Das ist wohl als ausgeschlossen anzunehmen.
Aber es verdient durchaus dokumentiert zu werden, wohin denn der Weg dieser
Rassejünger führte.
Weinländer schrieb in seinem genanntem Buch unter anderem:
"Schon vor 25 Jahren fiel mir die verschiedene Schädel-
und Körperbildung der gut und schlecht veranlagten Schüler auf. Ich bemerkte,
daß Schädel- und Körperbildung und Veranlagung in einem ganz bestimmten
Verhältnis zu einander stehen und daß man letztere im allgemeinen aus jener zu
erkennen vermag. Dies veranlaßte mich, Schüler zu photographieren, ihre
Schädelmaße festzustellen und ihre Schädeldurchschnitte zu zeichnen.
(S. 50).
"Nur die arische Rasse ist nach dem Gesetz des Goldenen
Schnittes gebaut." (S. 109).
"Die germanische Rasse ist daher zu militärischen
Marschleistungen mehr geeignet, als die niederen Rassen. Der Germane ist
buchstäblich der geborene Soldat. Die militärische Überlegenheit des Deutschen
im Weltkrieg 1914/18 beruhte zum nicht geringen Teil auf den oben geschilderten
anatomischen und physiologischen Körperverhältnissen, "auf den stärkeren
Beinen." (S. 130)
"Die Blutprobe ergibt, daß Neger und Mongolen den
höheren Affenarten viel näher stehen als den Germanen." (S. 133)
Spätestens bei den von Weinländer mit skizzierten vermeintlichen militärischen
Aspekten, dürfte wohl auch das "Goldene Zeitalter" nicht mehr mitziehen wollen.
Das ist auch klar, und unbestritten.
Als "Pikant" wäre noch ein anderer früher Bibelforscher-Gegner in diesem Kontext
zu bezeichnen. Und zwar der Herr Herbert von Bomsdorff-Bergen. Der ist
insbesondere durch seine unter dem Pseudonym "Christian Kreuz" publizierten
Angriffe zum Finanzgebaren der frühen Bibelforscher, in die Geschichte
eingegangen. Bomsdorff war es, der wie kein zweiter, die These ventilierte, die
Bibelforscher würden von den Freimaurern "bezuschusst".
Wie es sich für einen Adligen "gehört", standen ihm vielerlei
Publikationsmöglichkeiten, zu den unterschiedlichsten Themen offen. So
interessierte er sich offenbar auch für das Thema "Karl May". Was also
näherliegend, als diesbezügliche Aufsätze in einem vorhandenen "Karl May
Jahrbuch" zu publizieren.
Gesagt, getan, unter anderem in dessen 15. Jg. 1932.
Dort wusste sich Herr Bomsdorff über "Karl May, der Mensch und Künstler" zu
verbreiten. Die Besonderheit seiner Ausführungen zeigt sich in einer
redaktionellen Anmerkung in der zu lesen ist (S. 440, Fußnote):
"Unterbreiten wir den Lesern hier das Urteil eines
Psychophysiognomikers über Karl Mays Charakter, wie er sich nach der Erkenntniss
dieser Wissenschaft aus Gesichtsform, Schädelbau usw. des Dichters ergibt."
Das waren also die Geister, welche auch das GZ im Begriffe stand sie zu rufen!
Das alles erklärt sich, unfraglich, aus der Anfälligkeit des GZ für allerlei
Quacksalbereien.
Im weiteren Sinne gehört auch die 666-Theorie dazu.
Diese mystische Zahl hat ja schon von jeher vielerlei Quacksalber inspiriert.
Besonders hervorgetreten dabei auch die Interpretation, welche die Adventisten
dieser Zahl angedeihen ließen. Sehe ich es richtig, übernahm Russell auch
anfänglich die adventistische Interpretation der Zahl 666.
(Siehe Schriftstudien"
Band 7 (Ausgabe 1925) S. 288
Offenbar hielt man jetzt die Zeit für gekommen, sich von dieser adventistischen
Interpretation allmählich abzusetzen. Diesem Umstand kann man in der genannten
Ausgabe des Schweizer GZ begegnen, wo in der Form einer Fragenbeantwortung zu
lesen ist:
"Die Zahl 666 scheint, statt sich auf ein einzelnes
Individuum zu beziehen, auf die große Vereinigung der kirchlichen, politischen
und finanziellen Elemente der Erde mit ihren Hilfsquellen hinzuweisen- So wird
diese gewaltige Vereinigung der Ausdruck einer wirklichen Gewaltherrschaft auf
Erden werden, die einen ausgesprochenen "tierischen" Charakter hat. Manche
Erforscher der Heiligen Schrift glauben, daß diese Zahl sich auf den römischen
Pontifex beziehe. Wir geben nebenstehend auch eine Darlegung dieser Erklärung.
(Redaktionelle Einfügung. Griechische Buchstaben werden hier bei der Zitierung
nicht nachgewiesen)
Im Griechischen ist die Zahl 600 durch den griechisch Buchstaben ... dargestellt
und die Zahl 60 durch den griechischen Buchstaben ... und ... durch den
griechischen Buchstaben ... Die nebenstehend aufgeführte Erklärung entnehmen wir
dem Werk betitelt "Die Reformation", das im Jahre 1832 veröffentlicht wurde!"
Und dann zitierte man noch mal dass, was bereits auf der genannten Seite des
Bandes 7 zu lesen war. Unter anderem eben auch der Satz:
"Auf der Tiara (der dreifachen Papstkrone) befindet
sich die Aufschrift ; VICARIUS FILII DEI, d. h. Stellvertreter des Sohnes
Gottes. Wenn wir nun, wie nebenstehend gezeigt, für jeden Buchstaben dieser
Worte den entsprechenden Zahlenwert aussetzen, so erhalten wir bei
der Addition der Zahlen die Zahl 666."
Noch heute hallt bei den Zeugen Jehovas, soweit sie
sich denn auch mit geschichtlichen Fragen intensiver beschäftigen
(was bei der Mehrheit von ihnen eher wohl weniger der Fall ist).
Noch heute hallt bei der genannten Minderheit die Erschütterung über
den Dr. Robert Ritter in der Nazizeit nach.
Selbiger berüchtigt durch die Erstellung seiner Rassegutachten, die
namentlich für die Sinti und Roma buchstäblich tödliche Folgen hatten.
Selbiger hatte, wie es Hesse mal sinngemäß formulierte, nach
Vollbringung seiner Zuträgerdienste für genannte Mordaktionen,
sozusagen eine "Durststrecke". Er war auf der Suche nach neuen
Mordopfern via seiner Pseudowissenschaft. Und da kam ihm der nicht
unerwartete Gedanke. Das was er bei Sinti und Roma schon mittels
seiner Rassegutachten praktiziert (mit den daraus abgeleiteten
tödlichen Folgen für die Opfer). Selber machte sich dieser
"saubere" Herr ja nicht die Finger schmutzig dabei. Das überlies er in
Arbeitsteilung den KZ-Schergen. Aber die notwendige
Schreibtischtäter-Arbeit dafür. Genau, die lieferte er.
Nun auf der Suche nach neuen Opfern, zur Ausfüllung seiner
"Durststrecke", entdeckte er auch die Zeugen Jehovas, die er denn auch
noch mit seinen berüchtigten Rassegutachten zu "beglücken" dachte.
Da sich das alles schon zum Ende des zweiten Weltkrieges abspielte,
und da just zu dieser Zeit auch ein Heinrich Himmler die "unerhört
positiven" Eigenschaften der Zeugen Jehovas entdeckt hatte, wurde aus
den Ritter'schen Plänen nichts konkretes mehr. Denn in der
Nazihierarchie stand Ritter unfraglich unter Himmler.
Ritter war zwar ein übles Subjekt, konnte aber sein Wirken auch nur
im Auftrag und mit Billigung anderer durchführen. Einen solchen
Auftrag in Sachen Zeugen Jehovas bekam er indes nicht mehr. Ritter's
Pläne blieben somit unrealisierte "Sandkastenspiele".
Nun ist Himmler und Konsorten eindeutig der Kategorie der Schergen
zuzuordnen. In früheren Jahrhunderten wäre der gleiche Mann wohl
auch als buchstäblicher Henker geeignet gewesen. Ritter hingegen
wollte von seinem Habitus her "Wissenschaftler" sein. Alles war er
tat, verkaufte er als "Wissenschaft". Die da an den
SS-Selektionsrampen standen, waren nur Ausführungsorgane. Ritter
hingegen lieferte ihnen das "Rüstzeug", so fragwürdig wie es auch
immer war. Das also als grundsätzliche Vorbemerkung.
Der "Wissenschaftler" Ritter indes baute auch auf Theorien mit auf,
die andere vor ihm bereits entwickelt hatten. Gibt man etwa in der
Wikipedia den Suchbegriff "Phrenologie" ein; so ist das auch eine
jener Theorien, die mit zum Rüstzeug des "Wissenschaftlers" Ritter
gehörten.
In genannten Wikipedia-Artikel liest man unter anderem:
"Die Phrenologie
... ist eine zu Beginn des 19. Jahrhunderts von dem Arzt Franz Josef
Gall (1758 - 1828) begründete pseudowissenschaftliche Lehre, die
versucht, geistige Eigenschaften und Zustände bestimmten, klar
abgegrenzten Hirnrealen zuzuordnen. Dabei wurde ein Zusammenhang
zwischen Schädel- und Gehirnform einerseits und Charakter und
Geistesgaben andererseits unterstellt."
Nun konnte der genannte Arzt Gall nicht wissen, was denn aus seiner
Theorie dereinst noch mal alles so werden würde. Namentlich konnte
er auch nicht wissen, dass er in der Nazizeit nochmals einen Jünger
namens Dr. Robert Ritter haben würde, der es zu besonderen
Weiterentwicklungen seiner Theorie brachte. Das ist sicherlich
einzuräumen. Aber es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie zu
registrieren, dass auch die Bibelforscher, in ihrer nahezu klassischen
Anfälligkeit für allerlei pseudowissenschaftliches, eben auch in den
Zug Phrenologie mit eingestiegen sind. Natürlich konnten sie
ebensowenig, wie der genannte Arzt Gall wissen, dass es da in der
Nazizeit einen auch zu benennenden Dr. Robert Ritter geben würde. Dies
eingeräumt, ändert nichts an der Tatsache aufzuzeigen, wohin denn die
Reise letztendlich ging!
In der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 1. 1925,
(Ausgabe Magdeburg vom 1. 4. 1925) veröffentlichte selbiges
einen Artikel über die Phrenologie. Selbige in einen größeren der
WTG-gemäßen Rahmen zwar eingeordnet. Aber in der Substanz nicht zu
übersehen.
Dieser Artikel sei im nachfolgenden - kommentarlos - vorgestellt:
Psychologie gegen
Unterbewusstsein und Unsterblichkeit
Der Okkultismus ist nicht nur tief in die Dramatik und die Poesie
eingedrungen, sondern in die gesamte heutige Literatur, der er einen
bestimmten Zug aufgeprägt hat. Wir sahen einmal ein Bild, unter dem
die Worte standen: "Woher alles kommt". Dieses Bild zeigte Satan an
einer Schreibmaschine, deren Tasten den Intellekt der verschiedenen
Volkserzieher darstellten. Wir können versichert sein, daß auch die
zahlreichen psychologischen Bewegungen unserer Tage hiervon keine
Ausnahme machen.
Weil man heute soviel von einem Unterbewußtsein sprechen hört, sogar
von Bibelkundigen, so möchten wir durch folgende Ausführungen zeigen,
wie diese okkulte Theorie durch die vernunftgemäßen Gesetze der
Phrenologie (Schädellehre), durch das, was wir heute über das
Nervensystem, das Blut und das Gehirn wissen, und durch die
Psychologie vollständig widerlegt wird.
In der amerikanischen Fachzeitschrift "Human Culture" (die Kultur des
Menschen) lesen wir:
Alle geistigen Fähigkeiten
haben ihren Sitz in der Gehirnrinde. Da liegt z. B. in der Mitte des
Hauptes der Sinn für Schönheit, Kunst, Idealismus, die Fähigkeit des
Menschen, sich emporzuheben und zu bessern. Hinter der Stirn liegen
die Organe für Bildung, Wissenschaft, logisches Denken, Erfinden etc.
Seitlich liegen die Organe für Gelderwerb, Ernährung, Fortpflanzung,
Selbsterhaltung etc. Und im Scheitelpunkt des Kopfes liegt der Sinn
für Religion, Gottesverehrung und die Fähigkeit des Glaubens, des
Erfassens abstrakter, geistiger Dinge.
Unter all diesen Fähigkeiten ist nicht eine, die Leben abzugeben oder
zu übertragen vermöchte oder Nahrung für Gehirn, Gedanken, Bewegungen
oder irgendwelche seelische Betätigung herstellen könnte. Was die
Erhaltung des Lebens und der Gesundheit anbelangt, so haben das Gehirn
und die geistigen Fähigkeiten nichts damit zu tun, sondern nur die
Gehirnzentren, die unter diesem liegen, deren wichtigste das
Kleingehirn und das verlängerte Rückenmark sind. Das Rückenmark ist
das Verteilungsorgan. Es hat die Aufgabe, die Nahrung auf alle Teile
des Körpers zu verteilen oder zu übertragen. Diese Übertragung ist
zwiefältig. Anabolisch oder aufbauend und katabolisch oder
ausscheidend. In diesen beiden Vorgängen werden Leben und Tod
dargestellt. Durch den anabolischen Vorgang werden Nahrung und Leben
auf die Stellen übertragen, wo sie gebraucht werden. Durch die
katabolischen Vorgänge werden schlechte Stoffe, Unreinigkeiten und
fremde Bestandteile durch die Haut, die Lungen, die Därme, die Nieren
und andere Ausscheidungsorgane aus dem Körper ausgeschieden. Aus
diesem Grunde sind Gesundheit und Krankheit größtenteils vom
Rückenmark abhängig.
Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß das Rückenmark an sich
irgendwelchen Anteil am schöpferischen Vorgang des Lebens hätte. Es
ist einfach nur das Krafthaus. Das Kleinhirn ist das Laboratorium des
Lebens im biochemischen Sinne. Jeder Mensch mit einem stark
entwickelten Kleinhirn hat eine lange Lebensdauer. Langlebigkeit ist
die Folge eines gut entwickelten Kleinhirns und Rückenmarkes, Niemand
kann erwarten, lange zu leben und widerstandsfähig gegen Krankheiten
zu sein, der schwach in diesen Teilen des Gehirnes ist. Wenn diese
Gehirnzentren versagen, ist der Lebensfaden zu Ende.
Professor Dr. Babbitt schreibt;
Wenn man sagt,
daß der Geist, dessen Sitz das Gehirn ist, kein besonderes Organ zum
Denken, Überlegen und Empfinden braucht, so ist das ebenso, als ob wir
sagen wollten, daß wir ohne Beine gehen, ohne Augen sehen, ohne Ohren
hören könnten. Das ist der logische Schluß, zu dem unsere Männer der
exakten Wissenschaft kommen mußten.
Die Phrenologie
ist natürlich ein zu weites Gebiet der Wissenschaft, als daß man schon
in all ihre Tiefen und Einzelheiten eingedrungen sein könnte, aber
ihre Fundamentallehren müssen ewig wahr bleiben.
Ein anderer Gelehrter sagt;
"Man kann bei der
Zergliederung des Gehirnes keinen Geist finden, aber man kann auch
Geist nicht mit Materie vermengen, denn Geist ist keine Wesenheit an
sich, sondern eine Kraft, die durch die Tätigkeit der Nerven
entwickelt oder erzeugt wird. Sie wird durch lebende Zellen über die
Nerven auf Gewebe und Organe übertragen (d. h. es findet eine
Einwirkung auf die verschiedenen Fähigkeiten des Gehirnes durch die
Nervenzellen statt.)
Dr. W. Burgess
schreibt in "The New Field Science"!
"Die Nervenenden haben die
Form von Schlangenköpfen und bestehen wie das Gehirn aus weißer und
grauer Materie. Sie scheinen Selbstbewußtsein zu haben und eine Art
Denkfähigkeit betreffs der Selbsterhaltung. Wie das Gehirn, so
bedürfen auch sie des Blutes, um ihre Funktionen ausüben zu können.
Darum behaupten wir; ,,Das Leben ist im Blute" und die Nerven und das
Gehirn sind die Organe, durch die das Leben und die Empfindungen zum
Ausdruck gebracht werden. Aber das Blut ist nicht das Leben; denn wenn
es von den Nerven getrennt wird, ist keinerlei Leben in ihm."
Professor Dr. Hausmann schreibt in
einem sehr anschaulichen Artikel: "Wie wir denken" folgendes:
Eine der
interessantesten und bezeichnendsten Offenbarungen, die die letzten
Forschungen über den Bau des menschlichen Gehirnes zu Tage gefördert
haben, ist, daß es eine außerordentlich innige Verbindung zwischen dem
Bau jenes Organes und den geistigen Fähigkeiten des Denkens,
Empfindens, etc. gibt. Es steht heute fest, daß alle geistigen
Vorgänge auf Grund des Baues und der Tätigkeit des Gehirnes zu
erklären sind. Alles Denken, Empfinden, Merken, Erinnern, Urteilen,
Überlegen, kurz alle die verschiedenen Betätigungen des menschlichen
Geistes sind an die Tätigkeit des Gehirnes gebunden. Viel Licht über
die Beziehungen der pyramidalen Neuronen erhielt man durch die
Untersuchung des Gehirnes von Schwachsinnigen und Idioten, wo man
fand, daß Wechselwirkungen und Verbindungen von Gedanken, Erinnerungen
und Gefühlen nicht möglich waren, wo keine physischen Verbindungen
zwischen den pyramidalen Neuronen und den Nervensträngen bestand.
Letztere können mit elektrischen Drähten verglichen werden, die das
Gehirn mit der Außenwelt verbinden und umgekehrt."
Eine Folge der
wunderbaren Entdeckungen, die auf sämtlichen Gebieten der
physikalischen Wissenschaft während des neunzehnten Jahrhunderts
gemacht wurden, war, daß man über geistige Dinge vollständig
materialistisch und daher skeptisch denken lernte. Der deutsche
Professor Wundt, der englische Prof. Carpenter und die amerikanischen
Professoren James und Ladd haben durch ihre Forschungen die alte,
traditionelle Lehre, daß alles geistige Leben einfach der Ausdruck der
verschiedenen Kräfte eines unzerstörbaren, ewigen Prinzipes im
Menschen, genannt Seele, ist, vollständig umgestoßen. Diese Gelehrten
haben durch eine experimentelle Untersuchungsmethode in sorgfältiger
Weise eine neue Psychologie ausgearbeitet, die in untrüglicher Weise
in der Erkenntnis wurzelt, die man über das Zellgewebe des Gehirnes
und andere Teile des Nervensystemes gewann. Sie haben unwiderlegliche
Beweise dafür erbracht, daß alle geistigen Erscheinungen Kundgebungen
der Nerven- oder Gehirnkräfte sind und daß es darum ohne Gehirn weder
Verstand noch Bewußtsein geben kann. Darum wird die neue Psychologie
mit Recht physiologische Phylosophie genannt.
So kann Psychologie nicht mehr vom Standpunkte nebelhaften
Neuplatonismusses aus studiert werden, sondern von einem
unverrückbaren Felsen wissenschaftlicher Beweise. Die wichtigen
Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung haben der
Unsterblichkeitslehre einen unwiderruflichen Stoß versetzt. Das Dogma
von der unsterblichen Seele ist mit der wahren Psychologie, die durch
weitere Forschungen immer mehr bestätigt wird, gänzlich unvereinbar.
Man vergleiche folgende Stelle aus den Schriften des berühmten
amerikanischen Gelehrten John Tiske:
"Verletzungen des
Nervensystems bewirken Stockungen entweder in der geistigen Tätigkeit
selbst oder in der Herrschaft, die diese über die Funktionen ausüben
Entweder zeigt sich eine geistige Verwirrung oder Bewußtlosigkeit oder
Muskellähmung. Von dem Augenblick an, wo der Tod eintritt, wo der
Blutstrom aufhört, durch die Blutgefäße zu kreisen, hören alle Zeichen
des Bewußtseins für den Beobachter auf, und welchen Grund sollten wir
zu der Annahme haben, daß das Bewußtsein weiterlebt, nachdem sich das
Nervensystem in seine Elemente aufgelöst hat? Könnten wir nicht
ebensogut behaupten, daß die Nässe des Wassers weiter besteht, nachdem
es in seine Bestandteile, Sauerstoff und Wasserstoff, aufgelöst ist?
So weit unser irdisches Wissen reicht, können wir auf solch eine Frage
nur eine Antwort finden. Wir haben keine Erfahrung, die uns dazu
berechtigen könnte zu denken, daß das Bewußtsein ohne ein Nervensystem
bestehen könnte, ebensowenig wie Wasser in einer Welt ohne Sauerstoff
und Wasserstoff bestehen könnte.
Wie kommt es nun, daß angesichts solcher
wissenschaftlicher Forschungsergebnisse ,,Wissenschaftler" sich dem
Okkultismus zuwenden und das Gegenteil von dem lehren, was uns die
natürlichen Wissenschaften, Psychologie und Phrenologie sagen, und die
damit zugleich das Wort Gottes mißachten, die unwiderlegliche
Wissenschaft der Bibel, indem sie sich bemühen, sichtbare Beweise für
die heidnische Lehre von der Unsterblichkeit der Seele zu lehren?
"Die Weisen werden beschämt, bestürzt und gefangen werden; siehe, das
Wort Jehovas haben sie verschmäht, und welcherlei Weisheit haben sie?"
(Jeremia 8 : 9) Und ,,Satan hat den Sinn der Ungläubigen verblendet."
- 2. Korinther 4 : 4.
Die Entdeckungen, die in neuerer Zeit in den großen psychologischen
Laboratorien der Welt gemacht worden sind, sind von allergrößtem
Interesse. Die führenden Psychologen versichern uns heute, daß der
einzige Unterschied zwischen dem Geiste der Tiere und dem Geiste des
Menschen der des Grades ist, das heißt, der Geist oder der Verstand
des Menschen ist von der gleichen Art, wie dar des Tieres, nur viel
stärker und ausgeprägter und vielseitiger. Moralische und religiöse
Fähigkeiten im Verein mit Auffassungs- und Urteilsvermögen verleihen
ihm einen viel weiteren Gesichtskreis. Fortgesetzte sorgfältige
Untersuchungen haben ergeben, daß auch die niederen Tierarten einen
Verstand haben, der nur durch Grade von dem des Menschen verschieden
ist.
Alle organischen Wesen sind nichts weiter als Anhäufungen von Zellen,
Stätten einzelner Lebewesen. Wir wissen bis heute noch nicht, was
Leben ist, aber jede Zelle ist ein Zentrum oder eine Quelle des
Lebens. Die Ganglien sind Knoten oder Ansammlungen von Zellen in
kleineren Gemeinschaften, und verschiedene Zusammenstellungen ein und
derselben Art von Zellen können verschiedene geistige Fähigkeiten
hervorrufen, denn aus verschiedenartigen Verbindungen von
gleichartigen Atomen (es gibt deren nur - eine Art) entstehen alle
Phasen, die uns durch die Chemie und das Spektroskop enthüllt sind.
Das Universum bestellt aus unendlich verschiedenen Zusammensetzungen
von Lebenskörperchen. Und nach den letzten Analysen von Verstand und
Gehirn scheint die Verschiedenartigkeit des Denkens durch
Verschiedenartigkeit der Anhäufung einer Art von Gehirnzellen in den
Ganglien verursacht zu werden. So erkennt man den Verstand jetzt als
ein Erzeugnis der Gehirntätigkeit, d. h. als eine Folge oder ein
Ergebnis derselben. Mäuse, Vögel und Insekten zeigen einen Grad von
Verstand. Die Tiere lernen durch Erfahrung und bewahren diese
Erfahrung für lange Zeit in ihrem Gedächtnis auf. Wir wissen heute
genau, daß Tiere gewisse Grade, manchmal sogar hohe Grade von Liebe,
Zuneigung, Verehrung, Schönheitsliebe, Dankbarkeit,
Gewissenhaftigkeit, Überlegung, Zerknirschung, Traurigkeit, Sorge,
Erbarmen, Mitleid und vieler anderer Eigenschaften besitzen, die man
für lange Zeit nur dem Menschen zugesprochen hat.
Mehrere Bücher, in denen tausende von
Fällen angeführt sind. sind über diesen Gegenstand veröffentlicht
worden. Auch die allerpeinlichste Untersuchung, die in den letzten
Jahren von sorgsamen und konservativen Psychologen gemacht worden ist.
hat im menschlichen Körper und Gehirn auch nicht eine Spur von dem
Dasein dessen gefunden, was man gewöhnlich die Seele nennt, noch
irgend etwas, was eine Ähnlichkeit damit haben könnte.
Blutzellen bilden Fleisch, Magenzellen verdauen und Gehirnzellen
entwickeln Verstand, Die Psychologen sind nicht imstande, irgend einen
Unterschied bei diesen drei Vorgängen zu finden, Die psychologische
Wissenschaft weiß bis heute nicht, was Geist ist, aber sie weiß, daß
Geist, was es auch sein mag, durch die Tätigkeit des Gehirnes und der
Nervenzellen verursacht oder hervorgerufen wird. Wenn diese Tätigkeit
aufhört, so hört auch jede Spur von Verstand oder Geist auf, ebenso
wie alles Aufbauen und Ausscheiden aufhört. Die Zellen, die den Sitz
des Verstandes im Gehirn bilden, sind viel verwickelter
zusammengesetzt als die, die den Sitz der Absonderung in den Nieren
bilden.
Die Absonderung des Verstandes oder Geistes ist viel verwickelter als
die Absonderung der Galle und der gastrischen Säfte, aber alle werden
durch das Werk der Zellen hervorgerufen.
Vorstehende Ausführungen scheinen zu beweisen, daß es überhaupt keine
Seele gibt. Wir wünschten dadurch mit dem allgemein vorherrschenden
Gedanken, daß der Mensch ein gewisses, geheimnisvolles, unzerstörbares
Etwas besitzt, was von seinem Organismus trennbar ist, aufzuräumen. Da
sich die wahre Wissenschaft heute vor dieser Tatsache nicht mehr
verschließen kann, werden die Menschen dahin kommen, zu erkennen, daß
das, was die Bibel von der Seele sagt, immer das Richtige gewesen ist.
Dagegen ist das, was die Kirche hierüber lehrt, seit Jahrhunderten
falsch gewesen und die "unsterbliche Seele" hat ihren Ursprung in
Satans erster Lüge; "Mitnichten werdet ihr sterben".
Das Wort Seele bedeutet fühlendes, empfindendes Wesen, ein Wesen, das
atmet und denkt, sei es Mensch oder Tier...."
Nun mag der Schwerpunkt vorstehender langatmiger Ausführungen in
der Tat beim Thema "unsterbliche Seele - oder nicht" liegen. Aber eben
zur Stützung der diesbezüglichen eigenen Position, bediente man sich
dabei auch der Phrenologie. Unterstrichen wird dieser Umstand
insbesondere noch durch eine beigefügte Zeichnung, die eben auf den
Prämissen der Phrenologie basiert.
Genau diese Zeichnung sollte dann noch eine
Presserechtliche sogenannte "Berichtigung" zur Folge haben. In der
Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 5. 1925 liest man
dazu:
"Auf
ausdrückliches Verlangen von Am. Kupfers Verlag für Carl Huters
psycho-physiognomische Werke erscheint nachfolgende Mitteilung an
unsere Leser.
In ... unserer Zeitschrift ... hatten wir einen
psycho-physiognomischen Studienkopf, entworfen und gezeichnet nach
eigenen Forschungen von Carl Huter, veröffentlicht.
Wir wollen nicht verfehlen, unsere Leser darauf aufmerksam zu machen,
daß dieser Studienkopf aus dem Haupt- und Lebenswerk Carl Huter,
Menschenkenntnis, eine neue Lebens- und Seelenausdruckskunde auf
wissenschaftlichen Grundlagen, 1904-1906, entnommen ist. Carl Huter
hat ein neues System der Welt- und Menschenkenntnis geschaffen und zu
den Endergebnissen seiner Forschungen gehört auch der erwähnte
Studienkopf. ... Herausgegeben werden die Originalwerke Carl Huters
von dem Verlag Am. Kupfer in Schwaig bei Nürnberg."
Die Berufung auf die Phrenologie war für die zeitgenössischen
Bibelforscher offenbar etwas Selbstverständliches. Das "Goldene
Zeitalter" (Ausgabe Bern vom 15. 3. 1926; Ausgabe Magdeburg 15. 4.
1926) brachte zum Beispiel den Text eines Radiovortrages, welcher
zuerst über die eigene Station WBBR ausgestrahlt wurde. In diesem "Wer
ist dein Gott?" überschriebenen Beitrag, findet man auch beiläufig
eingeflochten, eine Bezugnahme auf die Phrenologie. Das GZ meinte in
diesem Beitrag zu wissen:
"Es ist bekannt,
daß verschiedene Teile des menschlichen Gehirns verschiedene
Funktionen ausüben. Phrenologen haben eine Karte des menschlichen
Gehirns gezeichnet und in seine verschiedenen Teile die verschiedenen
Eigenschaften oder Fähigkeiten eingetragen. Unter diesen verschiedenen
Organen des Gehirns befindet sich auch das, was wir Gottesverehrung
nennen."