„für den einzelnen Zeugen Jehovas ein verheerender Druck (besteht). Er muss heucheln, um seine Unvollkommenheit zu überspielen. Er muss für sich und andere Ausreden parat haben um nicht ständig von Haus zu Haus gehen zu müssen. Ein schlechtes Gewissen ist die Folge. Je ernster ein Zeuge Jehova seine Religion nimmt, umso größer ist sein schlechtes Gewissen."
Und weiter:
„Da Geburtstage und Weihnachten, also
herkömmliche Familienfeste, nicht gefeiert werden, geht ein Zeuge aus der
„normalen" Gesellschaft heraus. Er hat als Umgang nur die Versammlung,
seine neue Familie heißt es. Sozial und emotional ist er von der
Versammlung abhängig. Damit ist er aber erpressbar, denn wenn er den
Anordnungen der Wachtturmgesellschaft nicht folge leistet, kann er aus
dieser Gemeinschaft ausgeschlossen werden."
Weiter vernimmt man von ihm den Satz:
„Ich selbst musste mich ein Jahr in
psychologischer Behandlung (Psychoanalyse) begeben. Das Fazit der
Psychologin war, dass mein Glaube mir diese Probleme bereitet. Würde ich
meinen Glauben aufgeben, würden meine Probleme beseitigt, da die Ursache
meiner Probleme mein schlechtes Gewissen ist."
Zu besagter Glaubensaufgabe konnte er indes sich nicht durchringen. Welchen
Kompromissweg er dann letztendlich einschlug, wurde bereits notiert.
Über einen Arbeitskollegen, gelangte auch dieser „Fisch" an die WTG-Angel.
Offenbar hatte die WTG mit ihm relativ leichtes Spiel. Ersichtlich auch daran,
dass die örtliche Zeugen Jehovas Versammlung, in die er nun zusehends
integriert wurde, sich in der Phase befand, von einem Mietsaal als
Versammlungsstätte zu einem eigenen Königreichssaalbau über zu gehen. Wie das
in WTG-Gefilden so abläuft, dürfte nicht unbekannt sein. Jedenfalls befand
sich alsbald der noch nicht getaufte Herr F ..., unter den dortigen billigen
Kostenlosarbeitern.
Auch diese Episode erwähnt er. Das ZJ keine Geburtstage feiern, hatte er
mittlerweile auch schon verinnerlicht. Der diesbezügliche Detailbericht geht
weiter mit der Angabe:
„Ich habe es meinen Vater, der gerade in
dieser Zeit seinen 60. Geburtstag hatte ausführlich anhand der Bibel
erklärt. Ich konnte, durfte und wollte an diesen Tag nicht mit ihm Feiern.
Leider hatten meine Eltern dafür gar kein Verständnis."
1969 wurde er dann als Zeuge getauft. Wie weit er im ZJ-Sinne bereits
indoktriniert war, macht auch seine eher lapidare Angabe deutlich:
„Das Jahr 1975 spielte zu dieser Zeit
für mich eine große Rolle. ... Für mich gab es nicht den geringsten
Zweifel, dass 1975 das Jahr der Erfüllung der biblischen Prophezeiung war.
Ein Arbeitskollege, ich hatte meine Arbeitsstelle gewechselt, fragte mich;
was machst Du, wenn 1975 nicht kommt? Ich horchte in mich rein; Ich kann
es mir beim besten Willen nicht vorstellen."
Dazu gibt es noch, jetzt etwas im Bericht vorgreifend, auch die Episode:
„In der Versammlung gab es einige Irritationen. Bruder F ..., der halbtags arbeitet, der viel von 1975 geredet hatte, kauft sich 1975 ein Haus. Meine Antwort war; erst 1976 muss ich das Haus bezahlen, sollte 1975 Harmagedon kommen, hat es sich ohnehin erledigt. Wenn nicht, (zu der Zeit konnte ich es mir nun doch vorstellen.) müssen wir auch danach weiterleben."
1973 sei er dann in der WTG-Organisation zum Ältesten avanciert.
Die ihm da vorgehaltene „Mohrrübe" (für den klassischen „Esel") wirkte auch
dergestalt, dass er weiter berichtet:
„Um noch mehr für meinen Gott zu tun,
regelte ich meine Arbeit so, dass ich nur noch 6 Std. am Tag arbeitete."
Jeden zweiten Monat habe er dann sogar Hilfspionierdienst für die WTG
absolviert.
Spätere Ernüchterungen sollten keinesfalls ausbleiben. Etwa die:
„Mir war, als wir in das neue Haus einzogen doch etwas die Lust für den Predigtdienst ausgegangen. Zwar versuchte ich auch weiterhin öfters den Hilfspionier zu machen, merkte aber, dass mir die Kraft dazu fehlte. Häufiger machte ich mir Gedanken über die Zukunft, Gedanken die ich vorher nie hatte. Auf Dauer konnte ich mit 2 Kindern und einer Frau, die nicht berufstätig war, nur einen halben Tag arbeiten."
Seine Phase sich als selbständiger Unternehmer zu engagieren, setzte etwa
ab 1978 ein. Anfänglich blieben Erfolge nicht aus. Er konnte in seinen
Betrieben, deren es letztendlich sogar zwei wurden, auch etliche Angestellte
beschäftigen. Welcher Art wohl? Der Kandidat hat hundert Punkte der da
schätzt. Eben aus dem Zeugen Jehovas-Milieu.
Wie dann die Phase begann, dass die Geschäfte nicht mehr ganz so glänzend
liefen, war er auch zu Entlassungen genötigt. Einer der von ihm Entlasssenen,
endete dann in der Folge im, Selbstmord. Auch das muß er berichten.
http://www.zeugen-jesu.de/Siebzehn%20Jahre%20ein%20Zeuge%20Jehova.html
Man vergleiche als relativen Kontrastbericht auch:
Geschichten „aus
dem Wienerwald"