Das Dynamit des Herrn Mäder
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. September 2011 01:06
Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
Das Dynamit des Herrn Mäder

Gleich drei Entgegnungsartikel in einer "Trost"-Ausgabe (15. 9. 1941) ist sie selbigem wert. Die Rede ist von einer 1941 erschienenen katholischen Kampfschrift, eines Prälaten Robert Mäder mit dem reißerischen Titel: "Dynamit unterm Schweizerhaus".

Einen Kommentar zu selbiger gibt es schon in
Gesandte

Sich an einer Rutherford-Broschüre ("Theokratische Gesandte") hochspulend, spart Herr Mäder nicht mit scharfen Formulierungen. Etwa der:

"Die Schrift ist mehr als eine Broschüre, sie ist eine religiöse Revolution. Eine geistige Brandstiftung zu einer Zeit, wo man nicht müde wird, uns andere zum Burgfrieden zu mahnen. Ein Attentat gegen den christlichen Gottesbegriff."

Er interpretiert also die katholische Auffassung des "Gottesbegriffes", als nicht hinterfragbares "Non plus ultra". Damit aber hatte er den Zeugen eine willkommene Gelegenheit geboten, zum "Gegenschlag" auszuholen. Und so findet man denn in "Trost" der genannten Ausgabe, auch umfängliche Salbadereien zum Thema "Trinität" oder Dreieinigkeitslehre.

Kaum ein ernst zunehmender Kritiker der WTG-Religion, wird in deren Literatur umfänglich referiert. Hier aber im Falle Mäder, ist das Gegenteil festzustellen. Ein solcher Paradigmawechsel findet aber auf WTG-Seite nur dann statt, wenn sie sich denn ihrer Sache wirklich sicher ist.

Herr Mäder wähnte wohl, einen scharfen Schuss getan zu haben. Offenbar ist es ihm aber wohl entgangen, dass dies letztendlich ein "Schuss in den eigenen Ofen" darstellt.

Seine Entrüstung bringt er dann auch mit solchen Sätzen zu Papier wie denn:

"Verschiedene Gegenden unserer Heimat werden gegenwärtig wieder bearbeitet von bibelforscherischem Schrifttum. Das harmlose Volk der Eidgenossen scheint die Sache allerdings im allgemeinen nicht tragisch zu nehmen. Und doch ist solches Schrifttum Dynamit unter dem Schweizerhaus. Ein Unterwühlen der Grundlagen unserer Eidgenossenschaft."

Er meint weiter sagen zu können, dies sei

"Eine antichristliche Offensive gegen unseren Erlöser. Ein Bekenntnis zu religiösem Anarchismus."

Und kraft seiner Wassersuppe meint er weiter sagen zu können:

"Die Grundlage des Christentums ist das Dogma von der heiligen Dreifaltigkeit."

Förmlich vor Kraftmeierei strotzt auch sein Satz:

"Wir lehnen den Bibelforscher ab, weil er mit dem offiziellen Judentum des Karfreitags die Gottessohnschaft Jesu ablehnt. Wir verlangen im Namen der Ehrlichkeit, daß die Bibelforscherei mit offenem Visier auf den Kampfplatz tritt. Als das, was sie ist, als maskiertes Judentum.
Und darum als Antichristentum."

Und solche Thesen im Jahre 1941 verkündet! Zu einer Zeit also, wo jeder Schweizer der wollte, auch sehen konnte, was sich zur gleichen Zeit im Nachbarland Hitlerdeutschland, namentlich die Juden betreffend, abspielte. Wer das aber offenbar nicht sehen wollte, war wohl der Herr Mäder.

Und angesichts solchen Gegners kann sich "Trost" genüsslich auf die Linie der Gegenargumentation zurückziehen, die da lautet:

"Wenn es schwarzen Gestalten möglich war, die Zeugen Jehovas als Bolschewiki und Sendlinge Moskaus zu Unrecht zu brandmarken, so muß es wohl auch gelingen, sie als Anarchisten darzustellen. Man muß nur schwarz genug auftragen. Etwas bleibt immer hängen! So entstellen Gegner die Botschaft ..."

Nun mag man sich ja vielleicht entschuldigend auf den Standpunkt stellen. Na ja, den Mäder kann und darf man wohl nicht so recht ernst nehmen.
So so, wäre die Antwort dazu.
Dann darf man das wohl auch nicht von seiner Kirche, der er angehört. Denn selbige versah seine Schrift mit der Imprimatur, der kirchlichen Druckerlaubnis!
Laut "Trost" vom 1. 10. 1941, hielt es auch die Zeitschrift "Das Neue Volk. Parteipolitisch unabhängiges Organ im Sinne der katholischen Aktion" für angemessen, diesen Mäder'schen Erguß auch im vollem Wortlaut abzudrucken.

Nochmals: Herr Mäder
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 31. Oktober 2011 00:11
In Ergänzung seiner Ausführungen in "Trost" vom 15. 9. 1941, kommt selbiges erneut in der Ausgabe vom 15. 10. 1941 auf den katholischen Prälaten Mäder und dessen Kampfschrift "Dynamit unterm Schweizerhaus" zu sprechen. Diese massive Gegenreaktion verdeutlicht aber zugleich auch, dass "Trost" sich in der Sache im "Oberwasser" befindlich wähnt.

Man vergleiche mal im Kontext dazu die Reaktionen (besser Nichtreaktionen) der Zeugen Jehovas zum Jonak'schen ZJ-Buch aus dem Jahre 1936 und da wird der gewaltige Unterschied, sofort deutlich. An Jonak traute sich die WTG nicht heran. Jedenfalls nicht in ernst zu nehmender Weise. Da zog sie es vor auf "Tauchstation" zu gehen. Wie so ganz anders im Falle Mäder!

Der Gesinnungsfreund des Herrn Mäder, der gleichfalls nicht unbekannte Herr Fritz Schlegel, bejubelte in seiner "Abwehr" vom Oktober/November 1928 die Tätigkeit des Herrn Mäder mit den Worten (und dieses Schlegel'sche Lob sagt ja mehr als ein langer Kommentar):

"Schildwache, Basel
Ihr Herausgeber ist H. H. Pfarrer Mäder. Sie hat eine felsenfeste, katholische Haltung. Leisetreterei ist ihr fremd. Sie ist ein Blatt der Ganzen und nimmt scharfe Stellung gegen die Anpassungsbestrebungen der katholischen Gesellschaft gegen den modernen Zeitgeist. Sie kämpft gegen Auswüchse des Sportes und der Mode. ..."

In der Ausgabe vom 15. 10. 1941 wirft "Trost" seinen Widerpart Mäder noch zusätzlich vor:

"Herr Prälat Mäder behauptet, daß die von den Zeugen Jehovas verbreitete Broschüre "Theokratische Gesandte" -

"eine religiöse Revolution ist, eine geistige Brandstiftung ..."

Wir könnten nun beweisen, daß seine "starke Anklage",

(wie er sie selbst nennt,) in Verleumdungen und jesuitischen Denunziationen besteht. Aber dies zu tun würde in einem gewöhnlichen Vortrag nicht allzu interessant wirken.

Scheiterhaufenpolitik
Herr Prälat Mäder ist aber unserer Öffentlichkeit schon gut bekannt als kampflustiger Scheiterhaufenpolitikverfechter. Bereits im Jahre 1929 schrieb er in dem katholischen Kirchenblatt "Glocke" vom 3. März 1929 unter dem Titel

"Besser der frühere Scheiterhaufen, als der jetzige Weltbrand" seine charakteristische Einstellung nieder:

"Das Mittelalter hat mit seinen Scheiterhaufen und Galgen die damalige Welt vor dem Untergang bewahren wollen und auch vielfach bewahrt. An ihrer Stelle haben wir die schrankenlose, geradezu verbrecherische Presse- und Redefreiheit. Wenn es gelingen würde, alle freigeistigen und zweideutigen Universitätsprofessoren, Künstler, Schriftsteller, Redakteure, Kinobesitzer, Modemacher und Verführer aller Art in den Staatsgefängnissen - auch bei guter Verpflegung - zu internieren, wäre es noch möglich, die Menschheit zu retten."

Und noch früher schrieb Herr Mäder, damals Pfarrer, in seinem Leitartikel der "Schildwache" Nr. 33, 1922/23:

"Jeder Katholik hat das Recht und die Pflicht, ein geistiger Brandstifter zu sein."

Und nun, nach 19 Jahren, klagt Herr Mäder, der inzwischen für seine Scheiterhaufen-Kampfeslust Prälat geworden zu sein scheint, die Zeugen Jehovas, von ihm "Bibelforscherei" genannt, als "geistige Brandstifter" an.
- Quod licet Jovi, non licet bovi, sagt der Lateiner, oder zu Deutsch:
Was dem Jupiter erlaubt ist, schickt sich für das Rindvieh nicht!

Vor 12 Jahren stürmte Herr Mäder gegen die Presse- und Redefreiheit und verlangte, daß alle freigeistigen und zweideutigen Universitätsprofessoren, Künstler, Schriftsteller usw. in Staatsgefängnissen interniert werden sollten. Das bedeutet praktisch:
Es muß alles unterbunden werden, was nicht mit der "Katholizität des Denkens" übereinstimmt. Und jetzt, nach Einführung der Zensur, sind Herr Prälat Mäder und seine Kollegen, Führer und Fahnenträger der Katholischen Aktion, nicht zufrieden mit der sehr beschränkten Presse- und Redefreiheit! Und wir würden uns nicht wundern, wenn Herr Prälat Mäder und andere Beamte des Hierarchiestaates in kurzem fordern würden, die Beamten des Armeestabes, die sich erlaubt haben, die Broschüre "Theokratische Gesandte" zum Druck und zur Verbreitung freizugeben,
"in Staatsgefängnissen - auch bei guter Verpflegung - zu internieren", weil sie

"die Katholizität des Denkens" noch nicht begreifen können, und demzufolge keine "Imprimatur" oder kein "Nihil obstat" verlangten."

Nochmals: Herr Mäder
„Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 4. 1943, ist bezüglich seines zeitgenössischen katholischen „Lieblingsfeindes" wieder einmal fündig geworden. Ehrensache für „Trost", dass es sich diese Chance dem dann ein „auszuwischen", nicht entgehen ließ. Lag doch „Trost" noch sein „Dynamit unterm Schweizerhaus", „schwer im Magen". Sah man sich doch darin selbst als verachtetes „Dynamit" dargestellt.
Nun also hatte „Trost" eine bereits 1917 erschienene Schrift dieses seines Gegners, entdeckt. Der „Trost"-Kommentar zu selbiger sei im Nachfolgenden noch kommentarlos vorgestellt. Nicht die Kritik an diesem katholischen Gegner kann hierbei der relevante Aspekt sein. Der relevante Aspekt besteht allenfalls in der Frage. Inwieweit ist denn nun „Trost" „besser"?

Sicherlich, vieles im Leben ist von Zeit und Umständen abhängig. So auch in diesem Fall. Und die Freiheitskämpfer von gestern, entpuppen sich nicht selten als die Diktatoren von Morgen, wenn sie denn die Chance dazu bekommen. Das gilt es auch dabei zu sehen. Genug des Kommentars. Nachstehend noch das, was „Trost" in der genannten Ausgabe ausführte:

„Intolerante Leute haben immer wieder unter allerlei Vorwänden einen Weg gesucht, des Herrn Gebot zu umgehen. Die Interessen ihrer "Kirche" lagen ihnen so sehr am Herzen, daß sie lieber in ihrem Eifer den Weizen mit ausrotteten, als Christi Anweisung, zu warten, befolgten.
Zu diesem Thema schreibt ein katholisches Büchlein ("Wenn Paulus wiederkäme . .." Gedanken über die katholische Sprache von R. Mäder, Pfarrer, 1917):

"Die Kirche soll die Erde zum Garten Gottes machen. Man kann nicht Gärtner sein, ohne das Recht, das Unkraut ausreißen zu dürfen.
Was jeder Lehrer, jeder Arzt, und jeder Gärtner darf, das darf auch die Kirche. Das war ihre Sorge von Anfang an, das ihr anvertraute Wahrheitsgut rein und unbefleckt zu bewahren. Kein Jota dazu, keins davon!

Nie kannte Rom das, was jetzt Achtung vor fremder Überzeugung genannt wird ...
Deswegen hat die Kirche, vom Recht der Zensur Gebrauch machend, die Bücher auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft und gegebenenfalls verboten. Sie hat im Index ein Verzeichnis der verbotenen Schriften zusammengestellt und das Lesen einiger derselben sogar mit der Exkommunikation bestraft."
(Seite 7 und 8)"

Dazu kommentiert „Trost":

„Dieser Auszug ist sehr gehaltreich. Kein Jota wollen sie dem Wort Gottes hinzufügen und keines wegnehmen. Aber das Gute, das sie wollten, taten sie nicht: Sie fügten eine umfangreiche Erblehre dem Wort Gottes hinzu, mehr als ein Jota! Und das Wort vom "zusammen wachsen lassen" haben sie nicht aus ihrer Bibel gestrichen, nur handeln sie nicht danach:
Das Böse, das sie nicht wollten, das tun sie. Und sie rühmen sich dessen!

Noch ein Abschnitt über Index und Zensur von R. Mäder:

"Wer folgerichtig denken kann, wird nun im Zeitalter der Militärzensur (1917) auch den kirchlichen Index verstehen. Jede Religion hat eine gute Literatur. d. h. eine solche, die ihren Grundsätzen en: spricht, und eine schlechte Literatur, d. h. eine solche, die ihren Lehren widerspricht und vor der sie ihre Anhänger warnt.
Jede Religion hat ihren Index, gedruckt oder ungedruckt, das ist gleichgültig. Jede handhabt die Kontrolle über ihre Gegner und verurteilt, was sie sagen und was sie schreiben. Es ist ihre Indexkongregition.
Das Indizierungsverfahren ist nicht nur katholisch, es ist international. Keine Religion, keine Philosophie, keine Partei, keine Regierung ohne Index.

Gut! Lassen wir Rom den Seinigen. Er ist älter. dünner, vernünftiger, gerechter als alle andern ..."
(Seite 9)

Hier darf man vielleicht beifügen, daß diesmal das Alter den Index nicht ehrenwerter oder vernünftiger macht. Das Verbot wissenschaftlicher Bücher, etwa Galileis, hat nichts mit Vernunft zu tun gehabt, auch nicht mit Gerechtigkeit. Auch ist ein Unterschied zwischen einer Warnung und einem Verbot. Obwohl es wahr ist, daß heute nicht nur die römische Kirche, sondern auch Regierungen gewisse Bücher verbieten, so ist doch jeder denkende Mensch überzeugt, daß man heute kaum ein Buch wegen seines Unwahrheitsgehaltes verbietet, sondern wegen den darin aufgedeckten Tatsachen. Unwahrheit könnte man widerlegen, Wahrheit kann man nicht widerlegen, sondern nur verbieten. Und mit Recht fürchtet die Finsternis, daß das Licht der Wahrheit manches offenbar machen könnte, was den Kindern der Finsternis nicht genehm ist. Wer einen Index nötig hat, beweist also nicht etwa sein gutes Gewissen!

R. Mäder ist anderer Meinung. Er schreibt:

"Das kirchliche Schriftwort leistet in Wirklichkeit mehr für den Fortschritt der Wissenschaft durch seine Warnungssignale als ganze Universitätsbibliotheken." (Seite 10)"

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