Annotationen zu den Zeugen Jehovas
"Kreide fressen - angesagt"
Kohlhofer und Noll
Zum Fall des österreichischen Rechtsanwaltes Dr. Reinhard K., seines Zeichens Zeuge Jehovas und zugleich Prozeßvertreter für sie, kommentierte die Webseite WTcleanup einmal:
"Klar, unter den Voraussetzungen, die der Ansprache zugrunde lagen, und in einem freundschaftlichen Kollektivismus auf dem Weg zum "gemeinsamen Ziel" mündeten (ein Zeuge Jehovas müßte jetzt "die Gänsehaut kommen") gab es :
keine Warnung vor der Vernichtung aller falschen Religionen in Harmagedon
Drei Jahre später wurde auf den Sommerkongressen das sogenannte "Jesaja-Buch" an die Gläubigen ausgegeben. Nach dem Untertitel auf Seite 317 dieses Buches "Israel sucht an einem falschen Ort Zuflucht" wird der erste Vers zitiert:
"Wehe denen, die nach Ägypten hinabziehen um Beistand, denen, die sich bloß auf Rosse verlassen und die ihr Vertrauen auf Kriegswagen setzen, weil sie zahlreich sind, und auf Reitpferde, weil sie sehr mächtig sind, die aber nicht auf den Heiligen Israels geschaut und Jehova selbst nicht gesucht haben" (Jesaja 31:1).
Im anschließenden Abschnitt 6 wird unter anderem folgendes erläutert:
"Aufgrund des Gesetzesbundes ist sowohl die Bevölkerung von Israel als auch die von Juda Jehova hingegeben (2. Mose 24:3-8; 1. Chronika 16:15-17). Dadurch, dass Israel bei Ägypten Hilfe sucht, lässt es erkennen, dass es nicht fest an Jehova glaubt und die Gesetze dieses heiligen Bundes missachtet. Wieso kann man das sagen? Weil der Bund unter anderem das Versprechen Jehovas enthält, sein Volk zu beschützen, wenn es ihm ausschließlich ergeben ist (3. Mose 26:3-8). ... Leider haben die Herrscher Israels keinen derartigen Glauben."
Zum Höhepunkt kommt das Buch nun im Abschnitt 7 auf Seite 318. Dort wird die Allegorese in einem unumstößlichen Grundsatz für einen treuen Christen - sprich: Zeugen Jehovas - aufgelöst:
"Christen können heute daraus eine Lehre ziehen. Israel suchte die sichtbare Unterstützung Ägyptens, statt mit der weit wirksameren Unterstützung Jehovas zu rechnen. Christen könnten heute ebenfalls versucht sein, hinsichtlich Sicherheit auf menschliche Einrichtungen und dergleichen zu vertrauen - Bankkonten, gesellschaftliche Stellung, Verbindungen in der Welt - statt auf Jehova."
Dieser Kommentar nahm auf das Auftreten K.'s auf einer Veranstaltung der Moonsekte (Vereinigungskirche) Bezug. Letztere veröffentlichte denn auf ihrer Österreichischen Webseite auch zugleich den Text des fraglichen K.-Referates, vom 25. 10. 1997. Das K. sich dabei als bewusster Lobbyistenvertreter verstand, macht schon sein Satz in diesem Referat deutlich:
"Ebenso aufgetreten sind viele private Gruppen und Institutionen, welche sich mit Einrichtungen großer etablierter Religionsgemeinschaften zu einer überaus mächtigen "Anti-Sekten-Bewegung" zusammengefunden haben. Der Einfluß dieser Bewegung, die für ihre Zwecke aufgewendeten Mittel, und nicht zuletzt auch die angewendeten Methoden, führt in fast allen europäischen Ländern zu öffentlichen Diskussionen, welche in verschiedene Versuche einzelner Staaten und Regierungen mündeten, solche neuen religiösen Bewegungen zu bekämpfen."
Eine ernstzunehmende Reflexion, weshalb der von ihm beschriebene Tatbestand besteht, sucht man in seinem Referat allerdings vergebens. Selbstkritik ist offenbar nicht "sein Bier".
"Wasser auf die Mühlen" von K. ist für ihn der dominante Status der katholischen Kirche in Österreich, den er in der Folge denn auch ausführlich referiert. Daraus abgeleitet besteht seine Forderung in dem Ruf nach Gleichbehandlung. Allerdings in dem Sinne, dass er ein gleiches Privilegienbündel für seine Klienten einfordert. Eine Gleichbehandlung unter dem Gesichtspunkt, ohne Privilegien, zieht er grundsätzlich nicht in Betracht.
Um es deutlich zu formulieren. K. stellt das Zweiklassenrecht als solches nicht prinzipiell in Frage. Ihm ist nur darum zu tun, dass seine von ihm vertretenen Klienten, analog der katholischen Kirche gleichermaßen privilegiert werden. Wer nicht zu seinen Klienten gehört, beispielsweise säkulare Kräfte, beispielsweise das auch in Österreich geschichtlich nachweisbare Freidenkertum, der möge nach K., auch weiterhin unprivilegiert bleiben.
Über ein ähnliches Auftreten K.'s im Jahre 2000 berichtet die Webseite der österreichischen Autorin El Awadala:
" 29.5.2000: Zeugen Jehovas im Juridicum
Heute fand ein "Symposium zum Thema Staatliche Warnungen vor `Sekten´ und Rechtsschutz" im Juridicum der Uni Wien statt. Als Veranstalter trat die Zeitschrift "Plattform Colloquium" auf. Auf den ersten Blick deutet nichts darauf hin, daß hinter der Veranstaltung die Zeugen Jehovas (ZJ) stehen, zumal honorige Referenten auf dem Podium saßen: der Verfassungsrechtler Heinz Mayer, der als links geltende Anwalt Alfred Noll (der die ZJ und die Norwegischen Brüder anwaltlich vertritt) und der französische Anwalt Alain Garay, laut Plakat "Sachverständiger der OSCE und des Europarats zu Menschenrechtsfragen". Friedrich Griess von der Gesellschaft gegen Sekten- und Kultgefahren trug als Teilnehmer an der Publikumsdiskussion allerdings vor, seine Recherchen haben ergeben, daß Garay sich "mißbräuchlich als Experte des Europarats" bezeichne und die Zeugen Jehovas vertrete. Garay wollte darüber nicht sprechen. In den Referaten war viel die Rede davon, daß die "sogenannten Sekten" des Rechtschutzes bedürfen; ihre Opfer blieben unerwähnt.
"Plattform Colloquium" wird von einem "Verein Colloquium - Gesellschaft zur Förderung zukunftsorientierter Wissenschaften" herausgegeben. Generalsekretär des Vereins ist Reinhard K., als Vertreter der ZJ auch schon bei der Mun-Sekte aufgetreten. Diese lud auf der Website von FOREF natürlich auch zu der Veranstaltung ein. Die einzelnen Artikel in jeder Nummer der Zeitschrift machen die Urheberschaft der ZJ deutlich. Zweck der Veranstaltung war es, staatliche Sektenaufklärung in Frage zu stellen und die Anerkennung als Religionsgesellschaft - wie es beispielsweise die katholische Kirche ist - einzufordern. Die Anregung aus dem Publikum, statt die "sog. Sekten" zu Religionsgesellschaften aufzuwerten diese auf den Rang von Bekenntnisgemeinschaften abzuwerten, stieß folglich auf eisiges Schweigen, auch die Juristen hatten dazu nichts zu sagen.
Ein weiterer Vorstoß K.'s und seiner ihm beauftragenden Klientel, datiert aus dem Jahre 2001. Auch er brachte nicht das vom Antragsteller gewünschte Resultat. In dem entsprechenden Gerichtsurteil vom 14. 03. 2001 konnte man lesen:
Verfassungsgerichtshof
Judenplatz 11, 1010 Wien
B 98/99 - 13
I M N A M E N D E R R E P U B L I K :
Der Verfassungsgerichtshof hat ...
in der Beschwerdesache ... der J e h o v a s Z e u g e n , alle
Gallgasse 44, 1134 Wien, alle vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Reinhard Kohlhofer, Fasangartengasse 35, 1130 Wien, gegen den
Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 1. Dezember 1998, Zl. 12.101/3-9c/98, in seiner
heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 144 B-VG zu Recht
erkannt:...
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht
noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in
ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
...
Soweit der belangten Behörde - sub titolo einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes - Willkür vorgeworfen wird,
ist die Beschwerde ebenfalls nicht im Recht: Sie meint nämlich,
daß die Behörde schon aufgrund der bereits viele Jahrzehnte währenden Tätigkeit der Zeugen Jehovas entscheiden hätte können, ob
die gesetzlich geforderten Anerkennungsvoraussetzungen vorliegen
und daß die Behörde insofern das Vorbringen im Antrag schlechthin
ignoriert hätte. Die Beschwerde verkennt dabei freilich, daß § 11
Abs. 1 Z 1 BekGG nicht bloß die Beobachtung des faktischen Verhaltens von religiösen Gemeinschaften genügen läßt, sondern an
die Möglichkeit der Beobachtung einer mit Rechtspersönlichkeit
ausgestatteten, bestimmten rechtlichen Pflichten und einer dementsprechenden Rechtsaufsicht unterliegenden Gemeinschaft anknüpft; gegen eine Vorschrift dieses Inhalts bestehen aber - wie
sich ebenfalls aus dem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2001 ergibt - keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich
gewährleisteter Rechte haben sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in von
ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgsetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wären.
4. Die Beschwerde war daher abzuweisen, was gemäß § 19
Abs. 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.
Wien, am 14. März 2001
Der Präsident:
Dr. A d a m o v i c h
Schriftführerin:
Mag. K r e n n
Dieser Urteilstext dürfte K. und seine Auftraggeber mit Sicherheit nicht zufriedenstellen. Als Außenstehender kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier mit einer formalen Argumentation, der Status "Nur-Privilegierung" der katholischen Kirche, festgeschrieben wird. Die von K. angestrebte Gleichbehandlung wird weiter versagt. Dennoch, ich sagte es schon, den entscheidenden Dissens zu K. sehe ich darin, dass es ihm lediglich um eine Ausweitung des Kreises der "Privilegberechtigten" geht. Nicht jedoch um eine echte Gleichstellung a l l e r vor dem Gesetz. Insofern ist K.'s Anliegen nicht das meinige. Wiewohl andererseits auch anzuerkennen ist, dass die Privilegierung "nur" der katholischen Kirche, auch nicht "das Gelbe vom Ei" sein kann.
Der nächste Vorstoß K.'s datierte vom Oktober 2001 in der Form eines Symposiums
" 17. Oktober 2001
18.00 Uhr
Universität Wien Juridicum
Hörsaal U 18, Untergeschoß
Heßgasse 1, 1010 Wien
· 18.00 Einlaß
· 18.15 Begrüßung
Dr. Reinhard Kohlhofer Generalsekretär des Colloquium
· 18.30 Referat
Die
Anerkennung' von
Religionsgemeinschaften
in Österreich
Univ.-Prof. DDr. Herbert KALB
· 19.00 Referat
Die Religionsgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts
Univ. Prof. Dr. Richard POTZ
· 19.30 Referat
Die Anerkennung' von Religionsgemeinschaften durch Verleihung von Körperschaftsrechten
Prof. Dr. Hermann Weber
· 20.00 Diskussion
· 21.00 Schluß der Veranstaltung"
Schon der Name des mitgenannten Referenten Prof. Dr. Hermann Weber aus Deutschland, sagt dem Sachkundigen einiges. War es doch Weber, der in Deutschland in ähnlicher Weise für die beabsichtigte Privilegierung der juristischen Körperschaften der Zeugen Jehovas (als Zielstellung) in Erscheinung trat. In beiden Ländern gab es eine langjährige diesbezügliche Auseinandersetzung mit Höhen und Tiefen. In beiden Ländern ist die juristische Körperschaft WTG allerdings - de facto - immer noch nicht am Endziel. In beiden Ländern allerdings, sorgte ihr Vorhaben für einige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die Klientel der Rechtsanwälte.
Im Falle Österreich kommentierte WTcleanup einmal:
"Der Zeuge Jehovas, Bruder Doktor Reinhard K. war in offiziellem Auftrag der Wachtturm-Gesellschaft-Österreich auf dem Podium einer Veranstaltung der Moon-Sekte. Dieser Älteste versteht es offensichtlich ebenfalls, aus dem nie versiegenden, prall gefüllten Spendentopf der Gläubigen seinen Anteil herauszuholen - als Rechtsvertreter der WTG-Österreich im Kampf um den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts."
Ein weiteres Instrumentarium ist auch eine maßgeblich von K. dominierte "Schriftenreihe Colloquium". Zu deren Autoren gehört unter anderem der deutsche WTG-Anwalt P. (Band 3), was ja dann schon einiges aussagt.
Als Band 4 veröffentlichte dieser Lobbyistenverein die überarbeitete Dissertation von Jürgen Noll unter dem Titel: "Jehovas Zeugen als Bekenntnisgemeinschaft. Rechtsfragen um eine religiöse Minderheit."
Der zweite Blick in diese Publikation ergibt das nicht mehr sonderlich verwunderliche Ergebnis, dass Noll direkt den Zeugen Jehovas zuzuordnen ist. Bekanntlich war WTG-Präsident Rutherford Jurist. Und so lassen sich denn auch bei den Zeugen Jehovas diverse Namen dieses Berufszweiges nennen. Einer von ihnen ist wie gesagt, besagter Herr Noll.
Zweck seiner Publikation, formal in sachlicher Form geschrieben, besteht im "Kreidefressen". Alle potentiellen Konfliktpunkte, bemüht er sich in wohlgesetzten Worten schönzureden. Beispiel Bluttransfusion. Ellenlang verbreitet er sich darüber, dass Jehovas Zeugen ärztliche Behandlung an sich, nicht ablehnen. Wer hätte dieses banale Ergebnis gedacht? Zu dieser simplen Erkenntnis bedarf man wahrlich keines Herrn Noll. Der Knackpunkt ist doch der, dass hier ein religiöses Dogma, in bestimmten, in der Praxis durchaus eintretenden Konstellationen, mörderische Auswirkungen haben kann. Sie übergeht Noll geflissentlich. Für ihn ist der Fall damit ausgestanden, dass Jehovas Zeugen nachweisbare Aktivitäten unternehmen, um solche "Grenzfälle" zu reduzieren. Wo aber diese Aktivitäten nicht mehr greifen, da schweigt auch bei Noll, "des Sängers Höflichkeit".
In wohlgesetzten Worten wird referiert, dass diesbezügliche Entscheidungen, eben "persönliche Gewissensentscheidungen" seien. Noll kann es sicherlich nicht verleugnen, dass auch er zum Berufsstand der salopp formuliert "Advokaten" gehört. Interessenvertretung ist deren Metier. Jedoch keine objektive Benennung von Ursache und Wirkung.
Noll erweist sich als ein "wohlgeratener Schüler" seines Ziehvaters K., zudem er in der eigentlichen Hauptsache, im Titel seiner Diss. nicht neues oder darüber hinausgehendes mitzuteilen weiss.