Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Kongress-Rhetorik

"Wollt ihr den totalen Krieg?" fragte im Jahre 1943 eine Nazikoryphäe seine Zuhörerschaft. Und die blökende Herde brüllte "Jaa". Dies ist aus dem säkularen Bereich ein makabres Veranschaulichungsbeispiel, welche Suggestivkraft geschickt aufgezogene Massenveranstaltungen auszuüben vermögen. Bekanntlich bedient sich auch die WTG dieser "Technik". Wenn man vernimmt, dass ein Zeugen Jehovas-Kongreß im Jahre 1973 in München, allein 500 000 DM an Mietkosten verschlang, dann muss man wohl noch hinzufügen, dass diese verhältnismäßig hohen "Investitionskosten" sich in der Zielstellung der WTG aber auch amortisieren sollen. Sowohl materiell als auch ideell.

Bleiben wir beim letzteren noch einen Augenblick. Offensichtlich gehörten zu den Kongreßbesuchern , auf dem Zeugenkongreß, Düsseldorf 1973, auch Mitarbeiter der "Christlichen Verantwortung", wie man aus deren Bericht in der CV Nr. 54 unschwer erkennen kann. Ein Kongreßvortrag wurde von ihnen besonders referiert. Und zwar der vom 29. 7. 1973 von W. Konstanty in Düsseldorf. Liest man die Referierung dieser Ausführungen, so ist mein Kommentar dazu. Die Rhetorik zwischen 1943 und 1973 hat sich offenbar nicht wesentlich verändert!

Die CV berichtete im einzelnen:
Zunächst schmeichelte er vergangenen Märtyrertums, übergehend zu einer Abstempelung aller heutigen religiös und politisch Andersdenkenden gegenüber den Zeugen Jehovas, mittels bekannter WT-Vergleiche als potentielle Zeugenmörder: "Diese heute so freundlichen 'Babylonier, Agypter und Assyrer' können morgen unser Leben bedrohen!
Rechne mit Verlust deines Ansehens, mit Verlust deiner Stellung, deines ganzen Besitzes, deiner Gesundheit, sogar deines Lebens! Jede andere Vorstellung mag dazu führen, einer List Satans zum Opfer zu fallen!" Tosendes Händeklatschen aller potentiellen Märtyrer brandete im Stadion auf. Es läßt sich leicht, gar zu leicht dazu klatschen in einem Lande, in dem die Organisation nicht sicherer sein kann, nicht zuletzt durch ihren ständigen Antikommunismus.

Noch weiter trieb W. Konstanty diese totale Konfrontation mit allem außerhalb der Organisation, als seien dort nichts als "Feinde" und "Agenten Satans":
"Wir möchten Jehova zum Freund, auch wenn alle anderen Menschen uns dadurch zum Feind werden!" Noch mehr tosendes Händeklatschen. Immer wird Jehova vorgeschoben. Dabei geht es allein um die jeweiligen Erklärungen der WTG über Jehova! Doch das kommt in diesem tosenden Händeklatschen niemandem zum Bewußtsein.

Jetzt war das geplante künstliche "Feindbild" in den Köpfen und Gefühlen der Zuhörer vollkommen und total: Außerhalb der Organisation lauert nur ein todbringender Feind! Wer sollte da die Organisation verlassen, was immer sie auch tue? Was immer sie auch jetzt und in Zukunft tue, draußen gäbe es nur den Tod! So konnte er zum Kern seines Vortrages vorstoßen, an das heiligste Gefühl, die Bruderliebe, appellierend: "Es ist eine weitere List Satans, unruhevolle Zeiten in der Versammlung zu schaffen. Vielleicht werden wir damit noch weitere und nähere Bekanntschaft machen. Unsere älteren Brüder haben sich stets an die Organisation gehalten, was auch immer kam! Wollen wir das auch tun? rief er bechwörend in das Stadion! Ein unbeschreibliches Händeklatschen durchrauschte das weite Rund!

Wer denkt schon daran, daß die WTG in den dreißiger Jahren Tausende "hinausgeschüttelt" hat, die am Worte Gottes festhielten und den verderblichen WT-Obrigkeitsirrweg nicht mitgehen wollten? (Buch "Licht' II S. 60, WTG 1930). Wer sind also die, die stets alles mitmachten, "was auch immer kam"? Was für Vorbilder sind sie? Doch wer war in dem unbeschreiblichen Begeisterungstaumel solcher Überlegungen fähig?

Nun konnte er aussprechen, um was es konkret ging: "Wenn irgendeine Streitfrage aufkommt, vielleicht geht wirklich auch mal etwas verkehrt, und uns dazu bringen würde, uns von der Christenversammlung zu trennen, ihr unsere Unterstützung zu versagen, oder wir sogar dazu gebracht würden, nicht mehr den Überrest und die leitende Körperschaft zu unterstützen, dann sollten wir klar erkennen, hier ist eine List Satans am Werk, uns vom Leben abzuschneiden!
Nur wenn wir uns an die Christenversammlung halten und treu zu ihr stehen, was immer auch kommen m a g, werden wir den Angriffen Satans widerstehen und am göttlichen Sieg teilhaben!" Der Begeisterungstaumel brandete auf, noch bevor das letzte Wort ausgesprochen war.

Wir können nur betroffen sein. Weiß W. Konstanty überhaupt, was er da tut? Was heißt hier, was immer auch kommen mag. Es kommt 1975! Es kommt wieder kein Ende! Es kommt eine weitere Verschiebung der Endzeit durch die WTG! Es kommt die sechste oder siebente Generation seit 1799! .... Ein neuer Endtermin wird da zunächst nicht wieder gesetzt! Darum allein die jedes kritische Bedenken abwürgende Formel, "was auch immer kommen mag!"

Wir wissen jedoch, daß nicht alle Wachsamkeit im Taumel der Begeisterung untergegangen ist, und die WTG weiß das auch.

Geschrieben von Prometeus am 13. Juni 2001 14:56:59:

Als Antwort auf: Kongreß-Rhetorik geschrieben von Drahbeck am 12. Juni 2001 20:12:07:


"Wenn irgendeine Streitfrage aufkommt..... oder wir sogar dazu gebracht würden, nicht mehr den Überrest und die leitende Körperschaft zu unterstützen, dann sollten wir klar erkennen, hier ist eine List Satans am Werk"

Man vergleiche:

"Wenn also jedes einzelne davon für sich wirkt und jemanden zum offenkundig Verdächtigen macht, wie viel mehr, wenn man zugleich ....die Indizien der Tat mit der Aussage der Zeugen verbindet.... und zwar geschieht dies, weil der Teufel nicht offenkundig, sondern im Verborgenen tätig ist;
(aus "Maleus maleficum"[Hexenhammer)Ausgabe1492)

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