Regina Jung
"Ursachen, Erscheinungsformen und Bedeutung fundamentalistischer Einflüsse
Diplomarbeit 104 Seiten
Fachbereich Sozialarbeit der Fachhochschule Dortmund
Dortmund 1992

In ihrer Einleitung vermerkt die Autorin: "Erkannte ich eine Ähnlichkeit zu fundamentalistischen Erscheinungsformen, die sich auf alle Lebensbereiche beziehen können. Fundamentalismus setzt eine ebenso fanatische Einstellung und Ausgrenzung voraus, wie sie auch in Sekten zu finden ist. Beiden gemeinsam ist die alleinige Anerkennung der eigenen Weltanschauung."

Als Beispiel für Fundamentalismus verweist sie auf den Islam über den sie ausführt:
"Heutzutage spielt der islamische Fundamentalismus eine immer bedeutendere Rolle. Das angestrebte Ziel ist eine vormoderne Einheit zwischen Staat und Religion. Als Ursprung dieser Bewegung kann der Protest gegen den übermächtigen Einfluss des Westens gesehen werden. Hier dient der Fundamentalismus zur Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen dem Westen gegenüber."

Diese Bezugnahmen sind jedoch mehr nebensächlicher Art. Der Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit nimmt auf zwei Religiongemeinschaften Bezug. Einmal die Scientology und zum anderen die Zeugen Jehovas. Erschien diese Diplomarbeit zwar schon im Jahre 1992, so kann man ihr eine gewisse Aktualität nicht aberkennen. Dergestalt, dass es da beispielsweise eine publizistische Lobsängerin der Zeugen Jehovas gibt, die in ihrem Wirken sich auch gleichfalls für Scientology und Zeugen Jehovas verwendet. Die da vollmundig in der ehemaligen DDR lebenden Zeugen Jehovas-Kritikern unterstellt, sie wären einem totalitären Regime "willfährig" gewesen, zugleich aber die auch vorhandenen Konflikte eines dieser Kritiker mit dem DDR-Regime dezent unter den Tisch fallen lässt. An die Adresse jener Lobsängerin die Gegenfrage. Was ist denn Ihr Engagement in Sachen Scientology? Es ist das Engagement für eine totalitäre Organisation!

Über Scientology berichtet Regina Jung:
"Von den Scientology-Anhängern wird die totale Unterwerfung unter die Organisation verlangt. Indem die angebotenen Kurse belegt werden, können immer höhere Grade innerhalb der Hierarchie erreicht werden. Das Auditieren und die Gehorsamsübungen bewirken eine Verwischung zwischen Phantasie und Wirklichkeit bei den Betroffenen, die zu einer Persönlichkeitsspaltung führt. Nach und nach wird eine Art Abhängigkeit erzeugt, die den Einzelnen dazu veranlasst, immer mehr der immer teurer werdenden Kurse zu belegen. Es wird ihm das Angebot gemacht, als Mitarbeiter in einer der zahlreichen Organisationen tätig zu werden um die entstehenden Kosten tilgen zu können. Diese Mitarbeit bedeutet eine 6-Tage-Woche mit einem 13-Stunden-Tag und wird sehr schlecht bezahlt.

Der Aufbau in den sekteneigenen Firmen ist streng abgestuft; er stützt sich auf Druckausübung und Disziplinierungsmaßnahmen. Es existiert ein sogenannter 'Ethik-Offizier', der Akten über die Mitarbeiter anlegt und die Denunziationen untereinander fördert um bei den geringsten Vergehen Strafpunkte zu verteilen. Die Ungehorsamen werden äußerlich gekennzeichnet, ihnen wird Kommunikationsverbot erteilt, und sie werden zu Mehrarbeit gezwungen. Außerdem gibt es noch die 'Projektgruppe Rehabilitation', die eine Art Strafanstalt für Abtrünnige darstellt. Diejenigen, die sich dort befinden, werden streng bewacht, müssen schwere Arbeit leisten und viele Auditing-Sitzungen abhalten. Der psychische Druck, der dort entsteht, wird zum Teil durch Isolationshaft noch verstärkt. …

Ein wichtiger Punkt, der zur Aufrechterhaltung der Disziplin und der inneren Struktur dient, ist das Elitebewußtsein, das den Teilnehmern in den verschiedenen Kursen vermittelt wird. Dazu zählt auch die ideologische Rechtfertigung, mit der gegen Außenstehende Kritiker vorgegangen wird. Es existieren sekteninterne Anweisungen, wie man Gegnern gegenüber vorzugehen hat, indem Rufmordkampagnen und Verleumdungen initiiert werden. Die Vermutung besteht, dass den Absolventen der höheren Kurse suggeriert wird, die sogenannten 'Unterdrücker' (Kritiker) seien von dämonischen 'Thetanen' beherrscht, um so eine moralische Rechtfertigung für kriminelle Handlungen zu bieten."

Vergleicht man dazu die (zu bestätigenden) Ausführungen von Frau Jung über die Zeugen Jehovas, so kommt man nicht umhin gewisse weitläufige Parallelen zur Scientology zu erkennen. Über die Zeugen Jehovas führt sie unter anderem aus:
"Die Einhaltung all dieser Regeln hat zur Folge, dass die Zeugen sich von der Außenwelt abkapseln und sich ihr Denken und Handeln nur um die Gemeinschaft dreht. Durch das enge und ausschließliche Zusammensein mit anderen Zeugen ergibt sich die Möglichkeit einer guten Kontrolle untereinander. Dies steigert die Angst vor Denunziationen und sorgt dafür, dass niemand sich dem anderen anvertraut. Es werden drei verschiedene Ebenen der Kontrolle unterschieden.

1. Die durch die Ideologie verinnerlichten Wertungen und Verhaltensmuster.
2. Die überwachten Leistungen im Predigtdienst (Missionstätigkeit);
3. Die moralische Überwachung durch die Gemeinschaft.

Ein besonderes Problem stellt die Drohung mit Gemeinschaftsentzug dar. Allen Zeugen ist der Kontakt mit denen, die aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden, strengstens verboten. Personen, die gegen bestimmte Normen verstoßen haben oder Kritik an der Gemeinschaft üben und somit eine Gefährdung darstellen, werden zu sogenannten 'Komiteeverhandlungen' zitiert, bei denen eine angemessene Strafe durch die Ältesten erteilt wird. Dabei kann es sich um einen Abstieg in der sozialen Hierarchie oder aber auch um einen Ausschluss aus der Gemeinschaft handeln. Wenn der Gemeinde der Ausschluss eines Mitgliedes bekanntgegeben wird, muss diese Person gemieden werden, oder es droht eine Bestrafung derjenigen, die sich über dieses Verbot hinwegsetzen. Es trifft häufig Familien, die auseinandergerissen werden und Einzelne, deren Lebensinhalt die Existenz in der Gemeinschaft war. Die Wachtturmgesellschaft bedient sich dieses Druckmittels sowohl als Drohung als auch, um sich Kritiker und Problemfälle zu entledigen."

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