Elga Janssen "Schulden aus 'Liebe'"

Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades einer Diplom-Soziologin

Freie Universität Berlin 1993

Der Text dieser Diplomarbeit (war) im Internet auf dem Server der FU-Berlin eingestellt.

http://userpage.fu-berlin.de/~elga/diplom/diplom.html

Siehe auch:

http://www.ejanssen.de/diplom/index.html#inhalt

 

Man liest ihn mit Betroffenheit. Solche Schicksale, die die Schattenseiten des Lebens offenbaren, machen auch vor den Zeugen Jehovas nicht halt. Unter den verschiedenen Fallbeispielen ist auch der einer Frau, die zu den Zeugen Jehovas gehört, deren Ehemann jedoch krankhaft trunksüchtig ist. Und zwar so hochgradig, dass der soziale Abstieg ins Asozialenmilieu unvermeidlich wird. Die Frau sieht für sich und ihre vier Kinder letztendlich keine andere Möglichkeit als die Trennung.

Die bezüglich der Zeugen Jehovas relevanteste Passage kann man vielleicht in dem folgenden Absatz sehen:

"Nach der Trennung renovierte sie alleine die Wohnung und fuhr mit den Kindern zum ersten Mal in Urlaub. Sie erhielt Unterstützung durch die Zeugen Jehovas, die sie als starke Gemeinschaft schildert, und die ihr unter anderem ihre Wohnzimmereinrichtung schenkten, da ihr Mann diese bei der Trennung bekommen hatte. Sie meint, sie habe alles, was sie brauche, und sei damit glücklich und zufrieden.

Wenn die Witwen und Halbwaisenrente ausreicht, möchte sie auch nicht wieder anfangen zu arbeiten, sondern etwas tun, was für sie persönlich wichtiger sei, als zu arbeiten, womit sie auf ihre Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas anspielt."

An anderer Stelle äußert die Autorin über ihr Fallbeispiel noch:

"Sie ist glücklich mit ihrem bescheidenen Leben und macht aus ihrer Not eine Tugend, indem sie ihr Leben in Armut als Herausforderung betrachtet, und materiellen Wohlstand ablehnt, da er auch nicht glücklicher macht."

Ansonsten geht die Autorin auf den Zeugen Jehovas-Hintergrund in diesem Fall nicht weiter ein. So gilt es denn dazu folgende Anmerkungen noch zu machen.

Erstens, die geschilderte Hilfe der Zeugen Jehovas in diesem Fall ist eine Individualhilfe von Einzelnen Gliedern der örtlichen Versammlung, die sich durch diesen Fall herausgefordert sahen. Sie hat jedoch keinen gesamtorganisatorischen Hintergrund.

Zweitens. Diese Hilfe ist nicht "selbstlos", sondern erwartet als auch erbrachte Gegenleistung, die Bereitschaft eines hohen Zeiteinsatzes für die Sache der Zeugen Jehovas. Es war eine Momenthilfe. Sie bietet aber keinen darüber hinausgehenden Ansatz, um das soziale Niveau dieser Frau mit ihren vier Kindern wieder zu heben. Im Gegenteil, faktisch wird jener Zustand konserviert, indem man in diesen buchstäblich Armen, auch und nicht zuletzt auch die Kinder betreffend, die zukünftige Klientel für den eigenen Gemeindezuwachs sieht.

Mir fällt als Kommentar dazu nur ein Satz ein:

"Religion ist das Opium des Volkes …" Es wäre sich zynisch, wollte man die Trostbedürftigkeit in diesem Fall verkennen. Die Frage bleibt aber offen, von welcher "Qualität" dieser "Trost" ist!

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