Gräßer, Claus

"Akzente und Wandlungen in der kirchlich-theologischen und pastoral-seelsorgerlichen Auseinandersetzung mit den Zeugen Jehovas (anhand der deutschsprachigen Publikationen seit der Jahrhundertwende)"

Wissenschaftliche Hausarbeit zur Zweiten Theologischen Prüfung

(Halle/S.) um (1985), 97 Seiten.

Der Inhalt dieser Ausführungen ergibt meines Erachtens eindeutig, dass sie noch zu DDR-Zeiten verfasst wurden und dass auch dieser Autor (zum Zeitpunkt der Abfassung seiner Studie) nicht ahnen konnte, dass die DDR dereinst mal nicht mehr existieren würde.

Eine Nebensächliches Symptom: So redet er beispielsweise davon, dass er von der 1975-Verkündigung der Zeugen Jehovas zuerst durch eine (innerkirchliche) Veröffentlichung der Evangelischen Kirche in der DDR erfahren habe. Vertreter der heutigen Zeugen Jehovas (respektive ihre gekauften Sprachrohre in anderen Lagern), belieben den Vorwurf zu erheben, auch die DDR-Kirchen hätten sich für die Stasifirma "Christliche Verantwortung" einspannen lassen. Auch anhand der Studie von Gräßer kann diese Unterstellung definitiv zurück gewiesen werden. Er erwähnt in einer beiläufigen Anmerkungsnummer zwar diesbezügliche DDR-Publikationen, fügt aber hinzu, er lasse sie in seine Wertung nicht mit einfließen. Zur "Christlichen Verantwortung" merkt er überdies noch an, dass sie in der kirchlichen Presse keine Erwähnung fände. Mag man als Ausnahmefall dem die Ena-Meldung und ihre Kolportierung in einer thüringischen evangelischen Kirchenzeitung entgegenhalten, wo das "25jährige Bestehen der Studiengruppe Christliche Verantwortung" publiziert wurde, so steht dennoch eindeutig fest, dass dies ein einsamer Ausnahmefall ohne Wiederholungscharakter war. Und was die gelegentlichen Referierungen von Dr. Pietz in einer innerkirchlichen Periodika (ohne Außenwirkung) anbelangt, wird man ihr eher kritische Akzente bescheinigen können, durch das was er erwähnte und das was er wegließ.

Gräßer klagt einleitend schon, angesichts der Fülle des zu verarbeitenden Stoffes, dass ihm die dafür zur Verfügung stehende Zeit "vorne und hinten nicht gereicht habe". Ich kann dieses Bedenken durchaus nachvollziehen, erging es mir doch im Prinzip ähnlich. Nur das ich mich nebenberuflich damit beschäftigt habe und letztendlich Jahrzehnte gebraucht habe um ohne Zeitdruck das aussagen zu können, was mir der Aussage wert erschien.

Gräßer versucht einen Überblick über die seit der Jahrhundertwende erschienene Sekundärliteratur zu geben. Er merkt aber auch an, dass er zu solch problematischen Autoren wie etwa Fetz, Miksch, Braeunlich, Gerecke nichts sagen möchte. Es sei ihm konzediert, dass in seiner Zeitdrucksituation er auch diesbezüglich überfordert worden gewesen sein würde, hätte er diesen Versuch dennoch gemacht.

Zwei Autoren erwähnt auch Gräßer, die als Ausnahmen, aus dem Gros der sonst eher kritisch einzuschätzenden kirchlichen Autoren herausragen. Das wäre einmal Friedrich Loofs, den auch Dietrich Hellmund im Vergleich zu anderen positiv einschätzt und eben auch Hellmund selbst. Man kann dieser Einschätzung sicher beipflichten und auch noch hinzufügen, dass sich die diesbezügliche Situation nach 1945 merklich gebessert hat. Aber Fakt ist, und in diesem Punkt stimme ich G., Hellmund, Gräßer zu, dass es vor 1945 diesbezüglich trübe aussah. Hat sich die kirchliche Publizistik über die Zeugen Jehovas nach 1945 auch nachhaltig gebessert, so steht es andererseits aber auch als Faktum fest, dass eine umfassende (und die müsste dann von der Sache her dann auch selbstkritisch sein) Aufarbeitung der kirchlichen Publizistik vor 1945 über die Bibelforscher/Zeugen Jehovas bis zum heutigen Tage nicht geleistet wurde. Auch Gräßer hat diese Leistung nicht erbracht. Aber es ist ihm zu konzedieren, dass er durchaus Ansätze in dieser Richtung aufweist. Etwa, wenn er beispielsweise äußert: "Die Kirchen müssen sich allerdings fragen, in welchem Maße ihre vorangegangene Auseinandersetzung mit den Bibelforschern dazu beigetragen hat, eine allgemeine Stimmung gegen die Bibelforscher/Zeugen Jehovas zu erzeugen, die dann die neuen politischen Machthaber nur aufzunehmen brauchten. Zu nennen sind da vor allem die zahlreichen Stimmen, die in ihrem Urteil die Bibelforscher mit Juden und Kommunisten in eine Reihe gestellt haben."

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