Geschrieben von Drahbeck am 13. Dezember 2003 08:34:35:

Am 21. 3. 2000 schrieb eine Tageszeitung
"Weniger bekannt ist jedoch, dass die Leitung der Zeugen Jehovas, die deutsche Abteilung der Wachtturmgesellschaft, damals in Magdeburg ansässig, 1933 einen Brief an den "Sehr verehrten Herrn Reichskanzler" schrieb. Ihm – Adolf Hitler nämlich, wurde die Solidarität der deutschen Zeugen Jehovas mit seinen Zielen versichert. Das Zeugen-Präsidium verurteilt in dem ... Schreiben die Anti-Hitler-Propaganda der "Geschäftsjuden und Katholiken" und: Die Wachtturmgesellschaft pocht auf Punkt 24 des Programms der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), in dem die Nazis zwar einerseits die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse fordern, gleichzeitig den Kampf gegen den "jüdisch-materialistischen Geist" festschreiben."

Das ist ja dann wohl in der Substanz der Vorwurf der "Anbiederung" gewesen. Äußerer Anlass dafür war eine jene "Standhaft"-Veranstaltungen, die im April 2000 in Karlsruhe stattfanden. Auf ihr trat am 5. 4. 2000 auch der Vizepräsident der deutschen Wachtturmgesellschaft, Werner R. mit einem Referat in Erscheinung. In der Sache nur ein "0 8 15 Referat", dass fast wortgleich, auch von diversen anderen WTG-Funktionären auf anderen "Standhaft"-Veranstaltungen, gleichfalls verlesen wurde.

Auch R. hielt sich weitgehend an das vorgegebene Manuskript. Die paar situationsbezogenen Abweichungen davon, hielten sich in äußerst engen Grenzen.
Eine davon ist wohl darin zu sehen, dass er unter indirekter Bezugnahme auf vorstehenden Pressebericht, glaubte mit anmerken zu sollen: Jehovas Zeugen würden den Vorwurf der Anbiederung entschieden zurückweisen. Auf eine Detailauseinandersetzung damit ließ er sich nicht ein. Er merkte lediglich an, dass ja dann das Verbot eingetreten sei. Und damit sei seiner Meinung nach der Vorwurf entkräftet. Ist er es wirklich.

Zu einer Detailauseinandersetzung hätte gehört, die Miterwähnung, dass Jehovas Zeugen in allergrößter Eile im Jahre 1933 versuchten zwei neue Rechtskörperschaften, als Norddeutsche und Süddeutsche Bibelforschervereinigung aus dem Boden zu stampfen. In deren Statuten war auch festgeschrieben. Nur Deutsche hätten dort Sitz und Stimme. Auch Garbe berichtet in seinem Buch darüber. Die "Geschichte der ZJ" geht auch darauf ein. Man wollte schon damit den Nazivorwurf entkräften international zu sein, was für die das Nationale so betonenden Nazis auch ein "rotes Tuch" war.

Desweiteren trat das Preußen-Verbot keineswegs als direkte Folge der Berlin-Wilmersdorfer Veranstaltung ein. Das Verbot wäre auch ohne diese Veranstaltung gekommen. Es hatte schon diverse Vorläufer. Besonders schmerzlich für die WTG. Auch in Sachsen waren sie lange vor der Berlin-Wilmersdorfer Veranstaltung bereits verboten worden. Schmerzlich deshalb, weil Sachsen eine Hochburg der WTG-Anhänger war und ist. Sinn der Berlin-Wilmersdorfer Veranstaltung war es, diese Entwicklung wenn möglich, umzukehren. Indem R. es so darstellt, als sei die Antwort des Naziregimes auf die Resolution vom 25. Juni 33 das Verbot gewesen, verbreitet er eine Geschichtsklitterung, die man auch als solche benennen muss.

Es ist wohl war, das Ziel jener "Resolution" wurde nicht erreicht. Die Nazis gedachten nicht im entferntesten, mit den Bibelforschern darüber in Verhandlungen einzutreten, wie die WTG es sich gewünscht hätte und auch gefordert hat. Wie sie jene Resolution bewerteten ist daher nicht offen auf dem Tisch liegend. Höchstwahrscheinlich war die Bewertung: Ab in den Papierkorb. Die beabsichtigten Schritte in der Zeugen Jehovas-Angelegenheit waren ohnehin schon eingeleitet, und konnten auch durch diesen WTG-Vorstoß nicht gestoppt werden. Dennoch gibt es sehr wohl im Bestand des Bundesarchives ein indirektes Zeugnis darüber, wie nazistischerseits diese "Resolution" bewertet wurde.

Und zwar von dem "Kanonenpastor" Karl Gerecke. Gerecke, lange vor den Nazis, bereits im Ersten Weltkrieg sich seinen vorstehenden "Spitznamen" erworben habend, war auch einer jener, die den Nazis zujubelten, als selbige die politische Macht an sich rissen. Jenem Gerecke gelangte nun auch jene "Resolution" zur Kenntnis und er fühlte sich bemüßigt, darüber ein "Gutachten" zu Händen der Naziregierung abzufassen. Die Tendenz war klar. Die Naziregierung hat recht und ihre Gegner haben "Unrecht". Jener Kanonenpfaffe ist sich bis zuletzt treu geblieben. Dazu ein Zitat aus der "Geschichte der ZJ" S. 437:

Unter Hinweis auf die Berlin-Wilmersdorfer Erklärung der Zeugen Jehovas vom Juni 1933, mit dem an die Nazis anbiedernden Satz, dass die rein religiösen, unpolitischen Ziele und Bestrebungen der Bibelforscher in Übereinstimmung mit den gleichlaufenden Zielen der nationalen Regierung des Deutschen Reiches wären, kommentiert er: "Also im Ernste, unsere nationalsozialistische Regierung hat 'gleichlaufende Ziele mit den ernsten Bibelforschern' und strebt, genau wie die Halunken, die 'Ernsten Bibelforscher' auf ein blutiges, bolschewistisches Morden hin. ... Sie sind gefährlicher und niederträchtiger als alle Marxisten und Kommunisten, die sie voriges Jahr 1932 noch an sich lockten und dressierten auf das große, blutige Harmagedon." [154]
Die Hitlerregierung bekam somit unmittelbar nach ihrem Zeugen Jehovas-Verbot, von einem "geeichten Vertreter des Christentums" mit der Berufsbezeichnung "Pastor" bestätigt, dass sie mit ihrem Verbot auf der richtigen Linie lege.

Also Gerecke bewertet jene Resolution als Anbiederung. Die von dem verschmähten Liebhaber allerdings, auch das ist richtig, nicht akzeptiert wurde.

Anbiederung

Geschrieben von D. am 13. Dezember 2003 17:40:26:

Als Antwort auf: Re: Und darin irrt Herr R. geschrieben von Historiker am 13. Dezember 2003 17:22:31:

Ob die WTG Römer 13 "nach 1962" falsch versteht, wie es auch eine von Rumänien aus agierende Gruppe sagt, erscheint mir so ausgemacht nicht zu sein.
Im Gegenteil, trifft dies eher für die von Rutherford 1929 eingeführte Interpretation von Römer 13 zu, die erst 1962 korrigiert wurde.

Geschrieben von Drahbeck am 14. Dezember 2003 08:07:33:

Als Antwort auf: Re: Und darin irrt Herr R. geschrieben von Historiker am 13. Dezember 2003 23:25:49:

Ich spreche mal jetzt Klartext.
Der unter dem Pseudonym "L..." agierende, propagiert auf seiner Webseite auch eine selbsternannte "Reichsregierung".
Die politische Rechtslastigkeit solcher Thesen, dürften wohl den meisten klar sein. Offenbar aber wohl nicht deren Akteuren.
Wie auch immer. Ich bin nicht gewillt, hier solchen Vorgenannten eine Plattform zu bieten. Suchen sie eine solche, dann bitte andernorts.
L....htm

Geschrieben von Drahbeck am 14. Dezember 2003 15:22:05:

Als Antwort auf: Re: Und darin irrt ... geschrieben von Historiker am 14. Dezember 2003 13:59:46:

Römer 13 und seine Auslegung hat in der Tat eine bewegte Geschichte hinter sich. Insonderheit der Protestantismus seit Luthers Tagen hat sich dafür stark gemacht, die Obrigkeit identisch zu setzen mit dem jeweiligen Landesherrn. Er kassierte als Belohnung dafür das Staatskirchentum.

Als mit dem beabsichtigten "Siegfrieden" es im ersten Weltkrieg nichts wurde, der aus der Sicht der "Kanonenpastoren" einzig möglich sei, ist auch besonders dem deutschen Protestantismus die Obrigkeit erst mal verloren gegangen. Zwar gelang es einen Adolf Hoffmann, den Freireligiösen entstammend, zeitweilig erster Kultusminister in der Weimarer Republik, der sich im besonderen Maße für die Trennung von Staat und Kirche stark gemacht hatte, wieder zu entmachten. Zwar gelang es durch Einführung des KdöR-Status, dass verlorene Staatskirchentum, zumindest auf der finanziellen Ebene wiederherzustellen. Dennoch war es nicht ganz so, wie vor dem verpatzten "Siegfrieden".

Die Folge. Weite Teile der Pfarrerschaft votierten Deutschnational bei den Wahlen. Solange wie die Deutschnationalen noch eine relevante politische Kraft waren. Das sollte sich noch ändern, indem ein Adolf H. zusehends ihr Erbe wurde.
Auch das für die deutschnationale Pfarrerschaft kein Problem. Dann wählten sie eben den Adolf H. - vorerst.

Symptomatisch auch der Fall Niemöller diesbezüglich. Später Gallionsfigur der "Bekennenden Kirche". Programmatisch schrieb er auch ein Buch mit dem Titel "Vom U-Boot zur Kanzel". Als er bereits im KZ sich befand, erbot er sich an, in Hitlers Armee kämpfen zu wollen. Lediglich weil die Nazis dieses Angebot nicht annahmen, wurde nichts daraus. Also die Geschichte der Evangelischen Kirche (auch die der Katholischen) ist alles andere als ein Ruhmesblatt. Darüber kann kein Zweifel bestehen.

Nun haben wir den Fall der Bibelforscher. Die muss man ja da unweigerlich mit nennen.
Staatskirchentum - nicht ihr Bier. Und dies von Anfang an. Wer sich den Bibelforschern anschloss, war ohne Zweifel schon vorher mit den "Großkirchen" fertig.
Dann führte Rutherford, in Absetzung von Russell, 1929 die These ein. Römer 13 könne sich nur auf "höhere Obrigkeiten" beziehen. In seiner Lesart "Gottes Organisation". Man kann sogar einräumen, dass er damit den Nerv des Bibelforschertums traf. Denn praktisch bedeutete dies doch auch eine zusätzliche Absage an das Staatskirchentum, dem die Deutschnationalen nach wie vor nachtrauerten.

Zugleich fangen aber damit auch die Probleme an. Wer ist denn in natura "Gottes Organisation" a la "Höhere Obrigkeit". Offenbar in Rutherford's Interpretation er und seinesgleichen als deren "Sprachrohr". Und einen demokratischen Willenbildungsprozeß gibt es in dieser "Gottesorganisation" grundsätzlich nicht. Alles läuft auf eine religiöse Diktatur hinaus. Solange der weltliche Staat vom Grundsatz des leben und leben lassen beseelt ist, mag dies nicht weiter problematisch sein. Man weiß aber. Genau das waren das Hitlerregime und die DDR eben nicht. Und in dem Moment erwies sich Römer 13 in WTG-Auslegung als eine scharfe Waffe gegen jene Regime. Die wiederum zögerten nicht: Hart zurückzuschlagen, sehr hart!

Wenn heute die Leiden in den beiden deutschen Diktaturen beklagt werden, muss letztendlich auch die Römer 13-Auslegung ab 1929 dafür hauptverantwortlich gemacht werden.
Nun kommt noch eine grundsätzliche Frage. Die Frage: Ist die WTG eine "Gottesorganisation". Auf diese Frage antworte ich ebenso glashart mit nur einem Wort: Nein.

Ich kann nicht den Terror "gutheißen" den die Zeugen Jehovas in beiden deutschen Diktaturen erleiden mussten. Ich wünschte mir. Es hätte ihn nie gegeben. Ich habe aber zu registrieren. Es hat ihn gegeben. Und was den DDR-spezifischen Teil dieses Terrors anbelangt, so habe ich davon auch noch ein indirektes Quantum mit kassieren dürfen (unfreiwilligerweise). Ohne Zweifel nicht in dem Ausmaße wie andere. Das ist klar. Aber auch ein kleines Quantum kann da schon zuviel sein.

Ich fasse zusammen. Ich spreche der WTG ab: Gottes Organisation sein. Ich spreche den deutschen Diktaturen ab "recht" gehandelt zu haben. Daraus ergibt sich für mich jedenfalls die Konsequenz, dass ich einer wesentlichen Ursache dieser Leiden; eben der Römer 13 Interpretation von Rutherford, auch keinen Beifall zollen kann.

Kommt nun einer daher und predigt. Nur Römer 13 in Rutherford's Interpretation sei das Gebot. Dann frage ich weiter. Und, wohin soll das führen?

Zweimal Leidensgeschichte in dieser Sache ist mehr als genug!

Geschrieben von Drahbeck am 15. Dezember 2003 07:37:36:

Als Antwort auf: Re: 8. 12. 1953 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 08. Dezember 2003 05:38:56:

131.419 Kongressbesucher sollen laut "Wachtturm" vom 15. Dezember 1953 "andächtig" gelauscht haben, bezüglich dessen was der WTG-Vizepräsident F. W. Franz meinte seiner Zuhörerschaft mitteilen zu sollen. Böse Zungen indes sind eher geneigt kommentierend dazu zu sagen: "Der Berg kreiste - und gebar noch nicht mal ein Mäuslein".
Das alles beeindruckt die WTG natürlich nicht.
Damit in ihrer Lesart noch mehr dem Franz'schen Wortschwall (ohne Substanz) die andächtige Reverenz erweisen; druckte die deutsche "Wachtturm"-Ausgabe in obiger Nummer, den Franz-Artikel noch einmal ab. Als "Studienartikel" versteht sich. Wo käme denn die WTG hin, würden die Auslassungen nichtssagender Art, nicht zugleich noch als "Studienartikel" verkauft werden.

Im Prinzip ging es Franz nur um eines. Wieder einmal auf dem "Endzeitklavier" zu spielen. Als Einstieg für sein "Katzenkonzert" bemühte er eine Bibelstelle aus Haggai 2:6,7:
"Denn so spricht Jehova der Heerscharen: Noch einmal, eine kleine Weile ist es, da werde ich den Himmel erschüttern und die Erde und das Meer und das Trockene. Und ich werde alle Nationen erschüttern; und das Ersehnte aller Nationen wird kommen, und ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit füllen, spricht Jehova der Heerscharen."

Man ahnt es schon. Franz wähnt die "kleine Weile" wieder einmal als "ganz nah". "Gut" mag man sagen. Das taten doch auch schon die ersten Christen. Das Hoffen und Harren, bis zum Sankt Nimmerleinstag ist doch ihr Metier. Ohne dieses Hoffen und Harren, gäbe es doch überhaupt kein Christentum mehr; weil seine endzeitliche Substanz sich als gegenstandslos erwiesen. Franz war nicht der erste, und sicherlich auch nicht der letzte, der das Hoffen und Harren kultiviert. Und nebulös genug hat er es doch 1953 noch gehandhabt. Von 1975 wollte er damals doch noch nichts wissen. Und was soll's heute. Auch heute will man nichts mehr von 1975 wissen. Heute hat man sich doch wieder auf die Nebelmasche des Hoffen und Harren zurückgezogen. Im übrigen steht man doch mit solchen Thesen nicht allein auf dem Religionsparkett.

Das ist wohl war. Hoffen und Harren-Verkäufer kann man auch andernorts zur Genüge begegnen. Im ausstellen ungedeckter Schecks übertrumpfen sie sich förmlich. Lässt man 1975 mal außer Betracht, ist die WTG doch auch nur einer dieser windigen "Glücks"verkäufer. Das alles ist wahr.

Dennoch einen Unterschied gilt es zu benennen. Franz rühmt sich in seiner Ansprache auch noch des folgenden:
"Da Jehovas Zeugen unter dem Befehl stehen, diese Kriegsproklamation an alle Nationen ergehen zu lassen, können und werden sie nicht mit irgendeiner Pazifistenorganisation zusammen gehen, die die nationalen Regierungen anspornt, im Namen des Christentums vom Kriege abzustehen. Jehovas Zeugen werden der Abrüstungsresolution die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 8. April dieses Jahres unter der trügerischen Behauptung gefaßt worden ist, sie wirke auf einen dauernden Frieden unter den weltlichen Nationen hin, keine Unterstützung leihen. Dies zu tun wäre fürs erste nutzlos, und fürs zweite stände es, was noch wichtiger ist, im Gegensatz zu Jehovas Befehl an seine Zeugen."

Damit hat Franz die Politik der WTG offengelegt. Die Politik eines faktischen Kriegshetzers im Namen des Hoffen und Harrens!

Geschrieben von Drahbeck am 15. Dezember 2003 16:18:40:

Als Antwort auf: Re: 15. 12. 1953 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Perry_R_Hodan am 15. Dezember 2003 13:04:27:

"Eins würde mich ja doch mal interessieren. Glaubst Du das die Bibel frei erfundener Müll ist oder was?"

Da nehme ich wohl am besten gleich die Gelegenheit wahr, und füge noch eine zweite Anfrage mit an, die etwas früher hier zu lesen war:

"Statt mehr oder weniger sinnvolle Kommentare zu den Zeugen abzugeben könntet ihr mir ja mal Kommentare zu Bibelstellen abgeben. Mir also mitteilen wie ihr diese Stellen deuten würdet.( Aber bitte keinen Müll der belegt das ihr noch in der Pubertät seid ) Also:
***Und diese gute Botschaft vom Königreich wird auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis; und dann wird das Ende kommen.***
Matthäus 24:14"

Also zur ersten Frage. Ich glaube man sagt wohl nicht zuviel interpretiert man das so, dass diese Frage einen vorwurfsvollen Unterton enthält. Offenbar dem Umstand zuzuschreiben, einer Weltsicht zu begegnen, die nicht die eigene ist. Also die Formulierung "frei erfundener Müll" stammt nicht von mir. Mit Sicherheit ist die Bibel ein Geschichtsbuch (partiell). Auch ein Lehrbuch. Gegen die Bergpredigt beispielsweise, hätte ich nichts wesentliches einzuwenden. Ich glaube auch, dass ich in der Datei http://www.manfred-gebhard.de/Deist.htm meine diesbezügliche Position schon mal näher umrissen habe. Das dürfte allerdings Fragesteller der obigen Art nicht zufriedenstellen. Sie möchten mehr. Sie möchten bestätigt bekommen, die Bibel sei "Gottes Wort". Genau diese Bestätigung allerdings muss ich versagen. Fragesteller obiger Art möchten auch als wesentlichen Aspekt bestätigt bekommen, die Bibel als göttliches Prophezeiungsbuch zu werten. Auch da versage ich die Zustimmung.

Es ist auch mir klar. Höchstwahrscheinlich kommen wir da auf keinen gemeinsamen Nenner. Ich vermag jene die vorstehendes auch als "unabdingbar" ansehen wohl nicht zu überzeugen; wie auch umgekehrt dies wohl nicht der Fall sein wird.

Also muss man wohl sagen, als Resümee, es mag jeder in seiner Auffassung "gefestigt" bleiben. Wenn dem so ist, bedeutet dies aber nicht, dass ich mir deshalb einen "Maulkorb" anlege oder anlegen lasse. Und was solche selbsterfüllenden Prophezeiungen wie Matthäus 24:14 anbelangt, sind das Gummibänder. Die kann man in allerlei Richtungen hin und herziehen. Ob sie denn überhaupt den Begriff "Prophezeiungen" verdienen, erscheint schon aus diesem Grunde fraglich. Gleichwohl wird auch das eine Frage sein, wo es wohl keinen gemeinsamen Nenner gibt.

Aus meiner Sicht, eine Auseinandersetzung mit diesem Fragenkomplex ist auch, zumindest in indirekter Form, auch in dem nachfolgenden Link enthalten.

Sakramentalismus

Geschrieben von Drahbeck am 22. Dezember 2003 04:33:12:

Als Antwort auf: Re: 15. 12. 1953 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 15. Dezember 2003 07:37:36:

Fast Zeitsynchron zum Jahreswechsel, offeriert die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 12. 1953 einen auf das Weihnachtsfest bezüglichen Artikel. Man meint zu wissen, dieses Fest wurzele im Heidentum und mittelalterlichen Sagen. Weiter:
"Wenn Gott gewünscht hätte, daß dieser Tag gefeiert würde, hätte er dies aufzeichnen lassen; die Bibel spricht jedoch nur an zwei Stellen von Geburtstagsfeiern, und jedesmal sind es solche von heidnischen Herrschern."
Ein besonderer Kronzeuge dabei ist für die WTG auch der Alexander Hislop (1807 - 1865), mit seinem Buch (wie die WTG titelt ) "The two Babylons". Seit 1997 liegt es auch in deutscher Übersetzung vor, mit einem Vorwort versehen, dass auf die tendenziöse Verwertung des Hislop'schen Ausführungen durch die Zeugen Jehovas, nicht sonderlich gut zu sprechen ist. Das Vorwort bescheinigt Hislop weiter, "dass der etymologische (sprachgeschichtliche) Anteil seiner Beweisführung zum Teil weit hergeholt oder konstruiert erscheint."
Eine Variante davon, neben der Buchausgabe aus dem CLV-Verlag, gibt es jetzt offenbar auch im Internet.

In der Tat, ist Hislops Buch wohl in erster Linie eine Kampfschrift gegen die katholische Kirche, die bekanntlich auch in freikirchlichen Kreisen entsprechenden Widerspruch findet, und die meinten jenen Widerspruch bei Hislop schon ausführlicher begründet, vorzufinden. Der Titel der deutschen Übersetzung lautet denn auch, in Wiedergabe dieser Intention:
"Von Babylon nach Rom. Der Ursprung der römisch-katholischen Religion".

Ein Rezensent bei Amazon.de äusserte über dieses Buch:
Die Beweisführung in diesem Buch ist unhistorisch, nicht nachvollziehbar und in keinster Weise mehr nachzuprüfen. Bei dem Versuch die Katholische Kirche als "Babylonische Mysterienreligion" darzustellen, schießt Hislop manche Eigentore. So wird sogar das Kreuz als heidnisch dargestellt. Bezeichnenderweise geben die Herausgeber im Vorwort zu, daß das Werk von diversen Sekten mißbraucht worden ist (Zeugen Jehovas etc.).
Das Werk von Ralph Woodrow sollten diejenigen lesen, die meinen es bei Hislop mit einem ernsthaften historischen Werk zu tun haben. Die "Beweisführung" Hislops wird gründlich und systematisch widerlegt. Historische Wahrheit war und ist keine Stärke der fundamentalistischen Sekten, die die Verbreitung dieses Werkes fördern. Hauptsache der Papst ist der Antichrist!

Ein weiteres dortiges Urteil äußert:
Dieses Buch hat nur einen Zweck: Die römisch-katholische Kirche als heidnische Religion mit babylonischen Wurzeln darzustellen. Ein sehr dickes Buch mit Behauptungen und Fußnoten, die der Leser nicht nachvollziehen kann, sondern nur glauben muß. Das Buch stammt aus dem 19. Jhd. aus England, wo eine extreme anti-katholische Stimmung geherrscht hat. Eine populäre Form dieses Buches hat Ralph Woodrow geschrieben. Nach gründlicher Recherche hat dieser Autor seine und auch die Ansichten Hislops als grundlegend falsch angesehen und einen Widerruf ("The Babylon Connection?") geschrieben. Dies ist umso erstaunlicher, da es sich um einen Fundamentalisten gehandelt hat, die ja nur selten ihre Meinung ändern. Wer dieses Buch für bare Münze nimmt ist an echter Geschichte nicht interessiert. Ein Buch zur Bestätigung von bestehenden und unhaltbaren Vorurteilen.

Wenn die WTG Hislop als Historiker verkauft, dann war wohl auch ein Martin Luther ein "Historiker". Tatsächliche Historiker bescheinigen beiden Persönlichkeiten indes, dass sie genau jenes eben nicht gewesen sind. Unbeschadet ihrer Verdienste auf anderen Feldern.

Nun kann allerdings die WTG zu Recht darauf verweisen, nicht nur Hislop hat behauptet, das Weihnachtsfest habe heidnische Wurzeln. Es wäre meines Erachtens auch müßig, dass im Detail bestreiten zu wollen. Es ist mittlerweile ein kultureller Brauch geworden. Genauso wie für die WTG die Verwendung des Jehova-Namen kultureller Brauch ist, und sie sich davor scheut, sich etwa in "Jahwes Zeugen" umzubenennen. Ebenso scheuen sich die Kirchen am Weihnachtsbrauch grundlegende Kritik zu üben. Im Prinzip haben somit beide Parteien, ihre jeweiligen (unterschiedlichen) "Leichen im Keller".

Dies wird auch deutlich durch die in der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe abgedruckte Polemik gegen den Karneval. Man liest da beispielsweise:
"Beim letzten Karneval stauten sich auf den Straßen längs des Rheins mehr als drei Millionen Menschen, um an dem Fest und Vergnügtsein teilzunehmen. Protestanten wie auch Katholiken schlossen sich der wilden Lustbarkeit an. Die deutsche Strenge gab dem ungestümen Gelächter, der Musik und dem Tanzen nach. Die ganze Atmosphäre erschien fast wie hypnotisch, denn die Massen waren wie hingerissen und standen völlig unter dem Fastnachtseinfluß …"

In beiden Fällen: Weihnachten und Karneval, wird man wohl sagen können. Da wirkt eine gehörige Portion Neid im Hintergrund mit. Beide "kulturellen Bräuche" vermögen Menschen durchaus in gewissem Umfang zu mobilisieren. Es ist sogar ein faktischer Posten der sich in Euro und Cent beziffern ließe. Diese Mobilisierung hätte die WTG natürlich gerne auf ihre Mühlen geleitet gesehen. Weil das so eben nicht klappt, deshalb diese Neidthesen.

Als Antwort auf: Re: 22. 12. 1953 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 22. Dezember 2003 04:33:12:

In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 1. 1954 malt die WTG wieder einmal ein "Schreckenszenario". Nicht ohne Hintersinn dergestalt, dass sie sich dabei als Alternative darstellen will; nach dem Motto: "Seht, so etwas gibt es bei uns nicht". Womit also will der WT der andächtig lauschenden Anhängerschaft das fürchten lehren? Mit dem nachfolgenden:

In den Vereinigten Staaten benutzen die Religionen der Christenheit heute alles mögliche, vom Lutschbonbon bis zum Cowboyfilmstar, um den Kirchenbesuch zu fördern. Von Tag zu Tag werden "Wiederbelebungs"-Versammlungen und Feldzüge unter dem Motto "Zurück zur Kirche!" bekannter. … Kirchen, einschließlich großer Denominationen, finden es schwierig, die Anbeter allein durch ihr Predigen zu fesseln. …

Verschiedene Kirchen in den Vereinigten Staaten rufen ihre umherirrende Herde durch Anzeigen in den Zeitungen zusammen: "WIR BRAUCHEN ZUHÖRER - Männer, Frauen und Kinder werden gesucht, dir auf wenig benutzten Bänken am Sonntagmorgen sitzen." Um die leeren Bänke der Zentralpresbyterianischen Kirche Haverstraws, New York, zu füllen, begann sie einen "Zurück-zur-Kirche"-Feldzug. Neben Kaffee, den es auf der Bahnstation umsonst gab, bot die Kirche ein Truthahn-Essen an, zeigte einen Film kostenlos, veranstaltete einen Maskenball und eine Kunstschau.

Kostenfreies Essen dient als ausgezeichneter Köder, aber vielleicht sind die Lockungen gegenüber jungen Leuten noch erfolgreicher gewesen, wie man sie in Memphis, Tennessee, in einer Methodistenkirche anwandte. Der Pastor eröffnete einen Sonntagabend-"Verabredungs-Balkon" wo Paare verhältnismäßig privat für sich zusammensetzen konnten. Außerdem hatte es den Reiz, daß das Licht sehr trübe war. Ein Matrose, der über diese neue Einrichtung sehr glücklich war, sagte, er fühle sich auf dem schwachbeleuchteten Verabredungs-Balkon mehr "wie zu Hause" als auf regulären Kirchenbänken.

Die Chicagoer 'Daily News' berichteten in ihrer Ausgabe vom 6. Februar 1953:
"Die Kirchen - fast jede protestantische Denomination war vertreten - wurden zum fünften jährlichen internationalen Wettbewerb um den Sonntagsschulenbesuch eingetragen." Die Zeitung beschreibt den in die Höhe gehenden Erfolg der Dreieinigkeits-Methodisten-Kirche in Los Angeles, deren Türen von 2000 Kindern gestürmt wurden, als sich Filmstar Roy Rogers in der Sonntagsschule "eintragen" ließ und sein Pferd Trigger durch den Gang führte. Andere Kirchen fanden heraus, daß eine Lawine mit Picknicktellern der beste Anreiz ist. Die Midwest-Bibelkirche in Chicago teilte Pfannkuchen und Kaffee umsonst aus. Man entdeckte sogar, daß es besonders verlockend war, wenn fast 2000 Luftballons mit Gas gefüllt aufstiegen und ein Zeppelin mit Leuchtbändern der 60 Meter hoch über der Kirche stand, mit Taschenlampen nachts beleuchtet wurde.

Mit der Entschlossenheit den Wettbewerb zu gewinnen, köderte eine Baptistenkirche in Pennsylvanien Kinder mit dem Angebot, daß sie für jedes neue Mitglied ein Billett kostenlos erhielten, womit sie in einem Geschäft am Ort Eiskrem einlösen konnten. Auch wurden freie Pferderitte für regelmäßige Besucher angeboten. Falls die Kinder noch mehr Anreiz brauchten, schaltete der Ortspfarrer jeweils eine Wunderschau ein. …

Eine Kirche, die in Pacific Beach Kalifornien, die Eltern fragte: "Haben Sie Schwierigkeiten, ihre Kinder dafür zu interessieren, regelmäßig die Sonntagsschule zu besuchen?" Wenn ja, dann gab es eine kirchliche Varieté-Veranstaltung, um das Interesse anzufachen. Man nannte es Operation 333, und es war ein Marionettenspiel. Ein baptistischer Prediger gebrauchte jedoch die Varieté-Vorstellung, um alt und jung anzuregen. In seiner Wiederbelebungsversammlung gebrauchte er vier hölzerne Puppen und seine Bauchrednerkunst. Jetzt findet er es leichter, seine Zuhörer nicht nur anzuziehen, sondern sie auch zu halten.

Zum Beispiel kletterte der Superintendent der Ersten Baptistenkirche in Lakewood, Kalifornien, auf einen Eukalyptusbaum, der vor seiner Kirche steht, und sagte, er käme nicht eher herunter, bis in seiner Sonntagsschule mehr als 1000 Anwesende erschienen. Um die Mehrung zu erreichen, mußte er 20 Stunden lang auf dem Baum bleiben!

Aber die Brüder in Christo der Kirche Palmyra wandten eine noch verführerische Methode an, indem sie eine "Schatzjagd" veranstalteten. Fünfzig englische Walnüsse, die einen Streifen Papier enthielten, wurden in der Stadt versteckt. Solche, die eine Nuß fanden, mußten zur Kirche gehen, um sie gegen einen Preis einzulösen. …

Andere Pfarrer sind dazu übergegangen, ihre Herden mit musikalischer Unterhaltung zu locken. Die "Deer Lodge United Church" bei Winnipeg, Manitoba, Kanada, löste das Problem des Kirchenbesuches, indem sie Komiker zur Unterhaltung in die Kirche kommen ließ. Die Jazzkapelle mit einigen führenden Bühnenstars war so erfolgreich, daß Kirchenbeamte erklärten, das Verfahren hätte sich bezahlt gemacht, indem großes Interesse bei jungen Leuten wachgehalten wurde.

Kürzlich haben nämlich Kirchen begonnen, die Einrichtungen der Drive-in-Kinos [Freilichtkino für Autofahrer; man bleibt im Wagen sitzen] nachzubauen. Der Ausflügler, der zum Picknick ausfährt, passiert jetzt Zeichen mit der Aufschrift. "Ehe du deine Sonntagsfahrt machst, fahre hier herein und bete Gott an." Am Abend sind die Drive-in-Kirchen noch verlockender. Eine Kirche in Phoenix, Arizona, eröffnete mit einem Film und schloß mit einer halbstündigen Predigt ab, die auch noch mit farbigen Lichtbildern illustriert war.

Haushoch überlegen, gegenüber solchen von ihr als Verfallserscheinungen interpretierten Erscheinungen wähnt sich die WTG. Wie ist es um diese Überlegenheit tatsächlich bestellt? Vordergründig mag die WTG recht haben, wenn sie meint, wie sie sagt, solche "Mätzchen" nicht nötig zu haben. Vordergründig. Hintergründig indes kann man das durchaus noch etwas anders sehen. Die Abstimmung mit den Füßen findet bei der WTG nicht in dem Umfange statt, wie vielleicht andernorts. Auch das ist unbestritten. Es könnte sich aber erweisen, dass jene Minderheit, die doch noch zu dem Ergebnis gelangt, mit den Füßen abzustimmen, sich als relevanter erweist, als jene, die nur mit vorgenannten Mittelchen noch bei der Stange gehalten werden können. Es könnte sich erweisen, dass jene Minderheit nicht nur sagt. "Das alles gibt mir eigentlich nicht viel - Was soll's also?"
Es könnte sich erweisen, dass jene, die über dieses Status hinaus sind, noch zu ganz anderen Schlussfolgerungen fähig sind.

Dessen ist sich offenbar auch die WTG bewusst, wenn sie in der gleichen "Wachtturm"-Ausgabe in einem "Loyalität gegenüber der theokratischen Organisation" überschriebenen Artikel auch den Satz mit abdrucken lässt:

"Oder wir mögen ungeduldig werden, weil Harmagedon nicht zu dem Zeitpunkt eingetroffen ist, wie wir erwartet hatten, und daran zweifeln, daß Gott die theokratische Organisation benutzt, um sein Volk mit geistigen Wahrheiten zu speisen. Während einer solchen Erprobung zu versagen, würde sich katastrophal auswirken".

Nur noch eine Frage wäre zu stellen:
Katastrophal - für wen?

Geschrieben von Drahbeck am 08. Januar 2004 04:48:38:

Als Antwort auf: Re: 1. 1. 1954 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 01. Januar 2004 04:31:31:

Ein Lexikon notiert:
Als Folge des Japanisch-Russischen Krieges gab es auch ein sogenanntes Protektoratsabkommen, das dem Land Korea aufgezwungen wurde. Die Japaner legten diesen Vertrag sehr extensiv aus und begnügten sich nicht damit, nur die koreanische Außenpolitik zu beherrschen. Als sich in Korea diesbezüglicher Widerstand regte, gingen die Japaner noch einen Schritt weiter und betrieben die faktische Annexion Koreas auf allen Ebenen.

Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges in der Pazifikregion hatten die USA und die Sowjetunion nach der Kapitulation der Japaner vereinbart, Korea am 38. Breitengrad zu teilen. Beide Mächte nutzten ihre Anwesenheit, um ihnen wohlgesonnene Regierungen zu fördern.
Die USA hatten sich im Süden Koreas schließlich für Syngan Rhee entschieden, einen Nationalisten, der gegen die Japaner Widerstand geleistet hatte und in den USA im Exil gelebt hatte.
Mit ihrer Hilfe wurde er "in den Sattel gesetzt", als es schließlich im August 1948 zur offiziellen Gründung des Teilstaates "Republik Korea" (Südkorea) kam.
Dem folgte im September 1948 die ebenfalls offizielle Gründung der "Demokratischen Volksrepublik Korea" (Nordkorea).

Im Jahre 1949 kam es zu einem formellen Rückzug der sowjetischen und amerikanischen Truppen aus beiden koreanischen Landesteilen.
Mit massiver Wirtschafts- und Militärhilfe begannen die USA Südkorea zu einem antikommunistischen Bollwerk auszubauen, zumal sich 1949 in China die Kommunisten durchsetzen konnten. Zu diesem Zeitpunkt vollzog sich in den USA der Wandel von einer Politik des Containment zur Politik des Roll back.

Diese faktische Teilung des Landes gedachte der Norden gewaltsam zu beenden und begann am 25. Juni 1950 mit dem Überschreiten des 38 Breitengrades, was faktisch mit dem Kriegsbeginn des Koreakrieges gleichzusetzen ist.

Die USA waren nicht gewillt, das tatenlos hinzunehmen. Und so verbrachten sie bereits am 1. Juli 1950 vorher in Japan stationierte USA-Truppen nach Südkorea. In der Folge bemühten sie sich ihr eigenes Truppenkontigent zu "internationalisieren". Als Coup gelang es ihnen dabei, ihre eigenen Streitkräfte als die der UN der Weltöffentlichkeit zu verkaufen.
Anfänglich gelang es den Nordkoreanern fast ganz Südkorea zu überrennen, bis auf einen kleinen Rest im Bereich der Hafenstadt Pusan.

Der nächste Schritt datiert ab 15. 9. 1950. Unter massiven Einsatz von Luftlandetruppen, gegen die Nordkorea machtlos war, gelang es der USA-Koalition, zeitweilig von den Nordkoreanern besetzte Gebiete zurück zu erobern. Das Kriegsgeschehen eskalierte. Zunehmend wurden auch chinesische Streitkräfte in das Geschehen involviert. Dies deshalb, weil der US General Mac Arthur, bei seinem erfolgreichen Zurückdrängen der Nordkoreaner nicht vor der chinesischen Grenze halt machen wollte und China am liebsten gleich noch mit "befreien" wollte.

Es gelang den Chinesen diese Angriffe abzuwehren. Allerdings nicht in "wenigen Tagen". Das zog sich in die Länge. Und so hatten die USA den nicht mit beabsichtigten Nebeneffekt verursacht. China aktiv auf den Plan zu rufen. Ohne dieses chinesische Eingreifen, hätte Nordkorea letztendlich, möglicherweise, eine vernichtende Niederlage durch die USA sich eingehandelt. So aber waren die Karten "neu gemischt".

Faktisches Ergebnis des Krieges war dann die vollständige Zurückdrängung der Nordkoreaner aus dem Südkoreanischem Raum und anschließender Verfestigung der Kriegshandlungen zum "Stellungskrieg", ohne das eine Seite irgendwelche wesentlichen Erfolge verbuchen konnte.
Der für das "China-Abenteuer" verantwortliche USA General MacArthur wurde dann auch von USA Präsident Truman am 11. 4. 1951 "geschaßt".

Im Juli 1953 fand der Koreakrieg ein vorläufiges Ende mit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommen. Was keine Ende fand war allerdings die "Eiszeit" zwischen den beiden koreanischen Staaten. 24.000 US-Soldaten, knappe eine Million Chinesen und vermutlich mehrere Millionen Koreaner sind die Kriegstodesbilanz dieses Krieges.

Ein Ziel der USA Politik, das Roll back dem Kommunismus, wurde zumindest zeitweilig damit erreicht. Vorerst verzichteten die Kommunisten auf weitere Expansionen. Eine Neuauflage dieses Stellvertreterkrieges sollte die Welt allerdings schon ein rundes Jahrzehnt später erleben, beim Vietnamkrieg. Letzterer kann hier jetzt aber nicht das Thema sein.

Dennoch hat man zu sagen, dass sich auch in den USA, nach dem Koreakrieg ein gewisser "Katzenjammer" breit machte. Nordkorea, China, bestanden weiter, wenn auch vielleicht geschwächt. Das "am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen" hatte vorerst gewisse Grenzen aufgezeigt bekommen. Eine zeitgenössische Reflektion dieses amerikanischen Katzenjammers kann man auch in der Zeugen Jehovas-Zeitschrift "Erwachet!" vom 8. 1. 1954 begegnen.
Etwa wenn man darin auch solche Sätze lesen kann wie:

"Aber der Koreakrieg hat noch eine andere Seite. Im Nachrichtenbrief 'In Fact' vom 14. August 1950 heißt es: 'Die westeuropäischen Nationen und die USA haben sich verpflichtet, eine Wiederaufrüstung der faschistischen Nationen nie zuzulassen und den faschistischen Nationen nie zu gestatten, eine Armee aufzubauen. Als der koreanische Krieg ausbrach, wurde alles anders. Der amerikanische Senat und das Staatsdepartment - die Verwaltung - bewaffnet jetzt die drei Mitglieder der faschistischen Internationale: Deutschland, Japan und Spanien. …
Die japanischen Kriegstreiber kommen wieder zur Macht. Auch die deutsche Armee soll wieder erstehen. …Nazi-Deutschland und Japan unterzeichneten im Jahre 1936 den Antikomintern-Pakt, um Rußland mit einem stählernen Festungsgürtel zu umgeben. Jene Strategie führte später zum Zweiten Weltkrieg."

Keinesfalls "neutral" ist "Erwachet!" wenn es die eigene redaktionelle Meinung vertritt:
"Der UNO fehlte der nötige Mut, Sowjetrußland entgegenzutreten, weil es den gemeinsamen Feind - die kommunistischen Chinesen und die Armeen der kommunistischen Nordkoreaner - unterstützte. … Hat (Süd)Korea …unedel gehandelt, weil es als Verbündeter sein gutes Recht verteidigte, sich gegen solch handgreifliche Winkelzüge (der Nordkoreaner) zu wehren? … Was hat die UNO zustande gebracht? Sie hat verfehlt, die Hauptangreifer in die Schranken zu weisen. Durch Einschüchterung zwang sie das Hauptopfer des Angriffs, zwischen einem unehrenhaften Waffenstillstand und nationalem Selbstmord zu wählen."

Wie man sieht: Auch "Erwachet!" macht sich die These von einem "unehrenhaften Waffenstillstand" zu eigen. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die USA sich ein anderes Endergebnis gewünscht hätten. Hitler hätte sich im April 1945 sicherlich auch ein anderes Endergebnis gewünscht. Weil die Wirklichkeit indes nicht mit seinen Wünschen konform ging, "löste" er für sich das Problem durch das Herunterschlucken von Zyankalikapseln.

Wer nach dem Ende eines "unehrenhaften Waffenstillstandes" weiter betont dieses "unehrenhaft" zur Schau stellt. der muß sich fragen lassen, was er denn wohl damit bezwecken will. Doch wohl dies eine. Revanche zur "gegebenen Zeit". Also die Reaktivierung eines McArthur, der schon zeitgenössisch gefordert hatte: Jetzt müssen wir wieder die Atombombe einsetzen und darüber "gestolpert" war.

Diese Geschäfte unterstützte auch "Erwachet!" mit seiner kommentierenden Berichterstattung! McArthur wähnte, wenn die Atombomben über China und Korea abgeworfen würden, so sei das eigene Land, die USA nicht davon betroffen. Er glaubte also einem "Schrecken ohne Ende" mit einem "Ende mit Schrecken" lösen zu können.

Auch die Nordkoreaner wähnten sich mal zeitweilig auf der Siegerstraße, als sie fast ganz Südkorea schon überrannt hatten.
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!
Auch die zeitgenössische WTG propagierte die MacArthur-Linie. Ihr illusionärer Hoffnungstropfen dabei das "unmittelbar bevorstehende göttliche Eingreifen".
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!

Noch ein Kommentar sei aus jener "Erwachet!"-Ausgabe zitiert. Das Ende des Koreakrieges lief zeitsynchron mit einem Wechsel des Amtsinhabers im "Weißen Haus". Aus einer Wahlkampfrede des neuen dortigen Statthalters zitiert "Erwachet!" die Worte Eisenhowers:
"Das Jahr 1929 war (in den USA) das letzte Jahr einer wirtschaftlichen Blüte in Friedenszeiten. Die Wirtschaftslage, wie sie von jener Zeit an bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 herrschte, konnte nicht als gesund bezeichnet werden. Im Grunde genommen löste der New Deal das Arbeitslosenproblem nicht. Im Jahre 1939, nach einem siebenjährigen Heilversuch mit dem New Deal, gab es in Amerika immer noch 9 ½ Millionen Arbeitslose … Dann kam der Zweite Weltkrieg. Er kurbelte die amerikanische Wirtschaft an, und die Arbeitslosigkeit verschwand. Was dem New Deal nicht gelang, gelang dem 2. Weltkrieg … Gerade als die kriegsbedingte Warenknappheit langsam zum Verschwinden gebracht worden war und die Konjunktur sich rückwärts bewegte, brach der Koreakrieg aus, und die der Verteidigung dienende Produktion belebte wiederum die Wirtschaft." - New Yorker Times, 3. Oktober 1952

Das Dilemma der Regierung Truman war also, wählen zu müssen zwischen Krieg und einer Wirtschaftskrise. …
Der Notstand und das Wettrüsten wehren dem Kommunismus. Der Kommunismus gedeiht auf dem Boden der Armut. Deshalb kann er für sich so große Erfolge buchen … Die Massenarbeitslosigkeit liefert ihm einen guten Nährboden. Daher wäre eine Krise für die Kommunisten von größtem Vorteil; je größer die Krise, desto vorteilhafter für sie. Die Kriegsfurcht und das Wettrüsten beschaffen Arbeit und halten so den Kommunismus in Schach. Gewisse Staatsmänner, die die 'freie Wirtschaft' befürworten, mögen sogar der Meinung sein, ein Krieg oder die Kriegsgefahr sei einer solchen Krise, wie sie in den dreißiger Jahren herrschte, vorzuziehen."

Zu jenem Eisenhower wäre noch anzumerken, dass er am Ende seiner Amtszeit als USA-Präsident in seiner Abschiedsrede vor dem zunehmenden Einfluß des "militärisch-industriellen Komplexes" warnte. Wo steht die WTG diesbezüglich eigentlich? Sie ist ein unbestrittener "Meinungsbildner" bei einem nicht zu unterschätzenden Ausschnitt im "religiösem Spektrum". Nochmals die Frage: Wo steht die WTG diesbezüglich?

Analysiert man ihre Berichterstattung in Sachen Koreakrieg muß man wohl sagen. Sie steht de facto auf der Seite des militär-industriellen Komplexes der da auch den "unehrenhaften Waffenstillstand" bejammerte und publizistische Schützenhilfe erhielt von einer Zeugen Jehovas-Zeitschrift!

Geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2004 02:40:02:

Als Antwort auf: Re: 8. 1. 1954 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 08. Januar 2004 04:48:38:

Pharisäerhaft stellt die WTG im "Wachtturm" vom 15. 1. 1954 eine andere große Religion an den Pranger: Den Hinduismus. Offenbar in Kontinuität zu dem 1953 erschienenen WTG-Buch "Was hat die Religion der Menschheit gebracht?" Der vorgetragenen Kritik am Hinduismus kann man sich nicht entziehen. Es wäre töricht, diese Kritik als "unberechtigt" anzusehen. Das ist sie sicherlich nicht. Der Punkt ist allerdings der: Ist die WTG wirklich "besser"?

Die genannten Kritikpunkte kann man in der Tat nicht schematisch auf die WTG übertragen. Eines wohl aber doch. Den Dogmatismus, der um der Dogmen willen, zu weit geht.
Beispiel: Die aus einer ursprünglichen Impfgegnerschaft entwickelte, auch die Ablehnung von Bluttransfusionen in Notfällen beinhaltende WTG-Blutdogmatik.
Dem Hinduismus wirft (auch die WTG) vor, mit seinem Kastenwesen, eine vernünftige gesellschaftliche Entwicklung zu blockieren.

Und? Was ist mit dem WTG-Dogma vermeintlicher "Politiklosigkeit", die genau ein ähnliches Resultat zeitigt? mag man da nur fragen.
Es ließen sich noch mehr relative Vergleiche heranziehen. Stichwort: Witwenverbrennung im Hinduismus. Und was ist mit der sozialen Ächtung jener, die lügenhafte WTG-Dogmen nicht mehr mitzutragen vermögen?! Die Beispiele ließen sich vermehren. Wie gesagt: Das alles ist keine "Entlastung" für den Hinduismus, aber auch kein Pluspunkt für die WTG.

Im einzelnen las man in diesem WT-Artikel unter anderem:
"Bis die englische Regierung die alte Hindu-Einrichtung der Sutti mit Gewalt unterdrückte, warfen sich jährlich Hunderte von Hinduwitwen lieber auf die Bestattungsscheiterhaufen ihrer verstorbenen Gatten, indem sie die Flammen so umschlangen, dass sie ihren Leib verbrannten, als dass sie sich der lebendigen Hölle einer Hindu-witwenschaft auslieferten. Mögen unsere Hindufreunde uns doch sagen, was ihre Religion für die Hinduwitwe und besonders für die Kindwitwe getan, denen der Kopf nach Verbrecherart geschoren, der Schmuck geraubt wurde! Sie wurden in Lumpen gekleidet, auf die Stellung von Sklaven herabgesetzt, in einem schlimmeren Maße, als wir es fassen könnten; sie wurden zum gemeinen Arbeitstier und Gassenkehrer der Familie gemacht und oft zu noch Schlimmeren und Unaussprechlichem benutzt. Auf diesem Niveau und in diese Verhältnisse sank die arme Witwe unter der Gutheißung des Hinduismus herab. Erst vor zwei Jahren [1891] wurde die englische Regierung dringend gebeten, das gesetzliche Alter, mit welchem eine Hindufrau heimgeführt werden darf, auf zwölf Jahre zu erhöhen. Das Anfüllen christlicher Hospitäler mit mißbrauchten kleinen Mädchen, die kaum aus der ersten Kindheit heraus sind, wurde so überaus abscheulich, dass die Regierung einschreiten und diesen Verbrechen, die im Namen der Religion begangen wurden, ein Ende machen mußte. Die Erregung hierüber war in Indien so groß, dass eine religiöse Revolution, die fast zu einem neuen Aufstand geführt hätte, drohte." - Der Krieg von Harmagedon, C.T. Russell, S. 170-171.

"Nicht nur in sittlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Beziehung ist der Hinduismus für die Bevölkerung Indiens wie ein Meltau gewesen und ist es noch. Bis die neue indische Regierung eine Prämie auf jeden Affenkopf festsetzte, fraßen die Affen täglich Lebensmittel im Betrage von 2 Millionen Dollar und zerstörten überdies jährlich drei Milliarden Tonnen Getreide. Die Affen werden als heilig angesehen, und so sind sie fett und glänzend geworden, während die Menschen verhungerten. Pfauen, die viel kostbares Getreide verzehren, werden ebenfalls als heilig betrachtet. Auch Schlangen werden als heilig angesehen, und nur daran zu denken, sie zu töten, wird für Sünde gehalten, obwohl sie jährlich den Tod von 50 000 Indern verursachen.

So wie sich eines der hervorragendsten Glieder der größten politischen Partei Indiens ausdrückte, ist 'der Schutz der Kuh ein Teil indischer Kultur, und daher … sollte der Kuh völliger Schutz zuteil werden, auch wenn dies zum Zusammenbruch der Wirtschaft des Landes führt'. Es wird als Sünde angesehen, eine Kuh zu töten, ungeachtet wie alt und krank sie sei und wie unprofitabel es ist, sie zu behalten. Indien prahlt damit, etwa 215 Millionen Stück Vieh zu haben, aber es hungert, weil das Rindfleisch seiner Bevölkerung wegen ihrer Religion zuwider ist.

Das Karma oder der Fatalismus veranlaßt den Hindu, dasselbe zu tun, was schon sein Vater tat, ungeachtet, wie unpraktisch es ist. Wegen des Karmas werden zehn Rechtsanwälte ihre Praxis ausüben, wo nur einer nötig wäre; wegen des Karmas werden Europäer oder wohlhabende Inder sechs bis zehn Hausdiener statt nur zwei haben: wer kocht, darf nicht den Tisch decken; wer den Tisch deckt, darf nicht den Boden fegen; wer den Boden fegt, darf nicht Kleider waschen; wer Kleider wäscht, darf nicht den Wagen waschen usw. Warum denn nicht? Dies zu tun, bedeute, die Kaste zu verletzen, was in Indien das soziale Verbrechen ersten Ranges ist. Beiläufig bemerkt, hat Indien auch zehn Millionen religiöse Bettler, die nichts produzieren.

Dass die geistige Einstellung der Hindus an der mißlichen Lage Indiens schuld ist, zeigt sich aus dem, was Maurice Zinkin in der April-Juni-Nummer 1952 des 'India Quaterly' schrieb. Seinen Ausführungen gemäß, möchten viele unterentwickelte Länder materiellen Wohlstand haben, aber sie sind nicht bereit, ihre geistige Einstellung zu ändern, um dies möglich zu machen. Nachdem der erwähnte Schreiber gesagt hat, der Inder betrachte einen Rechtsanwalt oder einen untergeordneten Staatsangestellten als ehrenwerter denn einen Verkaufsdirektor oder einen Fabrikingenieur, fährt er fort und sagt:

'Auch die Einstellung der Arbeit gegenüber benötigt eine Änderung. Unter einer Kokospalme nachzusinnen, sei eine bessere Art, die Seele [?] zu entwickeln, als Steine zu tragen für ein neues Eisenbahnbett. Gesellschaften aber, in denen nur lässige Muße betont und Arbeit bloß als unangenehme Pflicht betrachtet wird, die man so schnell als möglich erledigt, mögen hochbeseelt sein, werden aber nie reich werden. …

Mr. Zinkin tritt für die Schulbildung ein, doch gemäß den Worten des Premierministers Nehru von Indien macht dies die Sache nur noch schlimmer. … 'In einem Lande, wo 80% der Bevölkerung von Ernten abhängig sind, die unter großen Anstrengungen aus einem unergiebigen Boden durch veraltete Methoden hervorgebracht werden müssen, besteht eine naturwidrige Revolte gegen die gewöhnliche schwere Arbeit, und Mr. Nehru sieht diese Lage als verzweifelt an. Er betrachtet es als sehr entmutigend, dass im gegenwärtigen Indien fast jeder Bauer, der etwas Bildung empfangen hat, die Farm verlassen will, um ein Babu oder Arbeiter mit weißem Kragen zu werden.'"

Wie ausgeführt, stammt dieses Zitat aus dem Jahre 1954. Damals war Computertechnologie noch nicht angesagt. Zieht man letztere mit heran, und berücksichtigt die Meldung, dass gar vor einiger Zeit die Bundesrepublik Deutschland indischen Computerspezialisten Sonderkonditionen einzuräumen bereit war; kann man vorstehenden Text vielleicht in einigen Passagen als veraltet ansehen. Was wohl nicht veraltet ist. Das notwendige bekämpfen des Dogmatismus. Egal ob bei dem Hinduismus oder den Zeugen Jehovas!

Geschrieben von Drahbeck am 22. Januar 2004 01:53:55:

Als Antwort auf: Re: 15. 1. 1954 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2004 02:40:02:

Aus der katholisch geprägten Provinz Quebeck in Kanada, vermeldet "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 1. 1954 eine "Siegesfanfare". Laut Untertitel jenes Artikels wurde die "Widerrechtliche Handlung eines Klerikers von katholischem Richter mißbilligt."
Getreu der Einsicht aller Kolonialherren, den "dummen Eingeborenen" müsse erst mal "Kultur" beigebracht werden, vermeldet "Erwachet!":
"In Val Senneville (einem Dorf in der Provinz Quebeck) waren einige Zeugen Jehovas in aller Stille von Haus zu Haus gegangen und hatten die Leute zum Bibelstudium ermuntert."
"Erwachet!" belehrt weiter:
"Das Bibelstudium wird von der katholischen Bevölkerung stark vernachlässigt. Meistens besitzen die Leute nicht einmal eine Bibel, und an vielen Orten wird ihnen sogar das Lesen der Bibel verboten."
"Erwachet!" reflektiert allerdings nicht, wie denn das angebotene "Bibelstudium" in der Praxis aussieht; nämlich im "Studium" von der WTG verbreiteter Publikationen, wobei die tatsächliche Bibel da eher die Rolle eines unbedeutenden Statisten einnimmt.

Wie auch immer. Der im gleichen Ort ansässige katholische Pfarrer, wertete das ganze als "geschäftsschädigend" für sich. Mehr noch; er ließ es nicht bei dieser Einschätzung bewenden, sondern ließ sich zum handeln hinreißen. Das liest sich in "Erwachet!" dann so:
"Er war wütend darüber, dass jemand kommen und 'seinen' Schäfchen die Bibel erklären wollte. Er befahl ihnen, das Dorf zu verlassen, drohte, sie von der Bevölkerung hinausjagen zu lassen, ja sogar sie umzubringen, wenn sie nicht gingen. Um seinem Befehl Nachdruck zu verleihen, zog er Handfesseln und ein Polizeiabzeichen hervor, wodurch er sich den Anschein geben wollte, ein Beamter zu sein. Dies entsprach jedoch nicht der Wahrheit, und wurde ihm später zum Verhängnis. …
Pfarrer Beland spielte den beleidigten Unschuldigen und gab vor, er habe, als er den Zeugen Jehovas gebot, das Dorf zu verlassen, nur versucht, den Frieden zu wahren. 'Das Volk hätte in Erregung geraten und einen Tumult auslösen können!' Die Tatsachen zeigen jedoch, dass er der einzige war, der sich aufgeregt hatte. Die Bevölkerung hatte sich ruhig verhalten. Beland schwor, es hätten sich viele bei ihm über die Tätigkeit der Zeugen Jehovas beschwert. Im Kreuzverhör nannte er einen Namen und sagte, die anderen seien ein Berufsgeheimnis; worauf Richter Felix Allard erklärte, es gebe kein Berufsgeheimnis hier, und ihn aufforderte, zu antworten.

Nun änderte sich die Sache: 'Glücklicherweise' konnte er sich nicht mehr an die Namen, welche vorher ein Geheimnis gewesen waren, erinnern."

Wie man unschwer erraten kann, hatte sich der genannte Priester eine saftige Niederlage eingehandelt. Dies ist natürlich "Erwachet!" eine Siegesfanfare wert. Und so erhebt man denn zum Schluss des Artikels den erhobenen Zeigefinger und verkündet:
"Dieses Urteil soll anderen Priestern als Warnung dienen …"

Ach ja. Das alles spielte sich Anfang der 1950er Jahre ab. Inzwischen ist ein halbes Jahrhundert Zeit vergangen. Und einiges hat sich in dieser Zeit verändert. Dennoch, irgendwie scheint mir, dieser "Präzedenzfall" hat seine Aktualität noch nicht verloren, wenn auch unter anderen Vorzeichen.
Wir leben jetzt im "Internetzeitalter". Die eingangs genannten Kolonisatoren sind darin zwar auch vertreten; aber auch ihre Kritiker. Und manchem der im Geiste der Kolonisatoren Erzogenen, überfällt gelegentlich ein ähnliches Gefühl, wie dem genannten Priester, der seine Unüberlegtheit letztendlich teuer bezahlt hat.
Es mag sich jeder seinen eigenen weiteren Reim darauf machen, wie dieser neuzeitlichere Vergleich im Detail wohl gemeint sein kann. Nicht alles muss dem Leser vorgekaut werden. Er kann dazu auch seine eigenen "Verdauungswerkzeuge" benutzen!

Geschrieben von. D am 19. Dezember 2003 03:44:34:

Als Antwort auf: Heinrich Kurlbaum geschrieben von D. am 22. Juli 2003 06:56:01:

Es geht um die Person des Heinrich Kurlbaum aus Oberlübbe. Er hatte sich an der Deutschen Ostfront geweigert, eine Waffe in die Hand zu nehmen. Dafür wurde er zum Tode verurteilt und am 15. Mai 1944 hingerichtet. Kurlbaum hatte der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas angehört. ...
Kurlbaum war im März 1943 ... zum Reichskriegsgericht in Berlin gebracht worden. Vor Gericht willigte er ein, sich zum Brückenbaupionier ausbilden zu lassen. Diese Ausbildung fand in der Simeonskaserne statt – von wo aus Kurlbaum später an die Ostfront verlegt wurde. ...

Geschrieben von Drahbeck am 19. Dezember 2003 11:42:21:

Als Antwort auf: Re: Heinrich Kurlbaum geschrieben von D. am 19. Dezember 2003 03:44:34:

In einem Forumsbeitrag vom 17. 12. gelesen:

Ich (der dortige Forumsschreiber) habe mich Mitte der 1980er mit den Zeugen Jehovas intensiv auseinandergesetzt, die Gemeinde war natürlich hocherfreut einen interessierten und wißbegierigen jungen Mann missionieren zu können. Die Begeisterung ebbte dann ab, als ich ihnen zwei Funde präsentierte: Anweisungen der Wachturm-Ges. aus den USA an die Schweiz und nach Deutschland, welche sich hinsichtlich der Wehrdienstverweigerung widersprechen: Den Schweizer ZJ wurde empfohlen, den Wehrdienst _nicht_ zu verweigern (wegen dem grundsätzlich positiven Image der Armee in der Schweizer Bevölkerung und auch dem Unverständnis von Schweizer ZJ, _nicht_ in der Armee zu dienen), und den deutschen ZJ natürlich eben doch die Verweigerung. Die Anweisungen stammen aus der Zeit des 2. Weltkriegs …

Wie man eben las, "ebbte dann die Begeisterung ab".
Ja so ist das halt (auch) bei den Zeugen Jehovas. Die Fassade ist alles. Einen Blick dahinter tun sollte man lieber nicht.
Da bietet es sich doch auch mal an zu fragen: Heinrich Kurlbaum. Was weiß man näheres über ihn? Schon mal merkwürdig. In der WTG-Literatur tauchte dieser Name bisher nicht auf. In der Stadt Minden macht sich besonders der dortige "Versöhnungsbund" für die Straßenumbenennung "stark". Eine zu ihr gehörende Persönlichkeit: Kristan Kossack. Wie ist Kossack ansonsten "organisatorisch angebunden"? Nicht bei den Zeugen Jehovas.

Waren nur Zeugen Jehovas organisierte Wehrdienstverweigerer im Hitlerregime? Die paar Fälle aus dem Bereich der "Großkirchen" kann man ja nicht als "organisiert" bezeichnen. Das waren einsame Entscheidungen ihrer Akteure. Die jeweiligen Kirchen haben sie nicht gestützt. Die sind ihnen eher noch in den Rücken gefallen.
Gleichwohl gab es noch eine weitere Religionsgemeinschaft.
Eine adventistischen Minderheitsgruppe, die im ersten Weltkrieg für die Wehrdienstverweigerung optierte, in der Folge sich dann von der Hauptgruppe (den Siebenten Tags Adventisten) trennte und bis heute die Separation beibehalten hat.

Die betrieb allerdings in der Weimarer Republikzeit kein "Klinkenputzen". Folglich beschränkte sich ihr Aktionsradius mehr oder weniger auf den Anfangsbestand, vielleicht durch familiären Zuwachs gelegentlich etwas erweitert. Auch der WTG wäre es nicht anders ergangen, hätte sie nicht konsequent das Klinkenputzen eingeführt und durchgepeitscht, Das wissen die Brooklyner Strategen nur zu genau. Deshalb nehmen sie es auch weiterhin in Kauf, trotz aller Uneffektivität, trotz der immer größer werdenden Diskrepanz zwischen "Aufwand und Ertrag", an diesem System festzuhalten.

Das galt nicht für die Reformadventisten. Folglich blieben sie eine weit kleinere Gruppe. In der Größenordnung noch nicht mal in Tausende zu zählen. Aber ihre Kleinheit beinhaltet auch, dass natürlich sie keine Zahl von rund 250 Wehrdienstverweigerern, aktenkundig stellen konnten.

Gleichwohl sind auch aus dieser Gruppe mindestens zwei Fälle namentlich bekannt, die im Endergebnis zur Hinrichtung führten. Das Jahrbuch 2002 des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstandes nennt ihre Namen. Julius Ranacher und Anton Brugger, beide 1942 bzw. 1943 hingerichtet.

Auch die Biographie von Kurlbaum ist wohl nicht die einer "Bilderbuch-Biographie".
Verfolgt man die vorliegenden Berichte, so ist er 1926 im Alter von 25 Jahren den Bibelforschern beigetreten. Im Jahre 1943 wurde er zur Wehrmacht einberufen. Nach seiner Einberufung zum Bau Pionier Bataillon 6 in Minden im März 1943 wurde er zunächst im Mindener Militärgefängnis festgehalten worden, bevor er wegen seiner Weigerung den Fahneneid abzulegen, vor das Reichskriegsgericht in Berlin kam. Nachdem ihm in Berlin versprochen worden war, dass er als Brückenpionier nicht zur Waffe greifen müsste, hatte Kurlbaum den Eid abgelegt und den Wehrdienst angetreten, was ihn zunächst vor der drohenden Todesstrafe bewahrte.

Vor den Richtern hatte Heinrich Kurlbaum eingewilligt, sich zum Brückenbaupionier ausbilden zu lassen. Die Ausbildung erfolgte beim Mindener Brückenbau-Pionierbataillon 2, das in der Simeonskaserne untergebracht war.
Anschließend war Heinrich Kurlbaum an die Ostfront verlegt worden. Weil er sich dort geweigert hatte, eine Waffe in die Hand zu nehmen, wurde er feldgerichtlich zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet. Dazu heisst es im Detail:

1944 verurteilte ihn ein Feldgericht wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode - er hatte sich beim Einsatz an der Ostfront geweigert, während eines feindlichen Angriffs ein Gewehr in die Hand zu nehmen. Gegenüber den Militärrichtern erklärte Kurlbaum später, dass er sich mit erhobenen Händen ergeben hätte und bereit sei, für seinen Glauben zu sterben. Am 15. Mai 1944 wurde die Todesstrafe vollstreckt.

Geschrieben von B am 19. Dezember 2003 13:40:38:

Als Antwort auf: Re: Heinrich Kurlbaum geschrieben von Drahbeck am 19. Dezember 2003 11:42:21:

Die Gewissensnot von Kurlbaum macht der WTG offenbar zu schaffen. War sein Verhalten nicht eindeutig genug. Kompromissbetereit war er. Schließlich ist Kurlbaum ja auch ein Beispiel dafür, dass es Zeugen Jehvoas als Soldaten im Zweiten Weltkrieg gab. Der Soldat Kurlbaum diente in Uniform im Zweiten Weltkrieg in der Hitlerarmee, war bekennender Zeuge Jehovas, nicht ausgeschlossen und ZJ haben sich auch heute nicht distanziert. Es erscheint ihnen heute offenbar orportun zu sein, über den Umstand hinweg zu sehen, dass Kurlbaum ZJ war, als er Soldat wurde.

Dafür hat ein ZJ eigentlich ins Gefängnis gehen oder sich erschießen zu lassen, bevor er den Kompromiss einging, Soldat ohne Waffe zu sein. Oder?

Wie war das in der DDR?

Wie ist das heute, wenn ein ZJ Soldat ohne Waffe wäre? Würde er nicht ausgeschlossen werden?

Kein gutes Beispiel.

Apostuliert der Wachtturm doch einen bedingungslosen Gehorsam.

Und da passt Kurlbaum nun wirklich nicht in das Klischee eines bedingunslos gehorsamen ZJ.

Was mir aufgefallen ist: Die Sache wird juristisch begleitet:

Diese Argumentationen nennt der Mindener Rechtsanwalt Bernd Brüntrup ....

Sicherlich macht Herr Brüntup alles aus persönlicher Überzeugung.

Der "Fall Kurlbaum" ist für ZJ bestimmt nur im Erfolgsfalle interessant und dann ganz sicher nur mit einer ganz engen Betrachtung:

Als ZJ wegen Verweigerung des Waffendiesntes zum Tode verurteilt.

Doch nach eingeneder Betrachtung komme ich zum Schluss, dass Kurlbaum nach den damaligen "Glaubens"-Ansichten wie sie ZJ in Deutschland damals vorgegeben wurden, ausgeschlossen worden wäre. Womöglich bezeichnete er sich selbst als ZJ und war keiner Gruppe angehörig? Oder man hat ihn wegen seiner "Gewissensentscheidung" die einen Dienst als Soldat zuließ geschnitten?

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