Geschrieben von D. am 02. Mai 2003 07:20:24:

Hemminger, früher Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauuungsfragen. Einer jener, die den Umzug der EZW von Stuttgart nach Berlin nicht mitgemacht haben und es als Konsquenz lieber vorgezogen haben, ihr dortiges Dienstverhältniss zu beenden. Hemminger heute also im Dienst der Württembergischen Evangelischen Kirche, hat sich mit einem interessanten Text einmal zu Wort gemeldet, auf dem man in Zusammenhang der aktuellen Auseinandersetzung um den Herrn Lönnig auch einmal hinweisen sollte.

Geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2003 15:10:25:

Als Antwort auf: Re: Dreistes Propagandastück geschrieben von D. am 02. Mai 2003 08:15:54:

Worum es beim Fall Wolf-Ekkehard Lönnig auch noch geht.
Lönnig, Zeuge Jehovas, beruflich in Köln am Max Planck Institut für Züchtungsforschung tätig, sieht sich massiven Angriffen ausgesetzt. Namentlich haben seine Kritiker derzeit erreicht, dass 98 Prozent seiner vordem auf der Instituts-Homepage publizierten Arbeiten, nicht mehr auf selbiger zugänglich sind. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen bietet sie Lönnig aber auch nicht auf seiner privaten Homepage dar, was ja auch möglich wäre. Dort offeriert er nur die alten, nicht mehr funktionsfähigen Links zur Homepage des obigen Institutes.

Einen besonderen Gegner mein Lönnig auch wahrgenommen zu haben. Den Kasseler Biologieprofessor Ulrich Kutschera, der sich im besonderen für die Sperrung der Lönnig'schen Ausführungen auf der Instituts-Homepage stark gemacht hat.
Es kann kein Zweifel darüber bestehen: Lönnig und Kutschera vertreten in der Sache unterschiedliche Auffassungen. Kutschera lässt auch keinen Zweifel darüber, warum er sich denn so betont mit Lönnig "angelegt" hat. Dazu ein Zitat aus einem Kutschera-Votum:

"Der traurige Zustand der Evolutionslehre in den USA ist ein Beleg dafür, dass Wissenschaft und Glaube nicht durchmischt werden sollten. Das hierbei gebildete 'Gebräu' schmeckt keiner Seite und ist insbesondere für aktive Evolutionsforscher (die darüber hinaus die aktuelle Literatur kennen) ungenießbar."
Um dieses Kutschera-Urteil besser verstehen zu können, vielleicht ein kleiner geschichtlicher Rückblick. In einem zusammenfassenden Referat formulierte etwa Hansjörg Hemminger dazu:

"Einen ersten Höhepunkt seines Einflusses erlebte der Kreationismus in den USA in den zwanziger Jahren. Zwischen 1921 und 1929 wurden in 31 Staaten Gesetzesvorlagen eingebracht, die es verboten, die Evolutionstheorie an Schulen zu unterrichten. In einigen Südstaaten wurden die Vorlagen Gesetz. Es sei daran erinnert, dass die selbe politische Grundstimmung damals die Zeit der Prohibition in den USA einleitete: Es ging um die Bibel als Quelle einer traditionellen bürgerlichen Moral. Zum nationalen Showdown der Befürworter und Gegner kam es beim sogenannten Affenprozess von Tennessee. Ein Lehrer namens John D. Scopes war angeklagt, entgegen dem Verbot die Abstammung des Menschen vom Affen gelehrt zu haben.
... Ähnlich agiert 'The Creation Science Association for Mid-America' (CSA) in Kansas. Alle Übel der Welt, Kriminalität, Unmoral und sogar die 'hundert Millionen Toten des zweiten Weltkriegs' werden der sogenannten Evolutionslüge angelastet. Der Anspruch, selbst 'reborn christians' zu sein, verbindet sich im Mittelwesten anscheinend recht leicht mit einem politischen Fanatismus, der seinesgleichen sucht."

Die Gefahr, dass solche Zustände auch hierzulande Einzug halten könnten, sah Kutschera als durchaus gegeben. Und wenn sie zwar noch nicht bundesrepublikanische Wirklichkeit generell sind, so hieß für Kutschera die Devise offenbar auch: "Wehret den Anfängen".
Als seinen Widerpart erkor Kutschera dabei nun insbesondere den Herrn Lönnig.
Hat er sich da den richtigen ausgesucht?

Nun dies dazu. Fritz Poppenberg, seines Zeichens Filmemacher. Mit Sicherheit kein "neutraler" Filmemacher. Ein Filmemacher, der auch in aktiver Geschäftsbeziehung zu den Zeugen Jehovas steht. Von selbigen auch schon diverse male zu ihren vermeintlichen "Standhaft"-Veranstaltungen eingeladen und anderes mehr.
M e h r als 50 Prozent seiner über die eigene Firma vertriebenen Videos sind eindeutig Zeugen Jehovas spezifischen Themen gewidmet. Was ihn nicht daran hindert auch mit anderen Evangelikalen zu kungeln. Namentlich über das Evolutionsthema. Poppenberg hat zu letzterem zwei Videos im Angebot. Das erste 1999 gedreht, zeigt auch Filmaufnahmen aus dem Ernst Häckel-Haus in Jena. Dessen Direktor, Herr Breidbach, fühlte sich offenbar von Poppenberg "geleimt", wie man dies nachträglichen Stellungnahmen dazu entnehmen kann.

Dazu zitiert Martin Neukamm unter anderem:
"Doch POPPENBERG hatte behauptet, eine TV-Ausstrahlung des Films wäre nicht vorgesehen, so daß eine abschließende Einsichtnahme durch die Mitarbeiter des Ernst-Haeckel-Hauses nicht zustande kam. Während man allgemein das Projekt für beendet hielt, wurde der Film indes ohne das Wissen Außenstehender fertiggestellt, in Umlauf gebracht und schon seit über einem Jahr in der Kreationistenszene als Lehrstück gegen die Abstammungslehre vertrieben. Das Ernst-Haeckel-Haus hatte jetzt durch Zufall von einem Kollegen erfahren, daß der Film eben doch existiert. ..."

Noch etwas. Poppenberg ist natürlich persönlich k e i n ausgewiesener Wissenschaftler in Evolutionsfragen. Er ist also auf entsprechende sachkundige Beratung angewiesen. Und sie erfolgte durch den Herrn Lönnig; der in beiden Videos auch mit entsprechenden persönlichen Statements in Erscheinung tritt. In diesen Videos wird er allerdings nur als Mitarbeiter des obigen Institutes vorgestellt. Über seinen religiösen Hintergrund indes erfährt man dort nichts. Den indes haben nun die Kutschera usw. offengelegt, und im Verfolg dieser Auseinandersetzung hat sich auch Herr Lönnig dazu bekannt, Zeuge Jehovas zu sein.

Kutschera hatte also in seiner Aversion gegen die amerikanischen Zuständen, durchaus den "richtigen Riecher", wenn er sich auf Lönnig "einschoß". Ohne Lönnig, das dürfte wohl klar sein, gäbe es die beiden Poppenberg'schen Evolutionsvideos von Jehovas Zeugen und der Evangelikalen Gnade, nicht. Lönnig ist als ihr spiritus rector anzusprechen. Natürlich kommen in diesen Videos noch ein paar andere zu Wort. Breidbach wurde schon genannt, der sich von Poppenberg "über den Tisch gezogen" fühlt.
Zu nennen ist da besonders noch Siegfried Scherer. Über letzteren äußert der Theologe Hemminger bezugnehmend auf die deutschen Verhältnisse und wer hierzulande besonders als Anti-Evolutionist in Erscheinung tritt:

"Das wichtigste Produkt ist das Schulbuch 'Entstehung und Geschichte der Lebewesen' von R.Junker und S.Scherer (Giessen 1988), das inzwischen in der 5. Auflage vorliegt. Dieses gut gemachte Lehrbuch kann nur in Privatschulen benutzt werden, da eine Anerkennung durch die Kultusministerien der Länder nicht erreichbar war und auch künftig nicht zu erwarten ist." Also summa summarum. Der Lönnig-Streit entpuppt sich als schlichter Machtkampf. Die Kampfparole ist die.
1933 soll es um die zwanzigtausend deutsche Zeugen Jehovas gegeben haben. Nach 1945 fingen sie bei rund fünftausend wieder an. Heute wollen sie gemäß ihren eigenen geschönten Aussagen rund 200 000 hierzulande sein. Auch von Poppenberg massiv unterstützt, fordern sie staatliche-finanzielle Alimentierung für sich als KdöR. Das fordern sie aber erst seit rund einem Jahrzehnt. Mit der in breiten Biologenkreisen nach wie vor favorisierten Evolutionstheorie haben sie sich noch nie anfreunden können. Kraft ihrer ideologischen Wassersuppe werfen sie nun auch den Pro-Evolution orientierten Kreisen den Fehdehandschuh hin. Einer hat ihn aufgenommen, Kutschera. Und derzeit einen Etappensieg zu lasten des Trojanischen Pferdes, namens Lönnig erreicht.

Etappensiege sind das eine. Manche Etappensiege werden später auch wieder gekippt. Letztendlich lautet die Frage: Geht diese Republik weiter auf ihrem Amerikanisierungsweg?

Geschrieben von Drahbeck am 03. Mai 2003 17:44:42:

Als Antwort auf: Re: Worum es beim Fall Wolf-Ekkehard Lönnig auch noch geht geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2003 15:10:25:

Der derzeitige Lönnig-Streit bringt wieder etwas anderes mit in Erinnerung. Den Fall des Olof Klohr in der DDR.

Zur Kirchenpolitik der sowjetischen Besatzungsmacht und der DDR in ihren Anfangsjahren, gehörte die Unterdrückung weltanschaulicher Differenzen unter dem Stigma der "Blockpolitik". Gemäß dem Ulbricht'schen Grundsatz "Es muss alles demokratisch aussehen - aber wir müssen alles fest in der Hand haben"; gab es in der DDR auch sogenannte Blockparteien. Nach 1989 wurde deren politischer Wert mal zutreffend mit der Vokabel "Blockflöten" beschrieben. Die SED spielte das "Lied" vor, und der Rest hatte in diesem Chor einzustimmen. Das ganze lief unter dem Firmenschild "Nationale Front" wo die "Blockflöten" zusammengefasst wurden und ihre Instruktionen vom Regisseur bekamen. Zwar war ein gewisses individuelles Eingehen auf die Spezifika der jeweiligen Blockflöten-Klientel durchaus möglich und auch erwünscht. Aber immer nur in dem Rahmen, dass der übergeordnete SED-Machtanspruch dabei nicht tangiert wurde.

Christen empfahl sich diesergestalt besonders die CDU. Auch von der Stasi infiltriert, wurden anfängliche Bestrebungen auch mal der SED Paroli zu bieten, schon alsbald eliminiert.
Zielstellung der SED war die Erreichung des Zustandes "Friede, Freude, Eierkuchen". Spätestens am 17. 6. 1953 indes wurde klar. Es klappt wohl doch nicht so wie geplant.
Weil dieses grundsätzliche SED-Ziel aber bestand, wurden nachweisbare Bestrebungen, in der DDR das Freidenkertum in organisatorischer Hinsicht wieder neu zu beleben, radikal niedergebügelt. Die historischen Freidenker in der Weimarer Republikzeit hatten sich als durchaus konträr zur Kirche verstanden. Eine organisatorisch verfestigte Wiederauflebung dessen, ließ die SED nicht zu. Andererseits sahen sich aber die SED-Funktionäre auch nicht als "Schleppenträger" der Kirche. Es war ein zwiespältiger Eiertanz der da veranstaltet wurde. Insbesondere auf der Ebene der universitären Kader, hatte die Kirche wenig bis nichts zu sagen. Der 17. Juni 53 verfiel auch alsbald dem verordneten vergessen. Und so bestand beispielsweise um 1956 schon eine völlig andere Situation als etwa 1948. Im Jahre 1956 wurde beispielsweise an der Universität Halle/S. die Dissertation eines gewissen Olof Klohr angenommen mit dem Titel:
"Das Biogenetische Gesetz und seine philosophische Interpretation".
Für den Laien sagt dieser Titel auf den ersten Blick nicht allzuviel aus. Indes da bin ich mir sicher. Ein Dr. Wolf-Ekkehard Lönnig weiss sehr wohl was es mit dem "Biogenetischen Gesetz" so auf sich hat. Das war nämlich eine der Thesen des Ernst Häckel gegen die jetzt auch Lönnig Front macht. Wie gesagt. Klohr erweiterte dass indem er gleichzeitig auf dessen "philosophosche Interpretation" abstellte.

Dissertationen lesen nur relativ wenige. Otto Normalverbraucher, auch in der DDR, hatte sicher nicht mitbekommen, mit was für einem Thema da ein Doktor Klohr gekürt wurde. Zwei Jahre später indes hatte auch Otto Normalverbraucher die Chance zu erahnen, was für "Sprengstoff" da wohl dieser Klohr ausgegraben hatte. So trat Klohr etwa im Jahre 1959 mit einer Auswahl-Edition aus dem Schrifttum Häckels in Erscheinung, die im Urania-Verlag unter dem Titel "Wunderglaube Gott Unsterblichkeit" erschien.

Ein Jahr zuvor (also 1958) hatte er im SED-eigenen Dietz-Verlag eine Publikation herausgegeben mit dem Titel "Naturwissenschaft Religion und Kirche". Spätestens zu diesem Zeitpunkt war vor aller Welt klar, die ideologische Koexistenz in der DDR war befristet. 1958 jedenfalls galt sie nicht mehr. Klohr blieb auch in den nachfolgenden Jahren nicht untätig. Seinen Höhepunkt erreichte er etwa im Jahre 1965 als er an der Universität Jena ein Institut für "wissenschaftlichen Atheismus" aufzuziehen begann. Wobei sowjetische diesbezügliche Vorbilder Pate standen.

Noch einmal, vielleicht das letzte mal, hatte die Blockflötenpartei CDU in der DDR etwas zu sagen. Sie hatte inzwischen dazugelernt, und zog es vor, ihre Interventionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzunehmen. Jedenfalls kann meines Erachtens kein Zweifel darüber bestehen, dass da um 1966 massiv interveniert wurde. Nach 1945 gab es an den DDR-Universitäten keine "atheistischen Lehrstühle". Den aber gerade war jetzt Klohr im Begriff "erst" mal in Jena aufzubauen. "Wehret den Anfängen" hieß jetzt auch für die CDU die Devise. Breitet sich das Klohr-Unternehmen weiter aus; was ist dann mit den noch bestehenden Theologischen Fakultäten an den DDR Universitäten. Die werden dann ja gar perspektivisch auch noch verschwinden. So die CDU-Befürchtung. Und weiter. Verschwinden die gar eines Tages ist uns als CDU eine wesentliche Stütze unserer ohnehin nicht breiten Basis entzogen.

Daher das Ultimatum an die SED: Der oder wir. Das Ultimatum wurde angenommen. Klohr's Institut sang- und klanglos eliminiert. Klohr selbst in die "Wüste" (sprich Seefahrtsschule in Warnemünde-Wustrow verbannt.) Dort konnte er jetzt, sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, seine zukünftigen Seefahrtsoffiziere zum Atheismus "bekehren"; wenn sie nicht ohnehin schon zuvor dazu bekehrt waren.

Hätte sich Klohr weiter so entfalten können, wie er das 1958 noch wollte. Nun der Einheitskanzler Kohl hätte wohl 1989 keine Ost-CDU mehr vorfinden können, die er sich unter den Nagel reißen konnte. Letztendlich ist festzuhalten. Jene die auf Häckel aufbauend argumentieren, laufen in besonderem Maße Gefahr ins atheistische Fahrwasser abzudriften. Nicht bloß im Falle Klohr. Herr Lönnig hat sich deshalb auch sehr bewusst über sein Sprachrohr Poppenberg, mit auf Häckel eingeschossen. Im Falle Lönnig ist mit Sicherheit wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen. In diesem Lande wird Religion massiv protegiert. Religionskritik hingegen eher geknebelt. Das "große Vorbild USA" meinen einige auch auf diesem Sektor importieren zu sollen. Noch gibt es ein paar in Biologenkreisen, die da nicht so recht mitspielen. Noch …

Vielleicht erlebt man es eines Tages in diesem Lande noch, dass ein Lönnig mit dem "Bundesverdienstkreuz" dekoriert wird. Von mir würde er es mit Sicherheit nicht bekommen. Indes von den Kohls und Kompagnons sehr wohl. Diese christlichen "Abendländer" sind es jedenfalls nicht, die meine "Sympathie" hätten. Einer dieser Neu-christlichen Abendländer hatte ja erst kürzlich demonstriert wo's lang geht. Und bist du nicht mehr so willig wie damals, als Du noch unser CIA-Agent warst, dann werden wir dir eben ein paar Bomben aufs Haupt setzen. Amen!

Zur Veranschaulichung nachstehend noch ein paar Kernsätze aus der 1958er Veröffentlichung des Olof Klohr mit dem Titel: "Naturwissenschaft Religion und Kirche":

Dabei gerät die Kirche heute wie in früheren Zeiten in eine feindliche Stellung zur Wissenschaft.
Es zeigt sich, daß die Auffassungen des Christentums über bestimmte Fragen der Wissenschaft überholt, veraltet und damit für den Sozialismus schädlich sind.
Die Auseinandersetzung zwischen Naturwissenschaft und Religion, zwischen wissenschaftlichen und biblischem Weltbild liegt im geschichtlichen Verlauf der Ereignisse eingeschlossen und kann im Interesse der Entwicklung des Sozialismus nicht umgangen werden, denn es gibt keine friedliche Koexistenz der gegensätzlichen Ideologien.

Nach der christlichen Lehre ist der Mensch völlig von Gott abhängig und ohne Gott schwach und hilfsbedürftig; nur durch die Religion, den Glauben und die Liebe zu Gott findet er Halt und Kraft. Das irdische Leben ist für den christlichen Menschen nur ein vorübergehendes Stadium, eine Vorbereitungszeit auf das Jüngste Gericht, auf die Erlösung und das ewige Seelenheil. Dieser Geist spricht aus dem Neuen Testament, er bedeutet die völlige Unterordnung des Menschen und des Menschenwerkes unter eine höhere Macht.
Schon im Neuen Testament finden sich viele Sätze, die diese Haltung ausdrücken:
"Denn es steht geschrieben: 'Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.'" "Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weltweisen? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht?" (1. Kor. 1: 19, 20).

Eusebius (um 270-329) schrieb: "Nicht aus Unwissenheit denken wir gering von den Wissenschaften, sondern aus Verachtung ihrer ganz nutzlosen Arbeit, indem wir unsere Seele besseren Dingen zuwenden."
Gregor von Nyssa (331-394) betont, daß der Glaube das Kriterium sei, an dem das Wissen gemessen werden müsse. "Nur in dem liegt die Wahrheit, was das Siegel des Schriftzeugnisses trägt."
Basilius (330-379) meinte, daß ein Leben in christlicher Demut und Gottesfurcht höhere Aufgaben kenne als die Frage, ob die Erde eine Kugel oder eine Scheibe sei.
Schließlich sei noch Augustinus (354-430) angeführt, der berühmteste der Kirchenväter, auf den sich jahrhundertelang Philosophen und Theologen stützten. Er war der Auffassung, das Wissen nur dann nützlich sei, wenn es mit der Liebe zu Gott verbunden ist.

Wir kommen also zu der Schlußfolgerung: Die Herabsetzung der Naturwissenschaften, ja ihre Negierung und Bekämpfung in der christlichen Religion hat ihre Ursache nicht in der Böswilligkeit einiger unwissender Theologen, sondern im inneren Wesen des christlichen Glaubens. Die Bezogenheit der Religion auf Gott führt zwangsläufig zur Orientierung der Menschen auf angeblich existierende jenseitige Dinge. Das führt, wie man es auch drehen und wenden mag, zu einer Vernachlässigung der irdischen Interessen.

Im Jahre 1616 wurden Galilei und seine Lehre zum erstenmal von der Inquisition verdammt. Galilei stellte dann später in verschleierter Form in dem Werk "Dialog über die beiden wichtigsten Weltsysteme" seine wissenschaftliche Überzeugung wiederum dar. Darauf wurde er abermals vor ein Inquisitionsgericht gezerrt. Gegen ihn wurde ein Prozeß eröffnet, der unter der Leitung von Papst Urban VIII. geführt wurde.

"So sprechen wir aus, entscheiden richterlich und erklären, daß du Galilei … dich für dieses Heilige Offizium aufs schärfste der Häresie verdächtig gemacht hast, insofern du eine falsche, den heiligen und göttlichen Schriften widersprechende Lehre geglaubt und aufrechterhalten hast, nämlich: daß die Sonne das Zentrum des Erdkreises sei, daß dieselbe sich nicht vom Aufgange zum Untergang bewege; daß die Erde sich bewege und nicht das Zentrum der Welt sei; und daß diese Ansicht aufrechterhalten und verteidigt werden könne als wahrscheinlich, nachdem dieselbe doch als der Heiligen Schrift entgegengesetzt erklärt und bestimmt worden ist".
Am 22. Juni 1633 wurde der greise Galilei gezwungen, auf Knien und im Büßerhemd seiner Lehre abzuschwören.

Allein schon die Tatsache, daß die Werke von Kopernikus, Kepler und Galilei zweihundert Jahre auf dem Index der für Katholiken verbotenen Bücher standen und erst Anfang des 19. Jahrhunderts unter dem Druck der unwiderlegbaren Beweise abgesetzt wurden, fügte die katholische Kirche der Wissenschaft einen schweren Schaden zu.

Die Kirche widersetzte sich dem für die Erforschung des menschlichen Körpers notwendigen Sezieren der Leichen. Papst Bonifatius VIII. (gest. 1303) verbot das Sezieren, um die Auferstehung nicht zu gefährden.
Noch im 19. Jahrhundert gab die katholische Kirche Beispiele für glaubensfanatische Borniertheit und Feindseligkeit gegenüber der Medizin. Sie trat zum Beispiel sehr heftig gegen Pockenschutzimpfungen auf, obwohl diese Krankheit, die in großen Epedimien auftrat, Hundertausende von Menschen das Leben raubte. Papst Leo XII. verkündete 1829: "Jeder, der eine solche Impfung vornimmt, ist kein Sohn Gottes mehr … Die Pocken sind ein Gericht Gottes … die Impfung ist eine Herausforderung des Himmels…" Groß ist die Anzahl der Fälle, in denen sich Menschen auf Grund einer solchen Haltung der Kirche weigerten, die ärztliche Hilfe anzunehmen, und sterben mußten.

Der religiöse Glaube führt seinem Wesen nach, wenn er sich konsequent an den Buchstaben der Heiligen Schrift hält, zur Negierung der menschlichen Vernunft und der Wissenschaft.
Nicht nur Darwin, der sich verschämt als "Agnostiker" bezeichnete, sondern auch die beiden größten Verbreiter seiner Lehren, der englische Naturforscher Huxley und der deutsche Biologe Ernst Haeckel, waren Atheisten.

Besonders regten sich diese Kreise darüber auf, daß die Abstammungslehre von der Sozialdemokratie positiv aufgenommen wurde. Virchow lehnte die Entwicklungstheorie unter anderem deshalb ab, weil sie "staatsgefährlich" sei, die Ideen der Sozialdemokratie stütze und die Kirchenreligion, die einzig sichere Grundlage des Unterrichts, untergrabe. Ja er führte sogar die Pariser Kommune auf die Verbreitung der Deszendenzlehre zurück; er sagte nämlich 1877: "… Ich will hoffen, daß die Deszendenztheorie für uns nicht alle die Schrecken bringen möge, die ähnliche Theorien wirklich im Nachbarlande angerichtet haben."

In jedem Konflikt steht für den religiös gebundenen Menschen das Glaubensdogma am Anfang. Von ihm aus beurteilt er die naturwissenschaftlichen Ansichten und vergewaltigt sie.
Das setzt nicht weiter in Erstaunen, wenn man zum Beispiel weiß, daß im Rahmen einer Evangelisationswoche 1956 in Halle der Oberkirchenrat de Boor allen Ernstes den Gläubigen von einer Dämonenaustreibung aus einem vom Teufel besessenen Menschen berichtete, die sich einige Monate vorher ereignet haben sollte …
Wenn aber Pfarrer, die doch eine akademische Bildung genossen haben, Dinge behaupten, die der Wissenschaft widersprechen, so ist das nicht mehr vertretbar.

Kirchliche Kreise berufen sich auf die Religiosität berühmter Naturwissenschaftler, wie zum Beispiel C. F. v. Weizsäcker, W. Heisenberg, P. Jordan, A. Einstein.
Bei näherer Überprüfung ergibt sich jedoch, daß bei keinem Naturwissenschaftler eine Einheit von Wissenschaft und Religion vorhanden ist, sondern vielmehr eine deutlich erkennbare Trennung; denn bei keinem der angeführten Wissenschaftler ergeben sich aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen religiöse Schlußfolgerungen. Die Wissenschaft befaßt sich mit Tatsachen, und keine einzige naturwissenschaftliche Tatsache kann die Existenz eines höheren Wesens beweisen.

Solange die gesellschaftlichen Wurzeln der Religion bestehenbleiben, so lange wird es unter den Naturwissenschaftlern im allgemeinen ebenso viele religiöse Menschen geben wie unter den Menschen anderer Berufe und Schichten, denn die religiösen Auffassungen der Naturwissenschaftler haben ihre Quelle nicht in der Naturwissenschaft.

Ein Mensch, der anderthalb Jahrzehnte von den Eltern im christlichen Sinne erzogen worden ist, wird von diesen Ideen häufig so stark beeindruckt, daß er sie sein Leben lang beibehält. Die Vorfahren von Max Planck waren zum großen Teil mittlere und höhere Geistliche, und sein Großvater war ein bekannter Theologieprofessor. Es ist daher verständlich, daß Max Planck nicht durch seine physikalischen Erkenntnisse, sondern durch die Familienerziehung religiös wurde.
Wir dürfen auch nicht übersehen, daß viele Naturwissenschaftler das Erlebnis seelischen Kummers und der Anblick des "irdischen Jammertals" … Not und Armut, Elend, Hunger, Krisen und Krieg - zur Religion hinführte.
Planck tröstete sich in diesen schweren Leiden mit der Religion, andere Menschen führte der Haß gegen die … Gesellschaftsordnung in einen aktiven Kampf für die bessere Welt …

Das zeigt sich auch daran, daß in den Fachbüchern dieser Gelehrten niemals von Gott, Kirche und Religion die Rede ist. Hier handelt es sich um Tatsachen und um Beweise, und hier hat der Natur der Sache nach die Religion nichts zu sichen.
Wir würden uns einer Illusion hingeben, wenn wir annähmen, daß allein durch wissenschaftliche Aufklärung die Religion verschwinden werde. … Die Religion hat noch verschiedene gesellschaftliche Wurzeln. Erziehung und Tradition sind von großer Bedeutung für die Stellung zur Religion.

(Friedrich) Engels bezeichnete die Kriegserklärung an die Religion als eine politische Dummheit. Man darf aber nicht vergessen, daß die ideologische Auseinandersetzung mit der Religion keineswegs, wie einige Theologen behaupten, eine solche Kriegserklärung darstellt. Es ist vielmehr so, daß Auseinandersetzungen mit der Religion den politischen Hauptaufgaben untergeordnet sind. Jedoch ist die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, sowohl über die Naturwissenschaften als auch über die Gesellschaftswissenschaften und über die Weltanschauung in konsequenter Auseinandersetzung mit der christlichen Religion eine historische Notwendigkeit.

Geschrieben von Prometeus am 03. Mai 2003 11:01:23:

Als Antwort auf: Re: Worum es beim Fall Wolf-Ekkehard Lönnig auch noch geht geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2003 15:10:25:

Ein moderner "Inquisitionsprozess" fand im Juli 1925 in Dayton im US-Staat Tennesee statt. Im sogenannten "Affenprozess" ging es darum ob an öffentlichen Schulen die Abstammungslehre nach Darwin gelehrt werden durfte oder nicht. Der 24jährige Sport- und Biologielehrer John T. Scopes war angeklagt worden gegen das "Butler Law" verstossen zu haben, nach dem das Verbreiten von "Irrlehren" unter Strafe verboten war. Er brachte die Dreistigkeit fertig, seinen Schülern die "Evolutionstheorie" zu lehren, was in den Augen der örtlichen Pfaffen der reformierten Kirche eine strafbare Handlung, nämlich das Verbreiten einer Irrlehre darstellt. Er wurde daraufhin vor einem Geschworenengericht angeklagt. Von der Verteidigung benannte Zeugen wie Wissenschaftler und Zoologen wurden vom Gericht gar nicht erst zugelassen, da diese gleichfalls im Verdacht standen, dieselbe "Irrlehre" zu verbreiten. So benannte der Anwalt des jungen Lehrers, Clarance Darrow, einen der massgeblichen Anstifter des Prozesses, den dreifachen Präsidentschaftskandidaten und Evangelist der reformierten Kirche William J. Bryan, der viele Jahre als Staatssektretär unter Präsident Wilson diente, als Zeugen. Hier auszugsweise das Protokoll der gerichtlichen Befragung (bitte nicht lachen!) des Zeugen Bryan durch den Anwalt Darrow:

Darrow: Sie haben ausgiebig die Bibel studiert, Mr. Bryan, ist das wahr?

Bryan: Ja, ich studiere die Bibel seit ungefähr 50 Jahren.

Darrow: Würden Sie behaupten, dass alles was in der Bibel steht, wörtlich zu nehmen ist?

Bryan: Ich glaube, dass alles was in der Bibel steht, so ist wie es da steht.

Darrow: Glauben Sie dass Josua die Erde zum Stillstand brachte?

Bryan: Ich glaube was die Bibel sagt.

Darrow: Also, sie meinen die Erde stand still?

Bryan: Ich weiss es nicht. Ich spreche hier über die Bibel. Ich glaube an die Bibel.

Darrow: Sie glauben dass der Bibelbericht über die Sintflut wörtlich zu nehmen ist?

Bryan: Ja.

Darrow: Vor wie langer Zeit war denn die Sintflut?

Bryan: Ich möchte mich nicht genau festlegen.

Darrow: Was denken Sie was die Bibel darüber sagt, wann die Sintflut stattfand?

Bryan: Ich habe es nie ausgerechnet.

Darrow: Und was denken Sie?

Bryan: Ich denke nicht über Dinge nach, mit denen ich mich nicht befasse.

Darrow: Denken Sie nie über Dinge nach, mit denen Sie sich nicht befassen?

Bryan: Doch, manchmal schon. ( Gelächter im Saal)...........

Darrow: Nun wann fand denn die Sintflut statt?

Bryan: (schaut in Unterlagen nach) 2348 vor Christus

Darrow: Glauben Sie dass alles Leben ausserhalb der Arche in der Sintflut vernichtet wurde?

Bryan: Ich denke, die Fische haben überlebt.

Darrow: Wissen Sie denn nicht, dass man von einer ganzen Anzahl von Kulturen weiss, die älter als 5 000 Jahre sind?

Bryan: Die Beweise, die dafür sprechen überzeugen mich nicht.

Darrow: Sie glauben also, daß alle Zivilisationen auf Erden sowie alles Leben ausser den Fischen durch die Sintflut ausgelöscht wurden?

Bryan: Ja, damals.

Darrow: Haben Sie sich nie dafür interessiert, wie alt die verschiedenen Menschenrassen, Kulturen, Völker und Tierarten sind, die es heute auf der Erde gibt?

Bryan: Ich habe nie sonderlich dafür interessiert, was alles an spekulativen Nachforschungen unternommen wurde, mit dem Ziel die Bibel in Frage zu stellen.

Darrow: Und Sie haben auch selbst nie nachgeforscht, wie lange es Menschen gibt?

Bryan: Ich habe es nicht als notwendig erachtet.

Darrow: Wissen Sie nicht dass die ältesten chinesischen Zivilisationen mindestens 6 – 7 000 Jahre alt sind?

Bryan: Nein, aber sie können nicht vor der Schöpfung existiert haben, die laut Bibel vor 6000 Jahren stattfand.

Darrow: Also Sie wissen nicht wie alt diese sind?

Bryan: Nun ich weiss es nicht, aber Sie wissen es offensichtlich. Ich glaube Sie würden jedem Recht geben, wenn er nur gegen die Bibel wäre.

Darrow: Nun haben Sie überhaupt noch nie mit Völkerkunde befasst, wie alt Zivilisationen sind oder wie lange es sie gibt?

Bryan: Nein, ich die christliche Religion gibt mir Antworten auf alles, so dass ich mir nie Zeit nehmen musste um Argumente zu suchen, die im Widerspruch zur Bibel stehen. Ich weiss alles was ich zum Leben und zum Sterben brauche.

Darrow: Glauben Sie dass die Erde in sechs Tagen erschaffen wurde?

Bryan: Nicht in sechs 24-Stunden –Tagen.

Darrow: Haben Sie herausgefunden wo Kain seine Frau fand?

Bryan: Nein, sollen doch die Agnostiker nach ihr suchen.

Darrow: Glauben Sie dass die Sonne am vierten Schöpfungstag erschaffen wurde?

Bryan: Ja.

Darrow: Und vorher gab es Abend und Morgen ohne Sonne?

Bryan: Nun ich sage es ist nur eine Zeitspanne.

Darrow: Nun dann hätte diese Zeitspanne der Schöpfung auch sehr lange sein können, oder?

Bryan: Sie hätte auch mehrere Millionen Jahre dauern können.

Darrow: Ja gut. Ich danke Ihnen.

Der Leser ziehe bitte seine eigenen Schlussfolgerungen aus dieser gerichtlichen Befragung. Und man berücksichtige, dass diese im Jahre 1925 (!) stattfand.

(Auszug aus "Ansichten über Gott", prometeus 2001)

Geschrieben von D. am 05. Mai 2003 11:10:31:

Blick über den Gartenzaun
Eine der geschönten Bezeichnungen für gewisse Herrschaften, die in Selters ihren Lebens- und Arbeitskreis haben lautet: Ordensähnliche Gemeinschaft.
Eine Religionsgemeinschaft die besonders mit "Orden" "gesegnet" ist, ist bekanntlich die katholische. Es geht jetzt keineswegs vordergründig darum sagen zu können. Seht mal, was es da alles so für "Gemeinsamkeiten" gibt. Das ist nicht der Fall. Die Unterschiede dürften mit Sicherheit größer sein. Gleichwohl scheint mir eines wohl sich zu bestätigen. "Neurosen fördernd" ist sowohl das Leben in alten wie neuen Ordensgemeinschaften. Zumindest für die, die da zum "Fußvolk" gehören.

In einem von Thomas Busch im Jahre 1981 herausgegebenen Buch Religionen, Kirchen, Weltanschauungen) gibt es auch einen Bericht , von einem, den es in einen katholischen Orden verschlug (Trappisten).

Dazu kann ich mir dann doch nicht ganz die Meinung verkneifen.

Wieso solche katholischen Vereine nicht auch öffentlich als übelste Sekten klassifiziert werden, bleibt zumindest mir, unerfindlich!

Vielleicht  noch ein Fallbeispiel aus dem Bereich der Zeugen Jehovas:
Von Gaby L. am Mittwoch, den 30. April, 2003 - 13:00:
Heinz, mein Alter kann da ein Liedchen von singen. Er hat brav eine Ausbildung zum Mechaniker (Mechaniker, Dreher und Maschinenbauer waren damals wohl angeblich darin vereint) gemacht, ist danach ins Bethel, und war 7 Jahre lang dort. Immer wieder erzählte er, dass die "Neuen" prinzipiell erstmal zum Klos putzen angestellt wurden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er tatsächlich die 7 Jahre lag in seinem Beruf eingesetzt wurde. Er hat zwar an der "Emma", der alten Rota, gesessen, aber was hat das bitte mit seinem Lehrberuf zu tun? Als er dann heiratete, gingen die beiden sofort in Sonderdienst (ohne Krankenversicherung, nur ein winziges Taschengeld, die mussten quasi sparen, damit sie sich das Kranksein erlauben konnten…), auf den Tag genau ein Jahr später trudelte ich ein und "zerstörte" ihnen ihr ach so theokratisches Leben. Schließlich wurde man ja bestens von seinen Glaubensbrüdern versorgt…

Tja, und nu ging die Stellensuche los. Er fand einen Job, als Maschineneinsteller in einer Kuvertfabrik. Für nen Appel und 'n Ei. Er verdiente total wenig. So lange er den Job noch hatte, ging es bei uns zu Hause noch human zu. Spartanisch aber human. Dann wurde zuerst Kurzarbeit eingeführt (weniger arbeiten bei noch weniger Lohn), dann wurde die Firma von einer anderen übernommen und Schluss war mit lustig.

Zum Glück (und da hatte er echt mehr Glück als Verstand) hatte gerade eine Firma für hydraulische Aufzugsteuerungen aufgemacht, und die suchten noch einen Dreher. Wie durch ein Wunder bekam er die Stelle, und beim Vertragsabschluss legte der Chef von sich aus 50 Pf. die Stunde mehr drauf, als ursprünglich ausgemacht. Er bekam damals 16,50 DM die Stunde.

Wenn ichs richtig weiß, dann war Dreher damals schon ein eigener Lehrberuf, so dass er quasi als Dreher eingestellt wurde, obwohl er das offiziell gar nicht gelernt hatte. Was auch nochmal den Preis drückt.

Jedenfalls ist so der Lebenslauf versaut, und er kann von Glück reden, wenn er bis zur Rente in diesem Betrieb arbeiten kann.

Ich selber habe 4 Jahre Lücke im Lebenslauf, denn als ich heiratete, hatte ich brav einen auf Hausfrau zu machen und schön in den Dienst zu gehen. Erklär das mal einem zukünftigen Arbeitgeber. Entweder sie nehmen dich gleich gar nicht, wenn du die Wahrheit sagst, oder du lügst denen irgendwas von "habe kranke Oma gepflegt" oder sowas, und wirst so im Preis gedrückt.

An meiner Oma sehe ich jetzt, zu was es führen kann, wenn man eine Zeitlang nicht voll arbeiten kann. Sie musste, da ihr Mann sie verlassen hatte und keinen Unterhalt zahlte, 17 Jahre lang (!!!!) Teilzeit arbeiten. Nun fehlen ihr diese 17 Jahre an der Rente. Ganz toll.

Okay, letzteres hatte jetzt weniger mit ZJ zu tun, da sie denen zu dem Zeitpunkt schon den Rücken gekehrt hatte, aber ich wollte damit nur mal veranschaulichen, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn du ne längere Lücke im Lebenslauf hast.

Gerade in der jetzigen Zeit suchen die Arbeitgeber doch nur wie die Bekloppten nach irgendeiner Möglichkeit, weniger zahlen zu können.

Da kriegst du dann zu hören, "Sie kriegen nur 8 EUR die Stunde, weil Sie 4 Jahre Lücke im Lebenslauf haben" oder "was wollen Sie denn, 8 EUR die Stunde reicht doch voll und ganz, immerhin sind sie arbeitslos, seien Sie froh, wenn Sie was bekommen" usw. Einfach grässlich, momentan.

Also, irgendwo kann ichs schon nachvollziehen, wenn jemand aus solchen Gründe nicht aussteigen will/kann.

Man vergleiche auch: Fallbeispiel Gottschling

Geschrieben von O. am 06. Mai 2003 08:04:17:

Als Antwort auf: Re: mitgliederanzahl geschrieben von O. am 03. März 2003 14:30:32:

281.149 sollen laut Zeugenangaben beim Gedächtnismahl am 16. 4. dieses Jahres (in Deutschland) anwesend gewesen sein.
Zum Vergleich. Die absolute Spitzenzahl wurde im Jahre 1995 erreicht. Damals waren es in Deutschland 291.737. Also rund 10.000 mehr. Diese Höchstzahl ist weder davor noch danach je wieder erreicht worden.
Der relative Tiefpunkt in der letzten Zeit bezüglich dieser Zahl scheint im Jahre 2000 erreicht gewesen zu sein. Damals gab es beim Gedächtnismahl in Deutschland 270.956 Anwesende.

Unter neuerlicher Mitzählung von Kind, Kegel, Katze und Hund, will man nun in Deutschland 210.000 Zeugen Jehovas registrieren. Früher hieß es; nur wer einen Predigtdienstbericht abgibt, wird in der Statistik mitgezählt. Inzwischen auch Schnee von gestern. Geht es weiter auf dem Weg der Zahlenschönung, kann man "fast" den Zeitpunkt erahnen, wo auch die "Erwachsenen"taufe mal abgeschaft wird. Bei Mitzählung von getauften Säuglingen würde ja die Statistik noch mehr "brummen"!

Geschrieben von Drahbeck am 08. Mai 2003 07:22:23:

Am 10. Mai jährt sich zum 70. mal der Tag, an dem die Nazis mit als Auftakt ihrer Herrschaft auf einem Platz vor der Berliner Humboldt-Universität, eine öffentliche Bücherverbrennung als Spektakel veranstalteten. Das war das mehr symbolische. Weit wichtiger war, dass sämtliche öffentlichen Bibliotheken nunmehr systematisch gesäubert wurden von jener Sorte Literatur, die den Nazis nicht genehm war. Einen von vielen Titeln die es auch betraf, sei mal namentlich genannt. Den Antikriegsroman von Remarque "Im Westen nichts neues".

Die 1913 gegründete Deutsche Bücherei zu Leipzig als Gesamtarchiv deutschen Schrifttums bekam eine neue Abteilung. Ob sie damals schon so hieß weiß ich nicht. Allerdings ist bekannt, dass sie auch nach 1945 fortbestand, unter anderem Vorzeichen als "Sachgebiet für spezielle Forschungsliteratur". Dort wurde alles missliebige hineinverbannt und kein gewöhnlicher Sterblicher hatte die Chance Literatur daraus einzusehen.
- Auch eine Form der Bücherverbrennung.

Einige wenige der großen anderen wissenschaftlichen Bibliotheken; besonders die Preußische Staatsbibliothek zu Berlin, taten es der Deutschen Bücherei in diesem Punkt gleich. Für etliche andere hingegen galt; dass missliebige war nicht nur gesperrt, sondern gar aus den Katalogen eliminiert; sodass man seine Existenz kaum erahnen konnte. Es sei angemerkt, dass solche Sperrabteilungen (mit wechselndem Inhalt) auch heute keineswegs "ausgestorben" sind. Die Bayerische Staatsbibliothek zu München etwa, nennt ihre diesbezüglich nach wie vor bestehende Abteilung verschämt "Remota".

Wie schon gesagt. Nach 1945 setzten die Kommunisten in ihrem Machtbereich dieses Prinzip fort. Um das Beispiel Deutsche Staatsbibliothek in Ost-Berlin zu nennen. In der dortigen ASF-Abteilung gab es auch einen nicht öffentlichen Katalog, in dem die gesamten Sperrtitel die ursprünglich mal zum Bestand anderer wissenschaftlicher Bibliotheken im kommunistischen Machtbereich gehörten, zusammengefasst waren. Man betrieb die "Säuberung" also besonders gründlich.

Auch ein Buch sei noch genannt; dass sowohl bei den Nazis als in Kontinuität bei den Kommunisten, gesperrt war. Franz Zürcher "Kreuzzug gegen das Christentum". Der seinerzeitige Corona-Verlag, der die nichtssagende Propagandaschrift des Marley Cole in einem Reprint anbot. Selbst der hatte es nicht unternommen, das so geschundene Zürcher-Buch der Öffentlichkeit neu zu offerieren; obwohl das sicherlich einen höheren Stellenwert hätte als der Cole'sche Propagandaschinken.

Ein 70. Jahrestag, wenn auch der makabren Art, verdient es sicherlich entsprechend gewürdigt. Und so findet man denn in der heutigen Ausgabe einer Berliner Zeitung ein Inserat das auf diesbezügliche Veranstaltungen hinweist. Nichts gegen die Sache als solche. Stören tut mich dabei nur eines. Der Auftraggeber jenes Inserates. Die PDS.
Wenn sich schon kein anderer Auftraggeber dafür gefunden hat, was hochtraurig ist, kann dies den faden Beigeschmack nicht löschen, der sich ergibt, wenn ausgerechnet die PDS sich diesbezüglich präsentiert.

Wolfgang Leonhard, dessen Mutter in die Sowjetunion mit ihm emigrieren musste, dort ebenfalls einer buchstäblichen "Säuberung" zum Opfer fiel. Leonhard hatte trotz diesem Schicksal noch relatives Glück. Er konnte (zumindest persönlich) ein zeitweises Privilegiertenleben in der Sowjetunion genießen. Dazu gehörte auch, dass er dort studieren durfte. Er berichtet in seinem "Die Revolution entlässt ihre Kinder" unter anderem auch, wie er in dortigen Bibliotheken Bücher in die Hand bekam, in denen ganze Passagen manuell mit Tusche unleserlich gemacht worden waren und anderes mehr.
- Auch eine Form der Bücherverbrennung

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