Von Drahbeck  am Freitag, den 1. März, 2002 - 20:50:

Der Pastorensohn Nietzsche ist meines Erachtens durchaus ambivalent zu beurteilen. Aus seiner Kernthese daß Gott tot sei, leitet er ab, dass nun der "Herrenmensch" gefragt sei. Nicht von ungefähr haben denn auch die Nazis Nietzsche zu einen ihrer "Ahnväter" erkoren, etwa der Nazi"philosoph" Rosenberg im "Mythus des 20. Jahrhunderts". Bezüglich eines knappen Abrisses dazu, kann man die "Geschichte der ZJ" (S. 253f. Exkus Rosenberg) vergleichen.
Namentlich der Sozialdarwinismus (überleben wird nur der Stärkste, Humanität sei "Kräftevergeudung" - diese These feierte bei den Nazis besonderen Urstand) ist letztendlich auch auf Nietzsche zurückzuführen. Das Nietzschearchiv in Weimar wurde von den Nazis fast zur Kultstätte hochgejubelt. Seitens der WTG wird man keine diesbezügliche Detailaufklärung erhalten. Immerhin hat sie Nietzsche gelegentlich auch mit erwähnt im kritischen Sinne. Und ausnahmsweise gebe ich ihr darin partiell recht.
w97 1. 10. 3
„Gott ist tot" war in den 60er Jahren ein beliebtes Schlagwort. Es spiegelte die Ansichten des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche aus dem 19. Jahrhundert wider und bot vielen jungen Leuten eine willkommene Ausrede, das zu tun, was ihnen beliebte, und sich ohne moralische Bedenken der freien Liebe und dem Drogenmißbrauch hinzugeben. Brachte diese Art Freiheit den „Blumenkindern", wie sie auch genannt wurden, ein befriedigenderes, glücklicheres Leben ein?

Dieses WT-Zitat ist naturgemäß überzeichnet und spricht nicht den wesentlichen Kern der Kritik an Nietzsche an, dass der "Herrenmensch Gott ersetzen müsse".

Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 07:47:29:

Bei InfoLink kam das Thema Nietzsche zur Sprache. Ein dortiges Posting meinerseits fand eine kritische Resonanz. Nachstehend meine Antwort auf letztere:

Es sei nicht bestritten, dass Nietzsche bis in die Gegenwart fortwährende Denkanstöße gegeben hat. Es sei auch hinzugefügt, dass die Nietzsche-Interpretation der WTG primär nicht die meinige ist. Ambivalent nannte ich Nietzsche. Lexika definieren diesen Begriff als gleichzeitiges Bestehen entgegengesetzter Gefühle und Wünsche (Haß und Liebe). Ich wüsste in der Tat nicht, welch andere Vokabel im Falle Nietzsche zutreffender wäre. Der Aufforderung von Georg "Auf in die Bibliotheken" kann ich nur voll zustimmen.

Ein paar Nietzsche-Zitate mal:

"Und nicht anders wußten sie ihren Gott zu lieben, als indem sie den Menschen ans Kreuz schlugen!
Bessere Lieder müßten sie mir singen, daß ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müßten mir seine Jünger aussehen!
Aus Lücken bestand der Geist dieses Erlösers; aber in jede Lücke hatten sie ihren Wahn gestellt, ihren Lückenbüßer, den sie Gott nannten." (Kommentar: Zwar von Nietzsche zynisch formuliert, in der Sache aber voll zutreffend).

"Das Christentum insonderheit dürfte man eine große Schatzkammer geistreichster Trostmittel nennen, so viel Erquickliches, Milderndes, Narkotisierendes ist in ihm gehäuft, so viel Gefährliches und Verwegenstes zu diesem Zweck gewagt, so fein, so raffiniert, so südländisch-raffiniert ist von ihm insbesondere erraten worden, mit was für Stimulanz-Affekten die tiefe Depression, die bleierne Ermüdung, die schwarze Traurigkeit der Physiologisch-Gehemmten wenigsten für Zeiten besiegt werden kann." (Kommentar: Etwas umständlich formuliert. Als Denkanstoß des Nachdenkens wert).

Zitat: "Hinweg von Gott und Göttern lockte mich dieser Wille; was wäre denn zu schaffen, wenn Götter - da wären?" (Kommentar, siehe oben).

Zitat: "Luther, dies Verhängnis von Mönch, hat die Kirche, und was tausend mal schlimmer ist, das Christentum wiederhergestellt, im Augenblick, wo es unterlag ... Luther, ein unmöglicher Mönch, der aus Gründen seiner 'Unmöglichkeit', die Kirche angriff und sie - folglich - wiederherstellte ... Die Katholiken hätten Gründe, Lutherfeste zu feiern ..." (Kommentar. Analog auch auf den Fall Bibelforscher/Zeugen Jehovas übertragbar.)

Zitat: Der 'Glaube' als Imperativ ist das Veto gegen die Wissenschaft - in praxi die Lüge um jeden Preis ... Paulus begriff, daß die Lüge - daß 'der Glaube' nottat; die Kirche später wieder begriff Paulus. - Jener 'Gott', den Paulus sich erfand, ein Gott, der 'die Weisheit der Welt' (im engeren Sinn die beiden großen Gegnerinnen alles Aberglaubens, Philologie und Medizin) 'zuschanden macht', ist in Wahrheit nur der resolute Entschluß des Paulus selbst dazu: 'Gott' seinen eigenen Willen zu nennen." (Kommentar: Hart formuliert, in der Sache zutreffend!)

Zitat: "Es steht niemand frei, Christ zu werden: man wird zum Christentum nicht 'bekehrt' - man muß krank genug dazu sein ... Wir anderen, die wir den Mut zur Gesundheit und auch zur Verachtung haben, wie dürfen wir eine Religion verachten, die den Leib mißverstehen lehrte, die den Seelen-Aberglauben nicht loswerden will! die aus der unzureichenden Ernährung ein 'Verdienst' macht! die in der Gesundheit eine Art Feind, Teufel, Versuchung bekämpft! die sich einredete, man könne eine 'vollkommene Seele' in einem Kadaver von Leib herumtragen...." (Kommentar: Hart formuliert. Des Nachdenkens wert).

"Erst das Christentum hat den Teufel an die Wand gemalt; erst das Christentum hat die Sünde in die Welt gebracht. Der Glaube an die Heilmittel, welche es dagegen anbot, ist nun allmählich bis in die tiefsten Wurzeln hinein erschüttert: aber immer noch besteht der Glaube an die Krankheit, welchen es gelehrt und verbreitet hat." (Siehe vorstehenden Kommentar).

Zitat: "Leute, welchen ihr tägliches Leben zu leer und eintönig vorkommt, werden leicht religiös: dies ist begreiflich und verzeihlich; nur haben sie kein Recht, Religiosität von denen zu fordern, denen das tägliche Leben nicht leer und eintönig verfließt." (Kommentar: siehe vorhergehenden Kommentar).

Zitat: "Im Zustande des Hasses sind Frauen gefährlicher als Männer; zuvörderst weil sie durch keine Rücksicht auf Billigkeit in ihrer einmal erregten feindseligen Empfindung gehemmt werden, sondern ungestört ihren Haß bis zu den letzten Konsequenzen anwachsen lassen, sodann weil sie darauf eingeübt sind, wunde Stellen (die jeder Mensch, jede Partei hat) zu finden und dorthin zu stechen: wozu ihnen ihr dolchspitzer Verstand treffliche Dienste leistet (während die Männer beim Anblick von Wunden zurückhaltend, oft großmütig und versöhnlich gestimmt werden)." (Kommentar: Des Nachdenkens wert).

Zitat: "Der Mann ist für das Weib ein Mittel: der Zweck ist immer das Kind. Aber was ist das Weib für den Mann?
Zweierlei will der echte Mann: Gefahr und Spiel. Deshalb will er das Weib, als das gefährlichste Spielzeug. Der Mann soll zum Kriege erzogen werden und das Weib zur Erhohlung des Kriegers: alles andere ist Torheit.
'Gib mir, Weiblein, deine kleine Wahrheit!' sagte ich. Und also sprach das alte Weiblein: 'Du gehst zu Frauen? Vergiß die Peitsche nicht!' " (Kommentar: Wieder ein von Nietzsches Zynismus förmlich triefendes Zitat. So nicht hinnehmbar).

Zitat: "Der christliche Entschluß, die Welt häßlich und schlecht zu finden, hat die Welt häßlich und schlecht gemacht. Jetzt entscheidet unser Geschmack gegen das Christentum, nicht mehr unsere Gründe." (Kommentar: Flapsig formuliert. So nicht hinnehmbar).

Zitat: "Seht, ich lehre euch den Übermenschen! Der Übermensch ist der Sinn der Erde. Euer Wille sage: der Übermensch sei der Sinn der Erde! Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt denen nicht, welche von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht.
Verächter des Lebens sind es, Absterbende und selber Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen sie dahinfahren! Einst war der Frevel an Gott der größte Frevel, aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevelhaften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furchtbarste und die Eingeweide des Unerforschlichen höher zu achten, als den Sinn der Erde!" (Kommentar: "Das" ambivalente Nietzsche-Zitat. Besonders die These vom Übermenschen oder Herrenmenschen als dem Sinn der Geschichte, hatte es den Nazis angetan. "Und heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt" (Nazithese). Oder. Ob da hunderte Weiber beim ausgraben eines Panzergrabens an Entkräftung zugrunde gehen, interessiert mich (Himmler) nur insoweit, ob der Panzergraben für Deutschland fertiggestellt wird (sinngemäß zitiert - letztendlich auch auf der Nietzschephilosphie von Herren und "Untermenschen" basierend).

Nicht nur die Religion, auch die politische Strömung des sogenannten "Sozialismus" fand sich im Blickfeld der gleißenden Nietzschekritik. Auch diesbezüglich fand er den Beifall der Nazis, waren doch letztere auch als erklärte Gegner des "Sozialismus" angetreten. Insoweit der "Sozialismus" in der Praxis sich als Bürokratieförderndes Instrumentarium erweist (und dieser Kritik wird sich diese Richtung stellen müssen ob sie es will oder nicht); kann man dazu nur sagen. Auch diesbezüglich ist die Nietzschekritik ambivalent. Sie enthält einen ernstzunehmenden Kern; schießt andererseits aber übers Ziel hinaus.

In diesem Staat ist nach wie vor das "Christentum" (namentlich in seiner großkirchlichen Form protegiert). Ich bedaure das und heiße das keineswegs gut. Dennoch: Nicht alle Religionskritik ist für mich schon aus Prinzip annehmbar. Es gilt da auch näher hinzusehen. Beispiel. Das Euthanasieprogramm des Nazis; der Fabrikmäßig durchgeführte Mord an sogenanntem "unwertem Leben". Wie immer man auch das taktieren und lavieren der Großkirchen im Naziregime bewertet. Hier ist zu konstatieren. Ausnahmsweise haben sich die Kirchen in dieser Sache mal "mit Ruhm bekleckert", indem sie, durchaus unter eigener Gefährdung protestierten. Letztendlich lag das Nazi-Euthanasieprogramm in voller geistesgeschichtlicher Kontinuität auch zu Nietzsche. Das ist meine Meinung zu diesem umstrittenen Philosophen, der auch weiterhin umstritten bleiben wird.

Aber auf jeden Fall ist das tatsächliche Studium seiner Werke erheblich anregender, als wie die bleiernden, geradezu den Schlafzustand herausfordernden sogenannten Studienschriften der Zeugen Jehovas.

Übrigens. Religionskritik läßt sich nicht nur auf den Namen Nietzsche "verengen". Ich empfehle auch mal einen Blick zu Feuerbach
Post Skriptum:
Der Katalog der lieferbarer Titel bei Amazon.de weist zum Stichwort Nietzsche 489 Angebote nach. Darunter eine dreibändige Ausgabe (die ich in gewisser Beziehung favorisieren würde, die allerdings nicht "billig" ist; eine zehnbändige Ausgabe, etwas preis"günstiger" - Aber wer liest schon eine zehnbändige Werkausgabe); diverse sonstige Studienausgaben, Kommentare (unter anderem ein Titel wie: "Nietzsche und der Faschismus. Ein Politikum") und Einzelschriften. Wer die Wahl hat in diesem Falle tatsächlich die Qual. Ich würde auch meinen, solche Studienausgaben dürften in der Regel die Zeugen Jehovas überfordern. Ich würde daher eher auf etwas "seichtes" empfehlend hinweisen wollen
:

Geschrieben von Prometeus am 03. März 2002 16:21:33:

Als Antwort auf: Nietzsche <2240.htm> geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 07:47:29:

In der Tat, es fällt niemandem leicht zu Nietzsche keine Meinung zu haben. Vermutlich wurde er weitmehr mißbraucht als gelesen. Kein anderer Philosoph wurde politisch mehr zurechtgebogen um allen möglichen spleenigen Ideen zur wissenschaftlichen Bedeutung zu verhelfen.

Hier tut man jedoch Nietzsche unrecht.Er bot selten geschlossene Weltbilder und Lösungen an, sondern polarisierte und provozierte so zu selbstständigem Nachdenken.

Ohne sein Werk wäre die Welt um einiges ärmer!

Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 18:52:02:

Als Antwort auf: Re: Nietzsche <2248.htm> geschrieben von Prometeus am 03. März 2002 16:21:33:

Die Sekundärliteratur zu Nietzsche ist mittlerweile unübersehbar. Verständlicherweise sind Kirchenvertreter auf ihn nicht sonderlich "gut" zu sprechen. Um dies mal am Beispiel des Katholiken Konrad Algermissen zu verdeutlichen. Letzterer veröffentlichte eine etliche Jahrzehnte als katholisches Standardwerk geltende "Konfessionskunde". Er hat sich auch nachweislich mit den Nazis "angelegt", in seinem 1935 veröffentlichten Buche "Germanentum und Christentum", dass von den Nazis, bis auf wenige Bibliotheksexemplare, schon nach kurzer Zeit sekretiert wurde.

Ich bin durchaus kein "Fan" von Algermissen. Mir gefällt namentlich seine vormale "Überlegenheitstendenz" nach dem Motto "die heilige katholische Kirche" und der "unheilige Rest" nicht. Gleichwohl attestiere ich Algermissen, im Gegensatz zu etlichen anderen publizierenden Katholiken (etwa dem Fritz Schlegel) ein gewisses Maß an Seriosität.

Algermissen veröffentlichte 1946 ein Buch mit dem Titel "Nietzsche und das Dritte Reich".
In ihm verbreitet er sich unter anderem wie folgt:
"Kurz nach dem Jahre 1900 veröffentlichte der damals zwanzigjährige Mussolini in der italienischen Zeitschrift 'Il pensiero romagnola' einen Artikel über Nietzsche, in welchem es wörtlich heißt:
'Um das Ideal, das Nietzsche uns vorzeichnet, zu erreichen, wird eine neue Art von freien Geistern erstehen, die erstarkt sind im Kriege, in der großen Gefahr, Geister, die uns von der Nächstenliebe erlösen werden."

Algermissen meint sein Zitat dahingehend kommentieren zu können: "Mussolini fühlte sich ganz und gar als Schüler Nietzsches." Und weiter "Es (sei) nun Tatsache, daß die beiden genannten Systeme, der italienische Faschismus und der deutsche Nationalsozialismus, mit all ihren entsetzlichen Folgen die beste und letzte Verwirklichung der Nietze'schen Ideenwelt darstellten."

Mag ich Algermissen in der Rigorosität seiner These auch nicht zu folgen. Genannte Systeme existierten nicht zuletzt als Reaktion auf das sowjetkommunistische "Modell". Und genannte Systeme hätten ihre Verbrechen auch dann begangen, wenn es keinen Nietzsche gegeben hätte, aber eben die Sowjetunion als Stein des Anstoßes. Dieses kritisch zu Algermissen. Andererseits erkenne ich sehr wohl, dass auch Algermissen durchaus in der Lage ist Nietzsche-Zitate zu bringen und zu interpretieren, die letzteren in die "faschistische Ecke" stellen. Meine eben geäußerte Kritik an Algermissen ist daher durchaus kein "Freibrief" für Nietzsche

Noch ein Zitat aus der 1966 erschienenen Nietzschebiographie von Ivo Frenzel (Rowohlt-Verlag)
"Die ideologische Kontroverse setzte früh ein und wurde nach 1933 zeitweise dominierend. In dem Maße, in dem von nationalsozialistischen Autoren Nietzsche für den Faschismus in Anspruch genommen wurde, erschienen im Ausland kritische Schriften und Pamphlete gegen Nietzsche als geistigen Wegbereiter des Dritten Reiches. Gleichzeitig nahmen aber auch immer wieder gerade ausländische oder ins Ausland emigrierte Autoren Nietzsche gegen verfälschende nationalsozialistische Interpretationen in Schutz."

Noch ein Zitat. Robert Steigerwald. Dieser Name sagt den hiesigen Lesern in der Regel nichts. Ich nehme für mich in Anspruch ob es dem "Georg de Raetz" nun "gefällt" oder nicht) vielleicht philosophisch etwas mehr gebildet (respektive belesen zu sein) als manch anderer, genannter "Georg" eingeschlossen. Steigerwald veröffentlichte 1973 ein Buch "Marxismus - Religion - Gegenwart". Durchaus lesenswert. Wie schon der Buchtitel andeutet, kommt Steigerwald aus einer ganz bestimmten politischen Ecke. Konkret aus der Ecke der "DKP" in der alten Bundesrepublik Auch gehört er dem kommunistisch orientierten Flügel (es gibt auch einen sozialdemokratisch orientierten Flügel). Also Steigerwald gehört dem kommunistisch orientierten Flügel der "Freidenker" (in der alten BRD) an.

Letztere veröffentlichten 1981 im Kölner Pahl-Rugenstein-Verlag eine Art "Festschrift". Darin vertreten auch Steigerwald mit einem Aufsatz über Nietzsche. Ich teile Steigerwald's politische Heimat nicht. Indessen konzediere ich ihm, dass er aus seiner speziellen Sicht- und Interessenlage durchaus ein klares Urteil über Nietzsche abgegeben hat. Und mit der Zitierung dieses Statements, mag sich dieses Posting seinem Ende nähern. Steigerwald schrieb da:

"Es gibt, wie angedeutet, auch linke Nietzsche-Prediger. Sie preisen ihn seines Atheismus wegen. Was es mit dem wirklich auf sich hat, wird zu prüfen sein.
Zuvor sei, unabhängig vom Thema Nietzsche vor einer Achsverschiebung gewarnt. Die Achse, um die sich sozialistische Politik dreht, heißt nicht Atheismus, sondern Sozialismus! Andernfalls käme heraus, daß mich mit jenen, die sich vielfach aus unverdauten Brocken einer eher pantheistischen (oder frei-religiösen, oder ludendorfferisches) als materialistisches Weltbild bauten, das sie atheistisch benamsen , und die dabei politisch nicht selten rechts stehen, mehr verbände als mit den Christen, der aus seinem Glauben die Kraft zur sozialistischen Entscheidung gewann.

Nicht jeder Kämpfer gegen das Christentum ist übrigens atheistisch. Gerade Nietzsche bekämpfte im Christentum nicht die Religion, sondern die von ihm vermutete gleichmacherische, demokratische, sklavische Tendenz. Und er bekämpfte sie ihrer sozialistischen Konsequenzen wegen.
Denn seiner Überzeugung nach ist die historisch ausgebildete Gestalt des Christentums ein 'Platonismus fürs Volk', eine Moral-Lehre für die Massen des niederen Volkes. Kritik am Christentum ist ihm folglich nicht Religions- sondern Moralkritik. 'Die Widerlegung Gottes - eigentlich ist nur der moralische Gott widerlegt.'

Nietzsches 'Anti-Christ' ist das Hohelied eben jener Anti-Moral. Und wir Sozialisten sollten, eines demagogischen Spiels mit der Sache Atheismus wegen Nietzsches 'Hohelied' mitsingen? Eine perverse Idee, fürwahr!
Daß Nietzsche kein Atheist, ja streng genommen, auch kein Gegner des Christentums war, wird also auch von der bürgerlichen Philosophie und von der Theologie wahrgenommen. So sehr, daß sie mittels Nietzsche sogar ein besseres Christentum für möglich hält. ...
Wohlgemerkt: wir bekämpfen in Nietzsche nicht den Usurpator des Atheismus, sondern den Feind des Volkes, der Demokratie und des Sozialismus."

meint zumindest das DKP-Mitglied Steigerwald.
, ", Flügel (es gibt auch ,,, , sehr, lgemerkt: wir bekämpfen in Nietzsche nicht den Usurpator d

Geschrieben von D. am 03. März 2002 09:27:18:

Als Antwort auf: Nietzsche <2240.htm> geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 07:47:29:

Hinweis:
Im "Projekt Gutenberg" sind derzeit auch dreizehn Nietzsche-Schriften online gestellt. Das nur als Hinweis für diejenigen, die partout alles online serviert bekommen möchten und Geldausgaben für Bücher scheuen "wie der Teufel das Weihwasser."

Ich persönlich bin allerdings über das Gutenberg-Angebot,sofern Online genutzt, nicht sonderlich "glücklich". Auch Online-Texte kosten entsprechende Zeit (und Online-Gebühren), sofern man dort einen Text wirklich bis zum Ende lesen will.

Nach anwählen von Projekt Gutenberg weiter die Autorennamen herunterscrollen bis zu Nietzsche.

Projekt Gutenberg http://gutenberg.spiegel.de/autor

Geschrieben von od  am 03. März 2002 12:39:08:

Als Antwort auf: Re: Nietzsche <2241.htm> geschrieben von D. am 03. März 2002 09:27:18:

Online Schriften kann man auf Festplatte speichern, und offline lesen.
Mit Tools wie WebZip (www.spidersoft.com) kann man ganze Webseiten auf Festplatte saugen, und in Ruhe offline lesen.

Bücher sind jedoch bequemer.
Man kann sie im Liegen im Bett, im Zug, auf dem WC nebenbei lesen, ohne sich die Augen zu sehr zu verderben.
Geschrieben von LuckyX am 03. März 2002 09:40:07:

Als Antwort auf: Re: Nietzsche <2241.htm> geschrieben von D. am 03. März 2002 09:27:18:

Hallo Drahbeck,

zu Deinen bibiliographischen Hinweisen : am platzsparendsten und vielleicht auch am wirtschaftlichsten ist die Gesamtausgabe auf CD
(Zu bestellen bei www.heptagon.de) für unter 40 Euro. Man findet dort u.a auch den kompletten Max Weber auf CD.

Vorteil : praktische Suchfunktion
Nachteil : mit Heptagon wieder ein unübliches Format - vielleicht ist das ungerecht, aber ich störe mich ja auch an envoy7.

Ansonsten danke für den Hinweis auf das Projekt Gutenberg. Irgendwann wird ja sowieso ein jeder mal eine flat rate haben -oder ?

Geschrieben von Prometeus am 02. März 2002 19:22:41:

Im wesentlichen lassen sich folgende WTG- Dogmen hinsichtlich der Entstehung des Kanons der sogenannten "christlich griechischen Schriften" festmachen:

1. Die Bibel ist als ganzes "von Gott inspiriert" und die Auswahl der dazugehörigen Schriften vom "heiligen Geist" überwacht.

2. Gott selbst überwachte und redigierte "sein Wort" höchstpersönlich.

3. Seit der Zeit der Apostel bis heute gab es zu jeder Zeit eine oder mehrere Personen, die den " treuen und verständigen Sklaven" darstellten und "von Gott geleitet waren".

4. das Konzil von Nizäa im Jahre 325 war ein Meilenstein des Abfalls vom wahren Glaubens, da dort die Trinitätslehre (Dreieinigkeit) zum Dogma erhoben und gleichzeitig die "arianische Lehre" zur Ketzerei erklärt wurde.

Die diesbezüglichen Quellenangabe aus WTG- Literatur zum Konzil von Nizäa (sh 276 11 Abtrünnigkeit - Der Weg zu Gott blockiert)

Konstantin wollte, daß in seinem Reich Einheit herrschte. Deshalb berief er im Jahre 325 u. Z. ein Konzil nach Nizäa ein - die Stadt lag im östlichen, griechischsprachigen Teil seines Reiches, von der neuen Stadt Konstantinopel aus auf der anderen Seite des Bosporus. Es heißt, daß zwischen 250 und 318 Bischöfe, nur eine Minderheit (von ca. 1800, Einfügung von mir), am Konzil teilnahmen und daß die meisten aus dem griechischsprachigen Gebiet kamen. Selbst Papst Silvester I. war nicht anwesend. Nach heftigen Debatten wurde auf diesem nicht repräsentativen Konzil das Nizäische Glaubensbekenntnis formuliert, das sehr von trinitarischem Gedankengut beeinflußt war. Die Streitigkeiten um die Dreieinigkeitslehre waren aber damit nicht zu Ende. Die Rolle des heiligen Geistes Gottes in dieser Lehre war noch immer nicht klar. Die hitzigen Debatten hielten jahrzehntelang an, und um schließlich in dieser Hinsicht Einigkeit zu erzielen, waren die Einberufung weiterer Konzilien, die Autorität verschiedener Kaiser und die Verbannung als Strafmaßnahme erforderlich. Die Theologie gewann einen Sieg, während diejenigen, die sich an die Bibel hielten, eine Niederlage hinnehmen mußten (Römer 3:3, 4).

Interessanterweise zitiert der "Erwachet" (8. 4. 1973 Seite16-20 "Wie die Christenheit trinitarisch geworden ist") über die vorherrschende Stimmung dieses Events, bei dem es ja primär um die Frage der "Göttlichkeit Jesu" ging, wie folgt:

"Zwei Monate lang stritten die Trinitarier und die Arianer miteinander, die Trinitarier zeigten sich oft außerordentlich intolerant. Konstantin bemerkte, daß die Trinitarier in der Übermacht waren, daher entschied er zu ihren Gunsten. Er "unterdrückte die Opposition in den Reihen der Bischöfe und forderte, daß alle Anwesenden unterschrieben, da sie sonst verbannt würden. Nur zwei Bischöfe aus Libyen verweigerten die Unterschrift; zusammen mit Arius und den Priestern, die treu zu ihm hielten, wurden sie nach Illyrien verbannt", in ein Gebiet, das heute dem westlichen Jugoslawien entspricht. Die Schriften des Arius wurden beschlagnahmt und verbrannt, und auf den Besitz seiner Schriften wurde die Todesstrafe gesetzt."

ferner:

"Als Arius auf dem nizäischen Konzil aufstand, um das Wort zu ergreifen, soll Nikolaus von Myra ihn ins Gesicht geschlagen haben, und während Arius seine Rede fortsetzte, sollen viele Bischöfe, die der trinitarischen Auffassung huldigten, sich die Ohren zugehalten haben und aus dem Saal gelaufen sein, um ihre Abneigung gegen seine Ketzereien zu demonstrieren."

Außer diesem Streit ging es in Nizäa bekanntermaßen unter anderem auch darum, festzustellen, welche der -zig kursierenden "Evangelien" und "Briefe" in den biblischen Kanon aufgenommen werden sollten. Leider bedeckt sich die WTG in ihren geschichtlichen Darstellungen dazu. In jüngerer WT- Literatur konnte ich jedenfalls darüber nichts finden.

Nachdem vorher schon einige Egomanen und Wichtigtuer ihren eigenen Kanon erstellt hatten, wäre es doch an der Zeit 300 Jahre nach Jesu Tod endlich einen verbindlichen Kanon zu erstellen. Hier ein kurzer unvollständiger historischer Abriss:

Ca. 51-125 n.Chr.: Die Bücher des NT werden geschrieben, aber auch einige andere christliche Texte entstehen während dieser Zeit - z.B. die Didache (ca 70 n.Chr.), 1 Clemens (ca. 96 n.Chr.), Der Brief des Barnabas (ca. 100 n.Chr.), und die Briefe des Ignatius von Antiochien (ca. 110 n.Chr.)

Ca. 140 n.Chr.: Marcion, ein römischer Geschäftsmann, lehrt, daß es zwei Götter gäbe: Yahweh, den grausamen Gott des AT, und Abba, den freundlichen Vater des NT. Marcion eliminiert das AT als Teil der Schrift und er behält, da er anti-semitisch eingestellt ist, nur 10 Briefe und 2/3 des Evangeliums nach Lukas bei (er läßt alle Hinweise auf Jesu jüdische Abstammung weg). Marcions "Neues Testament" - das erste so zusammengestellte NT - bringt die Hauptsttrömung der Kirche zu einer Entscheidung bzgl. eines Kerns für einen Kanon: die vier Evangelien und die Briefe des Apostels Paulus

Ca. 200 n.Chr.: Der Umfang des Kanons ist jedoch noch nicht festgelegt. Nach einer Liste, die in Rom ca. 20 n.Chr. (dem Muratorischen Kanon), besteht das NT aus den 4 Evangelien, Apostelgeschichte, 13 Briefen des Paulus (Hebräer ist darin nicht enthalten); 3 der 7 allgemeinen Briefe (1 - 2 Johannes und Judas); und auch noch die Offenbarung (Apokalypse) des Petrus.

Voltaire (bekanntlich kein Christ) meinte behaupten zu müssen (allerdings hatte er auch Quellenmaterial), man hätte in Nizäa den Kanon nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt (durch Werfen der einzelnen Schriften [vielleicht in einen Zielkreis]) um einen Konsens in dieser Frage herzustellen. Ob das wahr ist wissen wir nicht genau, aber aufgrund der dort vorherrschen Stimmung ist anzunehmen, daß es sogar der Wahrheit nahekommen könnte.

Nun stellt sich die Frage, wie hier der "heilige Geist" überhaupt auf die Abläufe Einfluß nehmen konnte, ging es doch hier um nichts weniger als um die Endfassung von "Gottes Wort". Wer vertrat hier Gott? Wer repräsentierte dort den "treuen und verständigen Sklaven"?

Vielleicht Arius? Arius als Antipode von Athanasius, von Russel als "3.Sendbote Gottes" definiert, hatte doch dort in Nizäa die Schlacht verloren, und wurde von seinen Widersachern sogar später vergiftet. Hätte er es als rechtschaffener Verfechter der "biblischen Wahrheit" nicht verdient, "Gottes Schutz" zu erhalten und darüber zu wachen daß nur "Gottes Wille" geschehe im Hinblick auf die Endfassung seines geschriebenen Wortes?

Statt dessen gewann der Vorkämpfer der "Dreieinigkeit", Athanasius von Alexandrien, dort die Übermacht. War er hier Gottes Werkzeug zur Abfassung seines Werkes? Immerhin getraute sich selbst dieser Machtmensch Athanasius (immerhin wurde das katholische "athanasianische" Glaubensbekenntnis nach ihm benannt) 42 Jahre nicht, diese vorläufige Endfassung des "neuen Testaments" öffentlich bekanntzugeben. Erst 367 u. Z. im Rahmen eines Osterbriefes wurde sie für seinen eigenen Machtbezirk als verbindlich erklärt.

Wie also können so die "christlich griechischen Schriften" dennoch von Gott inspiriert sein?

Die WTG stellt sich diesem Dilemma nur sehr vage: Das Einsichten- Buch sagt unter dem Stichwort "Kanon":

"Ob ein gewisses Buch allerdings wirklich kanonisch ist, hängt nicht davon ab, wie oft oder von welchem nichtapostolischen Schriftsteller es zitiert worden ist. Der Inhalt des Buches muß den Beweis erbringen, daß es ein Produkt des heiligen Geistes ist."

ferner:

"Allein die Niederschrift eines religiösen Buchs, seine jahrhundertelange Erhaltung und die Tatsache, daß Millionen ihm Wert beimessen, beweist nicht, daß es göttlichen Ursprungs oder kanonisch ist. Es muß eindeutig zu erkennen sein, daß Gott sein Autor ist und es von ihm inspiriert wurde. Der Apostel Petrus erklärt: "Prophetie wurde niemals durch den Willen eines Menschen hervorgebracht, sondern Menschen redeten von Gott aus, wie sie von heiligem Geist getrieben wurden" (2Pe 1:21). Eine Untersuchung des Bibelkanons ergibt, daß sein Inhalt dieses Merkmal in jeder Hinsicht aufweist."

Der "Wachtturm" vom 15.4. 1970 S.250 sagt dazu:

"Eine Schrift gilt nicht als kanonisch, weil sie besonders alt ist, weil sie von vielen verehrt wird oder weil eine Kirchenversammlung, ein Komitee oder eine Gemeinschaft sie anerkannt hat. Die Meinungen nichtinspirierter Männer waren lediglich insofern nützlich, als sie das bestätigten, was Gott bereits als kanonisch gebilligt, behütet und bewahrt hatte."

Bedauerlicherweise führen die Schreiberlinge der WTG hier keine Beweise an. Auch ansonsten wird die Uninspiriertheit der "apokryphen Evangelien und "Briefe"" nur mit Gemeinplätzen untermauert:

Das Einsichten- Buch führt aus unter dem Stichwort "Apokryphen":

"Spätere apokryphe Werke. Besonders vom 2. Jahrhundert u. Z. an entstand eine Unmenge von Schriften, die beanspruchten, von Gott inspiriert und kanonisch zu sein, und angeblich mit dem christlichen Glauben zu tun hatten. Diese Werke, oft die "Neutestamentlichen Apokryphen" genannt, stellen einen Versuch dar, die Evangelien, die Apostelgeschichte, die Briefe und die in den kanonischen Büchern der Christlichen Griechischen Schriften enthaltenen Offenbarungen nachzuahmen. Eine große Anzahl dieser Apokryphen kennt man nur aus vorhandenen Fragmenten oder aus Zitaten und Anspielungen, die sich bei anderen Schreibern finden.
Diese Schriften lassen erkennen, daß man bemüht war, etwas zu berichten, was die inspirierten Schreiber absichtlich ausgelassen hatten. Hierzu gehören die Begebenheiten und Ereignisse, die sich im Leben Jesu von seiner frühen Kindheit an bis zu seiner Taufe zutrugen; andererseits suchte man durch diese Schriften Lehren oder Traditionen zu beweisen, die keine Stütze in der Bibel fanden oder ihr sogar widersprachen. Zum Beispiel sind das sogenannte Thomasevangelium und das sogenannte Protevangelium des Jakobus voller phantasiereicher Schilderungen von Wundern, die Jesus angeblich in seiner Kindheit wirkte. Alles in allem erwecken diese Schriften jedoch den Anschein, als ob Jesus ein launenhaftes und gereiztes, aber mit außergewöhnlichen Kräften versehenes Kind gewesen wäre. (Vergleiche den wahren Bericht in Lukas 2:51, 52)........
So, wie die früheren apokryphen Schriften nicht in die anerkannten vorchristlichen Hebräischen Schriften aufgenommen wurden, wurden auch die späteren Apokryphen nicht für inspiriert gehalten noch in den frühesten Verzeichnissen oder Katalogen der Christlichen Griechischen Schriften als kanonisch aufgeführt."

Eine sonderbare Auffassung angesichts der Tatsache wie die Auswahl der "inspirierten Schriften" möglicherweise von statten ging.

Was die "Inspiration" angeht, schrieb schon Lukas in seinem Evangelium am Anfang ( Kap. 1:1-4, NW):

"1 Da es viele unternommen haben, eine Darlegung der unter uns völlig beglaubigten Tatsachen zusammenzustellen, 2 so wie sie uns die überlieferten, die von Anfang an Augenzeugen und Diener der Botschaft wurden, 3 beschloß auch ich, weil ich allen Dingen von Anbeginn genau nachgegangen bin, sie dir, vortrefflichster Theophilus, in logischer Reihenfolge zu schreiben, 4 damit du die Gewißheit der Dinge völlig erkennst, über die du mündlich belehrt worden bist."

Der Prolog des Lukasevangeliums, in dem der Autor versichert, "eine Darlegung der unter uns völlig beglaubigten Tatsachen zusammenzustellen" zu haben, ist einer der vielen Belege dafür, dass der Schreiber gar nicht daran dachte, sich für inspiriert zu halten. Lukas war auch nicht der Meinung, etwas Ungewöhnliches zu tun. Bekennt er doch im ersten Vers, "viele" (nicht nur 2 Vorschreiber, z.B. Matthäus und Markus) hätten vor ihm solche Berichte verfasst. Sie befriedigten ihn aber nicht, weil sie nicht "von Anfang an" und "in logischer Reihenfolge" erzählten (z.B. weil damit falsche Schlüsse gezogen würden). So will er offensichtlich verbessern, damit sich der "vortreffliche Theophilus", für den er sein Opus schreibt, von der "Zuverlässigkeit" der
Nachrichten, in denen er unterwiesen ist, überzeugen könne. Und das alles lange Zeit nach dem Tod Jesu! Und er war beileibe nicht der einzige von der Sorte!

Nun stellt sich erneut die Frage nach dem Wirken des "Heiligen Geistes" in dieser Affäre!

Frage an alle Bibelforscher:

Und wer repräsentierte hier in diesem außergewöhnlichen Auswahlprozeß in Nizäa den "treuen und verständigen Sklaven"? Gebrauchte Gott seine "Feinde" (Athanasius & Co.) als sein Werkzeug, um das wichtigste, das er den Menschen mitzuteilen hatte, nämlich seine "Heilige Schrift", zusammenzustellen?

Frank Bechhaus schreibt interessanterweise auf seiner web- site dazu:

"Der neutestamentliche Kanon ist als Ergebnis eines langfristigen und durchdachten Entwicklungsprozesses anzusehen."

Ich wüsste nicht, warum!

Und falls Gott früher seine Gegner Gegner ausgesucht hat um seinen Willen zu vollenden, warum dann nicht auch heute? Und wenn er früher seine Feinde erwählte um nach dem Würfelprinzip sein "heiliges Buch" zusammenzustellen, warum benutzt er heute einen Haufen angeblich von ihm ausgesuchter Greise um sein Volk zu belehren?

Antworten erwünscht!

Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 14:34:16: Als Antwort auf: Nachdenkliches zum Konzil von Niza ,dem Bibelkanon, der WTG und dem <2239.htm>geschrieben von Prometeus am 02. März 2002 19:22:41:

Die Höllenlehre gehört bekanntlich zu den von den Bibelforschern/Zeugen Jehovas abgelehnten. Gleichwohl hat sie sich bis heute erhalten und Dante's aus dem Mittelalter stammende Schrift "Die göttliche Komödie", die namentlich die Höllenlehre thematisiert, ist bis in die Neuzeit immer wieder mal neu aufgelegt worden. Beispielsweise in einer Auflage aus dem Jahre 1970 des Leipziger Reclam-Verlages, die ich als persönliches Exemplar habe. Zu den ausgesonderten, bzw. nicht in den Kanon aufgenommenen Schriften gehört auch die "Petrus-Apokalypse". Meines Wissens ist deren Volltext nicht online im Internet zugänglich. Man ist nach wie vor auf diesbezügliche Buchausgaben angewiesen. Etwa in Hennecke/Schneemelcher "Neutestamentliche Apokryphen". Gerade in der "Petrus-Apokalypse" wird in äußerst blutrünstiger Weise das Höllenthema ausgewalzt. Fand es auch so nicht in den Kanon Eingang, lebte die These trotzdem weiter, wie das Beispiel Dante belegt. Das die WTG in Übereinstimmung mit evangelikalen Kreisen, dass ihr unbequeme eleminiert, ist meines erachtens mehr als evident. Die tatsächliche Wahrheit können diese Religionsvertreter ohnehin nicht verkraften.

Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 14:19:15:

In einer Rutherfordschrift aus dem Jahre 1939 gelesen:
"Nimrod war ein gesetzloser Mann, ein grausamer Mörder von wilden Tieren und auch von Menschen. Auf Grund seiner Macht und seines Einflusses über die Menschen organisierte er Babylon, die erste Willkür-, Diktatur- oder Totalherrschhaft, die je bestand. Er war das Werkzeug des Teufels, indem er die Religion und eine politische Herrschaft gegen Gott organisierte und Handelsschacher in Gang brachte ... In seiner Grausamkeit und Verderbtheit jagte und tötete er viele wilde Tiere und Vögel des Himmels, wodurch er veranlaßte, daß die Tiere und das Gevögel tückisch wurden und den Menschen anfielen."

So ist das also. Das es wilde Tiere gibt sei die Schuld Nimrod's. Offenbar kann man aus den WTG-Märchenbüchern immer noch was neues lernen!

Geschrieben von Mumpitz am 03. März 2002 15:16:25:

Als Antwort auf: wilde Tiere <2244.htm> geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 14:19:15:

>In einer Rutherfordschrift aus dem Jahre 1939 gelesen:

Bitte sehr, aus welcher Rutherford-Schrift ist das ?

Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2002 15:47:37: Als Antwort auf: Re: wilde Tiere <2246.htm> geschrieben von Mumpitz am 03. März 2002 15:16:25:

>Bitte sehr, aus welcher Rutherford-Schrift ist das ? Die Rutherford-Broschüre "Faschismus oder Freiheit". 1939 in Bern (Schweiz) in Deutsch erschienen; nach kurzer Zeit aber auch von den Schweizerischen Behörden verboten (nicht wegen der "Tierpassage" sondern ihres politischen Inhaltes wegen. Die "Tierpassage" ist auf Seite 41. Genannte Broschüre habe ich für sündhaft teures Geld bei einer Auktion erstanden. Eine elektronische Variante davon(im rtf-Format) ist in Vorbereitung. Sie wird nicht auf meiner Webseite eingestellt. Für den persönlichen Privatgebrauch können sie Interessenten bekommen - auf ausdrückliche Anforderung. Allerdings wäre es schon, diese Interessenten würden nicht nur auf "Nassauer" spekulieren. Der Erwerb solcher Raritäten ist auch für mich mit hohen Kosten verbunden.

Geschrieben von Drahbeck am 05. März 2002 19:41:46:

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Diesseits" reflektiert Armin Pfahl-Traughber über
"Neue Inquisition" und "neue Judenverfolgung"?
Über die falschen Bilder der intellektuellen Sympathisanten von Sekten

Grundlage seiner Ausführungen ist ihm das von dem Theologe Gerhard B... und dem Soziologe Erwin K. Scheuch herausgegebene zweibändiges Sammelwerk unter dem Titel "Die neuen Inquisitoren".

Er notiert auch: Der Ex-Theologe Hubertus Mynarek sieht in den Sekten gar die "heutigen Juden" und widerspricht dieser These

Er kann es sich nicht verkneifen auch anzumerken:

Aufgrund ihrer formalen Bildung sollten es viele der erwähnten und andere Hochschullehrer und Intellektuelle eigentlich besser wissen.

Und fragt weiter:

Was motiviert sie zu derartigen Behauptungen und Zuschreibungen? Warum verteidigen sie die unterschiedlichen Sekten?

Sofern er unseriöse Berichterstattung über Sekten einräumt, ist seine Antwort darauf:

Gleichwohl wird der aufgeregten Beschäftigung mit den Sekten eine ebensolche Verteidigung mit zweifelhaften Mitteln entgegengesetzt.

Auch dieser Satz ist beachtlich:.

Mancher erliegt Schmeicheleien
Und schließlich kann noch ein relativ profaner Grund für die Solidarität mancher Autoren mit klein-religiösen Gemeinschaften und Psycho-Gruppen genannt werden: Die finanzkräftigen Organisationen hofieren um ihres Images willen bestimmte Hochschullehrer und Intellektuelle.

Er wirft den B... und Co vor:

Gerade diese Einseitigkeit und Ignoranz macht diese Intellektuellen zu Sympathisanten der Sekten.

Und weiter:

Das sozialwissenschaftliche Verständnis des Sektenbegriffs ist demnach auch Ausdruck eines säkularen Verständnisses. Kritik an in diesem Sinne gemeinten Sekten hat daher nichts mit der Einschränkung der Organisations- und Religionsfreiheit zu tun. Gerade dies suggerieren die erwähnten Hochschullehrer und Intellektuellen mit ihrem Inquisitions-Vorwurf.

Die Ausübung der Religionsfreiheit setzt die Akzeptanz und Wahrnehmung anderer Rechte voraus, wozu an erster Stelle die Menschenrechte ...

Sein Schlusssatz lautet:

Sie wenden sich gegen angeblich oder tatsächlich übertriebene Behauptungen über Sekten und sehen sie als Opfer einer öffentlichen Kampagne. Sie ignorieren dabei aber deren eigenes kritikwürdiges Handeln als Täter. Ihre falschen historischen Gleichsetzungen mit der Inquisition und Judenverfolgung lassen Sekten als unschuldig verfolgte Minderheiten erscheinen. Einerseits soll damit ein Mitleidseffekt ausgelöst werden, andererseits dient derartige Agitation der Abschottung von Kritik. Sie gilt als Ausdruck der "Inquisition" und "Sektenjagd" und bedarf daher keiner Auseinandersetzung und Reaktion. Damit tragen die erwähnten Hochschullehrer und Intellektuellen zur pauschalen Aufwertung von Sekten und deren inhumanen Praktiken bei. Nicht zufällig findet sich denn auch in ihren Veröffentlichungen kein Wort zu den Opfern dieser Organisationen

Geschrieben von Drahbeck am 05. März 2002 22:35:03:

Es verwundert schon ein bisschen, wenn man vernimmt, dass die Mutter der Lotte Grund, die Gefängnisaufseherin im Naziregime gewesen war, Zeugin Jehovas sei.. Nun sei diesbezüglich nicht unbedingt der erhobene Zeigefinger präsentiert. Man weiss ja auch nicht definitiv, ob die Tochter selbst Zeuge Jehovas wurde. Wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, dann ist das ihre persönliche Angelegenheit gewesen, diese Art der Berufswahl. Wobei die sattsam bekannten Konditionen des Naziregimes, wohl kaum eine echte "Wahl"möglichkeit bezüglich des Berufes ermöglicht haben dürften. Dennoch, ein gewisses Staunen bleibt trotzdem übrig. Die Tochter einer Zeugin Jehovas wird Gefängnisaufseherin!
Peter Przybylski veröffentlichte 1991 ein Buch mit dem Titel "Tatort Politbüro. Die Akte Honecker". Darin ist auch ein Abschnitt über die Lotte Grund enthalten.

Die von Honecker genutzte Möglichkeit einer Flucht aus der Gefängnishaft in den letzten Kriegstagen, wertet er als "kein Ruhmeskaptel".

Er meint weiter, Honecker hätte das diesbezügliche Geschehen ja am liebsten Verschwiegen, gäbe es dabei nicht zu viele Mitwisser.

"Alles was der spätere SED-Chef über seine Flucht aus dem Frauenjugendgefängnis in der Lichtenberger Magdalenenstraße berichtet, klingt nach Alibisuche."

Ein Mithäftling, gleichfalls geflohen konnte sicher untertauchen; Honecker hingegen fand diese Chance so nicht. Zeitweilig habe er "bei Oma Grund in der Landsberger Straße 37 Zuflucht" gefunden, etwa 100 Meter Luftlinie  vom Frauengefängnis entfernt.

Weiter das Votum:

"Oma Grund war die Mutter jener jungen Aufseherin, mit der Honecker sich im Frauengefängnis Barnimstraße mehr als nur flüchtig angefreundet hatte: Lotte Grund. Sie wurde später Honeckers erste Frau. Daß er sie nicht erwähnte, hatte gute Gründe: Die einstige Aufseherin aus der Barnimstraße hatte nämlich nicht nur den Makel, keine Genossin zu sein, sondern war zu Honeckers Leidwesen auch noch Sproß einer Zeugin Jehovas."

Das Schicksal schlug dergestalt zu, das am 18. März 1945 das Vorderhaus der Landsberger Straße 8 in Schutt und Asche versank. Ein anderes Quartier fand er aber nicht stand Honecker nicht "und so entschloß er sich, gewiß unter dem Zureden seiner Freundin, zur Rückkehr ins Gefängnis Barnimstraße."

Ein weiteres mal verwandte seine Freundin sich für Honecker und konnte erreichen, dass die Rückkehr für ihn relativ folgenlos blieb.

Dazu wird ausgeführt:

Honecker hatte den glücklichen Ausgang seiner Flucht nicht zuletzt Seraphin zu verdanken. Der alte Sozialdemokrat, den die Nazis dienstverpflichtet hatten, galt ohnehin nicht als eifernder SS-Mann, wie Honecker ihn später darstellte. Es wurde ihm ein eher kumpelhafter Umgang mit den Gefangenen nachgesagt.

Als Seraphin nach Kriegsende Schwierigkeiten bei der Entnazifizierung hatte, schrieb er in seiner Not mehrfach Bittbriefe an Honecker, er möge doch ein gutes Wort für ihn einlegen. Doch er musste vergeblich auf Antwort von Honecker warten.

Seraphim sei dann von den Sowjets in einer Nacht- und Nebel-Aktion, auf Nimmerwiedersehen verschleppt worden. Seine Spur verliert sich ins Nichts, was wiederum das Schlimmste befürchten lässt.

Nach Kriegsende liest man von Honecker den bagatellisierenden Satz.

Zitat

Honecker - in gewohnter Abstraktion: «Meine Bekannten in der Landsberger Straße 37 traf ich zu meiner Freude unversehrt an. Für die nächsten Wochen und Monate fand ich bei ihnen wieder eine Unterkunft.»

Kein Wort mehr über diese "Bekannten" und den Grad der "Bekanntschaft" den er davor schon erreicht hatte.

Gemäß seiner damaligen Nachbarin Wera Küchenmeister habe Honecker die Lotte Grund geheiratet, was der spätere  Honecker prinzipiell verschwieg..

Gemäss Wera Küchenmeister in einer Zeugenaussage am 2 1. Februar 1990: «Mit Lotte Grund ist er zusammengeblieben bis zu deren Tod 1947 - und soviel mir in Erinnerung geblieben ist - starb Lotte Grund an einem Gehirntumor.»

Und weiter liest man:

Als Honecker am 16. Februar 1946 einen Fragebogen für die Kaderabtellung der Partei ausfallen mußte, machte er in der Spalte «9. Verheiratet?» einen Strich. Möglicherweise hatte er die Partnerschaft mit Lotte Grund doch nicht standesamtlich absegnen lassen, wie Wera Küchenmeister behauptete. Der Strich kann aber auch bedeuten, daß er gelogen hat, nicht die einzige Lüge - wie man sehen wird - die er an jenem Tage zu Papier brachte.

Geschrieben von Bauer am 07. März 2002 12:38:31:

Kann eigentlich aus heutiger Sicht und in Anbetracht der Kenntnis, dass Jehovas Zeugen das Hitlerregime durch geheimdienstliches Verhalten und Agitation einer Untergrundbewegung (Verteilen von Flugblättern), aber auch der Unterstützung der Schweiz durch das Bekenntnis, dass man in den Militäranweisungen keinen Widerspruch zu den eigenen Ziele sehe, und dass sich Jehovas Zeugen in der Schweiz nicht gegen den Militärdienst ausgesprochen haben, wohl aber in Deutschland, noch ehrlich und ohne Einschränkung als Verfolgte des Hitleregimes bezeichnen?

...Erinnern für Gegenwart und Zukunft. Cornelsen Schulbuchverlag, Bielefeld 2000; .

Geschrieben von O. N. am 07. März 2002 16:42:56:

Als Antwort auf: Leidensgeschichten auf CD-ROM <2258.htm> geschrieben von Bauer am 07. März 2002 12:38:31:

Schulbuchverlage werden wohl im allgemeinen, Kontroverses meiden. Da dürfte wohl auch bei dieser CD-ROM im wesentlichen nur der Zustand des Istzustandes in die Betrachtung eingeflossen sein. Hintergründe und namentlich Bewertungen, dass hier auch "Bauernopfer"
praktiziert wurden, schon weniger. Dann ist da noch der Aspekt der Lobbyistenarbeit zu nennen. Für etliche Historiker im Um- und Nachfeld von Garbe ist das ein Thema zu dem sie keine persönliche Beziehung, auch emotionaler Art haben. Hätten die gleichen Historiker die Chance sich über die "Geschichte eines Waschmittelkonzerns" zu verbreiten und stände dabei im Hintergrund die Aussicht mit Pate, dass der "Waschmittelkonzern" das sponsert, dass Resultat wäre nicht schwer erratbar.

Würde ein Historiker, um beim Bespiel zu bleiben, in seinen Ausführungen auch thematisieren, dass bei der Waschmittelherstellung gravierende Umweltschäden in Kauf genommen werden, könnte der Betreffende sich ausrechnen, dass in seinem Fall es mit dem "Sponsoring" nicht weit her sein dürfte. Also bleibt Kontroverses vielfach ungenannt bzw. in Nebensätze verbannt. So ist leider die Sachlage.

Geschrieben von Detlef Z. am 06. März 2002 10:37:31:

Aus der Broschüre 'Kindeswohl und Elternverantwortung' von Jehovas Zeugen:

Isolation ist unchristlich

So kann es jeder auf Seite 44 der "Kindeswohlbroschüre" lesen.

Als Beweis für diese Behauptung wird ausgeführt:

So besuchen auch Kinder der Zeugen Jehovas Kindergärten und öffentliche Schulen und kommen in der Regel gut mit ihren Lehrern und Mitschülern aus.

***************************

Verschwiegen wird, dass über den Besuch von Kindergärten und öffentlichen Schulen hinaus, tatsächlich eine Isolation erfolgt. In der Freizeit soll kein Umgang mit Schulfreunden geführt werden. Tatsächlich fordern Jehovas Zeugen eine bestimmte Isolation von der Außenwelt.

Beispielhaft sei hier nur der Wachtturm vom 15.2.94 15. angeführt:

Wahre Abstand, wenn Gefahr droht!
Doch wie die Erfahrung einiger gezeigt hat, kann es soweit kommen, daß man »»»--lieber--««« mit weltlichen Personen Gemeinschaft pflegt als mit Glaubensbrüdern und -schwestern. Worin bestehen einige Gefahren einer solchen Freundschaft?
...
In welcher Situation wir uns auch befinden mögen, handeln wir verständig, wenn wir den „Dingen, die zur Welt gehören", fernbleiben (Galater 4:3).

Erwachet
1996 22. 7. Warum haben immer nur die anderen Jugendlichen ihren Spaß?

Bei einem solch breitgefächerten Spaß bringenden Freizeitangebot können Erwachsene unter Umständen nur schwer nachvollziehen, warum einige Jugendliche, wie zum Beispiel Jason, das Gefühl haben, sie hätten nicht genug Spaß. Doch genau das haben manche christliche Jugendliche behauptet! Casey, eine Zeugin Jehovas, erklärte es folgendermaßen: „Wenn alle Schulfreunde Partys feiern und ständig »»»--etwas unternehmen--««« , kommt man sich echt wie eine Außenseiterin vor." Ist die Situation aber wirklich so schlimm?

„Mir entgeht etwas!"
Möglicherweise bist auch du ab und zu niedergeschlagen, wenn deine Schulkameraden mal wieder damit angeben, wie herrlich sie sich amüsiert haben. „Warum haben immer nur die anderen Jugendlichen ihren Spaß?" fragst du dich vielleicht.

+++++++++++++++++++++++++++++++++

Jehovas Zeugen stellen die Jugendlichen dieser Welt als verdorben dar. Wilde Partys und DAUERND wird etwas unternommen. Doch ist das so? Tatsache ist, dass derartige Horrorschilderungen dazu benutzt werden, den Kindern jeglichen Umgang mit ihren Schulfreunden außerhalb der Schule zu unterbinden.

Das wird verklausuliert und in einer Glaubenslehre ausgedrückt:
"In welcher Situation wir uns auch befinden mögen, handeln wir verständig, wenn wir den „Dingen, die zur Welt gehören", fernbleiben (Galater 4:3)."

Mehr als sarkastisch ist es zu bezeichnen, wenn in der Kindeswohlbroschüre auf S. 44 gesagt wird: "Fühlt sich ein Kind jedoch ausgegrenzt oder einsam, wenn ein Elternteil Weihnachten, Ostern oder den Geburtstag nicht feiert?" Wie die Ausführungen in den Zeitschriften von Jehovas Zeugen zeigen, fühlen sich deren Kinder tatsächlich ausgegrenzt und sind dadurch bedrückt. Aber die Umstände werden nicht geändert. Die Seele des Kindes muss weiter leiden. Es wird einfach versucht, den leidenden Kindern einzureden, dass ihr Zustand gut sei:

Erwachet
1996 22. 7. Warum haben immer nur die anderen Jugendlichen ihren Spaß?

Möglicherweise bist auch du ab und zu niedergeschlagen, wenn deine Schulkameraden mal wieder damit angeben, wie herrlich sie sich amüsiert haben. „Warum haben immer nur die anderen Jugendlichen ihren Spaß?" fragst du dich vielleicht. Ja, wie kann man das Gefühl, es würde einem etwas entgehen, überwinden?

++++++++++++++++++++

Eine echte Hilfe erhalten die Kinder und Jugendlichen bei Jehovas Zeugen nicht, wenn ihnen bewusst wird, dass sie Isoliert sind. Statt dessen wird ihnen noch Angst vor dem Umgang mit ihren Schulfreunden gemacht. Pauschal werden diese in ein schlechtes Licht gerückt:

Erwachet
22.07.1996 Warum haben immer nur die anderen Jugendlichen ihren Spaß?

Dasselbe kann über viele deiner vergnügungswütigen Altersgenossen gesagt werden. Im Moment denken sie vielleicht, daß sie sich großartig amüsieren. Aber der Genuß der Sünde ist nur zeitweilig (Hebräer 11:25). Da sie sich nicht nach biblischen Maßstäben ausrichten, befinden sie sich auf 'schlüpfrigem Boden' und stehen ständig in Gefahr, entsetzlichen Schiffbruch zu erleiden, und zwar plötzlich und ohne Vorwarnung. Gottes Wort sagt: „Was immer ein Mensch sät, das wird er auch ernten" (Galater 6:7). Sicherlich hast du auch schon von Jugendlichen in deinem Alter gehört, die sich sexuell übertragbare Krankheiten zuzogen, schwanger wurden, wegen „Spaß bringender" Eskapaden im Gefängnis landeten oder sogar starben. Bringt es dir demnach nicht etwas, wenn du dich von solchen Dingen fernhältst? (Jesaja 48:17).

++++++++++++++++++++++++++++

Fazit:

Mit allen erdenklichen Argumenten werden Kinder und Jugendliche in die Isolation getrieben.

Die Darstellungen in der 'Kindeswohlbroschüre' sind irreführend und täuschen Gerichte, Anwälte, Sozialarbeiter und andere die mit dem Problem konfrontiert werden.

Die Aussage "Isolation ist unchristlich" stimmt zwar, zeigt aber auch, das Jehovas Zeugen nicht christlich sind und nicht christlich handeln.

Geschrieben von O. N. am 06. März 2002 12:35:07:

Als Antwort auf: Isolation ist unchristlich <2255.htm>geschrieben von Detlef Z. am 06. März 2002 10:37:31:

Der Sinn der Kindeswohl-Broschüre lässt sich mit einem Vergleich veranschaulichen. Kiloweise wurde "Kreide gefressen" damit das Rotkäppchen den Eindruck gewinnen soll, da spricht die "liebe Großmutter".

Geschrieben von Babygirl112  am 07. März 2002 22:48:54:

Als Antwort auf: Re: Isolation ist unchristlich <2256.htm>geschrieben von O. N. am 06. März 2002 12:35:07:

Ich möchte euch kurz berichten was mir wiederfahren ist:

Ich bin heute 22 Jahre alt, war aber bis ich 16 Jahre alt war Zeugin Jehovas (mit 14 getauft)..ich bin selber "ausgestiegen" - heute habe ich den nötigen Abstand über einiges nachzudenken und deshalb interessiert mich eure Meinung zu folgenden Punkten:

1. Als ich noch Schwester war, wurde mir nahegelegt meinen Kontak zu meinem Vater auf ein Minimun zu reduzieren (er wurde als ich 11 war ausgeschlossen). Schon damals habe ich die Meinung vertreten, dass es mein Vater ist und auch bleiben wird. Leider habe ich indirekt beeinflussen lassen und meine Beziehung zu meinem Vater ist heute absolut schwierig und alles andere als eng. Ich kann heute noch nciht verstehe, warum ich damals so gehandelt habe - heute vermisse ich einen guten Kontakt zu meinem Vater und ganz ehrlich, ich mache "meine" Ältesten verantwortlich.. ICH WAR 11 JAHRE ALT, da braucht man doch seinen Vater!!!!!

2. Meine Schwester ist heute noch bei den "Zeugen", es interessiert sie kein Stück was ich tue, das tut weh und ich sehe es nicht ein, dass sie sich von einer Religionsgemeinschaft vorschreiben zu lässt, wie ihr Verhältnis zu ihrer Schwester ist.

3. Ich hatte damals einen grpßen "Freundeskreis" - nachdem ich die Gemeinschaft verlassen hatte, hat sich NIEMAND jemals über meine Mutter erkundigt wie es mir geht! Soviel zu dem Thema "Wahre Freundschaften bei den Zeugen" - sobald Du nicht mehr mitspielst wirst Du fallen gelassen.

4. Warum wird man für seine freie Willensentscheidung bestraft? Ich möchte niemanden beieinflussen oder meine Meinungs aufzwingen. Meine heutige Meinung zu den Zeugen Jehova's habe ich ganz alleine für mich.. Glücklicherweise habe ich trotzdem Verwandte (meine Oma, meine Mutter und meine Cousinen) die trotzdem zu mir stehen.. man spricht doch schließlich auch mit Katholiken, aber ja nicht mit "Ehemaligen" - sehr suspekt.

Babygirl

Geschrieben von Drahbeck am 09. März 2002 14:30:37:

Zu "DDR"-Zeiten war mir dessen Lektüre nicht möglich. Obwohl ich das "Privileg" mir erkämpft hatte (und unterm Strich einen hohen Preis dafür bezahlt habe) in der Ostberliner Deutschen Staatsbibliothek, in der dortigen "Giftschrankabteilung", genannt "Abteilung für spezielle Forschungsliteratur", auch sekretierte Literatur einsehen zu können, die ansonsten normalen Sterblichen, nicht zugänglich war. Wenn ich also dort (beispielsweise) das ZJ-Buch Franz Zürcher "Kreuzzug gegen das Christentum" und ähnliches anforderte, dann konnte ich das immerhin als thematisch begründet nachweisen. Auch einige "weniger thematisch" begründete Bücher, etwa George's Orwell "1984" habe ich dort angefordert. Letzteres ist mir dann schon weniger "gut" bekommen. Aber den Bogen konnte ich selbstredend nicht "überspannen". Ich hätte es damals zwar auch gerne mal gelesen; aber so selbstmörderisch frivol es auch anzufordern, war ich doch nicht.

Die Rede ist von dem Buch Karl L. Albrecht "Der verratene Sozialismus. Zehn Jahre als hoher Staatsbeamter in der Sowjetunion". 1939 erschienen. Nun habe ich es kürzlich doch noch lesen können (via Erwerb bei einer Auktion).
Neben seinem eigenen Schicksal, berichtet der Autor auch darin über das einiger anderer deutscher Kommunisten in der Sowjetunion, von denen nicht wenige, letztendlich einen "Kopf kürzer" gemacht wurden. Er bietet auch einige Charakteristika von etlichen dieser Funktionäre, die diese nicht unbedingt im "Heldenlicht" erscheinen lassen. Interessant dort auch die Ausführungen über Heinz Neumann, dem Ehemann der Magarete Buber-Neumann, deren Erlebnisbericht bekanntlich auch einen Zeugen Jehovas-Bezug hat. Neumann betätigte sich auch im Falle Albrecht als Henkerswerkzeug. Das hinderte allerdings nicht daran, dass auch er schließendlich Opfer dieser Henker wurde.
Nun kann und ist dieses Forum nicht der Thematik KPD gewidmet. Das versteht sich selbstredend von selbst. Ich will denn aus diesem Buche auch nicht weiter zitieren. Mit einer Ausnahme vielleicht doch noch.

Der Autor schildert plastisch, wie für die ausländischen "Gäste" in der Sowjetunion wahre "Potemkinsche Dörfer" erstellt wurden. Eine glänzende Fassade und nichts dahinter. In diesem Kontext fällt bei ihm auf Seite 48 auch der Satz:
"Ich selbst war zur Zeit des V. Kongresses der Komintern bereits ein Jahr in der Sowjetunion tätig. Ich war nicht mehr ganz so ahnungslos wie der größte Teil dieser geladenen Arbeiterdelegierten aus aller Welt. Damals schon machte ich einige deutsche Genossen darauf aufmerksam, daß doch nicht alles Gold sei, was in der Sowjetunion zu glänzen scheine. Aber die begeisterten Menschen w o l l t e n in dem Lande ihrer Träume keine Enttäuschung erleben. Sie blieben blind. Und auch ich unterdrückte mit aller Energie die erwachenden Zweifel, die kritischen Bedenken. Ich schalt mich selbst kleingläubig."

Mir scheint diese Aussage ist auch auf eine andere Organisation übertragbar. Und zwar diejenige, die das eigentliche Thema dieses Forums ist!

In Heft 04/2001 eines Wochenblattes  der Bericht von einem, welchem der Besitz dieses Buches - dann zu Ostzeiten, nicht gut bekommen ist.

Geschrieben von LuckyX am 11. März 2002 09:43:30:

Als Antwort auf: Albrecht <2263.htm> geschrieben von Drahbeck am 09. März 2002 14:30:37:

Ähnliche und zum Teil bewegende, weil biographische und glaubhaft erzählte Erfahrungen dieser Art finden sich bei Lew Kopelewski "Und schuf mir einen Götzen" sowie "Aufbewahren für alle Zeit" oder Wolfgang Leonhard "Die Revolution entläßt ihre Kinder".

Die Parallelen zwischen Glaubenssverlust und Austieg aus einer totalitären politischen Ideologie und aus einer ebenso totalitären religiösen Gruppe sind offenkundig. Mich haben sie sehr nachdenklich gemacht.

Geschrieben von Prometeus am 09. März 2002 19:50:12:

Als Antwort auf: Albrecht <2263.htm> geschrieben von Drahbeck am 09. März 2002 14:30:37: Der Kommunismus oder Sozialismus als solcher erfüllt schließlich alle Attribute einer Religion: Dogmas, Absolutheitsanspruch, Bestrafung oder Vernichtung der "Ketzer", einen Klerus dessen Autorität sich über alle Lebensbereiche erstreckt, Heilsversprechen, Belohnung der eigenen Anhänger sofern sie loyal ergeben sind (wenigstens nach außen hin), selektives Wahrnehmungsvermögen, Gruppendynamik, Elitedenken, Kultstätten, gemeinsame Rituale usw. Es ist daher nicht verwunderlich daß sich hier auch zu ZJ Parallelen ergeben. Es wird ja auch so empfunden. Wenn ein prominenter Aussteiger und DDR- Flüchtling ( Martin) meint die tatsächliche DDR und die geistige DDR (WTG) verlassen zu haben, so empfand er ja offensichtlich gefühlsmäßig eine Symbiose beider Systeme. In 200 Jahren wird beides nur noch eine Fußnote in den Geschichtsbüchern wert sein

Geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 02:42:18:

Das laizistische Frankreich belegt, folgt man den entsprechenden Berichten, die Spendengelder für die Zeugen Jehovas mit einer 60-prozentigen Steuer. Verstehe ich es richtig, handelt es sich dabei um eine spezielle "Lex Zeugen Jehovas".
Man muss kein "Freund" letzterer sein, um hierbei massive Bedenken zu haben. Ausnahmegesetze haben immer einen fatalen Beigeschmack. In Deutschland wird kirchlichen Kreisen schon seit Jahrzehnten, vulgär formuliert: "Zucker in den Allerwertesten geblasen". Und nun in Frankreich das glatte Gegenteil davon. Man kann sich schon vorab ausrechnen, dass beispielsweise die USA, die schon verschiedentlich für ihre Religionsklientel, wie z. B. Scientology, interveniert haben, ähnliches bei passender Gelegenheit auch in diesem Falle tun werden.
Wer sagt denn den Heißspornen in Frankreich, dass sie mit ihrer derzeitigen Politik auf Dauer Erfolg haben? So naiv zu erwarten, es gäbe keine Gegenwehr dagegen, wird man doch wohl auch dort nicht sein?! Und was ist denn das Ende vom Lied, wenn man dort in diesem Rigorismus vielleicht doch noch zurückstecken muss?
Anderorts hat es auch teilweise über Jahrzehnte andauernde Auseinandersetzungen mit der WTG gegeben. Nicht immer waren die WTG-Kontrahenten dabei "Sieger".
Frankreich macht es sich zu einfach. Die Finanzschraube war schon immer ein zweischneidiges Schwert. Man braucht dabei durchaus nicht auf das Hitlerregime zu verweisen, wo gleichfalls im Kampf gegen die Kirchen, dieses Instrumentarium virtuos bedient wurde. Wenn Zeugen Jehovas für ihre Organisation Spenden (ich persönlich würde dieser Organisation nicht einen Cent spenden), dann ist dies ein Zeichen dafür, dass sie ideologisch (noch) an sie gebunden sind. Frankreich ist auf dem besten Wege eine neue Märtyrersituation nach Hitlerdeutschland und der "DDR" in Europa heraufzubeschwören.
Niemand wird mich (zu recht) besonderer "Sympathien" für die WTG bezichtigen können. Dennoch sage ich klar. Was sich da derzeit abspielt ist kontraproduktiv.
Geschrieben von Bauer am 18. März 2002 15:37:07:

Als Antwort auf: Frankreich <2267.htm> geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 02:42:18:

Ungarns religiöse Minderheiten durch Steuern benachteiligt

Einer Meldung vim 25.04.2001 zufolge:

Die Ungarische Sozialistische Partei und drei kleine Glaubensgemeinschaften, - die Christlichen Charismatiker, die Reformadventisten und die unabhängigen Methodisten -, haben das Verfassungsgericht wegen der Steuergesetzgebung angerufen. Spenden für eine Religionsgemeinschaft sind nur dann von der Steuer abzugsfähig, wenn sie an eine „sozial bedeutende" Organisation gegeben werden. Voraussetzung für diesen Status ist, dass eine Konfession entweder seit 100 Jahren in Ungarn besteht und sich vor 1928 organisiert hat oder dass ein Prozent der Steuerzahler zu ihr gehört. Von den etwa 130 registrierten Religionsgemeinschaften erfüllen bisher nur 14 diese Auflagen. Die Kläger bemängeln, dass traditionelle Konfessionen besondere Privilegien hätten und dadurch der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt werde.

Geschrieben von
Drahbeck am 18. März 2002 18:34:46:

Als Antwort auf: Andere Länder, andere Sitten (Gesetze) <2297.htm> geschrieben von Bauer am 18. März 2002 15:37:07:

Zu Ostblockzeiten, war ja Ungarn, nebst Polen, als relativ liberal bekannt, auch auf dem Sektor Kirchenpolitik. Gleichwohl gab es auch dort harte Auseinandersetzungen, für die der Name Kardinal Mindszenty in den Anfangsjahren nach 1945 steht.

In der deutschsprachigen "Budapester Rundschau" verkündete der seinerzeitige ungarische Staatssekretär für Kirchenfragen, Imre Miklos, im Jahre 1974 (Nr. 36 vom 9. 11. 74), dass der ungarische Staat die Kirchen jährlich mit fast 70 Millionen Forint bezuschusse (wie gesagt: zu kommunistischen Zeiten). Um so auch ihr Wohlverhalten zu erkaufen. Letzteres sagte er zwar so nicht, ist aber faktisch so.

Sandor Palotay, seinerzeitiger Präsident des Rates der Freikirchen in Ungarn, und gleichzeitiger Verfasser des Buches "Tevedesek Utjan A 'Jehova Tanui'" (Budapest 1977). Den Titel deutet der richtig, wer das als eine Schrift über die Zeugen Jehovas einschätzt!
Palotay bezifferte in der "Budapester Rundschau" Nr. 19/1975, die Gesamtzahl der den Freikirchen zugerechneten in Ungarn, auf circa 44-45 000 Mitglieder.

Da ich schon mal die "Budapester Rundschau" zitiere, vielleicht auch noch die Ausgabe Nr. 16/1977. Darin wird mitgeteilt, dass der ungarische Staat, die circa 4 000 Mitglieder zählenden "Christgläubigen Nazarener", just (erst) 1977 staatlich anerkannt hatte. Jene "späte" Anerkennung basierte nicht zuletzt auf dem Problem, dass auch diese Religionsgemeinschaft Wehrdienst verweigert. Man fand einen "Königsweg" dergestalt dass sie, Zitat: "anstelle Waffenausbildung und -dienst gesundheitliche, technische oder andere militärische Aufgaben verrichten."

Damit auch ja nicht zuviele in den Genuss dieses "Privilegs" kamen, vereinbarte man weiter, dass die Nazarener den Mitgliedern, die sich im Wehrdienstalter befanden, ausdrücklich "eine mit den Unterschriften von drei Kirchendienern versehene Bescheinigung geben" müssen.

Die genannten Zahlen verdeutlichen, dass christliche Kreise außerhalb der "Großkirchen", auch in Ungarn als numerisch klein eingeschätzt werden müssen. Das man ihnen demzufolge auch heute keine besonderen finanziellen Privilegien, wie in einigen anderen Ländern, zugestehen will.

Die Zeugen Jehovas, mit ihren derzeit rund 20 000 in Ungarn, dürften da wohl inzwischen etliche der anderen Freikirchen numerisch überflügelt haben.
Das der ungarische Staat eine geforderte Subvention in "Einzelfällen" jetzt verweigert, kann ich nur begrüßen. Der Kirche-Staat-Filzstaat Deutschland ist diesbezüglich wahrlich kein zu empfehlendes Vorbild.

Geschrieben von
Bauer am 11. März 2002 13:34:56:

Als Antwort auf: Frankreich <2267.htm> geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 02:42:18:

Ich sehe das keinesfalls so, dass Frankreich alleine für oder gegen Jehovas Zeugen ein Gesetz gemacht hat und dabei den Weg geht sie finanziell zu 'schröpfen'. Das möchte die WTG sehr gerne so sehen.

Doch dazu ist diese Sekte zu unbedeutend. Wer will ersnthaft behaupten, dass ein Staat wie Frankreich, speziell gegen Jehovas Zuegen Gesetze erlässt? Gesetze die nur gegen Jehovas Zeugen gerichtet sind? Das erscheint mir zu simpel.

Wer das behauptet, der muss es beweisen! Wie lautet das Gesetz? Wo ist es zu finden? Oder welche Regelungen in welchen Gesetzen sollen das sein?

Aber dabei sollte und muss auch klar beachtet werden: Trifft es wirklich NUR Jehovas Zeugen? Keine andere Gruppe?

Hätte die WTG hier in D nicht den Status eines religiösen Vereines und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit, wie hoch wäre dann der Steuersatz bei uns? Wohl auch zwischen 50-60%?

Also was soll das Gezeter über den Steuersatz. Der ist hoch! Aber auch bei uns in D werden Einkünfte, egal ob durch Arbeit, Kapital oder Schenkung hoch besteuert. Bereits bei hundertausendnochwas Euro sind über 50% Steuern fällig. Ich verstehe das Gejammere um die Steuerlast einfach nicht. Das ist (leider) normal!

Würde hier in D der WTG der Staus eines religiösen Vereins nicht gewährt, so müsste die WTG richtig viel Steuern zahlen. Doch wären das Gesetze gegen die WTG? Eine derartige Auffassung ginge doch zu weit, viel zu weit!

Und noch etwas, die WTG tut so, als müsste sie jeden EinnahmeEuro versteuern. Da gibt es Freigrenzen (zu gering) und natürlich auch Kosten / Aufwand der den Einnahmen gegenüber gestellt werden kann. Und die Steuer ist dann auf den verbleibenden, geringeren Betrag zu zahlen.

Und in Schwierigkeiten gerät die WTG dadurch auch nicht. Sie hat das Geld. Sie verfügt doch wie man hört über dieverse Kapitalbeteiligungen , IBM und in der Rüstungsindustrie bzw. deren Zulieferer. Das Geld wird dort geparkt. Es ist Geld das die WTG früher einmal bekommen hat. Also kann es auch wieder benutzt werden um die Schulden zu bezahlen. Das soll ein ordentlicher Christ doch machen?

Geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 14:38:17:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2270.htm> geschrieben von Bauer am 11. März 2002 13:34:56:

Ich kann es derzeit nicht verbindlich beurteilen, ob andere vergleichbare Religionsgemeinschaften (und endzeitlich orientierte wird man sicherlich auch in Frankreich finden - beispielsweise die Siebenten-Tags-Adventisten).
Derzeit ist es mir nicht möglich verbindlich zu beurteilen, ob die ähnlichen Restriktionen unterworfen sind. Wenn ja -"alles okay".

So wie ich das bisher dazu veröffentlichte aber verstanden habe, ist genau dies nicht der Fall.
Soll nun die WTG gezwungen werden (in Frankreich) eine Art offizielle Kirchensteuer einzuführen, die STA kassieren ja auch zehn und mehr Prozent von ihren Mitgliedern. Dann müsste man die Antwort darauf bekommen, wäre auch diese Kirchensteuer den sechzig Prozentigen Steueraufschlag unterworfen. Oder ist das nur dann der Fall, wenn die Rechtsform gewählt wird sich durch "Spenden" zu finanzieren.

Man kann keiner Religionsgemeinschaft das Recht absprechen, sich in irgendeiner Form finanzieren zu wollen. Hat sie allerdings die Möglichkeit zu wählen
a) Kirchensteuer mit niedriger Abführung an den Staat
oder b) "freiwillige Spenden" mit 60 % Abzug an den Staat, dann wäre es ihre eigene Dummheit, wollte sie bei der teueren Variante bleiben.

Aber so wie ich das bisher verstanden habe, existiert eine solche Wahlmöglichkeit für sie derzeit nicht.
Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Ich habe eher das Gefühl, analog einer Diskussion die es auch in Deutschland gab; nämlich die "Scientology" betreffend". Das man sinngemäß sagt. Wir anerkennen euch nicht als Religion. In staatlichen Augen seid ihr ein reiner kommerzieller Wirtschaftsbetrieb und müßt demzufolge auch die für diesen Bereich zuständigen Steuern zahlen.
Ich habe - bislang jedenfalls - das ungute Gefühl, dass man in Frankreich die WTG ähnlich behandelt. Nicht aber die "Großkirchen".

Ein solches Zweiklassenrecht kann ich nicht gut heißen. Das alles ist selbstredend k e i n e
"Liebeserklärung" für die WTG.

Geschrieben von LuckyX am 11. März 2002 19:55:04:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2271.htm> geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 14:38:17:

Meines Wissens hat keine andere Religionsgemeinschaft in Frankreich (und wo auch sonst) die Idee gehabt, Einnahmen fürPublikatioen als Spenden zu deklarieren. Insofern läßt sich wohl begrünbden, daß ihr derzeit besondere Aufmerksamkeit zuteil wird, diese Umstände liegen ja bei anderen Religionsgemeinschaften so nicht vor.

Ob sich die Steuerforderuneg allerdings nur auf die einem Gewerbe vergleichbare Verteilung von Druckerzeugnissen oder auf Spenden ganz allgemein bezieht, ist mir nicht klar. Ich würde da der Fairness wegen einen Unterschied machen und die "reinen" Spenden bevorzugt behandeln.

Allerdings - wie unterscheidet man das bei der Schläue der Sekte, auch theokratische Kriegslist genannt ??

Geschrieben von Bauer am 11. März 2002 23:30:39:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2273.htm> geschrieben von LuckyX am 11. März 2002 19:55:04:

Bei den AGB's gilt: Unklarheiten gehen zu Lasten desjenigen der sie verfasst hat.

Warum sage ich das? Die WTG verhält sich nicht eindeutig. Sie spekuliert. Von einem Heer an Anwälten beraten und abgesegnet, versucht sie einen Zickzackkurs zu fahren und wirft Rauchbomben (Traktataktion).

So etwas lässt sich ein Staat normalerweise nicht gefallen. Da wird durchgeladen und 'schwere Breitseite' gefahren. Das spürt nun eben die WTG. Das ist alles nur die Konsequenz, dass sie alles auf eien Karte setzte. Sie hat spekuliert und sich einfach auf den Standpunkt gestellt: Wir müssen nicht zahlen! Und das über viele Jahre! Da sind eben ein paar Sümmchen angelaufen...! Und nun ist das Geschrei groß. Dabei ist nur eines passiert: Die Steuerhinterziehung der WTG ist aufgefallen.

Jetzt stellt sie sich als Opfer dar. Das würde mich, wäre ich Politiker so richtig in Rage bringen. ... und wenn ich jetzt die Gesetze etwas enger auslege (falls ich Richter wäre) wer wollte das ernsthaft angehen? Oder dass ich bei Formulierungen speziell die WTG im Auge habe? Dass ich darauf achte, dass dieser zickzackfahrende Konzern mir nicht hakenschlagend davon kommt?

Das Desaster der WTG in Frankreich ist von der WTG provoziert und sie hat Glück. Aufgrund ihrer so blauäugigen Haltung, nichts gewusst zu haben bzw. gemeint zu haben sie müsse nichts zahlen, scheint sie womöglich sogar eine Strafe wegen Steuerhinterziehung zu entgehen. Das Geschrei möchte ich dann einmal hören--- Aber das sollte die WTG sich auch überlegen. Das wäre dann eine Kriegserklärung gegne den Staat und kein Staat lässt das zu - kein Staat kann dies zulassen. Die Staatsmacht auch in der Demokratie muss absolut sein. Jeder Staat hat hinsichtlich der Macht und der von ihm erlassenen Gesetze den Anspruch, dass er absolut wie ein kleiner Gott ist.

Und Frankreich scheint kein Staat zu sein der mit sich spielen lässt. Wobei emotional nachvollziehbar die Geschichte aus einer totalen Fehleinschätzung und Geringachtung aus amerikanischer Sicht entstanden sein mag.

Geschrieben von
Drahbeck am 12. März 2002 03:59:53:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2274.htm> geschrieben von Bauer am 11. März 2002 23:30:39:

Wenn dem so ist wie Bauer meint, dann muss man ja wohl auch das deutsche Beispiel "Kongressverpflegung" in Erinnerung bringen. Ausgerüstet mit eigenen Cafeterias, mit diversen Imbisständen auf den Kongressgeländen (wo bei den Imbisständen durchaus vergleichbar zu weltlichen Angeboten, überhöhte Preise verlangt wurden). - Das alles in den 1950er Jahren - entwickelte sich das zu einerm lukrativen Geschäft.

Bis eines Tages der Staat sagte: No, meine Herren. So nicht. Dafür habt ihr auch entsprechende Steuern zu zahlen.
Die WTG klagte sich durch alle Gerichtsinstanzen durch. Und das Ende vom Lied. Sie unterlag. Sie m u s s t e nachzahlen. Auf dié Tränendrüsen drückend, hat dann die "blöckende Schafherde" durch entsprechende zusätzliche Spenden das finanzielle Fiasko ausgeglichen. Und die WTG ihrerseits verzichtete auf die weitere Aufrechterhaltung der Kongressverpflegung in der vorgenannten Form.

Man wird den Fall Frankreich weiter aufmerksam beobachten müssen. Aber auch damit rechnen müssen, dass die WTG ihre Hilfstruppen in volle Bewegung setzt, einschließlich der US-Regierung und anderem mehr. Die Frage bleibt offen. Wer am Ende diesbezüglich den längeren Atem hat?

Geschrieben von O. N. am 12. März 2002 09:20:23:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2275.htm> geschrieben von Drahbeck am 12. März 2002 03:59:53:

Der Webseite von Peter Widmer entnommen:
Zeugen Jehovas sollen in Frankreich Millionen Steuern nachzahlen
Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas soll in Frankreich 300 Millionen Franc (knapp 90 Millionen Mark) Steuern nachzahlen. Dies teilte die Glaubensgemeinschaft, die schon seit mehreren Jahren mit dem französischen Fiskus im Streit liegt, am Montag in Paris mit. Bei dem Konflikt geht es um die seit 1992 eingegangenen Mitgliederspenden, die der Staat mit 60 Prozent besteuern will.
Die Zeugen Jehovas wollen durchsetzen, dass sie in Frankreich als kulturelle Vereinigung anerkannt werden, was erhebliche Steuervorteile mit sich bringt. Bei mehreren Verwaltungsgerichten hatten sie damit Erfolg, in zweiter Instanz wurden diese Entscheidungen jedoch meist wieder rückgängig gemacht. Die Zeugen Jehovas haben in dem 58-Millionen-Einwohner-Land Frankreich nach eigenen Angaben 200.000 Mitglieder.

******************************
INFORMATIONSDIENST DER ZEUGEN JEHOVAS
Nr. 14/98
30. Juni 1998
PRESSEMITTEILUNG
Frankreich baut "Steuerreligionssystem" auf Louviers, FRANKREICH (IZJ). Es ist nun schon vierhundert Jahre her, dass eine Massnahme ergriffen worden ist, um die religiöse Freiheit sicherzustellen. Heute, 1998, ist der Geist des Edikts von Nantes in Gefahr. Die französische Steuerbehörde will nämlich die religiöoesen Spenden von über 200 000 französischen Bürgern mit 60 % besteuern. Die über vier Jahre erhobene Steuer beläuft sich insgesamt auf 90 000 000 DM (ca. 300 000 000 Franc). Damit wird das reformierte Steuergesetz von 1992 erstmals auf eine religiöse Gemeinschaft angewendet. Die Massnahme entspringt nach Ansicht der Zeugen Jehovas einer Falschinterpretation von Gesetzestexten ueber die Ausübung des Gottesdienstes in Frankreich.
Jeder Zeuge Jehovas in Frankreich spendet durchschnittlich DM 7.20 im Monat für das religiöse Werk. Diese Spenden dienen der Verbreitung des Evangeliums, der Unterstützung missionarischer Aktivitäten und weiterer Bereiche der Anbetung. Wie im Fall anderer Religionen wird die Kirche von Spenden getragen. Die Zeugen waren alle der Meinung, ihre freiwilligen Spenden unterstützten die religiösen Aktivitäten ihrer Kirche.
"Es ist schockierend, dass das Geld, das ich meiner Kirche gegeben habe, jetzt besteuert wird", sagt Simone Liebster, ehemalige französische Deportierte unter dem nationalsozialistischen Regime und seit 60 Jahren Zeugin Jehovas. "Ich habe dieses Geld für gottesdienstliche Zwecke gegeben."
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und französische Verwaltungsgerichte haben Jehovas Zeugen wiederholt als Religion anerkannt. In allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft konnten Jehovas Zeugen ihre Anbetung ungehindert ausüben. Doch nun will das Finanzministerium dieser christlichen Gruppe die Mittel für die Ausübung ihrer Religion in Frankreich entziehen.
Jehovas Zeugen sind in Frankreich seit fast hundert Jahren aktiv. Ihre christliche Gemeinschaft dort umfasst etwa 220 000 Personen. Weltweit sind es fast 15 Millionen. Viele Familien gehören seit mehr als fünf Generationen dieser christlichen Religion an.
Selters, den 30. Juni 1998
**************************************
Nr. 15/98
30. Juni 1998
PRESSEERKLÄRUNG Vertreter von 15 Laendern der Europäischen Gemeinschaft verurteilen Diskriminierung von Jehovas Zeugen in Frankreich
Paris (IJZ). - Vertreter der 15 EG-Länder versammeln sich am 1. Juli 1998 um 15.00 Uhr in Paris, um Pläne bekanntzugeben, wie sie gegen eine Entscheidung vorgehen wollen, die Frankreichs Religionsfreiheit bedrohen könnte.
Am Mittwoch werden die Delegierten Botschaften, Aussenministerien und ausgewählte Parlamentsmitglieder aufsuchen, um ihre Entrüstung über eine Entscheidung der französischen Steuerbehörden zum Ausdruck zu bringen, die Spenden von Zeugen Jehovas in Frankreich mit 60 Prozent besteuern will. Nach Aussage der Steuerbehörde müssen die Spenden der Zeugen Jehovas besteuert werden, und sie hat für die vergangenen vier Jahre eine Summe von 90 000 000 DM berechnet.
"Wenn Steuern fällig werden, so sollte eine religiöse Organisation sie auch bezahlen. Wenn aber unserer Religion in unfairer und gesetzwidriger Weise masslos ueberhöhte Steuern auferlegt werden, dann haben wir das Recht zu protestieren," sagt Lyman A. Swingle, Mitglied der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas. "Wenn vom Gesetz her Steuerbefreiungen für religiöse Organisationen vorgesehen sind, die aber nur den beiden grössten christlichen Religionen im Land bewilligt werden, nicht jedoch der drittgrössten christlichen Religion, dann läuft nach unserem Empfinden etwas ziemlich schief."
Die Besteuerungsfrage hängt nun zum Teil davon ab, ob Jehovas Zeugen tatsächlich eine Religion sind. Diese Frage mag für Millionen Menschen, die religiöse Zusammenkünfte der Zeugen besucht haben oder zu einem Bibelstudium eingeladen worden sind, befremdend klingen. In den meisten Ländern sind Jehovas Zeugen als eine christliche Religion, die die gute Botschaft vom Königreich predigt und lehrt, gut bekannt.
Jehovas Zeugen in Frankreich verurteilen diese diskriminierende Steuerverfügung, denn sie untergräbt die von der Verfassung der Französischen Republik garantierten Grundrechte, die von internationalen, in Frankreich unterzeichneten und ratifizierten Verträgen geschützt sind. Jehovas Zeugen empfinden dies als haarsträubende Ungerechtigkeit und als einen Versuch, durch Missbrauch der Steuergesetze ihre religiösen Aktivitäten zu beschränken oder sogar zu unterbinden. Sie weisen darauf hin, dass die Freiheit anderer Religionen in Frankreich und sogar im übrigen Europa in Gefahr sein könnte, wenn das gelingen sollte.
Jehovas Zeugen sind fest entschlossen, ihre Religionsfreiheit zu verteidigen und zu versuchen, steuerlich mit anderen Religionen in Frankreich gleichgestellt zu werden. Jehovas Zeugen sind seit fast hundert Jahren in Frankreich tätig. Ihre christliche Gemeinschaft umfasst dort etwa 220 000 Personen. Weltweit sind es fast 15 Millionen. Viele Familien gehören in Frankreich schon seit über fünf Generationen dieser Religion an.
Verantwortlich fuer den Inhalt:
Informationsdienst der Zeugen Jehovas
...
Nr.17/98
3. Juli 1998
PRESSEMITTEILUNG
Repräsentanten von 2 Millionen Zeugen Jehovas aus der Europäischen Union geben eine öffentliche Erklärung ab
Selters/Taunus (IZJ). "Die Entscheidung, die drittgrösste christliche Religion in Frankreich zu besteuern, ist eine Verletzung der Menschenrechte und der Religionsfreiheit," sagte Bernd Klar (39), vom Informationsdienst der Zeugen Jehovas, als er den Fall dem französischen Botschafter in Bonn vortrug. Die Entscheidung der Steuerbehörde in Frankreich, für religiöse Spenden 60% Steuern zu verlangen, bedeutet, dass diese Jehovas Zeugen nicht mehr als Religionsgemeinschaft anerkennen will, obwohl der Europäische Gerichtshof sie wiederholt als Religionsgemeinschaft respektiert hat. Ungeachtet dessen, dass Spenden religiöser Gemeinschaften nach dem französischen Steuerrecht nicht besteuert werden können, fordern die Behörden umgerechnet 90 Millionen DM.
Gegen diese Menschenrechtsverletzung der französischen Finanzbehörde, protestierten Vertreter aus 15 EG-Ländern an der Esplanade des Droits de l'Homme im Rahmen einer Pressekonferenz. Die Sprecher vertraten die mehr als zwei Millionen Zeugen Jehovas in Europa.
Dazu sagte der deutsche Abgesandte Wolfram Slupina (51): "Jehovas Zeugen üben in vielen europäischen Laendern ihren Glauben seit mehr als 100 Jahren ungehindert aus, abgesehen von der Zeit des NS-Regimes und der sozialistischen Herrschaft in der früheren DDR, und sie sind in Frankreich genauso lange tätig. Darum ist es nicht nachvollziehbar, warum der Status als Religionsgemeinschaft plötzlich in Frage gestellt wird. Dies ist ein harter Schlag gegen die Religionsfreiheit, der alle Religionen beunruhigt, und wir sind überzeugt, dass dies nicht toleriert werden sollte."
Der Bericht wurde auch dem US State Department in Washington D.C. vorgetragen. Die Zeugen legen der regionalen Steuerbehörde (Direction des services fiscaux des Hauts-de-Seine-Sud) zur Last, die Stimme der mehr als 200 000 französischen Angehörigen der religiösen Gruppe zum Schweigen bringen zu wollen. Der Besuch beim US State Department ist Teil internationaler Bemühungen, die vor dem Trend der Diskriminierung religiöser Minderheiten in Frankreich warnen.
Verantwortlich für den Inhalt: Informationsdienst der Zeugen Jehovas
...
www.ekd.de/ezw/29209.html

Geschrieben von od  am 12. März 2002 14:05:39:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2276.htm> geschrieben von O. N. am 12. März 2002 09:20:23:

Wenn der Staat meine Spende von 7,20 Mark besteuern will, wieso bin ich da entsetzt? Soll ich das für die Presse sein?

Ich bin aber entsetzt, wie unverfrohren ein Verlag auf die Tränendrüse drückt, und nonchalant alle Dissidenten wie Mücken abklatscht!
Das Recht auf würdige Beahndlung überwiegt meiner Ansicht nach bei weitem das, Spenden nicht versteuern zu dürfen!

Geschrieben von Bauer am 13. März 2002 00:30:45:

Als Antwort auf: Re: Frankreich <2277.htm> geschrieben von od am 12. März 2002 14:05:39:

Wenn es um Moral geht, dann muss auch über die Moral der Wachturmgesellschaft gesprochen werden.
Geschrieben von
Drahbeck am 11. März 2002 05:27:39:

Als Antwort auf: Frankreich <2267.htm> geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 02:42:18:

Was ist zu Frankreich noch zu sagen? Dazu ein paar Zitate aus dem 1980-er ZJ-Jahrbuch mit dem dortigen Frankreich-Bericht. In ihm findet sich auch der Satz:

"Insgesamt gesehen, ist Frankreich ein katholisches Land."
Ergänzend wird hinzugefügt:
„Ein Phänomen, das in allen westlichen Ländern zu beobachten, aber in Frankreich besonders auffällig ist, ist die Abkehr der Masse des Volkes von den religiösen Gruppen."
Also der nach der orthodoxen Kirche (Beispiele: Georgien oder Griechenland) potenteste religiöse Gegner der Zeugen Jehovas - eben die katholische Kirche - wird für Frankreich als relativ dominierend geschildert. Und das von "religiösen Gruppen" abgekehrte (nicht zuletzt die gemäß weltlichen Maßstäben gebildeteren Kreise), keine sonderliche "Sympathie" für die Zeugen Jehovas haben, versteht sich eigentlich von selbst.

Auch geschichtlich gesehen hatte Frankreich für die WTG einen schweren Start. Dazu vermerkt das genannte Jahrbuch:
"1924 waren in Frankreich beim Gedächtnismahl insgesamt 557 Brüder anwesend, darunter 300 in Elsaß-Lothringen" Letzteres ist aber der deutschsprachige Teil in Frankreich.

Noch gravierender ist die Aussage:
"Im Juli 1925 wurde Bruder Binkele, der Leiter des „Zentraleuropäischen Büros", aus gesundheitlichen Gründen von Bruder Zaugg abgelöst. Im darauffolgenden Jahr wandte sich Binkele gegen die Gesellschaft und gründete eine eigene Sekte, die er „Die freien Bibelforscher" nannte. 1926 wurde Bruder Zaugg von Bruder Martin Harbeck abgelöst, den Bruder Rutherford aus Brooklyn schickte. Bruder Zaugg gab den Vollzeitdienst auf und verließ schließlich die Wahrheit."

Also führende für Frankreich zuständige Funktionäre (davor schon F. L. A. Freytag) gerieten früher oder später mit der WTG in Konflikt.

So wird den weiter vermerkt:
"Von den 1 138 Personen, die 1926 in Frankreich beim Gedächtnismahl anwesend waren, stammten 518 aus der polnischen Bevölkerung. Und von den 34 Versammlungen, die es in jenem Jahr in Frankreich gab, waren 12 deutschsprachig (in Elsaß-Lothringen), 12 polnischsprachig und 10 französischsprachig." Also auch diese Angabe verdeutlicht den relativ schweren WTG-Start bei den eigentlichen Franzosen.

Der nächste Schlag:
"Mitte Oktober 1939, etwa sechs Wochen nach Kriegsausbruch, wurde die Organisation der Zeugen Jehovas in Frankreich verboten."
Und so konnte die WTG im Oktober 1945 (als der zweite Weltkrieg zu Ende war), in Frankreich erst 2003 "Verkündiger" registrieren.
Der folgende Schlag:

"Ende Dezember 1952, erschien in der Presse die Mitteilung, daß die Zeitschrift Der Wachtturm verboten worden sei. Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe.
Auf Anraten des Leiters der Sicherheitspolizei verbot der Innenminister die Verbreitung und den Verkauf des Wachtturms in ganz Frankreich und in den französischen Territorien. Als Grund für das Verbot wurde angegeben, daß Der Wachtturm junge Männer aufhetze, den Militärdienst zu verweigern."
Erst 1975 wurde das Wachtturm-Verbot wieder aufgehoben. Also doch relativ spät.

Bezüglich der Wehrdienst-Problematik wird ergänzend noch angemerkt:
"Da es in Frankreich kein Gesetz gibt, das Predigern die Befreiung vom Militärdienst gewährt, waren einige junge Zeugen schon nahezu 10 Jahre im Gefängnis. General de Gaulle veranlaßte, daß diejenigen freigelassen wurden, die schon fünf und mehr Jahre im Gefängnis saßen. Später verkürzte seine Regierung die Gefängnisstrafen, die unsere Brüder erhielten, auf die doppelte Länge der regulären Wehrdienstzeit. Das bedeutete, daß, wenn junge Franzosen für 18 Monate zum Militärdienst einberufen wurden, unsere Brüder eine dreijährige Gefängnisstrafe erhielten. Das war weit besser als vorher, als unsere Brüder mit 20 Jahren ins Gefängnis kamen und keine Vorstellung davon hatten, wann sie wieder frei sein würden."

Politisch ist zu Frankreich noch hinzuzufügen. Deutschland verlor bereits als Folge des ersten Weltkrieges seine vormaligen Kolonien. Frankreich erlitt diesen quälenden Prozeß erst nach dem zweiten Weltkrieg. Stichwort: Algerienkrieg; Stichwort: Fremdenlegion mittels derer Frankreich noch versuchte das unaufhaltsame, doch aufzuhalten. Stichwort Vietnam, dessen Krieg dann die USA von Frankreich übernahmen und fortsetzten und anderes mehr.

Zieht man noch die Große Französische Revolution von 1789/94 in die Betrachtung mit ein, die durchaus gewaltige antireligiöse Impulse freisetzte. Später zwar wieder abgeschwächt, nichts desto trotz, dennoch eine frühzeitigere Säkularisierung bewirkend und damit die "Fleischtöpfe" für die Kirchen weit höher hängend, als anderswo in Europa, wird vielleicht die derzeitige Rigorosität die Frankreich im Falle der Zeugen Jehovas an den Tag legt, etwas verständlicher.

Etwas zu verstehen, bedeutet aber noch lange nicht, dass man die diesbezügliche Politik auch als richtig und sinnvoll einschätzt!

Geschrieben von
Drahbeck am 12. März 2002 16:02:00:

Als Antwort auf: Re: Frankreich (2) <2268.htm> geschrieben von Drahbeck am 11. März 2002 05:27:39:

In der einer Zeitung vom 9.7.2001, Seite 15 (Nr. 6491) schrieb der nicht unbekannte Gerhard B... unter der Überschrift "Transzendenz oder Kommerz" auch über den Fall der WTG. Wer B...s Auslassungen kennt, kann unschwer die Tendenz des Artikels erraten. Er ist und bleibt einer der führenden Steigbügelhalter der WTG, der in "vornehm gesetzten" Worten für sie bei Bedarf "aufjault". So betont er, dass aufgrund der US-Kirchenpolitik, dort 70 % der Bevölkerung am "kirchlichen Leben" teilhaben.
"In Frankreich dagegen, wo seit 1905 eine strikte Trennung von Staat und Kirche herrscht, machen 70 Prozent der Bürger keinen Gebrauch von den Angeboten der etablierten Religionen."
Interessant ist mehr der zweite Teil seiner Ausführungen in diesem Artikel. Darin findet sich auch der Satz:
"hat der französische Senat nun Anfang Mai 2001 ein Anti-Sektengesetz verabschiedet.
Deutschland zögert noch, weil ein solches Vorgehen auch den Status der beiden großen "Volkskirchen" berühren könnte"
Und weiter:
"Die durch Ministerpräsident Lionel Jospin eingesetzte "Interministerielle Mission zur Bekämpfung des Sektenwesens" in Frankreich nimmt bei etwa 180 kleinen Religionsgemeinschaften psychologisch-politische Etikettierungen vor, die auch auf große, längst etablierte Religionsgemeinschaften zutreffen.
Frankreich beharrt auf seinem mystisch überhöhten Fortschritt, Deutschland auf konservativer religiöser Versorgung durch die Etablierten. Trotz entgegengesetzter Motive kommen sie zu demselben Ergebnis: Die "Sekten" sind zu bekämpfen. Damit wird den privilegierten "Volkskirchen" mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und einem gesetzlich verbrieften "Öffentlichkeitsauftrag" die Chance eingeräumt, sich ohne Konkurrenzdruck zu verfrommen."

Weiter noch auszugsweise Zitate zum Thema aus Infolink respektive WT-Cleanup zitiert:
"Das französische Finanzministerium will seit 1998 nicht mehr den rein religiösen Charakter der "Association les Témoins de Jéhovah" anerkennen und damit auch nicht mehr deren Steuerbefreiung.
Somit würden alle Spenden unter einen Steuersatz von 60 Prozent fallen. Dieser soll auch rückwirkend für 1993 bis 1996 erhoben werden, zuzüglich einer Strafe und Verzugszinsen in Höhe von nochmals 48 Prozent.
Dagegen hatte die Vereinigung der Zeugen Jehovas in Frankreich geklagt. Sie unterlag am 4. Juli vor dem Tribunal de Grande Instance in Nanterre, will aber in Berufung gehen ...
Ein Sprecher sagte, der geforderte Betrag entspreche den Spendeneinnahmen von 4 Jahren und bedeute das Ende der Vereinigung, sollte das Urteil bestätigt werden.
Dass die Zeugen Jehovas deshalb von der Bildfläche in Frankreich verschwinden würden, ist unwahrscheinlich. Kurz nach dem Steuerbescheid von 1998 gingen die Spendengelder an Gesellschaften im benachbarten Ausland, nicht mehr an die fragliche Vereinigung (vergleichbar mit einem eingetragenen Verein in Deutschland). Zudem wurden die eigenen Druckmaschinen aus dem "Bethel" in Boulogne-Billancourt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abtransportiert und werden nun in Großbritannien betrieben.
Die Weltzentrale der Zeugen Jehovas, die Watchtower Society in Brooklyn/New York, hat versucht, international Druck gegen diese Entscheidung zu erzeugen, beispielsweise durch die ganzseitige Veröffentlichung eines offenen Briefes an den franzsischen Präsidenten Jacques Chriac in der New York Times vom 05.07.1998.
Hintergrund für die Haltung der Finanzbehörden ist ein Untersuchungsbericht von 1996, der u.a. den Zeugen Jehovas eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorwirft. Das sei belegt durch das Verbot von Bluttransfusionen, die soziale Isolation der Kinder und eine höhere Selbstmordrate.
Das "Conseil d'Etat" sah das in einem anderen Streit mit dem Finanzamt ganz anders: In höchster Instanz wurde am 23. Juni 2000 entschieden, die Gemeinden der Zeugen Jehovas in Riom und Clamecy beeinträchtigten durch ihre Aktivitäten nicht die öffentliche Ordnung. Zudem genügten die Zeugen Jehovas nach französischem Recht den Ansprüchen an eine "bekannte Religion". Konkret hat das zur Folge, daß die einzelnen Gemeinden doch keine Grundsteuer für ihre Säle bezahlen müssen."

Bezüglich des offenen Briefes in der New York Times wird kommentiert:
"Man spricht von einer "Strafsteuer" und sieht die Existenz aller nicht gewinnorientierten Organisationen in Frankreich gefährdet. Außerdem ist von einer "Verletzung von Menschenrechten" die Rede.
Ironisch ist auch, daß ausgerechnet die Zeugen Jehovas davon sprechen, im Interesse der Religionsfreiheit aller Franzosen zu handeln. Sie, die sie doch alle Religionen außer sich selbst als "falsche Religion" und "die große Hure Babylon" bezeichnen.
Natürlich fehlen in der Anzeige einige wichtige Aspekte, die geeignet wären, die Situation in einem etwas anderen Licht erscheinen zu lassen."

Weiter heisst es in dem Kommentar:
"So wird zum Beispiel nicht erwähnt, warum die Zeugen Jehovas in Frankreich nicht als steuerbefreiter kultureller Verein anerkannt sind. Im sogenannten Gest-Guyard-Report vom Januar 1996 werden die Zeugen Jehovas nämlich unter den "gefährlichen" Sekten aufgeführt. Der Untersuchungsbericht, der auf polizeilichen Ermittlungen beruht, begründet dies unter anderem mit dem Verbot von Bluttransfusionen, das als ernste Lebensgefahr für die Mitglieder angesehen wird. Außerdem wird darauf verwiesen, daß Kinder von Zeugen Jehovas von der übrigen Gesellschaft isoliert und damit in ihrer natürlichen sozialen Entwicklung beeinträchtigt werden. Dazu kommt die Feststellung, daß es in den Reihen von Zeugen Jehovas eine überdurchschnittlich hohe Selbstmordrate gibt."

Die Zeitschrift "Berliner Dialog" Nr. 2/1998 veröffentlichte zum Thema Frankreich auch einen kommentierenden Bericht. In ihm war zu lesen:
...
"Frankreich beschliesst, Religion zu besteuern!" ("France moves to tax Religion!") So lautet in Riesenbuchstaben die Überschrift eines "Offenen Briefes an Frankreichs Präsidenten", den die "Leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas" in Brooklyn (N.Y., USA) auf einer vollen Seite der New York Times und der Washington Post am 5. Juli 1998 und in der International Herald Tribune am 8. Juli 1998 als Anzeige hat drucken lassen. Die sehr hohen Kosten dafür werden natürlich von den Spenden der Zeugen Jehovas bestritten.
Das "Trennungsgesetz" vom 9. Dezember 1905 garantiert uneingeschränkte Religionsfreiheit in Frankreich, erklärt aber zugleich: "Die Republik erkennt keinen 'Culte' (= Religion) an". Es ging dabei um die Abschaffung der institutionellen Stellung, wie sie bis dahin die Katholische Kirche, die beiden protestantischen Konfessionen und die Juden genossen hatten (u.a. Besoldung der Pfarrer und Rabbiner durch den Staat etc.). Natürlich wird damit nicht die Existenz der Religionsgemeinschaften bestritten; die Ausübung der Religion aber sollte nun durch die Schaffung von "cultuellen" Vereinen geregelt werden.
"Cultuelle" Vereine für die freie Ausübung von Gottesdienst
Die "cultuellen Vereine" sollen ausschließlich für die Ausübung der Gottesdienste ("culte"), also für die Religionsausübung sorgen. Sie dürfen keine andere Tätigkeit ausüben. Alle anderen karitative, erzieherische, publizistische etc. - Tätigkeiten der Religionsgemeinschaften werden von Vereinen des allgemeinen Rechtes getragen; viele davon wiederum genießen auch die Vorteile der "anerkannten Gemeinnützigkeit" (ein wenig anders als die deutschen gemeinnützigen e.V.s).
Wenn Vereinigungen nun als "cultuell", also Zwecken des Gottesdienstes dienend vom Innenministerium anerkannt sind, dürfen sie Schenkungen und Erbschaften annehmen und sind für ihre Kirchen bzw. ihre jeweiligen religiösen Zwecken dienenden Gebäude von der Grundsteuer befreit. Es gibt heute verschiedene Religionsgemeinschaften, die 1905 kaum vertreten waren und die heute über als "cultuell" anerkannte Vereinigungen verfügen. Darunter sind nun mehrere muslimische, auch buddhistische "cultuelle" Vereinigungen. Es ist hier unmöglich, auf alle Einzelheiten einzugehen, erwähnt werden soll aber, daß z.B. jede katholische Diözese ihren "cultuellen" Diözesanverein zur Unterhaltung der Kirchengebäude und des gottesdienstlichen Lebens hat.
Königreichssäle - Gottesdienst räume oder Schulungsräume?
Auch die Zeugen Jehovas versuchen nun seit Jahren, ihre örtlichen Einrichtungen ("Königreichsäle") als "cultuelles" anerkennen zu lassen. Außer in einigen Fällen (die gegenwärtig von den Steuerbehörden angefochten werden) ist ihnen dies nicht gelungen. (Auch gegen diese negativen Entscheidungen haben "Jehovas Zeugen" Berufung eingelegt. Eine Entscheidung des höchsten Verwaltungsgerichtes "Conseil d'Etat" hat die Ansprüche, die "Königreichssaal-Vereinigungen" als "cultuell" anzuerkennen, zurückgewiesen. Unter anderem "weil die Natur und der Zweck mancher ihrer Aktivitäten ... diesem Verein nicht den Charakter eines cultuellen Vereins im Sinne des Gesetzes von 1905 verleihen".
Schenkungsgesetz von 1992
Anfang Mai 1998 hat die Direktion der Steuerbehörde des De_[partement "Hautsde-Seine" (unmittelbare Nähe von Paris) nach langen Ermittlungen dem französischen Sitz der WTG ihre Entscheidung mitgeteilt:
Es geht dabei um die Besteuerung von Schenkungen, die seit einem Gesetz von 1992 (das sich nicht speziell auf Sekten bezieht) mit 60 % zu besteuern sind. Danach werden Schenkungen als reguläre Einnahmen eingestuft. Es geht dabei natürlich nur um größere Summen, nicht um kleine Geschenke oder um den "Klingelbeutel".
Ehemalige Zeugen oder Angehörige berichten, daß u.a. alte Leute bewogen werden, ihr Haus oder andere Güter zu verkaufen und den Erlös direkt an die WTG zu übergeben. Betroffen waren dabei zunächst die rechtmäßigen Erben, aber in manchen Fällen auch die Steuerkasse.
Für die letzten Jahre geht es um einen Betrag von über Fr 300 Millionen (fast 100 Millionen DM), die nachgezahlt werden sollen. Anfang Juli hat die Steuerbehörde den Besitz des Vereins der Zeugen Jehovas mit Hypotheken belastet - zunächst nur als Sicherheit. Die Zeugen Jehovas behaupten nun, damit seien sie Opfer religiöser Intoleranz; außerdem versuchen sie, anderen religiösen Vereinen ("an die 2 000!") einzureden, sie könnten "Opfer" der gleichen "Verfolgung" werden. (Zur Erinnerung: Nur als "cultuell" also "gottesdienstlichen Zwecken dienend" anerkannte Vereine sind von dieser Steuer befreit - aber auch dabei dürfen Erben, wenn solche vorhanden sind, nicht übergangen werden).
Religionsfreiheit und Schenkungssteuerfreiheit
Auf einer Pressekonferenz protestierten (u.a.) die Anwälte der Zeugen Jehovas: Die Besteuerung dieser Schenkungs Einnahmen sei ein "fiskales Attentat auf Vereinigungs- und Religionsfreiheit". Sie beabsichtigen, die Entscheidung der Steuerbehörde vor Gericht anzufechten. Behauptet wird, der Staat wolle die Beiträge der Gläubigen an eine Religionsgemeinschaft besteuern, also den Ertrag der Kollekten - aber darum geht es natürlich nicht.
Da die vom Staat geforderten 300 Millionen 60 % der Einnahmen der WTG in den letzten 3 Jahren betragen müssen, geht die Steuerbehörde anscheinend von einem Einkommen (durch Schenkungen) von Fr 500 Millionen aus, wobei es nur um Summen geht, die sich belegen lassen. Die Erfahrung lehrt, daß die Beträge, um die es geht, in Wirklichkeit viel höher sind.
Steuerhinterziehung ist nichts Neues, doch geschah sie früher selten im Namen der "Religionsfreiheit". Jetzt mehren sich Unternehmungen - ob "Sekten" oder kommerzielle - die sich mit dem Namen "Kirche" oder "Religion" schmücken und unter diesem Mäntelchen alle möglichen Privilegien gegenüber "normalen" Bürgern und Vereinen beanspruchen. In Frankreich aber wurden solche Privilegien seit einem Jahrhundert ziemlich genau geregelt und zum großen Teil abgeschafft.
Die Anzeige in US-Zeitungen könnte darauf hindeuten, daß die Zeugen Jehovas dem Beispiel der Scientology folgen möchten, die bereits versuchen, den USKongreß und die US-Regierung in ihren Feldzug (in diesem Fall gegen die Bundesrepublik Deutschland) einzuspannen."

Also wenn ich das zusammenfassen soll, dann scheint mir, dass in der Tat in den letzten Jahren in Frankreich mit seiner 70% nicht religiös gebundenen Bevölkerung, eine härtere Gangart gegen die WTG eingeschlagen wurde. Auch scheint mir diesbezüglich ein Zweiklassenrecht zu bestehen. Die "Großkirchen" sind von dieser Härte offenbar so nicht betroffen. Andererseits kann ich die französische Begründung, weshalb man die WTG steuerlich nicht mit den "Großkirchen" gleichsetzt, durchaus nachvollziehen. Meine "Sympathie" hat die WTG mit Sicherheit nicht. Sollte sie tatsächlich dauerhaft in diesem juristischen Streit unterliegen (diese Gewissheit habe ich allerdings so noch nicht), wäre das ein beachtlicher Meilenstein.
Stören würde mich aber trotzdem, dass es den "Grosskirchen" besser dadurch geht.

Geschrieben von
Bauer am 14. März 2002 12:30:12:

Als Antwort auf: Re: Nochmals Frankreich <2278.htm> geschrieben von Drahbeck am 12. März 2002 16:02:00:

» Auch scheint mir diesbezüglich ein Zweiklassenrecht zu bestehen. Die "Großkirchen" sind von dieser Härte offenbar so nicht betroffen. «

Dann gibt es das auch bei uns. Auch hier haben die 'Großkirchen' besondere Stellungen und Pfründe. Nur, nicht in den Genuss bestimter Pfründe zu kommen, muss nicht als Härte oder Benachteiligung gesehen werden. Mal sehen, wenn die WTG mit der KdöR auf der Strecke bleibt. Dann wird sie dieses Lied wohl auch in D anstimmen.

Das ist alles ein absolut ungerechtfertigtes Klagelied der WTG.

Geschrieben von O. N. am 13. März 2002 12:06:56:

Der achtbändige, Anfang der 80er Jahre (in Deutsch) erschienene WTG-Epos "Hilfe zum Verständnis der Bibel" ist bekanntlich nicht mit auf der WTG CD-ROM.
In ihm wird auch als Stichwort der Begriff "Lüge" definiert.
Daraus sei mal zitiert:
"Das Lügen schließt im allgemeinen eine Falschaussage gegenüber einer Person ein, die berechtigt ist, die Wahrheit zu wissen, mit der Absicht, sie oder jemand anders zu täuschen oder ihr bzw. dem anderen zu schaden. Es gibt nicht nur Lügen, die ausgesprochen werden. Eine Lüge kann sich auch in einer Handlungsweise ausdrücken, d. h. jemand mag falsche Tatsachen vorspiegeln. ... Bösartiges Lügen wird zwar in der Bibel deutlich verurteilt, aber das bedeutet nicht, daß man verpflichtet ist, jemandem wahrheitsgemäß irgendwelche Informationen zu geben, die zu erhalten er kein Recht hat...."

Da hat die WTG wohl einmal ihre eigene FAQ definiert, den Kern ihres eigentlichen Wesens. Eine Lügenorganisation!

Geschrieben von Prometeus am 14. März 2002 10:23:07:

Als Antwort auf: WTG-FAQ <2281.htm> geschrieben von O. N. am 13. März 2002 12:06:56:

Bezeichnenderweise hat Raymond Franz maßgeblich an diesem Werk mitgewirkt. Nach seinem Ausscheiden wurde es daher rasch durch das "Einsichten"- Buch ersetzt,obwohl da im wesentlichen nichts neus drinsteht als im "Hilfe"- Werk.

Geschrieben von
O. N. am 14. März 2002 10:48:05:

Als Antwort auf: Re: WTG-FAQ <2283.htm> geschrieben von Prometeus am 14. März 2002 10:23:07:

Genannte Lügen-Definition befindet sich offenbar auch im "Einsichten"-Buch Band II (S. 236, 237). Und letzteres ist auch auf der WTG CD-ROM.

Geschrieben von Drahbeck am 21. März 2002 12:19:39: Als Antwort auf: Re: WTG-FAQ <2284.htm> geschrieben von O. N. am 14. März 2002 10:48:05:

Zu den Grundsätzen der WTG gehört bekanntlich die sogenannte "theokratische Kriegslist" und in ihr impliziert der Mentalvorbehalt, bei Bedarf Lügen zu dürfen. In ihren Büchern "Einsichten in die Heilige Schrift" und "Hilfe zum Verständnis der Bibel" widmet sie dem Begriff Lüge "folgerichtig" ein eigenes Stichwort. Ich will nicht über Zeugen Jehovas reflektieren, die sich in Notsituationen befanden oder befinden (beispielsweise im NS-Regime bei Gestapoverhaftungen). Sehr wohl aber über die allergrößten Lügner unter den Zeugen Jehovas - die Verfasser der WTG-Literatur. Die Lügen dass sich "nur die Balken so biegen". Man braucht nur an Rutherford's "1925" zu erinnern oder an die butterweichen Kommentare von Franz zu "1975" und anderes mehr. Inklusive der in ihrem Gefolge hinterhertrabenden. Glaubten jene Genannten je wirklich an ihre eigenen Thesen? Vieles spricht dafür: Nein! Sie waren nur Mittel zum Zweck, auf dass sie ihr Schmarotzerleben weiterführen und ausbauen können. Der Sachverhalt der bewussten Lüge ist meines Erachtens bei diesen WTG-Chargen erfüllt! Die WTG-Schreiber sind nicht mit jenen überlasteten Zeugen Jehovas zu vergleichen. Deren Dreifachbelastung: Beruf, Familie und WTG ihnen kaum Luft zum atmen lässt. Die demzufolge auch gar nicht die Zeit und die Kraft haben, den von der WTG zu Russells Zeiten vielzitierten Beröerspruch zu beherzigen: "Jene waren edler … weil sie nachprüften". Jene handverlesene Schar von hauptamtlichen WTG-Literaturschreibern hat die Zeit und Muße nachzuprüfen, bevor sie schreibt. Wider besseren Wissens schreiben sie bewusst auch (nicht nur) die Lüge. Stichwort beispielsweise dass WTG-Datum 607 v. Chr. und anderes mehr. Meines Erachtens ist die WTG-Oligarchie genau so verkommen und korrupt, wie die von ihr (vielfach zu recht) kritisierten Großkirchenvertreter. Der voluminösen "Kriminalgeschichte des Christentums" von Karlheinz Deschner (Bd. 3) entnehme ich mal die nachfolgenden Ausführungen zum Thema Lüge. Sie sind zugleich meines Erachtens auch eine indirekte Antwort an Gerd. Das Thema Kritik an der Religion muss meines Erachtens auch zugleich das Thema Lügen mit behandeln: Ebenso plädiert Kirchenlehrer Johannes Chrysostomos energisch für die Notwendigkeit der Lüge zum Zweck des Seelenheils. Ein listiger Kunstgriff sei durchaus nicht stets zu verwerfen; nur die Absicht mache ihn gut oder schlecht. Eine rechtzeitige und in richtigem Bedacht vorgebrachte Finte habe "großen Gewinn zur Folge", und derartige Taktiken erwiesen sich als heilsam nicht nur für die, "welche sie in Anwendung bringen, sondern auch für die Überlisteten selbst …" Wie so viele verweist auch Chrysostomos auf den schon von Platon stammenden Topos der Medizinerlüge, das Irreführen der Kranken durch die Ärzte. Unmoral und Gift sonst werde so zur Arznei, die "Maske der Täuschung" unter gewissen Umständen legitim. Krasse Lügen im Alten Testament deutet der Patron der Prediger ("Das Predigen macht mich gesund") jubelnd in Tugenden um. "0 schöne Lüge!" ruft er entzückt angesichts des biblischen Lügenstücks der Dirne Rahab und wird noch heute gerühmt als "auch für die nachfolgenden Jahrhunderte der hauptsächlichste moralische Erzieher seines Volkes … Gott -allein weiß, wie viel Gutes für ungezählte Seelen aus diesem immer sprudelnden Born seitdem geflossen ist und noch fließen mag." Auch eine Fülle anderer alttestamentlicher Gaunereien wurden von den Kirchenvätern aufgegriffen, gesammelt und stets von neuem vorgebracht, um den Christen - in bestimmter Absicht - alle Bedenken gegen Betrug und Doppelzüngigkeit zu nehmen: die Verstellung Davids vor Achis, dem König von Gath; die Hinterlist der Judith gegenüber Holofernes; Jakobs massiven Schwindel bei der Erschleichung des Segens von Isaak; die Täuschung des Pharao durch die israelitischen Hebammen in Ägypten; Jehus Niedermetzelung sämtlicher Baals-Priester durch eine "nützliche Hinterlist" (utilis simulatio: Kirchenlehrer Hieronymus). Und ebendieser Heilige und Patron der Gelehrten, der die Realinspiration, die absolute Irrtumslosigkeit der Bibel vertritt, pries die "simulatio", auch im Neuen Testament, die Verstellung des Petrus in Antiochien oder die des Paulus, der "allen alles geworden, um wenigstens einige zu retten" - und konnte doch Origenes tadeln wegen seiner Gedanken über den legitimen Betrug! Nach Johannes Cassianus, den Johannes Chrysostomos in Konstantinopel zum Diakon ordinierte, ehe er dann maßgeblichen Einfluß auf die Ausbreitung des abendländischen Mönchtums gewann, ist ein Christ zur Lüge sogar verpflichtet, wenn er, um anderen beizustehen, sich selber an seiner moralischen Integrität schadet. Unter gewissen Bedingungen ist Lüge, an sich ein todliches Gift, wie Pharmaka heilsam und unentbehrlich - "sine dubio subeunda est nobis necessitas mentiendi". Bezeichnenderweise tauchen Lüge und Betrug in Cassians Achtlasterlehre, seiner Geißelung der acht Hauptlaster (Unmmäßigkeit, Unkeuschheit, Habsucht, Zorn, Traurigkeit, Überdruß, Ruhmsucht, Hochmut) gar nicht ! Durch derartige Maxime von Kirchen- wie Sektenführern war das gute Gewissen betrügender, lügender, gleisnerischer Christen auf allen Seiten gut gedeckt. Schlicht rechtfertigt der Monothelet Makarios von Antiochien (um 650/81) seine Fälschung mit dem Satz: "Ich habe so gehandelt, um meine Absicht durchsetzen zu können". Und um dieselbe Zeit beruft sich Kirchenvater Anastasius Sinaita, Abt auf dem Sinai, bei seinem schurkischen Vorgehen gegen die Monophysiten auf Paulus, 2. Kor. 121,16: "Doch gewandt wie ich bin, habe ich euch mit List gefangen". Norbert Brox, der die verbreitete Vorstellung betont, wonach um der "Wahrheit" und ihrer wirksamen Vermittlung willen List, Tricks, Täuschung im Christentum ausdrücklich gestattet, ja, gelegentlich geboten waren, nimmt doch die meisten Kirchenväter von dieser patristischen Tradition aus und zählt zu ihren entschiedensten Gegnern Augustinus. Doch sollte ausgerechnet Augustin, der schon in seiner heidnischen Zeit, nach eigenem Bekenntnis, viel log, gerade als Christ nicht mehr gelogen und getäuscht haben? Ein Jahr vor seiner Konversion, 33jährig, hielt er in Mailand eine flammende Lobrede auf Kaiser Valentinian II. - der Herrscher war damals 14 Jahre alt! Dabei zögerte Augustin nicht, mit allem rhetorischen Glanz "viel zu lügen und mir den Beifall solcher, die wußten, daß ich log, zu verschaffend was ihn später nicht hinderte, "all die hochtönenden Schmeicheleien und die kriechende Dienstfertigkeit, in der Umgebung der Kaiser zu geißeln. Doch auch für den Bischof Augustinus ist eine Lüge in der Bibel, etwa die Jakobs im Alten Testament, "keine Lüge, sondern Mysterium". Ausdrücklich erlaubt Augustin fromme Erfindungen zum Vorteil der Kirche. Denn wird unsere Erdichtung (fictio) auf irgendeinen Sinn bezogen, ist sie keine Lüge mehr, sondern Ausdruck (figura) der Wahrheit. ?
Geschrieben von Drahbeck am 21. März 2002 06:38:04:

Als Antwort auf: nachpruefen ... <2307.htm>geschrieben von zetetikos am 21. März 2002 00:10:35:

An der Frage der Evolutionstheorie haben sich schon früher die Geister geschieden. Letztendlich arbeitet (auch) sie mit Hypothesen. Es kann so oder auch anders gewesen sein. Seitens der Religionsgläubigen wird den "Evolutionisten" unterstellt, auch Gläubige zu sein. Nur eben eine andere Art von Glauben zu haben, der dem ihrigen diametral entgegengesetzt ist. Vielleicht kann man sich diesem Argument nicht ganz entziehen.

Einen Unterschied würde ich aber doch noch sehen. Unterstellt man, dass sowohl Religionsgläubige als auch "Evolutionisten" jeweils nur Gläubige sind; dass heißt jeder arbeitet auf seine Art und Weise nur mit Hypothesen, weil er darüber hinausgehende Beweise zu erbringen nicht in der Lage ist.
So ist besonders bei den "Religionsgläubigen" das Faktum festzustellen, dass sie ihrem Gott eine aktive Rolle beim Lauf der Menschheitsgeschichte zuordnen. Auch und besonders am Beispiel Zeugen Jehovas deutlich. Stichwort. Ihre diversen direkten und indirekten Endzeiterwartungen - und nicht zu vergessen, die Kritik daran
.
Um ein Zitat in diesem Kontext zu bringen. In dem von Edgar Dahl herausgegebenen Buch "Lehre des Unheils. Fundamentalkritik am Christentum" (Hamburg 1993) meint ein dortiger Autor (S. 31):
"Das Problem scheint mir also nicht einfach ungelöst zu sein. Schließlich gibt es sogar Argumente, die g e g e n die Existenz Gottes sprechen. Das Hauptproblem ist das Problem des Bösen. Das Leid unter den Menschen zeigt, daß es den vollkommenen Gott des Theismus, der sich um uns kümmert, nicht gibt.
Die übrigen Argumente sind eher methodologischer Natur. Sie zeigen, warum es sinnvoll ist, die Gotteshypothese zu verneinen. Sie ist, soweit verständlich, unprüfbar und insgesamt entbehrlich."

Noch eines müsste man hinzufügen. Jeder Mensch wird von seiner Umwelt geprägt. Das fängt schon in den frühesten Kindertagen damit an, dass er seine Muttersprache erlernt. Das Kind hat aber nicht die "Chance" zu seiner Mutter zu sagen: Ich möchte eine andere Muttersprache erlernen. Nein, es muss "wohl oder übel" erst einmal jene Muttersprache erlernen, die seine leibliche Mutter ihm offeriert. Erst viel später hat es die Chance, vielleicht noch eine zweite (oder mehr) Sprachen zu erlernen. Das geht dann aber nicht mehr "spielend" wie im Falle der Muttersprache sondern ist mit harter umfänglicher Arbeit verbunden.

So auch in diesem Fall ( Religion oder Nicht-Religion). Wir alle haben erst einmal ein "Grundangebot" (im Beispiel die Muttersprache) offeriert bekommen. Erst viel, viel später haben wir die Chance, dieses Grundangebot zu erweitern oder gar kritisch zu hinterfragen. Zudem ist Religion nicht nur etwas extrem "intellektuell abstraktes" sondern hat auch zugleich diverse soziale Bezüge.

Gerade das Beispiel der Zeugen Jehovas verdeutlicht auch dies
Nennen wir nur die diversen nachweisbaren Klagen von Aussteigern aus ihren Reihen, dass sie beim Ausstieg nicht selten erst mal in ein tiefes Loch gefallen sind, und dass es ihnen schwer fällt neu wieder Fuß zu fassen, neue oder bessere Kontakte aufzubauen. Das alles hat weniger mit den Theorieansatz einer Religion zu tun. Das gleiche Schicksal kann auch einem wiederfahren, der beispielsweise aus einer radikalen Politorganisation aussteigt (weil er von seiner - in diesem Fall - areligiösen Erziehung eben in einer solchen gelandet, später aber einiges dann doch anders sieht.)

Summa Summarum:
Der Streit Religion oder Nicht-Religion wird wohl auch in der Lebenspanne der heute Lebenden weiter (global gesehen) unentschieden bleiben. Ich würde auch meinen dass er nicht das entscheidende Kriterium ist.

Mir ist eine "religiös Sozialisierter" immer noch lieber als ein "areligiös Sozialisierter" a la der braunen Horden im NS-Regime (nur als Beispiel genannt). Die ihre Nichtreligiosität durch eine neue (andere) These ersetzten: "Und heute gehört uns Deutschland - Und morgen die ganze Welt."
Wozu das hingeführt hat, ist zur Genüge bekannt!
Geschrieben von Drahbeck am 21. März 2002 09:49:39: Als Antwort auf:
Re: nachpruefen ... <2309.htm>geschrieben von Gerd am 21. März 2002 08:04:07:

Zum dem Zitat von Gerd: "Sie (die Gottsuche) ist vielleicht das Gebet der Verzweifelten," könnte man aus einer anderen Feder auch noch jenen sinngemäßen Satz hinzufügen: Religion sei der Seufzer der bedrängten Kreatur. Die Widerspiegelung herzloser Zustände. Und jener Autor würzt dann seine These noch mit dem Hinweis auf ein bestimmtes, sehr bekanntes Rauschgift. Das zweite Zitat von Gerd: "Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt", möchte ich doch dahingehend relativieren, indem ihm die nachfolgende These aus dem schon genannten Dahl-Buch (S. 148) entgegengestelle: "Da die Bibel nicht nur die Bergpredigt mit der Aufforderung zur Feindesliebe, sondern auch die Bücher Samuel mit der Aufforderung zum Völkermord enthält, ist es kein Wunder, daß sie sich auf pazifistischen Kundgebungen ebenso gut zitieren läßt wie in Feldgottesdiensten auf Vernichtungsfeldzügen." Soweit Gerd auch Hohn und Spott beklagt, ist dem sicher zustimmen, dass dies eine unangemessene Reaktion darstellt. Wobei wieder die Frage offenbleibt, ob die Charakterisierung als "Hohn und Spott" im Einzelfall wirklich zutreffend ist. Oder ob sie nicht den Versuch einer Abwürgung einer diesbezüglichen Diskussion darstellt. Kürzlich kam das Thema Nietzsche auf. Bezeichnend finde ich es schon. Ich muß da mal persönlich werden. Hajo, kein "Unbekannter", bezeichnete sich mal vor gar nicht allzu langer Zeit in einer Selbstcharakterisierung im InfoLink-Forum als ein "Christ namens Hajo". Inzwischen hat sich da wohl in seiner Selbsteinschätzung einiges geändert, was ich auch daraus entnehme, dass er in seinem Download-Forum auch Nietzsches "Antichrist" zum Download anbietet. Abgesehen davon, dass man auf dieses Angebot keineswegs angewiesen ist. Im "Projekt Gutenberg" ist der gleiche Text und noch ein "paar" mehr herunterladbar. Abgesehen davon, scheint mir dass doch ein bemerkenswerter "Spagat" zu sein. Ob nun die Abwendung von der WTG zugleich in den Gegenpol umschlagen muss, in diesem Fall mit genannter Tendenzschrift, zu der man auch kritisches hinzufügen kann. Und zu der man auch hinzufügen kann und muss, dass Nietzsche insgesamt keineswegs unkritisches zu sehen ist oder gesehen werden sollte. Dies allerdings scheint wieder für Gerds These zu sprechen.

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