Die Wahrheit über Jehovas Zeugen"
- Ein Buchbericht -.
Gespräche und Kommentare der Studiengruppe Christliche
Verantwortung (Berlin)
Nr. 11 (1973)
Mit seinem 1961 erstmals
erschienenen "Ich war Zeuge Jehovas" ist Günther Pape bereits bekannt geworden.
Im Jahre 1970 hat er nun eine neue Veröffentlichung mit dem Titel: "Die Wahrheit
über Jehovas Zeugen" herausgebracht (Verlag "Aktuelle Texte",
Rottweil/Neckar, BRD). Sie ist offensichtlich aus dem ursprünglichen Plan eines Beitrages
für das katholische Werk "Konfessionskunde" von Prof. Konrad Algermissen
entstanden, was jedoch nicht praktiziert wurde, da wie G. Pape schreibt: "Es schien
mir unmöglich, auf einer so eng begrenzten Seitenzahl die Situation betreffs der Zeugen
auch nur annähernd verständlich darzustellen und vor allem zu begründen" (S. 6).
Zum Gesamtcharakter dieser
Veröffentlichung muss man sich vergegenwärtigen, dass die katholische Kirche in der BRD
ein legitimes Interesse hat, sich gegen die unqualifizierte Proselytenmacherei der Zeugen
Jehovas entsprechend zu wappnen. Auch wenn der Rezensent den Schritt vom Zeugen Jehovas
zur katholischen Kirche keineswegs zu teilen vermag, wie er hier seit 1963 vorliegt, so
hat man dennoch den Eindruck, dass der katholische Charakter dieser Veröffentlichung
durchaus maßvoll ist und keinesfalls "penetrant" in Erscheinung tritt.
G. Pape kommt in seiner einleitenden
Einschätzung der Zeugen Jehovas zu durchaus interessanten Urteilen, für die seine
Zwischenüberschriften "Willenlos gemachte Werkzeuge",
"Auserwählten-Dünkel"; "Theokratischer Machtwahn" stellvertretend
genannt seien. Auch sein nachfolgendes Urteil verdient durchaus beachtet zu werden:
"Diese geistige Krankheit, dieses
induzierte Irresein, ist außergewöhnlich ansteckend. Das täglich von diesen geistig
Kranken in die Häuser getragene 'Vertrauet nicht auf Menschen, bei denen keine Rettung
ist', hat auf einfache, unaufgeklärte Gemüter eine anziehende Wirkung. Der Hörer dieser
Proklamation muss zwar nicht unbedingt Zeuge werden, aber er wird in Zweifel und
Unsicherheit gestürzt.
Als Folge dieser Überlegungen setzt ein Vertrauensschwund
zu der den Menschen umgebenden Gesellschaft und ihrer Führung ein.
Daran trägt die Verkündigung der
Zeugen in einem bisher nicht und nirgends gewürdigten Maße die Schuld" (S. 5, 6).
In seiner geschichtlichen Darstellung,
folgt er den üblichen auch durch andere Veröffentlichungen schon bekannten Darlegungen
der Zeit Russells und Rutherfords ohne wesentlich überragende Höhepunkte. Insgesamt sind
seine diesbezüglichen Ausführungen generell etwas zu knapp ausgefallen.
Z. B. Erscheint mir seine
Feststellung: "Viele Brüder, die ihn (Rutherford) persönlich kannten, behaupten, er
habe stark getrunken und Rauschgift genommen und sei so zu Tode gekommen" (S. 14);
etwas zu unbewiesen. Wenn sie den Tatsachen entsprechen sollte (was keinesfalls in Abrede
gestellt werden soll) so hätte sie es doch verdient ausführlicher und begründeter
dargelegt zu werden oder auf dieses Faktum zu verzichten.
Das G. Pape in wesentlichen Punkten
sein einleitend gesetztes Ziel "ausführlicher zu sein als die
'Konfessionskunde'" nicht erreicht hat, wird auch an solch schwachen Punkten in
seiner Darstellung wie die Erwähnung des "Datums 1975" deutlich (S. 17, 18) wo
es doch wahrhaftig mehr und ausführlicheres zu sagen gäbe (z. B. Auszugsvergleiche aus
der WTG-Literatur bezüglich 1914, 1925 usw.).
Natürlich ist ein solcher Vergleich
wie der mit Algermissens "Konfessionskunde" immer problematisch, da die
"Konfessionskunde" ihren Rahmen viel weiter gesteckt hat. Einzuräumen ist auch,
dass die Detailbeiträge über Jehovas Zeugen bei Algermissen (aus seiner Gesamtkonzeption
heraus) noch knapper ausgefallen sind. Doch sicherlich hätte man in G. Pape's
Veröffentlichung noch etwas mehr an Information einbringen können.
Interessant ist auch das von G. Pape
geschilderte Beispiel der Exkommunikation einer Zeugin Jehovas einzig und allein aus dem
Grunde, weil sie ihren Hühnern ein Futter gegeben hat, dass Teile einer Blutsubstanz
enthielt (S. 41)!
Seine Angabe: "Zudem besitzt sie
(die WTG) eine eigene Bank in ihrem Hauptbüro unter dem auf dem Dach befindlichen
Wachtturm. Nach Augenzeugenberichten bergen diese Räume erhebliche Mengen Gold" (S.
47); dürfte wohl ebenfalls des Nachdenkens darüber wert sein.
Die von G. Pape gebrachten Auszüge
aus dem WTG-Buch "Feinde" und der Broschüre "Jehovas Zeugen im
Feuerofen" kommentiert er treffend mit der Zusammenfassung: "Hitler führte also
in Europa Krieg, weil er einmal im Auftrag des Vatikans Jehovas Zeugen vernichten wollte,
zum anderen, weil er die Welt für den Vatikan erobern wollte und sollte. Und in den USA
haben Jehovas Zeugen das Land vor den Nazis gerettet! Wahnsinn, aber Wahnsinn mit System:
Hier zeigt sich offen die Absicht, alles gegen die Kirche aufzuhetzen und den Zeugen eine
Bedeutung zu geben, die sie nie hatten" (S. 59).
Das dieser gleiche "Wahnsinn mit
System" auch noch in der Gegenwart vorhanden ist, wird auch durch G. Papes folgende
Ausführung belegt:
"1950 wurde in der 'DDR' die
gleiche Methode angewandt. Eben noch biederte man sich Ulbricht an und versprach ihm
'ewiges Leben in der Neuen Welt', wenn er die Zeugen nicht verfolge. Als dann das Verbot
doch ausgesprochen wurde, zog man schärfstens gegen die Regierung los und verlangte von
den Zeugen in der 'DDR' eine Untergrund-Organisation, ja man ging soweit, die Zeugen zur
Übertretung der Finanzgesetze der 'DDR' zu veranlassen und einen Geldschmuggel großen
Ausmaßes über die Grenzen des Landes zu tätigen" (S. 74).
Neben den circa 100 Seiten
eigentlichen Textes, folgt dann noch ein dokumentarischer Anhang von circa 90 Seiten, der
einem jedoch in mancher Beziehung fragwürdig erscheinen kann. Denn welchen Sinn es haben
soll, z. B. die Überschriften aus den WTG-Lehrbüchern "Theokratische Hilfe für
Königreichsverkündiger" und "Zum Predigtdienst befähigt" im wesentlichen
kommentarlos abzudrucken, ist nur schwer einzusehen. Gerade zu diesen genannten Büchern
wäre vieles zu sagen, was dem vermeintlichen "göttlichen Nimbus" schweren
Abbruch tun würde, dann sind aber Kommentare dazu unerlässlich.
Das gleiche gilt für die von der WTG
vorgenommene Zusammenstellung der wichtigsten Zeugen-Lehren und deren
Bibeltext-Begründung, die hier nach "Vergewissert euch über alle Dinge" und
den "Predigtredeplänen" ebenfalls kommentarlos abgedruckt sind, was gelinde
gesagt, eine grobe Unüberlegtheit darstellt.
Ein interessanter Höhepunkt dieser
"Dokumentation" bildet auch die öffentliche Erklärung der WTG an Hitler vom
25. Juni 1933 wo sich unter anderem die Sätze finden:
"Eine sorgfältige Prüfung
unserer Bücher und Schriften wird deutlich zeigen, dass die hohen Ideale, die sich die
nationale Regierung zum Ziel gesetzt hat und die sie propagiert, auch in unseren
Veröffentlichungen dargelegt, gutgeheißen und besonders hervorgehoben werden.
Man
möchte uns gestatten hier darauf aufmerksam zu machen, dass in Amerika, wo unsere Bücher
geschrieben werden, Katholiken als auch Juden sich miteinander verbunden haben in der
Beschimpfung der nationalen Regierung in Deutschland und in dem Versuch, Deutschland zu
boykottieren wegen der von der nationalsozialistischen Partei verkündigten
Grundsätze
"
Ferner sind auch die abgedruckten
Briefe des ehemaligen Rechtsberaters von WTG-Präsident Rutherford, Olin R. Moyle
bemerkenswert, in denen sich Moyle unter anderem auch über das schlechte von Intoleranz
und Lieblosigkeit gezeichnete Arbeitsklima im WTG-Hauptbüro beklagt. Rutherfords
luxeriöses Leben wird im Gegensatz zu den spartanischen Lebensbedingungen der anderen WTG
Mitarbeiter herausgestellt.
Insgesamt gesehen ist sicherlich
einzuräumen, dass diese neue Publikation von Günther Pape, unabhängig von den
angedeuteten Schwächen, natürlich auch ihre nützlichen Seiten hat. Man wird ihr
sicherlich nicht gerecht, wenn man außer acht lässt, dass ihr eigentlicher Leserkreis
nicht auf die Zeugen programmiert ist.
Exkurs:
Angesichts der für den Durchschnittsbürger mehr als schwierigen heutigen Erreichbarkeit des "Jahrbuches 1934 der Zeugen Jehovas", mit der dort abgedruckten "Erklärung" vom 25. 6. 1933, bietet die in diesem Buch von Pape enthaltene Edition jener Texte sicherlich einen besonderen Höhepunkt:
Die handschriftlichen Seitenzahlen beziehen sich auf den gleichem Text, wie er auch im "Jahrbuch 1934 der Zeugen Jehovas" publiziert wurde.
(Zeitschrift)
Christliche Verantwortung
Weitere Artikel Christliche Verantwortung
Zur Indexseite