Kommentare zu den eingescannten CV-Ausgaben
CV 85
Folgt man der Darstellung in dieser CV-Ausgabe, dann gab es da bei den Zeugen Jehovas in der DDR, sogar ein paar Übereifrige, die das Ende der 60-er Jahre aufgekommene 1975-Thema, sogar mittels großformatiger Schautafeln zu illustrieren beliebten. So wie seinerzeit Russell seine "Karte der drei Weltzeiten" einsetzte. Nur mit dem Unterschied das jetzt das ganze auf den 1975-Bezug zugeschnitten war. Genüsslich wird kommentiert, dass diese Übereifrigen doch wohl als Heuchler anzusprechen seien, da sie nach 1975 ihre Schautafeln wohl kaum weiter verwendet haben. Gab es diesen so geschilderten Sachverhalt? Oder wurde er aus den Fingern gesogen? Die Frage muss offenbleiben. Immerhin: 1975-Gläubige gab es sehr wohl. Ob sie sich auch als Schautafelhersteller betätigten?
"War das politische Neutralität?" fragt auch diese CV-Ausgabe (nicht zum ersten mal). Sieht man sich ihre auf diese Fragestellung folgende Argumentation an, wird man objektiv betrachtet zugeben müssen, es war keine politische Neutralität. Dennoch bleibt ein fader Nachgeschmack. Politische Neutralität auch in Religionsgemeinschaften, wird es wohl nur dann geben, so selbige sich primär als "weltentrückter Halleluja-Verein" gebärden. Soweit diese Grenze überschritten wird, ist es schon aus mit der "politischen Neutralität". Es ist der CV wohl dahingehend zuzustimmen, dass auch Jehovas Zeugen zu k e i n e m Zeitpunkt je politisch neutral waren. Das ihre diesbezügliche Behauptung eine glatte, bewusste Desinformation der eigenen Anhängerschaft ist.
Jetzt kommt aber der schon angedeutete "fade Beigeschmack" bei der diesbezüglichen Beurteilung. Und den kann ich nur so formulieren. Die zeitgenössische politische Parteinahme der Zeugen Jehovas ist sachlich zutreffend. Indem sie seitens der CV bekämpft wird, gleicht dies dem "Sisyphus" aus der Fabelwelt, der da einen schweren Stein bis an die Bergspitze hochschleppt und anschließend wieder in die Tiefe zurückgerissen wird.
Nur so kann ich die
nachfolgende CV-Ausführung bewerten:
Frühere Leiter des Ostbüros der WTG
in Westberlin wie Werner Geyer oder Willi Pohl haben in ihren internen Gesprächen über
die allerersten CV-Briefe (des CV-Begründers Willi Müller, Gera) nicht das geringste
Hehl daraus gemacht, daß die Organisation auch politisch wirkt, was man öffentlich
jedoch niemals so zugeben könne und werde. Schalten wir 25 Jahre, ein Vierteljahrhundert
zurück. Im Hochjahr des antikommunistischen kalten Krieges auf allen Ebenen, im Jahre
1951, als die WTG-Führung mit so vielen anderen hoffte, die "Ostzone" würde
binnen kurzem "befreit" sein, bekannte sie sich offen zu ihrem politischen
Anteil an dieser erwarteten "Befreiung", um danach entsprechend auftreten zu
können. In der Erwachet-Ausgabe vom 22. April 1951, S. 4 (deutsch) prangerte sie u. a.
hemmungslos "die Religionspriester" in den USA und anderen westlichen Länden
an. Auf "Ostdeutschland" verweisend, tönte die WTG: "Wären sie gewillt,
ihr Leben niederzulegen, indem sie (wie Jehovas Zeugen) den Kommunismus öffentlich
anprangern?". Die in Verfolg dieses "Anprangerns". betriebene
antikommunistische politische Hetze in den "gedruckten Predigten" der WTG, die
Jehovas Zeugen verbreiteten, konnten kaum noch von jemandem überboten werden.
"Unheilkündender Schatten des Kreml", "rote Totalitäre",
"kommunistische Flut aus dem Osten", "kommunistische Fronvögte",
"falsche rote Religion", "rote Faschisten", "befremdender
unsinniger Wahn", "die teuflischste Religion von allen", "ungezügelte
wilde Tiere hinter dem Eisernen Vorhang "kommunistenverseucht" u. a. m. war der
politische Hetzjargon, der die "gedruckten Predigten" der Zeugen Jehovas
kennzeichnete. War das politische Neutralität?
CV Christliche Verantwortung
Informationen zu christlichem Wandel und vermehrtem Verständnisvermögen
DER ZWECK DIESER ZEITSCHRIFT
ist freie, christlich und menschlich
verantwortungsbewußte Information zu Verkündigung und Organisation der Zeugen Jehovas
und ihrer Leitenden Körperschaft, der Wachtturm-, Bibel- und Traktat-Gesellschaft, (WTG)
und WTG-bedingten Konfliktlage der Zeugen Jehovas in der gegenwärtigen gesellschaftlichen
Entwicklung. Die Vielseitigkeit der Darlegungen in CV widerspiegelt diese Situation und
weist Wege zu ihrer Lösung. -
Wir rufen zur Mitverantwortung und Mitarbeit.
Nr. 85 Gera August 1976