Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Vergatterung

Bei seiner Bewertung der „Felddienstberichte" des vorangegangenen Jahres, notiert der "Wachtturm" (15. 1. 1958) auch:

„Studiere die; Tabelle aller Länder und beachte, daß in der ganzen Welt die Zahl derer, die die Wahrheit lieben und Stellung für Gottes Königreich bezogen haben und Prediger geworden sind, um zehn Prozent zugenommen hat. Doch beachte: in den acht Ländern, die hinter dem Eisernen Vorhang liegen, beträgt die Zunahmetatsächlich fünfzehn Prozent.

Meldungen solcher Art, haben die WTG-Führung von jeher im besonderen stimuliert. Wenn ein Raymond Franz über seine Zeit in der WTG-Führungsspitze, und in diese Zeit fiel auch die Forcierung des 1975-Themas, konstatiert. Nüchtern Denkende hatten in der Zeit (und wohl nicht „nur" in der Zeit), nichts zu sagen. Ganz im Gegenteil wurde die Euphorie noch „angefeuert" durch markige „Erfahrungsberichte" von solchen, die da wegen der vorgeblichen „Kürze der Zeit" beschlossen hätten, nunmehr vermehrt sich für die WTG-Interessen einzusetzen. Und wenn man sich die diesbezüglichen Ausführungen eines Konrad Franke anhört und analysiert. So zeigte sich auch bei diesem Beispiel. Die WTG-Führung tat (und tut) alles, um euphorische Stimmungslagen, wo immer möglich, zu befördern.

Auch Raymond Franz, dass muss er ja selbst zugeben, gehörte in dieser Phase zu den Schweigern diese Politik betreffend (was ja nicht ausschließt, dass aus einem Saulus dereinst noch mal ein Paulus werden kann). Er meint zur Entschuldigung vorbringen zu können; die infolge dieser Politik rasant angestiegenen Täuflingszahlen, haben eben jegliches nüchternes Kalkül, so es denn noch vorhanden gewesen sein sollte, hoffnungslos erstickt.

In diesem Vergleich gesehen liegt die weiter vor zitierte Meldung über die höheren Erfolgsraten in Verbotsländern, auf ähnlicher Wellenlänge. Heutzutage registriert unsereins (zumindest ich), die Tendenz zur Überbewertung der Befindlichkeit, der soziologisch sich zum Mittelstand zählenden (was nicht zwangsläufig gleichzusetzen ist mit auch tatsächlicher Mittelstand zu sein). Jedenfalls wenn sie es denn auch nicht sind, möchten sie es dennoch sein, und unterstützen getreu dem Motto: Das die dümmsten Schweine sich ihren Metzger immer noch selber aussuchen, Politikansätze, welche primär die Vertretung von Mittelstandsinteressen sind. Diese Tendenz kann man sowohl in ZJ als auch in Ex-ZJ-Kreisen heutzutage (zumindest in diesem Lande noch) als dominierend registrieren.

Die Befindlichkeit solcher so „Gestrickten" indes, war noch nie für die WTG-Führung irgendwie relevant. Als „Mitnahmeeffekt", wenn sie denn davon auch finanziell partizipieren kann, durchaus gerne gesehen. Aber in den entscheidenden Weichenstellungen, nach wie vor, nicht relevant. Die entscheidenden Weichenstellungen bestehen eben nach wie vor in Forcierung von Verfolgungssituationen (zwar nicht ursächlich selbst gewollt. Wenn sie denn aber eintreten, bewusst instrumentalisiert und forciert). Und oder eben, wenn solche Umstände absolut nicht gegeben, dieweil man als KdöR inzwischen selbst von dem Bestechungstopf Nutznießer ist, wie weiland Konstantin der Große das einst verfolgte Christentum zur Staatsreligion kürte. So haben indes jene Länder, welche sich eben nicht zu einer Bestechungspolitik zugunsten der WTG durchringen können (und die fängt schon bei den Steuerermäßigungen für den Druckereibetrieb an), fallweise selbige noch weiter gehen, etwa auf die Verbotsschiene. Diese Länder haben der WTG-Religion gegenüber nach wie vor „nichts zu lachen". Dies demonstrierte selbige unter anderem schon im Falle des Ostblocks und wiederholt das auch fallweise.

Getreu dem WTG-Motto. Unter allen Regionsopiumverkäufern, sind wie die WTG-Religion, diejenige, die das Religionsopium in höchster Konzentration, mit höchster Suchtmachender Wirkumg offeriert. Getreu diesem Motto ist der WTG-Führung alles recht, was diese Tendenz befördert. Seien es Anheizung von Endzeitthesen, in kriegerischen Situationen etwa besonders WTG-willkommen, seien es fallweise auch Verbotssituationen, zu deren Entschärfung von WTG-Seite nur eines getan wird; nämlich: Nichts!

Folgerichtig las man denn in der zitierten „Wachtturm"-Ausgabe auch die Sätze:

„Tausende und aber Tausende Zeugen Jehovas sind durch einen solchen Läuterungsprozeß gegangen ... durch sengende Hitze, die eine wirkliche Läuterung herbeiführte. Kannst du eine Hitze ertragen wie jene Personen, die unter der kommunistischen Totalherrschaft in Rußland, Polen, der Tschechoslowakei und anderswo hinter dem Eisernen Vorhang Verfolgung erleiden? Denke auch an Jehovas Zeugen in der katholisch regierten Dominikanischen Republik, die geschlagen, gemartert und ins Gefängnis geworfen wurden ... Weitere Personen haben ihre Lauterkeit in Deutschland, Italien, Norwegen und in anderen Ländern, die von den Nazi- und Faschistenhorden überrannt wurden, bewahrt ..."

Es ist keineswegs eine „neue" Erfahrung, das weis man unter anderem schon seit den Tagen eines Thomas Müntzer, und dessen „Bauernhorden", denen ein Luther ausgesprochenen Hass gegenüber artikulierte. Es ist keineswegs eine neue Erfahrung, dass Religion sowohl in der Maske der bürgerlichen Behäbigkeit daher kommen kann, wovon dann auch solche Religionsangebote für „Ausgeflippte" wie Scientology oder Bhagwan, neben einem breiten Mittelstrom künden, dessen innere „Beziehung" fallweise auf die „schon feierlichen Elemente" etwa Kirchenmusik, oder würdevolle Begleitung bei Lebensereignissen wie Hochzeiten, Kindstaufen (im Großkirchlichen Bereich) sich beschränkt.

Religion kann aber auch unter ganz anderen Vorzeichen daherkommen. Exemplarisch an der dem Hitlerschen KZ-Unwesen ebenbürtigen sowjetischen Verbannungspolitik studierbar. Um letzteres Beispiel noch einen Moment weiter zu zitieren. Wie da eine große (erst später wieder überwundene) Spaltung auch bei den Zeugen Jehovas in jenem Lande eintrat, als Anfang der 1960er Jahre die Rutherford'sche Obrigkeitslehre aufgegeben wurde. Da „brach für einige eine Welt" zusammen, dieweil nunmehr das vorher sorgsam gepflegte Feindbild zur „Welt" aufgegeben wurde. Bis hinein nach Rumänien schwappte dieser Dissenz über, wovon denn noch heute eine einschlägige rumänische Webseite kündet, die da die alte Rutherfor'sche Obrigkeitslehre weiter aufrecht erhält

1958er Rückblick zur Zeugen Jehovas Geschichte

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