Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Der Sputnik-Schock

Schon als es den Sowjets nach 1945 gelang, das zeitweilige Atomtechnologie-Monopol zu brechen, setzte in den USA der große Katzenjammer ein. Sündenböcke wurden gesucht und gefunden. Einige von Ihnen (Ethel und Julius Rosenberg) landeten gar auf dem elektrischen Stuhl. Das Thema wurde verschiedentlich schon mal aufgearbeitet. Unter anderem auch in einem (seinerzeitigen) ZdF-Beitrag. http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,1019278,00.html

Siegesgewiss glaubte man sich im Fall der Rosenberg's auf die Analyse „Verrat" festlegen zu können. Und mit „Verrätern" pflegt der USA-Staat auch heute noch nicht viel Federlesen zu machen. Da sind noch ganze andere Fälle bekannt. So der Fall eines gekidnappten Bürgers, der sich in der DDR unter geänderter Identität „sicher" wähnte. Der CIA-Staat ist allerdings was Kidnapping und ähnliche Praktiken anbelangt, der frühen DDR-Stasi und der Gestapo zu Nazizeiten, wahrhaftig makaber ebenbürtig

Man vergleiche beispielsweise den Fall Karney

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1997/0616/lokales/0099/

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2003/0626/medien/0050/index.html

Als neuere Meldung:

Bezüglich des USA-Falken der Bush-Regierung Donald Rumsfeld und maßgeblichen Beförderer des Irak-Krieges, vergleiche man mal jenen Kommentar der „Berliner Zeitung", welcher aussagt ihn als Kriegsverbrecher international belangen zu wollen. Wobei man sich als Präzendenzfall darauf beruft. Im Falle des chilenischen Diktators Pinochet sei das auch gelungen

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/603648.html

Kaum hatten die USA-Falken diese „Episode" einigermaßen verkraftet. schockte sie am 4. Oktober 1957 eine erneute Nachrichtenmeldung hoch. Da wussten die Sowjets zu vermelden, es sei ihnen gelungen ihren „Sputnik" íns Weltall zu schießen. Ähnliches planten auch die USA. Das jedoch die Sowjets in der Frage offenbar schneller handlungsfähig waren, wurde zumindest als Prestigeverlust bewertet. Die Wikipedia etwa formuliert:

Die Erkenntnis, dass die Sowjetunion zum Start des ersten künstlichen Satelliten in der Lage war, löste im Westen ein immenses Bedrohungsgefühl aus: Sputnik machte schlagartig klar, dass die USA mit Interkontientalrakten von der Sowjetunion aus erreichbar waren. Dieses auch als Sputnickschock bezeichnete Phänomen führte in Folge zu …Umstrukturierungen und verstärkten Anstrengungen im Bildungsbereich der westlichen Industrienationen."

Warfen die frühen Bibelforscher der religiösen Konkurrenz unter anderem vor. Sie habe im ersten Weltkrieg „die Jugend in die Schützengräben hineingepredigt", dann reduziert sich dieser Vorwurf in der Tat darauf, dass Kirche und Staat - zu Lasten Dritter - an einem Strang zogen. Oder noch drastischer formuliert. Das die Kirchen in entscheidenden Krisensituationen sich als „gekaufte Subjekte" erwiesen.

Kein Vorwurf ist absurd genug, um nicht auch unter umgekehrten Vorzeichen fröhlichsten Urstand zu feiern. Erinnert sei nur an das Urchristentum mit seiner generellen Weltentrückheit; und dann in geschichtlicher Bewertung in geringem Abstand als „Konstanische Wende", die eigenen früheren Grundsätze verratend.

Gehörten die Bibelforscher zu Zeiten des Ersten Weltkrieges keineswegs schon zu den Etablierten, so sollte sich das allerspätestens seit dem Auftreten eines McCarthy wesentlich geändert haben. USA-Falke McCarthy drängte die USA in der Tat weiter an den rechten Rand. Und zu denen die sich mit drängen ließen ohne wesentlichen Widerstand zu leisten, gehörte auch die WTG-Religion. Noch anders formuliert.

In den fünfziger Jahren findet man bereits, wesentliche Parameter der USA-Politik, zugleich auch in religiös-vernebeltem Tarnvorhang, in WTG-Formulierungen wieder.

Als nun der „Sputnik-Schock" auf der Tagesordnung stand, lag es wohl im lauf der Dinge, ihm auch in den WTG-Publikationen zu begegnen. Als diesbezügliches „Vehikel" erwies sich insbesondere das WTG-Buch „Dein Wille geschehe". Jenes Buch, 1958 zuerst in Englisch veröffentlicht (Deutsch 1960) nahm schon in einer einleitenden Grafik auf den „Sputnik-Schock" bezug. Um seine in WTG-Sicht besondere Wichtigkeit noch zu unterstreichen, wurden eigens dazu Vorabdrucke im „Wachtturm" veranstaltet, um die Zeit bis zur vorliegenden deutschen Gesamtübersetzung etwas abzukürzen.

Der „Katzenjammer" kommt in diesem Buch auch in solchen „Breitseiten" gegen die religiöse Konkurrenz zum Vorschein, wie zum Beispiel die:

„Auch die Religion hat sich in die Auseinandersetzung hinsichtlich der Möglichkeiten und Gefahren des menschlichen Raumfahrtzeitalters eingeschaltet. Nachdem die Sowjetunion ihren ersten Satelliten, Sputnik I, abgeschossen hatte und dieser um unseren Planeten kreiste, befürwortete eine Woche später die Zeitung des Vatikans, der ,'Römische Beobachter', die Weltraumforschung." (S. 8).

Da die Sowjets das ganze zugleich als Instrumentarium für atheistische Propaganda nutzten, meinte die WTG unter anderem gereizt kontern zu müssen:

Wie töricht! Denn des Schöpfers 'letzte Stellung' befindet sich nicht irgendwo draußen an einem Ort, wohin die menschlichen Wissenschaftler ihre weitestreichenden Satelliten oder Sputniks schießen könnten."

Minutiös und missmutig zugleich, wird auch registriert, dass dieser sowjetische Technologieerfolg offenbar keineswegs als „Eintagsfliege" anzusehen sei, wofür auch ein Satz steht, wie:

„Am 15. Mai 1958 schoss die Sowjetunion ihren dritten Sputnik ab, der 1.327 kg wog."

Deutlich auch ein Satz wie der:

Der König des Südens ist entschlossen, seine führende Stellung auf der Erde zu halten, um, wie er behauptet, der ,'freien Welt' die Weiterexistenz zu sichern. Er sah sich genötigt, einen Präventivkrieg zu beginnen, bevor der König des Nordens zu stark wurde." (S. 297)

Und zur bildlichen Unterstreichung bietet man dann noch eine Schreckens-Szenario-Karte dem Leser dar über die kommunistisch beherrschten Länder.

Tja was das mit dem Präventivkrieg anbelangt, da hatten sie nun die geeigneten Partner gesucht und gefunden. Was die offizielle USA-Politik nun auch auf Regierungsebene verkündete, das praktizierte ja die WTG schon einige Jahre vorher mit religiösem Nebelvorhang kaschiert. Wenn kaum eine andere Religion es darauf ankommen lies, im Ostblock ein Verbot ihrer Tätigkeit zu provozieren. Die WTG-Religion indes, hatte auch bei diesem Aspekt, keinerlei Skrupel.

Einen Nachklang gibt es noch in Sachen „Sputnik-Schock" zu notieren, über den als Zeitzeuge Raymond Franz in seinem Buche „Der Gewissenskonflikt" berichtet. (S. 210)

Franz berichtet da nachdem es Diskussionen wegen des WTG-1914-Datums gab:

Das Gremium beschloss, die Sache in der nächsten Sitzung weiter zu behandeln.

Dabei legte das Komitee des Vorsitzenden, bestehend aus Albert Schroeder (Vorsitzender), Karl Klein und Grant Suiter, ein höchst ungewöhnliches Dokument auf den Tisch. Jedes Mitglied der leitenden Körperschaft erhielt ein Exemplar. Auf eine Kurzformel gebracht, schlugen die drei vor, der Ausdruck „diese Generation" solle sich nicht auf Menschen beziehen, die 1914 lebten, sondern erst ab 1957 zählen, also 43 Jahre später!

Vorlage für die leitende Körperschaft zur Sitzung am Mittwoch, 5. März 1980"

Wenn das also noch 1980 kommentiert wurde, dann kann man wohl ermessen (diejenigen die den Vorschlag einbrachten, hatten ja allesamt den „Sputnik-Schock" bewusst miterlebt. Und nun da sie selbst an den Schalthebeln der Macht saßen, erstmalig die Chance, daraus „Nägel mit Köpfen zu machen"). Dann kann man wohl ermessen, wie nachhaltig das wirkte.

Weiter Franz:

Komitee des Vorsitzenden 3.3.80

Im Jahr 1957 wurde der erste russische Sputnik in eine Erdumlaufbahn geschossen. Anscheinend meinte das Vorsitzenden-Komitee, dieses Ereignis könne den Beginn der Erfüllung folgender Worte Jesu anzeigen:

'… wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird sein Licht nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden.'"

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass einigen LK-Mitgliedern die Sache doch wohl „etwas zu heiß" wurde, und dieser Vorschlag letztendlich nicht abgesegnet wurde. Also alles beim alten blieb.

1957er Rückblick zur Zeugen Jehovas Geschichte

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