Lausitzer Rundschau

Es ist offensichtlich, dass das DDR-Zeugen Jehovas-Verbot von 1950 eine Vorgeschichte hatte. Wie immer man die DDR-Politik auch einschätzt. Eines kann man sagen. Wenn sich Anlässe anboten, wurden sie auch ausgenutzt. Ein „Stimmungsmacher" in dieser Beziehung war auch der Artikel der „Lausitzer Rundschau" vom 28. 5. 1949. Unter der Überschrift: „Bluttat eines 'Zeugen Jehovas'" konnte man darin lesen:

„Am Dienstag früh gegen 6 Uhr ermordete, wie uns von der Kriminalpolizeiabteilung Bautzen mitgeteilt wird, der 37jährige Steinbrucharbeiter Fritz Löbelt in Belmsdorf bei Bischofswerda in seiner Wohnung seine 42jährige Ehefrau Martha Löbelt, geb. Jaeschke, indem er ihr mit einem Küchenmesser und einem Büchsenöffner den Hals durchschnitt. Zuvor hatte er ihr zahlreiche Stiche und tiefklaffende Schnitte in die linke Rückseite beigebracht. Seine beiden 15jährigen Kinder Sonja und Lotte Löbelt konnten sich nur durch rasche Flucht dem gleichen Schicksal entziehen.

Nach den polizeilichen Feststellungen beging Löbelt, der überzeugter Anhänger der religiösen Auffassungen der 'Zeugen Jehovas' ist, die furchtbare Tat in einem Zustand religiösen Wahnes. Er befahl seiner Frau und den Kindern, sich nackt auszuziehen, riss ihnen dann selbst die Kleider vom Leibe, forderte sie auf, sich die Haare aufzulösen, allen Schmuck abzulegen und die Bilder von den Wänden abzunehmen. Nach der Tat hackte der Wahnsinnige, mit einem Eisenstück bewaffnet, nackt auf dem Küchenfenster und hielt vor den auf der Straße sich sammelnden Bewohnern Predigten, in denen er zum Ausdruck brachte, dass Jehova regiere und dass er die Tat bzw. das Opfer im Sinne Jehovas vollbracht habe. Er wurde dann von Polizeibeamten überwältigt und gefesselt, da er - immer unter Anrufung Jehovas - stark tobte. Die Einwohnerschaft bekundete beim Abtransport Löbelts nach der Landesanstalt Großschweidnitz in lebhaften Kundgebungen ihre Empörung über die grauenvolle Bluttat."

Am 16. 6. 1949 brachte die gleiche Zeitung einen weiteren Artikel. Er war überschrieben: „Jehovas Zeugen aggressiv."

„Am 12. Juni veranstalteten die 'Zeugen Jehovas' einen Werbesonntag in Bischofswerda. Vermutlich hängt diese Maßnahme mit der Mordtat des Jehova-Anhänger Löbelt in Belmsdorf bei Bischofswerda zusammen.

Aus Dresden waren eine Anzahl zur Verstärkung der Bischofswerda Gruppe herangezogen worden. Sie traten bei ihrer 'Hauswerbung' sehr aggressiv in Gruppen von 4 bis 6 Mann auf, stellten die Füße zwischen die Türen, wenn besonders verängstigte alleinstehende Frauen die Türen wieder schließen wollten und bedrohten die Abweisenden, dass sie 'aufgeschrieben' würden. Auf Grund des religiösen Mordes und des Auftretens der Zeugen weigerte sich die Wirtin des 'Goldenen Engels', ihren Saal der Sekte zur Verfügung zu stellen. Daraufhin bedrohte sie der Wortführer der Zeugen Jehovas, Herr Haufe, mit den Worten: 'Sie werden ihre Ablehnung noch bitter bereuen.'

Haufe und zwei andere Zeugen weigerten sich, dass Grundstück zu verlassen, so dass die Wirtin des 'Goldenen Engels' polizeiliche Hilfe anfordern musste.

Am Nachmittag aber behaupteten die Zeugen Georg Bär und Gottfried Klenke aus Dresden, dass die Arbeiterpartei den Saal nicht freigebe. Die 'wahrheitsliebenden' Zeugen widerriefen ihre Verleumdung auch dann nicht, als durch polizeiliche Gegenüberstellung festgestellt wurde, dass die Wirtin von sich aus den Saal nicht freigibt.

Das Auftreten der 'Zeugen Jehovas' beunruhigte die Einwohnerschaft, so dass es in den Straßen Bischofswerda zu lebhaften Antipathiekundgebungen gegen die Sekte kam. Vor der Wohnung des Haufe versammelten sich ebenfalls viele Einwohner, die ihren Unwillen gegen das empörende Verhalten der Zeugen zum Ausdruck brachten. Durch Eingreifen demokratischer Funktionäre wurde dann Ruhe und Ordnung wieder hergestellt."

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1949er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte