Vereidigung der Zeugen Jehovas

Es wirkt schon merkwürdig, wenn ein gewisser Detlef G. in einer Replik sich bemüssigt fühlt, die Vokabel "Glaubensgehorsam" zu verwenden. Das hört sich natürlich für gewisse kirchliche Kreise, die da belieben den Fall Zeugen Jehovas als Alibifunktion für ihr eigenes Versagen in der NS-Zeit zu benutzen, schon "fromm" an. In der Verwendung wohlgesetzter Worte, hat man sich in diesen Kreisen ja schon immer gut verstanden.

Um welche Art von "Glaubensgehorsam" es sich da handelte, darüber berichtet auch die "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 7. 1933 in der man lesen konnte:

"Während des Eliawerkes der Versammlung waren wir alle überzeugt, dass das Lösegeldopfer die Hauptlehre der Bibel sei, und das es unsere Hauptpflicht wäre und noch sei, uns darauf vorzubereiten, mit Christus an seinem Königreich teilzunehmen und ihm später behilflich zu sein, die Verwaltung der Segnungen des Königreiches auszuüben; und das unsere Hauptarbeit bei solcher Vorbereitung darin bestünde, über Charakterentwicklung zu reden und sich selbst zu entwickeln. Das Eliawerk endete 1918. Irgendein Versuch, dass Eliawerk nach dieser Zeit weiterzuführen, wäre ein Versuch, ein totes Ding neu zu beleben und wäre deshalb nicht in Übereinstimmung mit dem Herrn. … Ganz gewiss hat Jehova eine Organisation auf der Erde, weil von ihm alles ordnungsgemäß getan wird. Seit vielen Jahren schon hat er die Wachtturm- Bibel- und Traktat-Gesellschaft gebraucht. Es gibt nur eine Klasse von Menschen, die heute sein Werk auf der Erde verrichten, und diese nennen wir die 'Gesellschaft', die unter der Führung der Wachtturm- Bibel- und Traktat-Gesellschaft vorgeht und die Kundgebungen des Willens Gottes betreff der Völker der Erde verbreitet. …

Die Zeit ist gekommen, wo … die Glieder jeder Gruppe des Volkes Gottes auf der Erde in völliger Übereinstimmung arbeiten und dessen eingedenk sein, dass das Hauptziel nicht Selbst- oder Charakterentwicklung ist, um für einen Platz im Himmel zubereitet zu werden, weil das eine unmögliche Sache und nicht vom Herrn befohlen ist. Im Gegenteil, die höchste und wichtigste Sache ist die Rechtfertigung des Namens Jehovas und Gehorsam gegen seine Gebote, indem man das verkündigt, was er befohlen hat. Daher sollte keiner, der nicht in völliger Übereinstimmung und gänzlicher Harmonie ist mit dem Haus-zu-Haus-Dienst der Predigt des Evangeliums, wo immer die Gelegenheit sich darbietet und der nicht einen eifrigen Anteil an diesem Dienste nimmt, als ein Glied des Dienstkomitees in den Vordergrund gestellt oder sonst eine Dienststellung in einer Ortsorganisation oder Gruppe einnehmen.

… Wenn ein Redner darauf bestünde, über Charakterentwicklung zu sprechen, wie dies während der Eliaperiode der Versammlung geschah, und wenn er zu gleicher Zeit die gegenwärtigen Wahrheiten wie sie in den Wachtturm-Veröffentlichungen vorgebracht werden, unbeachtet ließe oder leichthin behandelte, wenn er lauwarm oder gleichgültig wäre oder die Dienstarbeit bekämpfte, oder nicht eifrig am Dienste teilnähme und andere ermutigte, es zu tun, so erbrächte er dadurch den Beweis, dass er nicht von Gott gelehrt wird. Unter keinen Umständen sollte ein solcher ernannt werden vor der Gruppe einen Vortrag zu halten oder ein Studium zu leiten. … Wenn das Dienstkomitee nicht von ganzem Herzen für tatkräftigen Felddienst ist und nicht mit ganzer Kraft dafür eintritt, dann sollte es sofort neu organisiert und Brüder in das Dienstkomitee gebracht werden, die sich eifrig und fleißig betätigen und den Dienst, den Tag der Rache unseres Gottes anzusagen und sein Königreich zu verkündigen, fördern und unterstützen.

Wir erklären daher, dass wir uns nicht länger vor dem Herrn widersprechen und unsere von Gott gegebenen Auftrag übertreten wollen, indem wir Männer aufstellen, um vor der Gruppe Vorträge zu halten oder ein Klassenstudium zu leiten, oder als Glieder des Dienstkomitees zu dienen, oder irgendein Amt in der Gruppe zu bekleiden, es sei denn, dass ein solcher zuerst anerkennt, dass er in völliger Übereinstimmung mit dieser Erklärung und der Wachtturm-Literatur ist; und das er den Haus-zu-Haus-Dienst für die Predigt des Evangeliums eifrig unterstützt und selbst rege daran beteiligt ist und auch andere ermutigt, dies zu tun. Wir wollen deshalb das Dienstkomitee der Gruppe neu organisieren. … Werden wir zuerst einem jeden die Frage vorlegen, ob er in Übereinstimmung mit dem ist, was in dieser Erklärung gesagt wird. … Irgendeiner, der nicht in völliger Übereinstimmung mit dieser Erklärung ist, besitzt nicht die schriftgemäße Befähigung in irgendeiner Eigenschaft in dieser Gruppe zu dienen."

Zum Hintergrund dieser Entwicklung ist zu beachten, dass im September 1932 von der WTG mit einem Federstrich die bisherige Praxis abgeschafft wurde, dass die örtlichen Versammlungen, ihre Angelegenheiten durch selbstgewählte "Älteste" leiteten. Eine solche Zäsur stieß aber auch auf ein gewisses Maß von Opposition. Der "Wachtturm" vermeldet zeitgenössisch dazu (1933 S. 247):

"Es ist wohlbekannt, dass in der Geschichte der Versammlung fast alle Schwierigkeiten unter dem Volke Gottes auf den Einfluss 'eigensinniger Männer' in der Versammlung zurückzuführen sind … Es ist ferner noch diese Klasse gewesen, die in den verschiedenen Gruppen gegen die Organisation, deren sich der Herr bedient, aufgetreten ist, und die Gesellschaft als einen listig angelegten Büchervertrieb hinstellen."

1933er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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