Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Rückblick auf das Jahr 1915

Nun war das angefieberte Jahr 1914 Vergangenheit. Auch gleichfalls das Nachfolgejahr. Zeit also einmal Bilanz zu ziehen, wie es denn nun im Nachhinein um die dieses Datum verkündende Organisation bestellt sei. Der "Wachtturm" des Jahres 1916 veröffentlicht in seiner Februarausgabe einen solchen Bericht von höchster Stelle unter der Überschrift: "Bericht der Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Brooklyn, für das Jahr 1915."

Einleitend wird festgestellt: "Obgleich das Jahr 1915 bedeutend hinter anderen Jahren zurückgeblieben ist, was die Tätigkeit der Gesellschaft in der Verbreitung der Wahrheit betrifft, so ist trotzdem dieser Bericht einer der besten, den die Gesellschaft je veröffentlichen durfte."

Weiter wird rekapituliert: "Er (dieser Bericht) macht darum einen so tiefen Eindruck auf uns, weil viele der lieben Freunde, welche in der Vergangenheit das Werk eifrig unterstützt haben, so freigebig, so inbrünstig, so eifrig gewesen sind, daß sie für sich selber nur so viel von den Dingen dieses Lebens übrig gelassen haben, um gebührend für sich selber und ihre Angehörigen sorgen zu können. Unsere Erwartungen, daß das geweihte Volk des Herrn im Oktober 1914 jenseits des Vorhangs genommen werden könnten, hatte viel mit dieser früheren Tätigkeit zu tun; so daß die Freunde … in wunderbarer Weise ihre Mittel und sich selbst aufopferten."

Hier haben wir also schon ein frühes Dokument dafür, worum es den hauptamtlichen WTG-Funktionären letztendlich geht. Das blöde Fußvolk (ich formuliere das bewusst scharf). Das blöde, saublöde, Fußvolk, möge sich doch für seine Herren in der WTG-Zentrale aufopfern. Seelisch, materiell, auf allen Ebenen.

An dieser Feststellung hat sich übrigens nichts bis in die Neuzeit geändert!

Ein neuzeitlicheres Beispiel. Als die 1975-These neu herauskam, beliebte der damalige deutsche Zweigdiener Konrad Franke, in Hamburg dortigen Zeugen Jehovas-"Honoratioren" zu einer Versammlung zusammenzutrommeln. Eines seiner "Kronargumente" war eben die 1975-These, die er nach allen Regeln der Kunst verteidigte. Kritische Einwände dazu, wurden von ihm mit Brachialgewalt niedergebügelt. Nur ein "Highlight" diesbezüglich. Franke registriert sehr wohl Vorbehalte gegen die 1975-These. Ihm ist bewusst, dass es da welche gebe, die auch auf die von der WTG publizierten These von der "unbekannten Lebenszeit Adams in Eden", die man möglicherweise hinzuzählen müsse, verweisen. Das ist für Franke kein Argument. Er argumentiert. Noah habe nur sieben Tage gebraucht um alle Tiere in die Arche zu bekommen. Ergo, so Franke, könne Adam auch nicht viel mehr Zeit für seinen Auftrag den Tieren Namen zu geben, gebraucht haben. Ergo, so Franke, bemesse sich diese Verzögerung in Tagen, aber keinesfalls in Jahren. Und als Quintessenz seines Vortrages wollte Franke die Forderung verstanden wissen. Jede Zeugen Jehovas-Familie möge einen "Pionier" aus ihren Reihen stellen. Also Aufopferung hoch zehn für die WTG!

Kehren wir zum 1915-Bericht zurück. Weiter wird dort ausgeführt:

"Der Wachtturm hatte allerdings während zwei Jahren vorher darauf aufmerksam gemacht, daß die große Verwirklichung unserer Hoffnung wahrscheinlich nicht in dieser Zeit stattfinden würde. Nichts destoweniger ließ der inbrünstige Eifer im Dienst der Wahrheit viele der Brüder bis zur Grenze ihres Vermögens gehen. Und während des vorhergehenden Jahres hatte das Photo-Drama der Schöpfung den Brüdern so sehr den Eindruck einer göttlichen Vorsehung gemacht, um die Wahrheit zu verbreiten, daß dies irgendeinen Verlust in den Erwartungen bezüglich der Zeit reichlich ersetzte."

So, nun weiß man's. Der Lichtbildervortrag "Photo-Drama der Schöpfung" war der Trostbonbon. Wie die Bilder sich doch gleichen. Als Rutherford's 1925-These gleichfalls den Bach heruntergeschwommen war, ließ er der staunenden Anhängerschaft verkünden, für die erwarteten "demnächst" auferstehenden "alttestamentlichen Überwinder", werde schon mal vorsorglich eine würdige Heimstatt "Beth-Sarim" errichtet. Da man ein solches luxeriöses Gebäude schlechterdings nicht im Dauerzustand leerstehen lassen könne, ziehe er, Rutherford, als "Verwalter" dort schon mal ein. Seine Nachfolger, peinlich berührt, verkauften nach Rutherford's Tod jenes Etablissement. Auch ihnen musste ein Trostbonbon geboten werden. Sie sollten ihn auch bekommen. Die WTG-Funktionäre wären nunmehr die "Fürsten" ließ man verkünden, dieweil die ursprünglich erwarteten weiter in ihren Gräbern vermoderten.

So wird auch weiterhin auf der Klaviatur der Einfältigkeit gespielt. Und offenbar hat dieses Geschäft bis heute immer noch geklappt!

Unbußfertig

Noch etwas sei aus dieser "Wachtturm"-Ausgabe zitiert. Diesmal kommentarlos. Diese seinerzeitigen Ausführungen sprechen auch so für sich:

"Kürzlich hörten wir von einem Kolporteur, der einige Bedenken hatte in bezug auf den ("Schriftstudien") Verkauf, weil darin das Jahr 1914 erwähnt sei, und der darum mit dem Verkauf des Photo-Drama-Buches angefangen hatte. Wir glauben, daß der Bruder die Sache verkehrt angesehen hat. Die Schriftstudien sind keine Prophezeiungen. Die Tatsache, daß unsere Erwartungen hinsichtlich der 'Verwandlung' im Jahre 1914 nicht in Erfüllung gingen, bedeutet nicht, daß die Prophezeiung fehlging. Unsere Leser sollten wissen, daß wir nichts prophezeit haben. Wir haben über die Prophezeiung nur unsere Meinung zum Ausdruck gemacht, samt anderen Gründen, mit Hinweis auf Kapitel und Vers. Nichts in der Bibel sagt uns ausdrücklich, daß die Herauswahl im Herbst des Jahres 1914 verherrlicht werden würde. Der Verfasser der Schriftstudien hat es allerdings als seine Ansicht erklärt, daß die Herauswahl (Kirche) zu der Zeit verherrlicht sein würde, und hat gleichzeitig seine Gründe hierfür angegeben.

Da nun das Datum vorbei ist und die Herauswahl noch nicht verherrlicht ist, empfindet er keinerlei Enttäuschung. Er hat die ganze Zeit nur den Wunsch gehabt, daß des Herrn Wille geschehen möchte, und nichts anderes. Was die Heilige Schrift deutlich zu lehren schien, und was wir fest zu behaupten suchten, war, daß, soweit die biblische Chronologie zeigt, die Zeiten der Heiden (Nationen) mit dem Herbst des Jahres 1914 zu Ende gehen würden. Vor einiger Zeit wiesen wir darauf hin, daß dieses Zuendegehen der Nationen nicht so zu verstehen sein dürfte, daß die Weltreiche da schon ihren Besitz verloren haben würden, sondern daß sie von da an erst abgesetzt werden würden.

Der Weltkrieg scheint der Anfang des Endes der Zeiten der Heiden zu sein. Anstatt uns zu schämen, oder entmutigt zu sein, ist das Gegenteil der Fall.

Es ist nicht nötig, etwas zu drucken und es in die Bücher hineinzulegen und zu sagen, daß sich unsere Erwartungen hinsichtlich der 'Verwandlung' der Herauswahl (Kirche) vor Oktober 1914 nicht erfüllt hätten, denn verständige Leute brauchen keinen solchen Hinweis. Sie würden von selbst sehen, daß dieser Gedanke oder die Erwartung nicht in Erfüllung ging. Sie würden aber sehen, daß die auf das prophetische Wort gegründeten Erwartungen jetzt in Erfüllung gehen. Wir befinden uns in den Tagen des Menschensohnes. Die Nationen sind zornig, und bald wird sein Zorn hereinbrechen. Dann werden die verschiedenen anderen Schritte an der Zeit sein, die weiter führen zur vollen Verwirklichung des großen Segens des Messianischen Königreiches. Wir raten den Kolporteuren und anderen darum, sich nicht durch irgendein Mißverständnis oder falsche Scham daran hindern zu lassen, die einzige Literatur zu verbreiten, die einen genauen und vernunftgemäßen Bericht darüber bringt, welches Programm die Bibel aufweist, und wie sie im voraus die Erfahrungen der Welt angedeutet hat, die bereits über uns hereingebrochen sind."

Noch ein Trostbonbon

Der "Wachtturm" 1916 (S. 32) notiert noch:

"Im englischen Wachtturm vom 15. Juli lesen wir unter dieser Überschrift 'Denn kommen wird es, es wird nicht ausbleiben' folgendes (von der Hauptversammlung in Californien vom 7. Juni:

Frage. - Was bedeutet Habakuk 2, 3? 'Denn das Gesicht geht noch auf die bestimmte Zeit, und es strebt nach dem Ende hin und lügt nicht. Wenn es verzieht, so harre sein: denn kommen wird es, es wird nicht ausbleiben.'

Es möchten verschiedene Zeiten geben, wo wir mehr zu sehen erwarten würden, als wir sähen. Wir mögen erwartet haben, um diese Zeit mehr Trübsal in der Welt wahrzunehmen. Das Jahr 1915 ist mehr als halb vorbei, und ich bezweifle sehr, daß wir alles sehen werden, was wir für dieses Jahr erwartet haben. Es sieht so aus, als ob wir den Versuch machten, die Erfüllung des Gerichtes zu beschleunigen.

Das Gesicht geht aber noch auf die bestimmte Zeit; und wir sollen nicht daran irre werden. Wir überlassen uns der göttlichen Anordnung.

Es war nicht Gottes weg, daß im Oktober 1914 alles mit einem Male losgehen sollte. Ich weiß nicht, wie viel von jetzt bis zum Oktober noch passieren kann. Wenn ich raten sollte, so wüßte ich nicht, wie ich annehmen könnte, daß von jetzt bis zum Oktober 1915 unsere Erwartungen in Erfüllung gehen könnten. Ich hoffe, daß es der Fall sein wird. Ich werde länger als bis zum Oktober warten, wenn es nötig ist. Das Gesicht ist zuverlässig. Alle diese segensreichen Dinge werden mit Bestimmtheit kommen; es ist nur eine Sache seiner Zeit und unseres Verständnisses seiner Zeit. Wenn Du und ich den Hauptbestandteil dieser ganzen Sache völlig erfaßt haben, sind wir sicherlich der Erfüllung nahe.

Es war ein sehr genaues Treffen, daß diese große Zeit der Drangsal nahe Oktober 1914 begann; und sie schreitet jetzt mit großer Geschwindigkeit fort. Keine der Gebete, daß sie aufhören möchten, werden erhört. Wenn die Zeit des Weltkrieges bloß erraten worden wäre, so wäre das sicherlich ein großer Treffer gewesen. Es wäre ein Wunder gewesen. Wir sind sehr nahe gekommen, auch wenn wir den Zeitpunkt auch nicht ganz getroffen haben."

"Notwendige" Prüfung

Unter der Überschrift "Das Vorübergehen des letzten chronologischen Zeitpunktes eine Prüfung" konnte man im "Wachtturm" 1916 (S. 76) lesen:

"Während der Ernte dieses Evangeliumzeitalters hat der Herr durch sein Wort sein Volk gleichsam nach vier verschiedenen Zeitpunkten hin gesandt - 1874, 1878, 1881 und 1914.

An jedem dieser Zeitpunkte haben die wachenden Heiligen, welche glaubten, daß das Ende des Zeitalters über die Kirche gekommen war, gedacht, daß die 'Verwandlung' kommen würde. Sie schauten danach aus. Als sie an jedem dieser Zeitpunkte anlangten, sagte aber der Herr: 'Gehe von da weiter.' Schließlich erreichten sie den letzten dieser vier Orte - den 1. Oktober 1914. Dies war der letzte Zeitpunkt, den uns die Zeitrechnung der Bibel hinsichtlich der Erfahrungen der Kirche andeutete.

Hat uns der Herr gesagt, daß wir da hinweggenommen würden? Nein! Was hat er uns gesagt? Sein Wort und die Erfüllung der Weissagung scheinen unfehlbar anzuzeigen, daß dieses Datum das Ende der Zeiten der Nationen bezeichnete. Wir folgerten daraus, daß die 'Verwandlung' der Herauswahl an oder vor jenem Datum stattfinden würde. Er ließ es zu, daß wir jene Schlußfolgerung zogen; und wir glauben, daß sich dies überall als eine notwendige Prüfung für die geliebten Heiligen Gottes erwiesen hat."

1916er Rückblick zur Zeugen Jehovas Geschichte

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