Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Bischof Ussher

Anlässlich seines Auftrittes vor örtlichen Funktionären der Zeugen Jehovas in Hamburg, im Jahre 1968, legte der seinerzeitige deutsche Zweigdiener Konrad Franke, auch großen Wert auf die 1975-Verkündigung. Besonders angelegen ließ er es sich sein, kritische Einwände gegen sie zu "zerstreuen". Das damals aktuelle WTG-Buch "Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes" war ihm dafür der entsprechende Aufhänger. Franke versuchte seine Zuhörer auch damit zu beeindrucken, dass er darauf verwies, dass man in der (damaligen) WTG-Zentrale Wiesbaden Sonderschichten gefahren habe mit der Zielstellung, eben jenes Buch so schnell wie möglich den Zeugen Jehovas zur Verfügung zu stellen. Und dies nicht etwa, so Franke, damit dieses Buch in den Bücherschränken der Zeugen Jehovas "einstauben" könne. Dazu habe man sich die zusätzlichen Überstunden nicht aufgehalst. Es sollte verbreitet werden, und zwar umfassend. Und Franke meinte seinen Zuhörern auch einen besonders triftigen Grund nennen zu können, weshalb dies so sein soll. Und dieser Grund war die darin auch enthaltene 1975-Verkündigung.

Franke ließ es sich auch angelegen sein, aus jenem Buch zu zitieren. Besonders mit der erklärten Zielstellung, kritische Vorbehalte gegen die 1975-Verkündigung zu zerstreuen. Ein vermeintlicher Argumentationstrumpf von Franke war in diesem Zusammenhang auch die in jenem Buche enthaltene Passage über James Ussher, der da einstmals berechnet hatte, 6000 Jahre Menschheitsgeschichte würden erst 1996 beendet sein. Jetzt kam Franke so richtig in Fahrt. Wer die Chance hatte, sich einmal die diesbezügliche Kassetenaufzeichnung seines Vortrages anzuhören, wird dies sicher bestätigen können. Triumphierend zitiert Franke dann weiter jenen Absatz aus dem genannten WTG-Buch, wo ausgeführt wurde, dass seit den Tagen Usshers weitere, genauere Bibelstudien durchgeführt wurden. Und aufgrund dieser "genaueren" Bibelstudien wisse man, das Ussher mit seinem Datum 1996 schief liege. 1975 wäre es, und dies sage dieses WTG-Buch, das breitmöglichst verbreitet werden soll auch ganz klar. Ein etwaiger Zeuge Jehovas, der bei diesen Ausführungen, aus Protest den Saal verlassen hätte, ist nicht bekannt. Wohl aber jene Anwesenden die Franke Beifall klatschten.

Heute kann man die Sache eigentlich abgeklärter sehen. Sowohl 1975 als auch 1996 gehören der Vergangenheit an. Diese Vergangenheit ist allerdings bislang unvollständig dargestellt worden. Zum vollständigen Bild gehört auch das noch hinzuzufügen, was bereits Russell zum Fall des Bischof Ussher geäußert hatte. In der Märzausgabe 1914 des "Wachtturms" war das zu lesen. es sei hier noch einmal zitiert:

"(Auf Wunsch veröffentlichen wir hier einen Artikel, der im englischen Wachtturm bereits in der Nummer vom 1. Oktober 1907 erschienen ist und in der Nummer vom 15. Dezember 1913 nochmals abgedruckt wurde). Ein lieber Bruder fragt: können wir absolut sicher sein, daß die in den Schriftstudien enthaltene Chronologie richtig ist - daß das Erntewerk im Jahre 1874 begonnen hat und im Jahre 1914 n. Chr. in einer weltumfassenden Drangsal, in der alle gegenwärtigen Einrichtungen gestürzt werden, enden wird, und daß auf diese Drangsal die Herrschaft der Gerechtigkeit des Königs der Herrlichkeit und seine Herauswahl folgen wird?

Unsere Antwort - wie wir sie auch häufig in den Schriftstudien und im Wachtturm, sowie mündlich und schriftlich dargelegt haben ist: Wir haben niemals behauptet, daß unsere Berechnungen unfehlbar seien. Wir haben niemals gesagt, daß dieselben sich auf Wissen, auf unbestreitbare Beweise, Tatsachen oder Erkenntnis gründen. Wir haben vielmehr stets darauf bestanden, daß sie sich auf Glauben gründen. Wir haben die Beweise, sowie die Schlußfolgerungen des Glaubens, den wir aus den Beweisen herleiten, so klar wie möglich dargetan, und haben einem jeden anheimgegeben, so viel oder so wenig davon anzunehmen, wie sein Herz und sein Kopf zu fassen vermag.

Möglicherweise haben einige, die die Schriftstudien gelesen haben, unsere Schlußfolgerungen nachdrücklicher vertreten, als wir selbst. Wenn dem so ist, so ruht die Verantwortlichkeit bei ihnen selbst.

Wenn unsere Chronologie nicht zuverlässig ist, so wissen wir nicht, wo wir sind und wann der Morgen kommen wird. Bischof Ussher's Chronologie bezeichnet als das Ende der 6000 Jahre seit Adam einen fast ein Jahrhundert später liegenden Zeitpunkt. Damit zerstört sie jede prophetische Anwendung, die wir gesehen und von der wir Nutzen gezogen haben.

Aber laßt uns einmal einen Fall annehmen, der zwar unsern Erwartungen durchaus entgegengesetzt ist: Angenommen, das Jahr 1915 geht vorüber, die Weltlage ist ruhig, und die Tatsache ist offenbar, daß die 'Auserwählten' noch nicht alle 'verwandelt' sind und die Wiederherstellung des Natürlichen Israels zur göttlichen Gunst unter dem Neuen Bunde … noch aussteht, was dann? Würde damit unsere Chronologie nicht als falsch erwiesen sein? Gewiß! und würden wir damit nicht eine bittere Enttäuschung erfahren? Allerdings!

Ein solcher Fall würde in alle unsere Berechnungen eine unheilbare Bresche schlagen - in die Berechnungen der parallelen Zeitverwaltungen, der 'Zwiefachen' Israels, der Jubeljahre, der Prophezeiungen hinsichtlich der 2300 Tage Daniels, der Zeitepoche, die als 'die Zeiten der Nationen' bezeichnet wird, der 1260 und 1290 Tage, sowie der 1335 Tage, welche dadurch, daß sie den Anfang der Erntezeit bezeichnen, die bezügliche Voraussage so treffend erfüllen. … Alle diese Berechnungen würden für uns ihren Zweck verloren haben. Welch ein Schlag wäre das? Eine der Saiten unserer 'Harfe' würde gesprungen sein!

Nichts destoweniger, geliebte Freund, würde unsere Harfe noch alle anderen wohlgetönten Saiten haben, und dessen könnte sich keine andere Vereinigung von Kindern Gottes auf Erden rühmen. Wenn es sich daher, Geliebte herausstellen sollte, daß unsere Chronologie ganz verkehrt ist, so könnten wir doch sagen, daß wir viel auf mancherlei Weise Nutzen von ihr gehabt haben. wenn die Erlangung unserer glorreichen Hoffnung und unserer gegenwärtigen Freude im Herrn uns eine solche Enttäuschung kosten sollte, wie unsere Freunde fürchten, so sollten wir uns freuen und den empfangenen Segen als nicht zu teuer bezahlt erachten.

Wenn der Herr es zur Aufrüttelung der 'Jungfrauen' für notwendig erachtet, daß auf der Zeittrompete ein falscher Ton geblasen wird, so laßt uns die Enttäuschung freudig hinnehmen als zu dem 'alles' gehörend, daß denen, die Gott lieben, zum Guten dienen muß.

Wir hörten kürzlich von einem lieben Ehepaar, das ein kleines Kind hat, welches es, wie es auch richtig ist, zärtlich liebt. Und wir hörten weiter, daß der Mutter des Kindes ein großer Schrecken eingejagt wurde, indem einige Schwestern ihr sagten, daß es ein Schmach sei, Mutter zu sein angesichts der bevorstehenden großen Umwälzungen. Wir glauben, daß die lieben Schwestern einen Fehler gemacht haben. Sie haben natürlich das Recht, ihre Meinung für sich zu haben und ihr Leben so einzurichten, wie es nach ihrem besten Ermessen dem Willen des Herrn entspricht. Aber sie haben nicht das Recht, andere zurechtweisen, weil sie in der betreffenden Angelegenheit eine andere Meinung als sie haben."

1914er Rückblick zur Zeugen Jehovas Geschichte

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