Wissen Sie?

Im Jahre 1910 begann die WTG neu mit der Verbreitung einer Traktatserie genannt "Die Volkskanzel". Aus den Ausgaben vom Januar 1910 (Nr. 1) und Oktober 1910 (Nr. 4) sei einmal etwas näher zitiert.

Die Januarausgabe macht gleich mit einer Fragestellung auf, die so sicherlich auch andere religiöse Kreise bewegt. Mein Kommentar. Man will etwas "erzwingen" und glaubt es zu können. Andere in Form ihres Jenseitsglaubens, die Bibelforscher in Form ihrer handfesten materiell orientierten Endzeiterwartungen.

Die Überlegung, dass etwas mehr Bescheidenheit bei der angeschnittenen Frage gut getan hätte, wird grundsätzlich ignoriert. Man glaubt felsenfest: "Wir wissen es". Wußten sie es wirklich? Der Leser mag sich die Frage selbst beantworten.

In der Januarausgabe liest man:

"Wir fangen damit an, unsern glaubenslosen Freunden, die sich ihrer unbeschränkten Freiheit des Denkens rühmen, die Frage vorzulegen: Was sagt ihr 'Freidenker' auf unsere Frage: 'Wo sind die Toten?' Sie antworten: 'Wir wissen es nicht.' Wir möchten an ein zukünftiges Leben glauben, wir haben aber keinen Beweis dafür. Da uns dieser fehlt, so sind wir zu der Überzeugung gekommen, daß der Mensch stirbt wie das unvernünftige Tier. Wenn euch unsere Schlußfolgerung enttäuscht hinsichtlich eurer Erwartung und Aussichten von Freuden für die Heiligen, so sollte sie sicherlich für alle ein Trost sein, was die große Mehrheit unseres Menschengeschlechts betrifft, die ohne allen Zweifel viel besser daran wäre, so tot zu sein wie das unvernünftige Tier, als in Qualen aufbewahrt zu werden, wie man allgemein glaubt."

Wir danken unserm ungläubigen Freunde für die höfliche Antwort, haben aber das Gefühl, daß sie uns noch nicht befriedigt, weder unsern Verstand noch unsere Herzen; beide rufen aus, daß es ein zukünftiges Leben geben muß oder geben sollte, daß Gott den Menschen mit Kräften des Verstandes und des Herzens ausgerüstet hat, soviel höher als diejenigen des Tieres, so daß sein Vorrang in dem Göttlichen Plane erwartet werden sollte. Zudem würde die Kürze des gegenwärtigen Lebens, die Tränen, Sorgen, Erfahrungen und Lektionen, fast alle wertlos und unnütz sein, es sei denn, daß es ein zukünftiges Leben gibt - eine Gelegenheit, von diesen Lektionen Gebrauch zu machen.

Wenn Sie die katholische Lehre hierüber noch eingehender kennen lernen möchten, so verweisen wir Sie auf die Schriften eines unserer großen katholischen Schriftsteller, den bekannten Dichter Dante, ein treuer Katholik, einstmaliger Abt, der mit allen Rechten der Kirche in einem Kloster gestorben ist. Dantes Gedichte über Himmel, Fegfeuer und Hölle beschreibt in drastischer Weise die Qualen des Fegfeuers, so wie wir die Sache verstehen."

Hier schon unterliegen die Bibelforscher einem Zirkelschluss. Es ist richtig, was über Dante ausgesagt wurde. Jetzt kommt aber das große Aber. Dante hat lediglich künstlerisch verfremdet das wiedergegeben, was in einer Quellenschrift des Christentums, der "Offenbarung des Petrus" davor schon niedergeschrieben war. Man kann förmlich den Einwand der Bibelforscher mit Händen greifen. "Offenbarung des Petrus"? Wir kennen in unserer Bibel nur die Offenbarung des Johannes. Letzteres stimmt zwar auch; die Petrusapokalypse wurde nicht in den Bibelkanon aufgenommen. Gleichwohl sie existiert. Und ist heute noch nachlesbar (etwa in der Ausgabe von Pfabigan und andere).

Hier setzt nämlich schon die dogmatische Grundvoraussetzung der Bibelforscher und anderer christlicher Kreise ein. Was unbequem ist, wurde als "apokryph" abgestempelt. Und die nicht mit diesem Odium versehenen christlichen Quellschriften gar noch überhöht als von "Gott inspiriert." Dies ist die Unredlichkeit des Christentums und die Bibelforscher machen da keine Ausnahme.

Kommen wir zur Oktoberausgabe 1910 der "Volkskanzel". In ihr liest man:

"Wissen Sie, daß die Prophezeiung Daniels 'die Zeit des Endes' besonders kennzeichnet? Es heißt dort: Zur Zeit des Endes (1.) werden viele hin und herlaufen; (2.) und die Erkenntnis wird sich mehren; (3.) die Verständigen ('Jungfrauen') werden es verstehen; (4) und keine der Gottlosen (nicht 'geistig Gesinnte') werden es verstehen (5.) und in jener Zeit wird Michael (Christus) aufstehen (zu regieren anfangen); (6.) und es wird eine Zeit der Drangsal sein, dergleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht (Dan. 12,9. 4. 10.1).

Wissen Sie, daß nach der Schrift die oben erwähnte 'Zeit des Endes' im Jahre 1799 begann und bis zum Jahre 1915 dauert?

Wissen Sie, daß im Jahre 1799, also am Anfang der 'Zeit des Endes' Mitteilungen am schnellsten zu Pferd überbracht wurden, während jetzt durch Fernsprecher und Telegraphendrähte Städte verknüpft, Nationen und Erdteile verbunden sind?

Wissen Sie, daß das erste brauchbare Dampfschiff im Jahre 1806 erbaut wurde und die erste Lokomotive 1831?

Wissen Sie, daß der große christliche Philosoph, Sir Isaac Newton (1727 gestorben), einmal diese Prophezeiung studierte, und auf Grund derselben sagte: 'Mich sollte es nicht wundern, wenn die Menschen eines Tages mit einer Geschwindigkeit von 50 (englischen) Meilen die Stunde reisen würden?'

Wissen Sie, daß Voltaire der große ungläubige Philosoph (1778 gestorben, als schon viel mehr über die Kraft des Dampfes bekannt war), voll Verachtung über diese Prophezeiung Gottes erklärte, daß sie aus Sir Isaac Newton einen Narren gemacht habe?

Wissen Sie, daß wir alle das vorher verkündigte 'Hin- und Herlaufen' erfüllen, wenn wir mit dem Dampfer, der Eisenbahn, dem elektrischen Wagen usw., allenthalben hinfahren?

Wissen Sie, daß im Jahre 1784 Freischulen als Sonntagsschulen eröffnet wurden, und zu Anfang 'der Zeit des Endes', 1799 Erkenntnis sich zu mehren begann?

Wissen Sie, daß nicht eine einzige der nunmehr vielen und großen Bibel- und Traktat-Gesellschaften vor 1804 gegründet wurde, weil erst da Lesestoff anfing, mehr für die Massen in Gebrauch zu kommen.

Wissen Sie, daß Gott verheißen hat, daß in dieser 'Zeit des Endes', in welcher wir leben, die Weisen in Gott - nicht die Weltweisen - das bislang Verborgene Seines Planes und Wortes verstehen sollen? (1. Kor. 3, 18-20: Mat. 25, 1.2).

Wissen Sie, daß die Vertreibung der Juden aus allen Nationen und das sich niederlassen in Palästina ein weiteres Merkmal vom Schluß des christlichen Zeitalters und von der Morgendämmerung des Milleniums ist? (Jer. 16, 15; Röm. 11, 25-32).

Wissen Sie, daß nach biblischer Chronologie bereits 6000 Jahre der Weltgeschichte verflossen sind, - daß das 7te Jahrtausend des Milleniums der Herrschaft Christi ist - daß die gegenwärtige Zeit, von 1875 bis 1915, die Übergangsperiode ist, die in der Schrift die 'Ernte' dieses Zeitalters genannt wird, in welcher die Zahl der Herauswahl (Kirche) vollendet wird, - und daß dann das Millenium-Zeitalter mit 'großer Drangsal' (Anarchie usw., wiederholt in der Schrift genannt) hereinbrechen wird, welche Trübsal die wirtschaftlichen Verhältnisse ebnen, den Hochmut dämpfen und den Weg bereiten wird für Immanuels lang verheißenes Königreich 'unter dem ganzen Himmel'?

Wissen Sie, daß diese Trübsal sozialistisch und endlich anarchistisch sein wird, und daß, nach der Schrift, schließlich alle Reiche der Welt fallen werden in Vorbereitung für Christi tausendjähriges Königreich?"

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"Wenn Du den Halys (Fluss zwischen Lydien und Persien) überschreitest, wirst Du ein großes Reich zerstören." Dazu Lukian von Samosta (120 bis 180 u. Z.)

"Sprich mir nicht von den Orakeln, mein Bester, oder ich werde dich fragen, an welches du dich am liebsten erinnern lassen willst: ob an das, dass der delphische Apollo dem Könige von Lydia gab und das so doppelgesichtig war wie gewisse Hermon, die einem das Gesicht zuwenden, man mag sie nun von vorn oder von hinten betrachten - denn wie wusste nun Krösus, ob er nach dem Übergang über den Fluss Halys das Reich des Cyrus oder sein eigenes zugrunde richten würde? Und gleichwohl bezahlte der unglückliche Fürst diesen doppelsinnigen Vers mit vielen Tausenden." Indem nach Anfangserfolgen sein eigenes Reich zerfiel und somit zerstört wurde.

1910er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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