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Geschrieben von Drahbeck am 07. Juli 2004 15:42:54: Als Antwort auf: Re: Falls es hier immer noch jemanden interessiert geschrieben von Ottonio am 07. Juli 2004 12:17:38: Zu dem von Ottonio mit genannten Tertullian vielleicht noch ein paar Ergänzungen.
Nicht direkt in Beziehung zum Thema stehend, aber doch indirekt. Für die WTG ist Tertullian auch dergestalt interessant, dass sich bei ihm eine Ablehnung des Essens von Blutwurst nachweisen lässt, wovon auch der nachstehende Auszug aus seinem "Apologetikum" kündet:
Gleichwohl wird grosskirchlicherseits Tertullian als derjenige bezeichnet, der zuerst den Begriff "Trínität" als festem kirchliches Dogma in den kirchlichen Sprachgebrauch einführte. Das wiederum passt der WTG nicht so recht, und sie bemüht sich das nach Kräften wegzuerklären. Aus seinem "Apologetikum" ein paar Auszüge, entnommen der Edition
"Bibliothek der Kirchenväter". Wir beten allezeit für alle Kaiser um ein langes Leben, um eine ungestörte Herrschaft, um die Sicherheit ihres Hauses, um tapfere Heere, einen treuen Senat, ein rechtschaffenes Volk um die Ruhe des Erdkreises und welche Wünsche sie immer als Mensch und als Kaiser haben mögen. ... Die Christen gelten also deshalb für Feinde des Staates, weil sie den Kaisern keine sinnlosen, lügenhaften und vermessenen Ehrenbezeugungen zollen, weil sie als Anhänger der wahren Religion auch die Festlichkeiten des Kaisers mehr im Herzen als durch Ausgelassenheit feiern.... Wir werden aber auch noch auf einen anderen Titel hin der widerrechtlichen Schädigung
angeklagt: man sagt, wir seien unnütz für das geschäftliche Leben. Wie? Leute, die mit
euch zusammenleben, Leute von derselben Lebensweise, Kleidung, Einrichtung und denselben
Bedürfnissen des Lebens? ... Worum ging es Tertullian? Einmal doch wohl um ein spartanisches Leben, auch gesponsert
aus der Endzeit-Naherwartung. Auf die Neuzeit übertragen: Der Hitlergruß hätte in ihm
einen scharfen Widersacher gefunden. Er hielt auch nichts von der römischen Philosophie
"Brot und Spiele"; verwahrt sich strikt dagegen, etwa Zirkusveranstaltungen und
ähnliches als Christ zu besuchen. Seine mit zu nennende Schrift "Vom Kranze des
Soldaten", ist meines Erachtens indes KEIN Beleg, einer prinzipiellen
Wehrdienstgegnerschaft. Vorbehalte hatte er ohne Zweifel. Menschenverherrlichung ist ihm
zuwider. Aber er sagt auch, wie zitiert "Tun mit euch Kriegsdienst". Ihn daher
zum Ahnvater der Kriegsdienstverweigerer zu küren, erscheint angesichts dessen etwas
deplatziert. Seine Anfälligkeit für allerlei Datenspekulationen, kann man auch dem nachfolgenden Textausriss entnehmen .
Im 5. Jahrhundert war es dann einem Papst noch vergönnt, die Schriften des Tertullian in die Liste der verbotenen Literatur zu setzen. Ein Zeichen dafür, dass die jetzt schon total verweltlichte Kirche nicht mehr die Hinweise auf eine gewisse Distanz zum Staat, aus der Zeit des Urchristentums, ertragen konnte. Da Tertullian auf die montanistische Endzeit-Naherwartungslinie eingeschwenkt war,
stellte es für ihn auch keinen Bruch dar, sich auch auf jene Schriften aus der Periode
des Frühchristentums zu berufen, welche die siegreiche Catholica nicht mehr gebrauchen
konnte und denen sie daher die Aufnahme in den Bibelkanon verwehrte. Es ist somit ein Paradebespiel dafür, dass offenbar Licht und Schatten mehr als kräftig vermengt waren, und dass eine Interessegeleitete Vermarktung durch Gruppen in der Neuzeit, mehr als fragwürdig ist. |