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Geschrieben von Drahbeck am 24. November 2003 09:05:17: 70.000 von insgesamt 110.000, die ins Konzentrationslager Stutthof, in der Nähe von Danzig eingeliefert wurden, überlebten dieses Vernichtungs-Konzentrationslager nicht. Eine junge Frau, die im Mai 1944 auch in jenes Lager verbracht wurde, berichtet unter anderem, wie sie auf der Lagerstraße Gruppen von Menschen begegnet sei, die in der Illusion gewiegt wurden, sie kämen nun in einen Duschraum. Da kamen sie zwar auch hin, jedoch anstatt Wasser strömte Zyklon-B-Gas zu deren Ermordung in den Raum. Jene Frau berichtet weiter. Das alles konnte man nur überstehen, wenn man selbst abstumpfte. Wer besonders sensibel war und das nicht konnte, auch dessen Lebenstage waren gezählt. Jene Frau berichtet weiter, man ahnt es schon, sie gehört zu den Zeugen Jehovas, dass sie eine Mitgefangene hatte, namens Rosa Alpermann, die ihr gegenüber äußerte: Sie werde die berüchtigte Abschwörungserklärung unterschreiben, um aus diesem Lager wieder herauszukommen. Als es dann soweit wieder einmal war, dass den Zeugen Jehovas die Abschwörungserklärungen vorgelegt wurden, da ergab es sich, dass erst Hermine Koschnieder, spätere verheiratete Hermine Schmidt, zu erst an der Reihe war. Und sie sagte: Nein. Die SS darüber erbost, schmiss die Zeugen Jehovas aus dem Büro heraus, ohne dass Rosa Alpermann eine Chance bekam, ihr Vorhaben in die Realität umzusetzen. Eine weitere Zeugin Jehovas, die in diesem Lager so etwas ähnliches wie die Position einer Blockältesten innehatte, sollte auch auf dem weiteren Schicksalsweg der Hermine noch ihre Begleiterin sein. Einschließlich auf den Seeuntüchtigen Schiffen, auf die seitens der SS die Zeugen Jehovas letztendlich verfrachtet wurden. Kalkül der Nazis dabei war. Kein KZ-Gefangener sollte möglichst in die Hände der anrückenden alliierten Militärstreitkräfte geraten. Wenn es nicht mehr anders ginge, dann sollten sie lieber auf offener See versenkt werden, um ihre Leichen nicht den Alliierten sichtbar werden zu lassen. Auch da hatte unsere Berichterstatterin noch Glück im Unglück. Sie berichtet, wie in den überfüllten Schiff Tote und Halbtote (also auch solche die noch einen Funken Leben hatten) gnadenlos über Bord geworfen wurden. Auch ihre Begleiterin, zog sich dabei Typhus zu und hat nicht überlebt. Hermine hatte mehr Glück. Sie hat überlebt. Auch in ihrer Lagerzeit ab Mai 44 blieb ihr schlimmes nicht erspart. Dennoch hat man zu sagen. Sie hatte auch da Glück im Unglück. So gelang es ihr, nach einer gewissen Zeit, mit Büroarbeiten als Stenotypistin beschäftigt zu werden. Im Vergleich zu den Arbeitsaufträgen, die andere Gefangene hatten, war das eine halbe relative Lebensversicherung. Die Tendenz, die Poppenberg immer auf seine zahlende Kundschaft schielend, verfolgt ist
klar. Seiner Klientel nach dem Munde reden. Dies wird auch mittels eines Zitates deutlich,
dass Poppenberg für so bedeutsam hält, um es auf dem Kassetten-Hüllentext ausdrücklich
zu zitieren: Indes hat Bettelheim noch mehr ausgesagt, was Poppenberg allerdings nicht zitiert: Nun muss man auch die Zeugen Jehovas den "Unpolitischen" zuordnen. Keine Frage. Sie unterschieden sich allerdings von den klassischen Unpolitischen im Sinne Bettelheims dadurch, das sie hochgradig ideologisiert waren (Endzeit-ideologisiert). In ihrer Vorstellung waren die Widerwärtigkeiten die sie zu erleiden hatten, auch nur ein Symptom der "Endzeit". Ob diese Ideologie jedoch stichhaltig ist, darüber verliert indes auch ein Herr Liebediener Poppenberg kein Wort. Bettelheim bescheinigt den Zeugen Jehovas weiter, auch das zitiert Poppenberg nicht: Leider haben diejenigen, die tatsächlich umgekommen sind, keine Chance heutzutage ihr Schicksal darzustellen. Diejenigen, deren Schicksalsweg indes etwas glimpflicher verlief (immer relativ gesehen) haben diese Chance. Und man kann sagen; auch im Falle Hermine Schmidt. Sie nutzen diese Chance. Das ist verständlich und soll auch nicht als Kritikpunkt verstanden werden. Der Kritikpunkt liegt auf einer anderen Ebene. Ein Filmemacher, wie Herr Poppenberg entscheidet. Er entscheidet; was
wird mitgeteilt und was nicht. Er hat sich entschieden nur einen Detailausschnitt aus der
Biographie der Hermine Schmidt darzustellen. Die Phase KZ Stutthof. Er versäumt es auch
nicht, seine Heldin kunstgerecht zu vermarkten. Nicht vermarkten hingegen tut er den
ideologischen Hintergrund auf Seiten der Zeugen Jehovas. Auch das ist verständlich;
jedoch letztendlich unbefriedigend.
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