Jeder kann bespitzelt werden


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 19. November 2003 19:24:00:

Soweit es die "Amtsbezeichnungen" für die Ältesten usw. anbelangt, hatte die WTG entschieden, dass diese in der DDR der Verbotszeit etwas anders lauteten als wie in der alten Bundesrepublik. Gleichwohl. So "grundlegend anders" waren die jeweiligen Strukturen nicht. Ein Beitrag in der CV 138 geht darauf mal etwas ein. Mir scheint, die Schlußfolgerung, die jene Ausführung zieht, war und ist wohl nicht "blos" auf die DDR beschränkt:

Eigentlich soll ja das wöchentliche Studium auftretende Probleme in einer liebevollen Atmosphäre klären. Ist dieses aber auch möglich? Nicht jede Frage ist für relativ fremde Personen bestimmt. In der intimen Umgebung eines Studiums, deren Mitglieder man unter Umständen seit Jahren kennt, wäre eine offene Diskussion möglich. Theoretisch - aber wie sieht es in der Praxis aus?
Die Versammlungs-Dienstordnung
Vor mir liegt die VDO (Versammlungs-Dienstordnung) 8/79. Thema: "Der organisatorische Aufbau einer Versammlung", "Eine Säule besteht aus. 4-7 Stl. (Studienleiter) einschließlich des Säulendieners. Der Verantwortungsbereich eines Säulendieners ist folgender: Über den geistigen und physischen Zustand aller Studienteilnehmer Bescheid zu wissen. Die Stl. werden ihn bei den BB (Brüderbesprechungen) und privat darüber informieren."

Nun, was heißt das? Der Studienleiter ist verpflichtet, Dinge, die aus dem normalen Rahmen eines Studiums fallen, an die Ältesten weiterzuleiten. Und wenn er das nicht macht? Dann ist er eigentlich kein richtiger Studienleiter! Wer wird denn Studienleiter?
Unter Punkt 4 lesen wir in derselben VDO:
"In die Studiengruppen der Ä (Ältesten) der Vs. (Versammlung) werden, wenn irgend möglich, schulungsfähige und willige Brüder als Teilnehmer zugeteilt, damit sie durch das Vorbild des A zu Stl. herangeschult werden."

Studienleiter müssen also willig sein:Willig, um Weisungen zu empfangen und weiterzuleiten, aber auch alles auszuplaudern, was vertraulich in einem Studium gesagt und gefragt wird! Wie hieß es noch?… durch das Vorbild des A… Ja, wie macht er es denn oder wie muß er es machen? Zu ihm hätte man ja evtl. auch noch Vertrauen, da er einem mehr oder weniger bekannt ist.

Doch lesen wir die VDO 5/79.
Thema: "Was sollte der Jahresbericht des DK (Dienstkomitees) enthalten?"
II. "Wie ist der Zustand der Vs. (Versammlung) und was wurde sonst getan!
(Von hier an zu jedem Punkt nur die Antwort.)"
Anm. von mir: Zu dem Punkt II sind 23 Unterpunkte, jeder muß beantwortet werden!
…15. Welche Ä und DAG (Dienstamtgehilfen) beteiligen sich nicht regelmäßig am H. z H.-Dienst (Haus zu Haus-Dienst)? Wie kann ihnen geholfen, daran tätig zu sein?
…22. Bestehen bei Dienern oder Stl. irgendwelche negativen Ansichten und was kann getan werden?
Jeder wird bespitzelt
Im Klartext: Jede Äußerung im Studium kann im Bericht des Dienstkomitees erscheinen und weitergeleitet werden! Jeder wird bespitzelt, auch Älteste. Z.B. wird im Punkt 23 gefordert: 23. "Wie werden die Besuche des Wbl. (Tarnbezeichnung: Wohnblockaufseher - entspricht dem Gebietsdiener) eingeschätzt?" Natürlich sollen auch seine Äußerungen eingeschätzt werden!
Ein Vorbild für die Treuen im Reden, im Wandel, in der Liebe… Kann in der Versammlung wirklich ein Geist der Liebe herrschen, wenn sich Brüder und Schwestern davor hüten müssen, ihre Gedanken zu äußern?


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