Geschrieben von Drahbeck am 16. Juni 2001 20:13:42:
Im Gästebuch auf meiner Webseite ist jetzt ein interessanter Neueintrag hinzugekommen.
Absender A. G. aus Berlin. Seines Zeichens, leiblicher Sohn von Frau Dr. Gabriele Y....
Herr G. machte es zur Auflage, dass sein Brief ungekürzt veröffentlicht wird. Dem wurde
entsprochen. Auch wurde der Gepflogenheit von Gästebüchern entsprochen, nur in
Ausnahmefälle die Worte der Gäste zu kommentieren. Also auch einen Kommentar dazu gibt
es an der fraglichen Stelle im Gästebuch nicht. Dennoch, ganz unkommentiert möchte ich
die Sache nicht lassen. Daher an dieser Stelle meine Anmerkung dazu Vorab erst mal den
Text des Schreibens von Herrn G. (an dieser Stelle der Übersichtlichkeit halber, doch
etwas mehr in Absätze gegliedert):
werter herr gebhard!
ihre berufung, gegen die verbreitung der zeugen jehovas vorzugehen kann ich gut
nachvollziehen und es treffen meiner meinung nach auch alle eigenschaften einer sekte auf
diese glaubensgemeinschaft zu von der unfehlbarkeit über die totalität und vom fast
pathologischen gemeinschaftssinn, der dem einzelnen kaum individualität läßt. aber was
ist ihr problem mit frau gabriele y...? ich habe mehrere ihrer bücher gelesen und kann
beim besten willen nicht nachvollziehen, wie sie ihre objektivität in frage stellen
können. ihr hauptvorwurf scheint doch der zu sein, daß sie auftragskommunikation
entwickelt, d.h. sie erstellt dossiers für zahlende kunden und daß auf juristische und
historische fakten basierend. sie selbst forcieren ihre eigene meinung, indem sie über
die auswahl ihrer quellen und zitate entscheiden, machen diese vorgehensweise aber frau y...
zum vorwurf.
ob scientologen oder daimler benz, ob zeugen yehovas oder mauerschützen, welchen
anwalt dieser interessengruppen wollen sie den heute noch mit einer moralkeule erschlagen.
das frau y... meine leibliche mutter ist, die unter völlig anderen umständen als sie es
beschreiben, die ddr verlassen hat beeinträchtigt meine objektivität nicht. ich bin
nämlich von ddr-behörden zwangsadoptiert worden und also nicht bei ihr aufgewachsen. die
wahren umstände sind bereits von diversen journalisten recherchiert worden (washington
post, cnn bis wdr bis spiegel tv) und auch ich habe meine stasiakte gründlich gelesen.
stellt sich also die frage, was bezwecken sie mit ihren persönlichem kleinkrieg?
wollen sie ihrem ziel, die strukturen der zeugen jehovas aufzuzeigen und die
totalitären einflüsse dieser sekte näherkommen, dann würde ich ihnen empfehlen
moralistische bedenken in den hintergrund zu stellen und bei dem zu bleiben, was sie genau
wissen. wenn sie also frau y... erst die religionswissenschaftliche kompetenz aberkennen
und dann einige zeilen später zum vorwurf machen wie in ihrem text zu ihrem buch
"weltreligionen in berlin", dann verspielen sie eventuell ihre glaubwürdigkeit.
und daß wäre schade, weil ich ihre seite sehr interessant finde.
sollten sie aber nich von ihrer rolle des moralapostels lassen können, dann widmen sie
doch einen teil ihrer zeit auch anderen "ehrlosen" werbeagenturen
rechtsanwälten, politikern, krankenversicherungen, journalisten, autoverkäufern,
staubsaugervertretern oder gleich der ganzen demokratie, die ja genau daß garantiert, was
sie anprangern. das meine ich ohne jeden zynismus, denn schließlich bin ich gerade bei
der vorbereitung einer kritischen diplomarbeit zum thema wahlkampf der hessen cdu unter
roland koch. nur eins weiß ich jetzt schon, moral oder das was sie darunter verstehen
wird mir dabei kein stück helfen. grüße von arne grahm
p.s. ich bin mit einer sinnentstellenden (auszugsweisen) veröffentlichung dieses
briefes nicht einverstanden und hoffe bei diesem punkt auf ihre moral
Dazu meine Anmerkung. Die familiären Verhältnisse von Frau Y... sind mir in der Tat
im Detail nicht bekannt. Daher war obiges Schreiben durchaus eine gewisse Überraschung.
Auch behaupte ich nicht, die Details des Wechsels von Frau Y... von Ost nach West (vor der
deutschen Wiedervereinigung) zu kennen. Ich weiß nur, dass Frau Y... selbst auf
öffentlichen Veranstaltungen diesen eingeräumt, ja fast sich seiner auch gerühmt hat.
Die entsprechende Videoaufzeichnung darüber, habe ich selbst gesehen.
Unabhängig von der von Herrn G. konzedierten Objektivität, ist es meines Erachtens
evident, dass er auf Grund seiner persönlichen Familiengeschichte, durchaus Partei ist.
Partei für Y....
Aber fangen wir etwas systematischer an. Das erste mal wo mir der Name Y... unangenehm
aufgestoßen ist, war bereits im Jahre 1996. Just zu jenem Zeitpunkt las ich von Frau Y...
in Heft 1/96 der religionswissenschaftlichen Zeitschrift "Spirita" einen
Aufsatz, worin sie unter Bezugnahme auf das Buch von Kurt-Helmuth Eimuth die geradezu
abenteuerliche These auf den Ententeich setzte, den Zeugen Jehovas drohe nun in
Deutschland die "dritte Verfolgung". Nach dem Hitlerregime und der DDR.
Einige Zeit später wurde ich via InfoLink erneut auf Y... aufmerksam. Diesmal
bezüglich ihres merkwürdigen Engagements in Sachen Scientology. Noch heute kann man
seitens der Scientologen dazu einen entsprechenden Pressetext im Internet nachlesen.
Selbiger nachstehend (gleichfalls ungekürzt):
PRESSEMITTEILUNG
10.08.1998ABSCHLUßVERANSTALTUNG ZUM EUROPÄISCHEN MARATHON FÜR RELIGIONSFREIHEIT"
IN FRANKFURT MIT TAUSENDEN VON MENSCHEN
REPRÄSENTANTEN VON RELIGIÖSEN MINDERHEITEN WOLLEN VON
DER BUNDES REGIERUNG TATEN GEGEN DISKRIMINIERUNG SEHEN
(FRANKFURT) Frankfurt war das Ziel eines von Scientologen organisierten 3.000 km langen
"Europäischen Marathons für Religionsfreiheit" zu Ehren des 50. Jahrestags der
"Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte". Nach einem Lauf durch acht
europäische Länder forderten Religionsrepräsentanten aus dem In- und Ausland bei der
Abschlußveranstaltung vor Tausenden von Menschen an der Frankfurter Alten Oper von der
Bundesregierung "endlich Taten gegen religiöse Diskriminierung in Deutschland".
Die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" muß eingehalten werden,
verlangten Redner von religiösen Minderheiten und Menschenrechtsorganisationen. Bloße
Lippenbekenntnisse reichten dazu nicht aus.
Erst am Freitag hatten über 50 Abgeordnete des amerikanischen Repräsentantenhauses eine
neue Resolution eingebracht, die Bonn wegen Diskriminierung aus religiösen Gründen
kritisiert.
Ausgelaugt nach ihrem über 3.000 km langen Lauf durch acht europäische Länder trafen
Ultra-Marathon-Läufer in der glühenden Mittagshitze an ihrem Zielort in der Frankfurter
City ein. Sie trugen die Flaggen ihrer Herkunftsländer und überbrachten als
Repräsentanten des "Europäischen Marathons für Religionsfreiheit" eine
symbolische "Fackel der Freiheit", die sie während der ganzen Strecke mit sich
führten. Auf einer großen Bühne an der Frankfurter Alten Oper wurden sie von über 20
Vertretern von verschiedenen Religionsgemeinschaften und Menschenrechtsorganisationen
willkommen geheißen. Mehrere Tausend Menschen nahmen an der Abschlußveranstaltung teil.
Die Läufer präsentierten auf der Bühne eine Proklamation zu Ehren des 50. Jahrestags
der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte". Während des sechs Wochen
langen Laufs durch acht europäische Länder wurde die Proklamation von Hunderten von
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterzeichnet. Darin wird Deutschland
aufgerufen, "als die führende Nation in Europa, ehrliche und wirksame Anstrengungen
zu unternehmen, um allen Formen der religiösen Diskriminierung innerhalb ihrer Grenzen
ein Ende zu setzen, wohl wissend, daß in neunzehn offiziellen Berichten von Regierungen
und Menschenrechtsorganisationen ein Klima der Intoleranz in Deutschland festgestellt
wurde".
Bei der interreligiösen Abschlußveranstaltung unterstützten Repräsentanten von
Religionen und Menschenrechtsorganisation aus dem In- und Ausland in Ansprachen diese
Forderung. Zu den Hauptrednern zählten der Amerikaner Irving Sarnoff, Gründer der
Vereinigung "Friends of the United Nations", der die Läufer des
"Europäischen Marathons für Religionsfreiheit" auf dem zweiten Teil ihrer
Strecke selbst durch die Länder Schweiz, Italien, Österreich nach Frankfurt begleitete,
um seine Unterstützung zum Ausdruck zu bringen. Zu den weiteren Hauptrednern zählten die
Berliner Religionswissenschaftlerin Dr. Gabriele Y..., Ellie G..., Leiter der Zentralen
Gemeinde für das orthodoxe Judentum in Deutschland, Dr. Mohammed Herzog, Vorsitzender der
Islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime und Freunde des Islam e.V. in Berlin
und Kurt Weiland, Vorstandsmitglied der Scientology Kirche International mit Sitz in Los
Angeles.
Weiland sprach in seiner Rede mit Blick von der Frankfurter Alten Oper auf das
nahegelegene Hauptgebäude der Deutschen Bank ein aktuelles Beispiel als Ausfluß
religiöser Diskriminierungspolitik an, die aber in Amerika nicht toleriert würde und
auch von den Bossen der Deutschen Bank nicht unter der Rubrik "Peanuts"
abgehandelt werden kann. Kurt Weiland zitierte eine Meldung der Deutschen Presseagentur,
wonach eine Angestellte der New Yorker Niederlassung der Deutschen Bank von einem
Vorgesetzten allein wegen ihrer Scientology-Mitgliedschaft benachteiligt wurde. Nach dem
Agenturbericht hat sich die Bank inzwischen bei der Betroffenen schriftlich entschuldigt
und ihr 125.000 Dollar Schadensersatz für die erlittene Diskriminierung bezahlt.
Neben Songs zum Thema Religionsfreiheit, bildete die Enthüllung einer vier Meter hohen
Marmor-Skulptur in Form einer Friedenstaube den optischen Abschluß der Veranstaltung.
Für den Inhalt und weitere Informationen: Georg Stoffel, Scientology Kirche Deutschland
Nun ist Scientology nicht unbedingt mein Hauptthema. Aber selbstredend nehme ich
diesbezügliche Veröffentlichungen auch zur Kenntnis. Und ein Eindruck hat sich bei mir
dabei immer wieder verfestigt. Für Geld geht Scientology über Leichen. Und einer der von
diesen "Leichen" mit partizipiert, ist offenbar auch Frau Y....
Ich verkenne nicht die prekäre Situation, in der sich Religionswissenschaftler in
diesem Lande befinden. Die erdrückende Dominanz der Kirchen auf den lukrativen Stellen an
den staatlichen Universitäten, läßt ihnen vielfach nur die Alternative des "freien
Marktes". Das heisst zahlungskräftigen und willigen Kunden zu Diensten zu sein.
Genau das offenbart sich im besonderem Maße am Fall Y....
Damit ist aber für mich der Punkt gekommen, wo aus "Rivalen"
"Feinde" werden (relativ gesehen). Herr G. verweist auf seine Familiengeschichte
(Zwangsadoption). Nun auch ich und andere ehemalige ZJ haben eine Familiengeschichte. Wir
wissen namentlich den erzieherischen Einfluss der WTG in allen seinen Facetten zu
würdigen. Und da kommt die (ich formuliere das jetzt glashart) Feindin Y... und will uns
das in der genannten "Spirita" madig machen. Will schwarz für weiß erklären.
Übrigens es gab eine kurze Phase persönlicher Kommunikation zwischen mir und Frau Y....
Von letzterer einseitig abgebrochen, weil sie sich um ihrer pekuniären Interessen willen,
bewusst auf die Seite unserer Feinde stellte. Damit sind die Fronten geklärt. Da gibt es
nichts zu beschönigen. Y... ist und bleibt ein Auftragsschreiber (aus welchen Gründen
auch immer). Ich erinnere nur an ihr apologetisches Geschwafel in Sachen Frost.
Herr G. verweist auf das Beispiel des CDU-Politikers Roland Koch. Und da
gebe ich ihm in seiner Einschätzung recht. Von Moral kann man da wirklich nicht reden.
Nur, die Zeugen Jehovas treten gerade mit dem Anspruch auf, eine "moralische
Alternative" sein zu wollen. Insider wissen um die Brüchigkeit dieser Behauptungen.
Ich erwarte nicht, zu einem Konsens mit Herrn G. zu gelangen. Mannchmal ist schon einiges
dadurch gewonnen, vorhandene Dissenze auch als solche zu benennen.
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