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Geschrieben von Drahbeck am 03. Mai 2003 17:44:42: Als Antwort auf: Re: Worum es beim Fall Wolf-Ekkehard Lönnig auch noch geht geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2003 15:10:25: Der derzeitige Lönnig-Streit bringt wieder etwas anderes mit in Erinnerung. Den Fall des Olof Klohr in der DDR. Zur Kirchenpolitik der sowjetischen Besatzungsmacht und der DDR in ihren Anfangsjahren, gehörte die Unterdrückung weltanschaulicher Differenzen unter dem Stigma der "Blockpolitik". Gemäß dem Ulbricht'schen Grundsatz "Es muss alles demokratisch aussehen - aber wir müssen alles fest in der Hand haben"; gab es in der DDR auch sogenannte Blockparteien. Nach 1989 wurde deren politischer Wert mal zutreffend mit der Vokabel "Blockflöten" beschrieben. Die SED spielte das "Lied" vor, und der Rest hatte in diesem Chor einzustimmen. Das ganze lief unter dem Firmenschild "Nationale Front" wo die "Blockflöten" zusammengefasst wurden und ihre Instruktionen vom Regisseur bekamen. Zwar war ein gewisses individuelles Eingehen auf die Spezifika der jeweiligen Blockflöten-Klientel durchaus möglich und auch erwünscht. Aber immer nur in dem Rahmen, dass der übergeordnete SED-Machtanspruch dabei nicht tangiert wurde. Christen empfahl sich diesergestalt besonders die CDU. Auch von der Stasi infiltriert,
wurden anfängliche Bestrebungen auch mal der SED Paroli zu bieten, schon alsbald
eliminiert. Insbesondere auf der Ebene der universitären Kader, hatte die Kirche wenig bis nichts
zu sagen. Der 17. Juni 53 verfiel auch alsbald dem verordneten vergessen. Und so bestand
beispielsweise um 1956 schon eine völlig andere Situation als etwa 1948. Im Jahre 1956
wurde beispielsweise an der Universität Halle/S. die Dissertation eines gewissen Olof
Klohr angenommen mit dem Titel: Dissertationen lesen nur relativ wenige. Otto Normalverbraucher, auch in der DDR, hatte sicher nicht mitbekommen, mit was für einem Thema da ein Doktor Klohr gekürt wurde. Zwei Jahre später indes hatte auch Otto Normalverbraucher die Chance zu erahnen, was für "Sprengstoff" da wohl dieser Klohr ausgegraben hatte. So trat Klohr etwa im Jahre 1959 mit einer Auswahl-Edition aus dem Schrifttum Häckels in Erscheinung, die im Urania-Verlag unter dem Titel "Wunderglaube Gott Unsterblichkeit" erschien. Ein Jahr zuvor (also 1958) hatte er im SED-eigenen Dietz-Verlag eine Publikation herausgegeben mit dem Titel "Naturwissenschaft Religion und Kirche". Spätestens zu diesem Zeitpunkt war vor aller Welt klar, die ideologische Koexistenz in der DDR war befristet. 1958 jedenfalls galt sie nicht mehr. Klohr blieb auch in den nachfolgenden Jahren nicht untätig. Seinen Höhepunkt erreichte er etwa im Jahre 1965 als er an der Universität Jena ein Institut für "wissenschaftlichen Atheismus" aufzuziehen begann. Wobei sowjetische diesbezügliche Vorbilder Pate standen. Noch einmal, vielleicht das letzte mal, hatte die Blockflötenpartei CDU in der DDR etwas zu sagen. Sie hatte inzwischen dazugelernt, und zog es vor, ihre Interventionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzunehmen. Jedenfalls kann meines Erachtens kein Zweifel darüber bestehen, dass da um 1966 massiv interveniert wurde. Nach 1945 gab es an den DDR-Universitäten keine "atheistischen Lehrstühle". Den aber gerade war jetzt Klohr im Begriff "erst" mal in Jena aufzubauen. "Wehret den Anfängen" hieß jetzt auch für die CDU die Devise. Breitet sich das Klohr-Unternehmen weiter aus; was ist dann mit den noch bestehenden Theologischen Fakultäten an den DDR Universitäten. Die werden dann ja gar perspektivisch auch noch verschwinden. So die CDU-Befürchtung. Und weiter. Verschwinden die gar eines Tages ist uns als CDU eine wesentliche Stütze unserer ohnehin nicht breiten Basis entzogen. Daher das Ultimatum an die SED: Der oder wir. Das Ultimatum wurde angenommen. Klohr's Institut sang- und klanglos eliminiert. Klohr selbst in die "Wüste" (sprich Seefahrtsschule in Warnemünde-Wustrow verbannt.) Dort konnte er jetzt, sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, seine zukünftigen Seefahrtsoffiziere zum Atheismus "bekehren"; wenn sie nicht ohnehin schon zuvor dazu bekehrt waren. Hätte sich Klohr weiter so entfalten können, wie er das 1958 noch wollte. Nun der Einheitskanzler Kohl hätte wohl 1989 keine Ost-CDU mehr vorfinden können, die er sich unter den Nagel reißen konnte. Letztendlich ist festzuhalten. Jene die auf Häckel aufbauend argumentieren, laufen in besonderem Maße Gefahr ins atheistische Fahrwasser abzudriften. Nicht bloß im Falle Klohr. Herr Lönnig hat sich deshalb auch sehr bewusst über sein Sprachrohr Poppenberg, mit auf Häckel eingeschossen. Im Falle Lönnig ist mit Sicherheit wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen. In diesem Lande wird Religion massiv protegiert. Religionskritik hingegen eher geknebelt. Das "große Vorbild USA" meinen einige auch auf diesem Sektor importieren zu sollen. Noch gibt es ein paar in Biologenkreisen, die da nicht so recht mitspielen. Noch Vielleicht erlebt man es eines Tages in diesem Lande noch, dass ein Lönnig mit dem "Bundesverdienstkreuz" dekoriert wird. Von mir würde er es mit Sicherheit nicht bekommen. Indes von den Kohls und Kompagnons sehr wohl. Diese christlichen "Abendländer" sind es jedenfalls nicht, die meine "Sympathie" hätten. Einer dieser Neu-christlichen Abendländer hatte ja erst kürzlich demonstriert wo's lang geht. Und bist du nicht mehr so willig wie damals, als Du noch unser CIA-Agent warst, dann werden wir dir eben ein paar Bomben aufs Haupt setzen. Amen! Zur Veranschaulichung nachstehend noch ein paar Kernsätze aus der 1958er Veröffentlichung des Olof Klohr mit dem Titel: "Naturwissenschaft Religion und Kirche": Dabei gerät die Kirche heute wie in früheren Zeiten in eine feindliche Stellung zur
Wissenschaft. Nach der christlichen Lehre ist der Mensch völlig von Gott abhängig und ohne Gott
schwach und hilfsbedürftig; nur durch die Religion, den Glauben und die Liebe zu Gott
findet er Halt und Kraft. Das irdische Leben ist für den christlichen Menschen nur ein
vorübergehendes Stadium, eine Vorbereitungszeit auf das Jüngste Gericht, auf die
Erlösung und das ewige Seelenheil. Dieser Geist spricht aus dem Neuen Testament, er
bedeutet die völlige Unterordnung des Menschen und des Menschenwerkes unter eine höhere
Macht. Eusebius (um 270-329) schrieb: "Nicht aus Unwissenheit denken wir gering von den
Wissenschaften, sondern aus Verachtung ihrer ganz nutzlosen Arbeit, indem wir unsere Seele
besseren Dingen zuwenden." Wir kommen also zu der Schlußfolgerung: Die Herabsetzung der Naturwissenschaften, ja ihre Negierung und Bekämpfung in der christlichen Religion hat ihre Ursache nicht in der Böswilligkeit einiger unwissender Theologen, sondern im inneren Wesen des christlichen Glaubens. Die Bezogenheit der Religion auf Gott führt zwangsläufig zur Orientierung der Menschen auf angeblich existierende jenseitige Dinge. Das führt, wie man es auch drehen und wenden mag, zu einer Vernachlässigung der irdischen Interessen. Im Jahre 1616 wurden Galilei und seine Lehre zum erstenmal von der Inquisition verdammt. Galilei stellte dann später in verschleierter Form in dem Werk "Dialog über die beiden wichtigsten Weltsysteme" seine wissenschaftliche Überzeugung wiederum dar. Darauf wurde er abermals vor ein Inquisitionsgericht gezerrt. Gegen ihn wurde ein Prozeß eröffnet, der unter der Leitung von Papst Urban VIII. geführt wurde. "So sprechen wir aus, entscheiden richterlich und erklären, daß du Galilei
dich für dieses Heilige Offizium aufs schärfste der Häresie verdächtig gemacht
hast, insofern du eine falsche, den heiligen und göttlichen Schriften widersprechende
Lehre geglaubt und aufrechterhalten hast, nämlich: daß die Sonne das Zentrum des
Erdkreises sei, daß dieselbe sich nicht vom Aufgange zum Untergang bewege; daß die Erde
sich bewege und nicht das Zentrum der Welt sei; und daß diese Ansicht aufrechterhalten
und verteidigt werden könne als wahrscheinlich, nachdem dieselbe doch als der Heiligen
Schrift entgegengesetzt erklärt und bestimmt worden ist". Allein schon die Tatsache, daß die Werke von Kopernikus, Kepler und Galilei zweihundert Jahre auf dem Index der für Katholiken verbotenen Bücher standen und erst Anfang des 19. Jahrhunderts unter dem Druck der unwiderlegbaren Beweise abgesetzt wurden, fügte die katholische Kirche der Wissenschaft einen schweren Schaden zu. Die Kirche widersetzte sich dem für die Erforschung des menschlichen Körpers
notwendigen Sezieren der Leichen. Papst Bonifatius VIII. (gest. 1303) verbot das Sezieren,
um die Auferstehung nicht zu gefährden. Der religiöse Glaube führt seinem Wesen nach, wenn er sich konsequent an den
Buchstaben der Heiligen Schrift hält, zur Negierung der menschlichen Vernunft und der
Wissenschaft. Besonders regten sich diese Kreise darüber auf, daß die Abstammungslehre von der Sozialdemokratie positiv aufgenommen wurde. Virchow lehnte die Entwicklungstheorie unter anderem deshalb ab, weil sie "staatsgefährlich" sei, die Ideen der Sozialdemokratie stütze und die Kirchenreligion, die einzig sichere Grundlage des Unterrichts, untergrabe. Ja er führte sogar die Pariser Kommune auf die Verbreitung der Deszendenzlehre zurück; er sagte nämlich 1877: " Ich will hoffen, daß die Deszendenztheorie für uns nicht alle die Schrecken bringen möge, die ähnliche Theorien wirklich im Nachbarlande angerichtet haben." In jedem Konflikt steht für den religiös gebundenen Menschen das Glaubensdogma am
Anfang. Von ihm aus beurteilt er die naturwissenschaftlichen Ansichten und vergewaltigt
sie. Kirchliche Kreise berufen sich auf die Religiosität berühmter Naturwissenschaftler,
wie zum Beispiel C. F. v. Weizsäcker, W. Heisenberg, P. Jordan, A. Einstein. Solange die gesellschaftlichen Wurzeln der Religion bestehenbleiben, so lange wird es unter den Naturwissenschaftlern im allgemeinen ebenso viele religiöse Menschen geben wie unter den Menschen anderer Berufe und Schichten, denn die religiösen Auffassungen der Naturwissenschaftler haben ihre Quelle nicht in der Naturwissenschaft. Ein Mensch, der anderthalb Jahrzehnte von den Eltern im christlichen Sinne erzogen
worden ist, wird von diesen Ideen häufig so stark beeindruckt, daß er sie sein Leben
lang beibehält. Die Vorfahren von Max Planck waren zum großen Teil mittlere und höhere
Geistliche, und sein Großvater war ein bekannter Theologieprofessor. Es ist daher
verständlich, daß Max Planck nicht durch seine physikalischen Erkenntnisse, sondern
durch die Familienerziehung religiös wurde. Das zeigt sich auch daran, daß in den Fachbüchern dieser Gelehrten niemals von Gott,
Kirche und Religion die Rede ist. Hier handelt es sich um Tatsachen und um Beweise, und
hier hat der Natur der Sache nach die Religion nichts zu sichen. (Friedrich) Engels bezeichnete die Kriegserklärung an die Religion als eine politische Dummheit. Man darf aber nicht vergessen, daß die ideologische Auseinandersetzung mit der Religion keineswegs, wie einige Theologen behaupten, eine solche Kriegserklärung darstellt. Es ist vielmehr so, daß Auseinandersetzungen mit der Religion den politischen Hauptaufgaben untergeordnet sind. Jedoch ist die Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, sowohl über die Naturwissenschaften als auch über die Gesellschaftswissenschaften und über die Weltanschauung in konsequenter Auseinandersetzung mit der christlichen Religion eine historische Notwendigkeit. |