Lutz Lemhöfer


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 10. März 2003 12:13:04:

Als eines der wenigen „Feigenblätter" in dem ZJ-Hesse-Buch war es dem katholischen Referenten im Bistum Limburg, Lutz Lemhöfer, gestattet auch ein paar kritische Anmerkungen in Richtung Zeugen Jehovas zu formulieren.
Lemhöfer hat sich desweiteren auch schon mal von dem katholischen Sektenverlag „Pro Fide Catholica", der die unseligen de Ruiter-Ergüsse unters Volk bringt, distanziert. Dies ist auch für katholische Kreise keineswegs „selbstverständlich". Immerhin erklärt es schon einiges, wenn man als weitere Berufsangabe zu Lemhöfer auch liest, er sei auch Politologe. Würde eine derart gebildete Person zu diesem „Pro fide catholica" auch schweigen, wie etliche andere seiner Kirche, wäre das in der Tat ein weiterer Skandal. Zur Ehrenrettung von Lemhöfer muss gesagt werden. Er hat eben nicht geschwiegen. Sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber für eine Kirche die auch ein Opus Dei in ihren Mauern willkommen heisst, (leider) nicht.

Jetzt macht Lemhöfer erneut von sich reden. Er formulierte auch ein deutliches Wort an gewisse Evangelikale aus dem Bereich der Evangelischen Kirche. Es geht in der Sache um das „Reizwort Israel" und seine theologische Verklärung.
Die Zeitschrift der EZW (Materialdienst) druckte Lemhöfers Text in ihrer Ausgabe März 2003 mit ab. Nachstehend einiges daraus:

Im vergangenen Jahr fanden in mehreren Städten Kundgebungen statt mit dem Titel „Israel du bist nicht allein". Als Veranstalter firmierte „Eine Initiative von Christen die Israel lieben". Auffallend war, dass die Veranstalter fast ausschließlich aus dem evangelikalen und pfingstlich-charismatischen Flügel der Christenheit stammen …
Beschäftigt man sich freilich etwas näher mit den Veranstaltern, so stößt man auf Positionen, die sehr viel weniger konsensfähig sein dürften. Nehmen wir etwa die Koordinatoren des Ganzen, die „Christlichen Freunde Israels e.V." aus Altensteig. Auf deren Homepage' kommt eine ebenso eindeutige wie einseitige Sicht des gegenwärtigen Nahost-Konflikts zum Ausdruck, die theologisch wie politisch fragwürdig erscheint. So heißt es auf die Frage, warum Christen Freunde Israels sein sollten, unter anderem:
Weil das jüdische Volk in Erfüllung der Prophezeiungen der Bibel in sein Land zurückgekehrt ist und dort Wiederherstellung erlebt (Hes. 36,24).
Weil der wieder entstehende jüdische Staat mit Jerusalem als Hauptstadt der Sitz der Regierung des Messias bei seiner Wiederkehr sein wird iJes. 2,3-4

Die endzeitlichen Verheißungen der Bibel werden also unmittelbar auf die gesellschaftlich-politische Konfliktlage der Gegenwart angewandt. Die Grenzziehung im Nahen Osten ist aus dieser Sicht durch göttliches Wort auf ewig festgelegt - die Bibel als Grundbuch sozusagen - und keinesfalls mehr menschlicher Verhandlung anheim gegeben....
Die Palästinenser sind gemäß der Bibel „Fremdlinge im Land", die gut und gastfreundlich zu behandeln sind, die aber Fremdlinge sind.

Um jedes Missverständnis auszuschließen, wird hervorgehoben, dass gerade die heute so umstrittene „West-Bank", das Westjordanland, als „Judäa und Samaria" biblisches Kernland und „Israel auf ewig gegeben" sei. Deshalb wird vorbehaltlose Solidarität mit den Siedlern gepredigt. Ein selbstständiger Palastinenserstaat auf diesem Gebiet wäre darum ein Sakrileg …
Es überrascht daher kaum, dass die Politik des LIKUD-Blocks, also Begins, Netanjahus und Sharons, von Seiten dieses evangelikal-charismatischen Lagers massive Unterstützung erfährt. …
Jeder Versuch der Verständigung mit den Palästinensern wurde als Verrat, als verurteilenswerter und zugleich illusionärer und „säkularer Humanismus" gegeißelt. Politiker wie Peres oder Rabin wurden wegen ihrer Kompromissbereitschaft scharf kritisiert. Das gipfelte 1995 im Rundbrief 3/95 der charismatischen Bewegung „Fürbitte für Deutschland" in kaum verhüllten Beifall für den Mord an Rabin, der bekanntlich von einem jüdischen Fundamentalisten verübt worden war: „Es könnte sein, dass Rabin geistlich ein Usija war, ein König, der viele Siege mit dem Herrn errang und dessen Herz treulos wurde, so dass der Herr ihn wegnehmen musste"....

Woher kommt nun diese christliche Begeisterung für ein Groß-Israel? Sie ist gespeist aus eigenen Endzeiterwartungen. Die besagen zweierlei: Die Wiedererrichtung des biblischen Israel ist ein Zeichen und Voraussetzung der Endzeit Der Messias kann erst wiederkommen, wenn er in ein jüdisches Jerusalem zurückkehrt. Aber der Messias ist natürlich der neutestamentliche Jesus, zu dem sich auch die Juden letztlich bekennen und bekehren müssen....
Die Ausweglosigkeit dieses Konzepts zeigt sich gegenwärtig dramatischer denn je. Um so erstaunlicher ist, wie bruchlos diese apokalyptische Sicht des Nahost-Konfliktes heute fortgeschrieben wird. Mein Fazit: Dieser Schulterschluss von jüdischem und christlichem Fundamentalismus ist für seriöse christlich-jüdische Zusammenarbeit keine Hoffnung, sondern ein Hindernis.


ZurIndexseite