Geschrieben von Drahbeck am 27. Februar 2003 17:29:25:
"Die Alten mögen noch in die Kirche wanken - die Jugend indes gehört uns".
Diese Hitlerparole machte den Kirchen einiges zu schaffen und bewirkte zugleich auch die
massive Abkühlung jener "Begeisterung" auf kirchlicher Seite vor 1933 für das
Hitlerregime. So hatten sich die Kirchen das nicht vorgestellt, wie es dann aber
tatsächlich gekommen ist.
Der DDR-Staat praktizierte de facto die gleiche Politik. Die Auseinandersetzung um die
"Jugendweihe" bei der sich die Kirchen auf der Verliererseite wiederfanden war
auch eines jener Syptome dafür. Je länger der DDR-Staat bestand, umso geringer wurde der
Anteil jener unter den Kindern und Jugendlichen, die sich dem sanften und massiven Druck
noch entzogen, Mitglied in der SED-gesteuerten Kinderorganisation "Junge
Pioniere" oder der Jugendorganisation "FDJ" zu sein. Wer das durchhielt,
konnte etwaige Ambitionen etwa ein Studium zu beginnen, schon mal "in den Rauch
schreiben" (von einigen wenigen, nicht repräsentativen Ausnahmen mal abgesehen).
Auch die Zeugen Jehovas waren in der DDR mit der gleichen Problematik konfrontiert.
Versuchten kirchliche Kreise, etwa mit der "Jungen Gemeinde" ein
Alternativangebot zu bieten. So sah es bei den Zeugen Jehovas diesbezüglich trübe bis
mau aus.
Ihre Parole der "Brandmauer". Das heißt jeder sollte nur wenige örtliche
Zeugen Jehovas persönlich kennen. Keinesfalls aber überörtlich auch noch andere, aus
anderen Versammlungen, bewirkte, dass der ohnehin gegebene Isolationismus, unter den
DDR-Verhältnissen sich zusätzlich verschärfte. Die gesamte Erziehung seitens der WTG
zum Außenseitertum muss unter den DDR-Verhältnissen noch gravierendere Ausmaße
annehmen.
Zeugen Jehovas-Eltern in der DDR standen nun vor der Frage. Wollen sie das ihren
Kindern antun? Etliche Hardliner hatten da keine Skrupel, Märtytrersituationen auch schon
unter den Kindern und Jugendlichen zu befördern. Es gab aber auch einige wenige Fälle,
wo Eltern sich dazu durchrangen, und sagten. Das kann und darf doch nicht auf den Rücken
der Kinder ausgetragen werden. Über einen solchen (Ausnahmefall) berichtete mal die CV
113. Nachstehend ein diesbezügliches Zitat daraus:
Kommt - nun das Kind mit dem Pionierhalstuch heim
Stapft also der Junge von Bruder V. eines Tages mit dem Pionierhalstuch heimwärts. Es ist
unwesentlich, wer ihn beobachtete und die "Anzeige" erstattete. Nun nahm das
"Verhängnis" auch politisch seinen Lauf (Die
Weihnachts-"Götzendienst"-Anklage war im vorigen Bad-Doberan-Bericht
behandelt). Die WTG ließ nicht lange auf sich warten. Das Kind eines Zeugen Jehovas mit
einem "Götzendienst"-Tuch um den Hals! Wenn Bruder V das als Vater nicht
rückgängig macht, kriegt er ein "Rechtsverfahren" politischer Art wegen
"Neutralitätsverletzung"! Er muß in die Schule zur Lehrerin gehen und dagegen
Front machen. Eine Frist wurde eingeräumt. Eine Zwischenbemerkung für den Leser
vielleicht: Niemand muß sich mehr aktuell sorgen, das Problem ist längst erledigt. Doch
versetzen wir uns wieder zurück.
In der eingeräumten Frist reifte zwangsläufig die Entscheidung heran. Sie mußte
heranreifen. Als die Frist abgelaufen war, fielen die Entscheidungen. Bruder V. machte
nicht Front gegen die Pionierorganisation, um, den Jungen herauszunehmen, und er zog ihm
nicht das Tuch vom Halse. Auf die WTG-Forderung "Hast du als Vater?" antwortet
er kurz, "nein". Auf die weitere WTG-Forderung, "wirst du als Vater?",
antwortete er gleichfalls "nein". Das WTG-Urteil ließ nicht lange auf sich
warten: "Neutralitätsverletzung", Ausschluß, Gemeinschaftsentzug, "dem
Satan überliefert". Keine Gespräche mehr, keine Freundschaft, völlig Mißachtung,
nicht einmal einen Gruß. Er ist "ein Freund dieser Welt" geworden, somit ein
"Feind". Ein "Feind Gottes" nach WTG-Wille....
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