Re: Noch so ein Exportschlager


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 08. Februar 2003 09:33:57:

Als Antwort auf: Re: Noch so ein Exportschlager geschrieben von Drahbeck am 26. Januar 2003 14:13:10:

Karl Stegemann.
Der im Jahre 1880 geborene Pfarrer Karl Stegemann veröffentlichte im Jahre 1921 mal eine Schrift die betitelt war "Kennen die Siebenten-Tag-Adventisten (Sabbatisten) das Evangelium?" Wie man wohl unschwer erraten kann, war diese Broschüre in der Tendenz kritisch gegenüber den "Siebenten-Tags-Adventisten" eingestellt. Ein Zitatbeispiel daraus, dass für die Adventisten bedeutsame Jahr 1844 betreffend (S. 17, 18):
"So kam ihr (Ellen G. White) die 'wunderbare Erleuchtung', daß der Herr Jesus im Jahre 1844 nicht habe kommen können, weil die Christenheit das 4. in der Lade Gottes bewahrte Gebot übertreten: Du sollst den Sabbattag heiligen!
Und weil Millers Rechnung zweifellos stimmte, so verkündete Frau White nach 'schriftgemäßer Erleuchtung', daß Jesus Christus im Jahre 1844 nicht zum Vollzug des Gerichtes auf Erden, sondern zum Beginn eines reinigenden Untersuchungsgerichtes in dem Allerheiligsten des himmlischen Tempels erschienen sei!"

Auf die Bibelforscher kommt er auch beiläufig mit zu sprechen, indem er sie als "berüchtigte Millenium-Tagesanbruch-Leute" titutliert, ihnen und den Adventisten vorwirft, die Lehre vom Seelenschlaf zu vertreten und die Feuerhölle abzulehnen. Als "gestandener Pastor" konnte er dieses "Frevel" wohl nicht so recht "verkraften".

Mit der Rückendeckung des staatlichen Kirchensteuereinzugssystems findet er auch kritische Worte zum Finanzgebaren der Adventisten. Etwa wenn er festhält:
"Gefragt wird aber ausdrücklich jedes Glied vor der Aufnahme, ob es auch den Zehnten geben wolle. … Den Predigern wird eingeschärft, daß derjenige, welcher keinen oder nur wenig Zehnten entrichte, in der Gemeinde nichts zu sagen habe … Die Regelmäßigkeit und Höhe der Gaben gelten als Gradmesser für die Echtheit der Bekehrung und das Maß des Ansehens, das dem einzelnen einzuräumen ist.
In wie hohem Maße die Geldwirtschaft den Sabbatismus beherrscht, ersieht man schon daran, daß keine einzige Nummer ihres Gemeindeblattes 'Zionswächter' ohne spaltenlange 'Finanzberichte' erscheint."

Diesem Pfarrer, wie auch anderen seiner Generation, blieb es nicht erspart, neben dem ersten, dann auch noch den zweiten Weltkrieg miterleben zu müssen. Was für andere ein offenbar unabwendbarer Schicksalssschlag war, wusste er indes dann noch metaphysisch zu erhöhen. Bereits im Jahre 1947 konnte er mit Genehmigung der Nachrichtenkontrolle der US-Militärregierung in Deutschland, ein Produkt dieser metaphysischen Überhöhung vorlegen. Sein diesbezügliches Buch trug den Titel: "Die Zukunft der Menschheit. Allgemeinverständliche Auslegung der Offenbarung des Johannes."

Schon auf den ersten Seiten selbigen kann man entnehmen, dass er offenbar bei den Adventisten mal "in die Schule gegangen ist". Etwa wenn er das Jahr des Beginns der großen französischen Revolution von 1789, besonders hervorhebt. Nicht nur das. Er glaubt weiter dieses als Beginn der Endzeit auch aus der Offenbarung in der Bibel herauszulesen. Nun begann der zweite Weltkrieg formal im Jahre 1939, bekanntermaßen. Die selbstgestellte Aufgabe für ihn lautete nun. Wie bringe ich beide Daten unter einem Hut? Und wie kann ich dazu auch noch das Bibelbuch Offenbarung als Beleg bemühen?

Unmöglich, mag so mancher ungläubiger Thomas denken.
Fehlschluss der ungläubigen Thomasse. Für Bibelgläubige ist alles möglich. Selbst die Quadratur des Kreises. Also ist die Verbindung beider Daten für einen Bibelgläubigen ein klacks. Etwas was er ohne mit der Wimper zu zücken, so mir nichts dir nichts, aus dem Ärmel schüttelt.

Bei Stegemann liest sich das dann so (S. 105):
"Zweimal findet sich in diesem Abschnitt (Vers 5 u. 10) eine Zeitangabe: '5 Monate lang war ihnen gegeben, die Menschen zu quälen und zu beschädigen.' - Die Zeitangaben der Offenbarung sind im sog. prophetischen Zeitmaß gegeben, das zurückgeht auf Hes. 4,5, wo Gott dem Hesekiel für ein Jahr der wirklichen Belagerung Jerusalems in der sinnbildlichen Darstellung einen Tag anordnet. 5 Monate in der prophetischen Bildersprache sind in Wirklichkeit nicht mal 5mal 30 Tage, sondern 5mal 30 Jahre.
Diese Zeitangabe ist für uns, die wir Zeitgenossen jener großen Bewegung sind, insofern bedeutsam, als der Ausgangspunkt derselben klar zutage liegt. Es ist die große französische Revolution von 1789. Rechnet man von da an 150 Jahre weiter, so kommt man an das Jahr 1939, in dem der zweite Weltkrieg ausbrach."

Damit hatte er seine Leser nun dorthin gebracht, wo er sie gerne hinhaben wollte. Um sein Szenario noch weiter abzustützen, bedient er sich dann auch noch der - altbekannt - "Anzeichenbeweise". Das liest sich dann bei ihm etwa so (S. 127):
"Gegenwärtig steht die Welt der bibelgläubigen Menschheit in der Erwartung des zweiten Kommens Christi. Wieder weiß man aus Gottes Wort mancherlei Einzelheiten, die auf das Herannahen des Tages Christi schließen lassen. Und wieder laufen unter den Menschen, die nicht an der Bibel allein sich orientieren, allerlei merkwürdige Worte um. Mehrfach bezeugten mir glaubwürdig ältere Leute, schon ihre Großeltern hätten gesagt: 'Die zweitausend Jahre werden nicht voll.' Oder: 'Wenn die Frauen laufen wie die Pfauen, wenn die Wagen ohne Pferd fahren und die eisernen Vögel in der Luft fliegen, dann ist das Ende der Welt da.'
Angemerkt werden soll auch, daß solch ein nüchterner, verständiger Mann wie Vater Bodelschwingh bereits um die Wende des Jahrhunderts anordnete, die Neubauten in Bethel sollten nicht mehr massiv sein, sondern nur aus leichtem Fachwerk hergestellt werden, 'weil der Herr Jesus doch bald wiederkomme'. Die Betheler nannten diese Bauten 'Hallelujah-Häuser.'"

Eine weitere Bestätigung für seine These sah Stegemann auch in der Zunahme atheistischer Tendenzen. Er verwendet da einen ziemlich anfechtbaren Vergleich. Etwa, wenn er schreibt (S. 183):
"Die lästernde Stimme, die 1939 in Deutschland ausgerufen: 'Den vorigen Krieg haben wir - mit Gott - verloren! Diesen werden wir - ohne Gott gewinnen!"
Angesichts dieses Vergleiches muss man doch rückfragen. Hängt das "gewinnen" von Kriegen wirklich von Gott ab, wie er es da unterschwellig suggeriert?

Auch bedenklich seine Interpretation der Bibelforscher, auf die er am Ende seines Buches auch noch zu sprechen kommt (S. 267). Über sie verbreitet er sich dann mit den Worten:
"Ihr Stifter, der amerikanische Kaufmann Russell, hat eine Lehre vorgetragen, welche anklingt an die Predigt der Chiliasten (Künder des tausendjährigen Reiches) der Reformationszeit. Dieselben waren der Meinung, die Frommen hätten die Aufgabe, alle Gottlosen dieser Welt mit roher Gewalt zu vertilgen.
Russell hat den Sturz aller politischen und aller kirchlichen Gewalten, die er für völlig satanisiert erklärte, mit großem Nachdruck vorausgesagt. Er hat das in Ausdrücken getan, welche die Vermutung wecken konnten, seine Anhänger seien religiös getarnte Umstürzler politischer Art. Das war die Ursache für die Verfolgung der Bibelforscher durch die nationalsozialistische Regierung Deutschlands."

Summa summarum. Wer die WTG-Lehre ablehnt, der kommt allerdings nicht umhin, ein gleich vernichtendes Urteil auch über jene auszusprechen, die sich da innerhalb der Kirchenmauern als besonders "Bibelgläubige" tummeln, wie zum Beispiel auch im Falle Karl Stegemann sichtbar-


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